2033 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP
Bericht
des Finanzausschusses
über die Regierungsvorlage (2029 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verordnung (EU) 2022/858 über eine Pilotregelung für auf Distributed-Ledger-Technologie basierende Marktinfrastrukturen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 600/2014 und (EU) Nr. 909/2014 sowie der Richtlinie 2014/65/EU (DLT-Verordnung-Vollzugsgesetz – DLT-VVG) erlassen wird sowie das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz und das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 geändert werden
Allgemeiner Teil
Die Verordnung (EU) 2022/858 über eine Pilotregelung für auf Distributed-Ledger-Technologie basierende Marktinfrastrukturen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 600/2014 und (EU) Nr. 909/2014 sowie der Richtlinie 2014/65/EU, ABl. Nr. L 151 vom 02.06.2022 S. 1, soll die Entwicklung von Finanzmarktinfrastrukturen fördern, die mit Hilfe der Distributed-Ledger-Technologie („DLT“ und zu Deutsch „Technologie des verteilten Kontenbuchs“) Dienstleistungen für den Handel und die Abwicklung von jenen Kryptowerten erbringen, die als Finanzinstrumente gelten. Dadurch sollen Effizienz, Transparenz und Wettbewerb bei Handels- und Abwicklungstätigkeiten erhöht werden. Gleichzeitig soll ein hohes Maß an Anlegerschutz, Marktintegrität und Finanzmarktstabilität sichergestellt werden und ein Erfahrungsaustausch zwischen Marktteilnehmern und Aufsichtsbehörden in Bezug auf DLT und jene Kryptowerte, die als Finanzinstrumente gelten, ermöglicht werden.
Um diese Ziele zu erreichen, sieht die Verordnung (EU) 2022/858 im Wesentlichen ein Pilotregime mit folgenden unionsweiten Bestimmungen vor:
- Einführung einer besonderen Genehmigung für den Betrieb von DLT-Marktinfrastrukturen. Diese umfassen multilaterale DLT-Handelssysteme („DLT-MTF“), DLT-Abwicklungssysteme („DLT-SS“) und DLT-Handels- und Abwicklungssysteme („DLT-TSS“). Als mögliche Betreiber kommen je nach DLT-Marktinfrastruktur Wertpapierfirmen, Marktbetreiber oder Zentralverwahrer in Frage.
- Kompetenz der zuständigen Aufsichtsbehörden, DLT-basierte Marktinfrastrukturen zeitlich befristet von einigen spezifischen Anforderungen bestehender Rechtsvorschriften der EU über Finanzdienstleistungen auszunehmen. Diese Ausnahmen betreffen insbesondere Rechtsvorschriften, die bei der Entwicklung von Handels- und Abwicklungsdienstleistungen auf DLT-Basis hinderlich sein könnten.
- Geltung von nahezu sämtlichen Anforderungen, die herkömmliche Marktinfrastrukturen erfüllen müssen, für DLT-Marktinfrastrukturen, es sei denn es handelt sich um Anforderungen, von denen die zuständige Aufsichtsbehörde eine Ausnahme erteilt hat.
- Kompetenz der zuständigen Aufsichtsbehörden, Ausnahmen an Bedingungen sowie an Ausgleichs- und Abhilfemaßnahmen zu knüpfen, mit denen die Ziele jener Bestimmungen erreicht werden können, von denen eine Ausnahme gewährt wurde. Einführung zusätzlicher Anforderungen an DLT-Marktinfrastrukturen im Vergleich zu herkömmlichen Marktinfrastrukturen. Dazu gehören etwa spezielle Sicherheitsvorkehrungen, Informationspflichten und Haftungsregeln.
- Erweiterung der Begriffsbestimmung des Finanzinstruments um DLT-basierte Instrumente bei gleichzeitiger Beschränkung jener Finanzinstrumente, die über DLT-Marktinfrastrukturen zum Handel zugelassen oder verbucht werden können, nach Art und Gesamtmarktwert.
Der vorliegende Gesetzentwurf soll jene Bestimmungen in das österreichische Recht einfügen, die notwendig sind, damit die Verordnung (EU) 2022/858 in Österreich wirksam werden kann. Dementsprechend muss insbesondere eine zuständige Behörde, die gemäß der Verordnung (EU) 2022/858 für die Erteilung der besonderen Genehmigung und Ausnahmen sowie die Beaufsichtigung der Betreiber von Marktinfrastrukturen mit Sitz oder Hauptverwaltung in Österreich zuständig ist, benannt werden. Überdies müssen gesetzliche Vorschriften betreffend die für einen wirkungsvollen Vollzug notwendigen sonstigen begleitenden Verfahrens- und Aufsichtsvorschriften vorgesehen werden. Außerdem muss eine in der Verordnung (EU) 2022/858 vorgesehene Änderung des Begriffs des Finanzinstruments gemäß der Richtlinie 2014/65/EU über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU, ABl. Nr. L 173 vom 12.06.2014 S. 349, in der Fassung der Richtlinie (EU) 2021/338, ABl. Nr. L 68 vom 26.02.2021 S. 14, in nationales Recht umgesetzt werden.
Die Verordnung (EU) 2022/858 trat am 20. Tag nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union am 2. Juni 2022 in Kraft und ist ab 23. März 2023 unionsweit unmittelbar anwendbar.
Die Laufzeit der in der Verordnung (EU) 2022/858 vorgesehenen Pilotregelungen ist vorerst zeitlich begrenzt. Bis zum 24. März 2026 soll die ESMA (European Securities and Markets Authority) der Europäischen Kommission über ihre Bewertung der Pilotregelungen Bericht erstatten. Auf Grundlage eines auf dieser Bewertung aufbauenden Berichts der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament und den Rat soll anhand einer Kosten-Nutzen-Analyse entschieden werden, ob die Pilotregelungen verlängert, auf andere Arten von Finanzinstrumenten ausgedehnt, geändert, durch Änderung einschlägiger EU-Rechtsvorschriften dauerhaft eingeführt oder einschließlich aller besonderen Genehmigungen beendet werden sollten. In diesem Zusammenhang kann die Europäische Kommission geeignete Änderungen oder eine Harmonisierung von Rechtsvorschriften vorschlagen. Zudem kann sie Maßnahmen vorschlagen, die den Ausstieg von DLT-Marktinfrastrukturen aus dem Pilotregime erleichtern.
Kompetenzgrundlage:
Der vorliegende Entwurf stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 5 B-VG (Geld-, Kredit-, Börse- und Bankwesen).
Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 9. Mai 2023 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligte sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Mag. Ernst Gödl die Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer.
Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig beschlossen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (2029 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2023 05 09
Mag. Ernst Gödl Karlheinz Kopf
Berichterstattung Obmann