2014 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über den Antrag 3221/A(E) der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt der Wiener Zeitung als Tageszeitung

Die Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 1. März 2023 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die ‚Wiener Zeitung‘ wurde 1703 gegründet und ist derzeit noch die älteste bestehende Tageszeitung der Welt. Sie bietet qualitativ hochwertige Berichterstattung zu den wichtigsten politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Ereignissen. Das Archiv der „Wiener Zeitung" wiederum gehört zum UNESCO-Dokumentenerbe. Es zeigt die Entwicklung des Pressewesens sowie des Amtlichen Nachrichtenblattes Österreichs. Die Zeitung selbst wäre auch in den Rang eines schützenswerten Kulturgutes einzuordnen und würde ebenfalls die Zuordnung zum Weltkulturerbe verdienen. Das haben bereits 2019 die leider bereits verstorbene Journalistenlegende Hugo Portisch und sein langjähriger Freund Heinz Nußbaumer festgestellt.

Trotz dieser langen Tradition und des wichtigen Beitrags zur Medienvielfalt in Österreich ist die Bundesregierung aktuell dabei, dem Bestehen der Wiener Zeitung als Tageszeitung ein Ende zu setzen. Der Entwurf der Bundesregierung beschränkt die Wiener Zeitung auf ein Online-Medium und sieht diese nur ‚nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel‘ auch als Printprodukt. Zusätzlich soll ein Media Hub Austria mit Weiterbildungsmöglichkeiten für Journalist*innen, eine elektronischen Verlautbarungs- und Informationsplattform des Bundes und eine Content-Agentur Austria eingerichtet werden.

Mit der Novelle verliert die Wiener Zeitung ersatzlos ihre allergrößte Einnahmequelle, die Pflichtveröffentlichungen, und kann mit den aktuell vorgesehenen 7,5 Mio. Euro jährlich als Tageszeitung nicht mehr fortbestehen. (Zum Vergleich die Größenordnung der letzten bekannten Zahlen: Der Umsatz betrug im Jahr 2020 rund 21 Mio. Euro, auf Pflichtveröffentlichungen entfielen 17,6 Mio. Euro.) Trotz zahlreicher Versprechen interessierte sich die Bundesregierung bisher nicht für alternativ vorgelegte Finanzierungskonzepte, die den Weiterbetrieb der Tageszeitung ermöglicht hätten.

Noch 2018 hieß es in einer Anfragebeantwortung an die SPÖ (1003/AB von 10.08 2018): ‚Es gilt nun, neue innovative Geschäftsmodelle für den Entfall der Einnahmen aus Pflichtveröffentlichungen zu finden, die tatsächlich eine nachhaltige Geschäftsgrundlage für die Zukunft des Unternehmens darstellen. Aufgabe des Aufsichtsrates und der künftigen Geschäftsführung wird es sein, ein passendes Zukunftskonzept dazu zu entwickeln und in Folge zu implementieren. Der Entfall von Entgelten für Pflichtveröffentlichungen und die Implementierung von neuen Geschäftsgrundlagen des Unternehmens werden selbstverständlich Hand in Hand gehen.‘ Offenbar haben Bundesregierung, Aufsichtsrat und Geschäftsführung trotz wiederholter Versprechungen bei dieser Suche nach Zukunftskonzepten versagt.

Durch die Einstellung der Wiener Zeitung verliert Österreichs bereits stark konzentrierte Medienlandschaft eine weitere Stimme. Die für den Fortbestand der Wiener Zeitung – ohnehin überschaubaren – Mittel könnten dabei leicht anderwärtig aufgetrieben werden, sei es bei der Inseratenvergabe oder den Kosten für die Regierungsbüros, die unter der schwarz-grünen Regierung abermals gestiegen sind.“

 

Der Verfassungsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 19. April 2023 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Sabine Schatz die Abgeordneten Mag. Eva Blimlinger, Henrike Brandstötter, Mag. Harald Stefan, Mag. (FH) Kurt Egger, Mag. Georg Bürstmayr und Christian Hafenecker, MA sowie die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien MMag. Dr. Susanne Raab.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: S, F, dagegen: V, G, N).

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2023 04 19

                            Mag. Eva Blimlinger                                                     Mag. Jörg Leichtfried

                                  Berichterstattung                                                                          Obmann