2009 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP
Bericht
des Gesundheitsausschusses
über die Petition Nr. 80/PET betreffend „ME/CFS: Anerkennung, medizinische Versorgung & Absicherung von Betroffenen sowie Forschungsförderung“, überreicht von der Abgeordneten Heike Grebien
Die gegenständliche Petition wurde dem Nationalrat am 25. November 2021 zugeleitet.
Zu den Anliegen dieser Petition:
Kurzfassung
ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis /Chronisches Fatigue Syndrom) ist eine schwere Multisystemerkrankung, von der in Österreich aktuell zwischen 26.000 und 80.000 Menschen betroffen sind. Die Erkrankung führt, je nach Ausprägung, bei den meisten Betroffenen zu schweren körperlichen Einschränkungen und zum Verlust der Arbeitsfähigkeit. Trotz der hohen Anzahl an Betroffenen und der Schwere der Krankheit, ist ME/CFS wenig bekannt, unzureichend erforscht und die Betroffenen sind im Gesundheits- und Sozialsystem schlecht versorgt.
Eine der größten Herausforderungen für Betroffene ist es, die richtige Diagnose zu erhalten. Aufgrund der geringen Bekanntheit der Erkrankung sind 84-90 % der Betroffenen nicht (richtig) diagnostiziert. Meist wird ME/CFS mit einer psychischen Erkrankung verwechselt, was nicht nur zu falscher, sondern oft auch schädigender Behandlung führt. In Österreich brauchen Betroffene etwa 5-8 Jahre, um ihre zutreffende ME/CFS Diagnose zu erhalten. Auch nach entsprechender Diagnose sind die Betroffenen unzureichend versorgt und abgesichert. Es gibt weder öffentlich finanzierte Anlaufstellen, Beratungsangebote, Unterstützungsleistungen, noch Rehabilitations- und Betreuungseinrichtungen.
Auch wenn die genauen Ursachen für ME/CFS durch die mangelnde Forschung und unzureichende Forschungsförderung noch nicht ausreichend geklärt werden konnten, zeigen die Daten, dass in einem Großteil der Fälle die Erkrankung mit einer Infektion beginnt. Internationale Studien setzen ME/CFS und Long Covid daher in Verbindung und zeigen große Übereinstimmungen in Symptomen und zugrundeliegenden Mechanismen auf. Forscherinnen gehen davon aus, dass ein wesentlicher Anteil von Covid Erkrankten mit ME/CFS zurückbleiben könnte. Die aktuelle Covid Pandemie macht durch die große Zahl an Betroffenen die Langzeitfolgen von postviralen Erkrankungen sichtbar und zeigt das Ausmaß auf, in dem ME/CFS bisher in Versorgung und Forschung vernachlässigt wurde.
Diese Petition fordert die österreichische Politik zur Unterstützung der ME/CFS Betroffenen in vier Bereichen auf: 1. Information und Aufklärung, 2. Aufbau medizinischer Behandlungs- und Versorgungsstrukturen, 3. soziale Absicherung sowie 4. Forschungsförderung. Zur Umsetzung der Forderungen und laufenden Evaluierung, soll eine Arbeitsgruppe gebildet werden.
Der Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen, dem die gegenständliche Petition am 29. November 2021 zugewiesen wurde, hat in seiner Sitzung am 22. März 2023 einstimmig beschlossen, den Präsidenten zu ersuchen, die gegenständliche Petition zur weiteren Behandlung dem Gesundheitsausschuss zuzuweisen. Der Präsident des Nationalrates hat diesem Ersuchen entsprochen.
Der Gesundheitsausschuss hat die gegenständliche Petition in seiner Sitzung am 18. April 2023 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Heike Grebien die Abgeordneten Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Mag. Gerald Hauser und Philip Kucher sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak.
Ein von den Abgeordneten Heike Grebien, Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Philip Kucher und Mag. Gerald Loacker im Zuge der Debatte gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR eingebrachter selbständiger Antrag auf Beschlussfassung einer Entschließung wurde einstimmig beschlossen.
Dieser selbständige Entschließungsantrag war wie folgt begründet:
„ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis /Chronisches Fatigue Syndrom) ist eine schwere Multisystemerkrankung und zählt zu den postviralen/postinfektiösen Erkrankungen. Die genaue Anzahl der Betroffenen in Österreich ist unbekannt. Schätzungen gehen von 26.000 und 80.000 unterschiedlich stark betroffenen Menschen aus. Die Krankheit ist wenig erforscht und der Weg zu einer Diagnose ist oft langwierig und schwierig. Für die Betroffenen kann die Erkrankung mit schweren Belastungen einhergehen und kann zu einer teilweisen oder vollständigen Arbeitsunfähigkeit und daraus resultierenden finanziellen und sozialen Schwierigkeiten führen. Verstärktes Augenmerk fiel auf die Erkrankung im Zuge der Covid-19-Pandemie da ME/CFS bzw. die dafür typische Symptomatik als Folge einer Covid-19-Erkrankung auftreten oder durch Covid-19 verstärkt werden kann. Die typische Symptomatik von ME/CFS, die ‚Post Exertional Malaise‘ (PEM) extrem eingeschränkte Leistungsfähigkeit und pathologische Fatigue entspricht einem Teil der an die 200 beschriebenen Symptome von ‚Long Covid‘. Die Petition zeigt die schwierige Situation der von ME/CFS Betroffenen auf und weist auf die Dringlichkeit der Verbesserungen im Bereich der Forschungs- und Versorgungsstrukturen hin“
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle
1. diesen Bericht zur Kenntnis nehmen und
2. die angeschlossene Entschließung annehmen.
Wien, 2023 04 18
Heike Grebien Mag. Gerhard Kaniak
Berichterstattung Obmann