2055 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht und Antrag

des Gesundheitsausschusses

über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Suchtmittelgesetz geändert wird

Im Zuge seiner Beratungen über die Regierungsvorlage (2048 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Zweckzuschüsse an Länder und Gemeinden für die Durchführung der Corona-Schutzimpfung (COVID-19-Impffinanzierungsgesetz) und ein Bundesgesetz, mit dem Übergangsbestimmungen für das COVID-19-Maßnahmengesetz getroffen werden, erlassen und das Epidemiegesetz 1950, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Apothekengesetz, das Arzneimittelgesetz, das Ärztegesetz 1998, das Psychotherapiegesetz, das Sanitätergesetz, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948 und das Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, geändert werden (COVID-19-Überführungsgesetz) hat der Gesundheitsausschuss am 6. Juni 2023 auf Antrag der Abgeordneten Dr. Werner Saxinger, MSc und Ralph Schallmeiner einstimmig beschlossen, dem Nationalrat gemäß § 27 Abs. 1 Geschäftsordnungsgesetz einen Selbständigen Antrag vorzulegen, der eine Novelle zum Suchtmittelgesetz zum Gegenstand hat.

Dieser Antrag war wie folgt begründet:

„Allgemeiner Teil

Ziel dieser Novelle ist es, das derzeit gut funktionierende und mit allen involvierten Stellen (behandelnde Ärztin/behandelnder Arzt, Amtsärztin/Amtsarzt, Apothekerin/Apotheker) abgestimmte System im Bereich der Opioid-Substitutionsbehandlung, bis zur technischen Verfügbarkeit eines elektronischen Prozesses (digitalen Verschreibungsprozesses), weiterhin zu ermöglichen. Dies vor dem Hintergrund, dass sich der bereits bestehende Amtsärztinnen-/Amtsärztemangel zukünftig wohl noch verschärfen dürfte.

Der bisherige § 8a Abs. 1c eröffnet der behandelnden Ärztin/dem behandelnden Arzt unter bestimmten Voraussetzungen bereits die Möglichkeit, eine Substitutions-Dauerverschreibung mit dem Vermerk ‚Vidierung nicht erforderlich‘ auszustellen. Diese sich in der COVID-19-Pandemie bewährte Ausnahmeregelung, mit dem Ziel, u. a. die Amtsärztin/den Amtsarzt zu entlasten, tritt mit Ablauf des 30. Juni 2023 außer Kraft. Da sich die Mitglieder des im Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) eingerichteten Ausschusses für Qualität und Sicherheit in der Substitutionsbehandlung (‚§ 23k Suchtgiftverordnung-Ausschuss‘) für einen hinkünftig digitalen Verschreibungsprozess im Bereich der Opioid-Substitutionsbehandlung ausgesprochen haben, soll durch diese Novelle die Weiterführung des derzeit bestehenden Systems, bis zur technischen Verfügbarkeit des digitalen Verschreibungsprozesses, ermöglicht werden.

Besonderer Teil

Zu Z 1 (§ 8a Abs. 1c):

Die im Rahmen der COVID-19-Pandemie geschaffene Ausnahmeregelung des § 8a Abs. 1c eröffnete bereits bisher der behandelnden Ärztin/dem behandelnden Arzt die Möglichkeit, bei Patientinnen und Patienten, bei denen keine Hinweise auf eine Mehrfachbehandlung vorliegen, eine Substitutions-Dauerverschreibung mit dem Vermerk ‚Vidierung nicht erforderlich‘ auszustellen. Ziel dieser Bestimmung war bereits, neben dem Schutz der Amtsärztinnen/Amtsärzte sowie der vielfach besonders vulnerablen Patientinnen/Patienten durch Reduktion der unmittelbaren physischen Kontakte, eine Entlastung der Amtsärztinnen/Amtsärzte, welche im Rahmen der Eindämmung von COVID-19 und den damit einhergehenden Aufgabenstellungen besonders gefordert und teils erheblichen Mehrbelastungen ausgesetzt waren. Diese Regelung tritt nun mit Ablauf des 30. Juni 2023 außer Kraft. Da in näherer Zukunft nicht mit einer Entspannung im Bereich des Amtsärztinnen-/Amtsärztemangels zu rechnen ist, soll durch die gezielte Entlastung der Amtsärztinnen und Amtsärzte, bis zur technischen Verfügbarkeit eines digitalen Verschreibungsprozesses, das derzeit gut funktionierende und mit allen involvierten Stellen (behandelnde Ärztin/behandelnder Arzt, Amtsärztin/Amtsarzt, Apothekerin/Apotheker) abgestimmte System, weiterhin ermöglicht werden. Teilt die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde der behandelnden Ärztin/dem behandelnden Arzt mit, dass eine Entlastung des amtsärztlichen Dienstes zur Sicherstellung der Opioid-Substitution nicht mehr erforderlich ist, so sind Dauerverschreibungen mit dem Vermerk „Vidierung nicht erforderlich“ nicht mehr auszustellen. Eine solche Mitteilung der Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde kann formlos erfolgen, ist jedoch sowohl durch die behandelnde Ärztin/den behandelnden Arzt, als auch durch die Amtsärztin/den Amtsarzt entsprechend zu dokumentieren. Ab diesem Zeitpunkt sind ‚Vidierung nicht erforderlich‘-Dauerverschreibungen nicht mehr auszustellen. Aufgrund der Vidierungspflicht des Abs. 1a ist sodann jede Dauerverschreibung vor Abgabe des Substitutionsmittels in der Apotheke durch den amtsärztlichen Dienst zu vidieren. Die bereits in der Apotheke aufliegenden Dauerverschreibungen (mit dem Vermerk ‚Vidierung nicht erforderlich‘) verlieren dadurch nicht ihre Gültigkeit und müssen auch nicht nachträglich vidiert werden. Auf eine möglichst einheitliche Vollziehung dieser Bestimmung innerhalb eines Bundeslandes ist Bedacht zu nehmen.

Zu Z 1 (§ 8a Abs. 1d):

Mit der österreichweiten Einführung des e-Card Systems ‚elektronisches Rezept‘ (e-Rezept) des Dachverbands der Sozialversicherungsträger soll die Verschreibung von Arzneimitteln primär elektronisch erfolgen und damit (insbesondere administrative) Erleichterungen für Ärztinnen/Ärzte und Patientinnen/Patienten bringen. Ab 1. Juli 2023 wird die Verschreibung suchtgifthaltiger Arzneimittel (außerhalb der Opioid-Substitutionstherapie) auch über den digitalen e-Rezept-Prozess möglich sein. Nicht durch dieses Novellierungsvorhaben erfasst sind – aufgrund des komplexeren Prozesses – Suchtgiftverschreibungen im Rahmen der Opioid-Substitutionstherapie. Eine umfassende Digitalisierung auch dieses Prozesses ist jedoch in Aussicht genommen und wird derzeit erarbeitet. Auch der im BMSGPK eingerichtete Ausschuss für Qualität und Sicherheit in der Substitutionsbehandlung (‚§ 23k Suchtgiftverordnung-Ausschuss‘) hat sich klar für einen hinkünftig digitalen Verschreibungsprozess im Bereich der Opioid-Substitutionsbehandlung ausgesprochen.

Um eine möglichst patientinnen-/patienten-freundliche Übergangslösung bis zur Umstellung auf einen digitalen Verschreibungsprozess im Bereich der Opioid-Substitutionstherapie zu ermöglichen, soll das derzeit bestehende System, bis zur technischen Verfügbarkeit des elektronischen Systems (längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024), weiterhin ermöglicht werden. Die Schaffung einer solchen Ausnahmebestimmung im Suchtmittelgesetz für die Übermittlung von Verschreibungen im Rahmen der Opioid-Substitutionsbehandlung durch die verschreibende Ärztin/den verschreibenden Arzt an die Apotheke und die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde ist erforderlich, da § 27 Abs. 19 Gesundheitstelematikgesetz 2012 (GTelG 2012), BGBl. I Nr. 111/2012, in der geltenden Fassung, mit Ablauf des 30. Juni 2023 außer Kraft tritt. Um insbesondere eine rasche Übermittlung der Dauerverschreibung an die Amtsärztin/den Amtsarzt zur nachgängigen Überprüfung weiterhin gewährleisten zu können, wird mit dieser Novelle eine Rechtsgrundlage für die Übermittlung per E-Mail ab 1. Juli 2023 im SMG geschaffen. Eine postalische Übermittlung ist aus administrativen und zeitlichen Gründen nicht praktikabel und faktisch kaum umsetzbar. Die Übermittlungsmöglichkeit aufgrund dieser Ausnahmebestimmung endet mit der technischen Verfügbarkeit des digitalen Verschreibungsprozesses (und längstens mit Ablauf des 31. Dezember 2024).

Zu Z 2 (§ 47 Abs. 26):

Die Bestimmungen des § 8a Abs. 1c und 1d sind als Übergangsregelungen bis zur technischen Verfügbarkeit des digitalen Verschreibungsprozesses zu verstehen und treten spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2024 außer Kraft.

Zu Z 2 (§ 47 Abs. 26a):

Damit eine Verordnung gleichzeitig mit ihrer gesetzlichen Rechtsgrundlage in Kraft treten kann, bedarf es einer gesetzlichen Regelung, wonach Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes bereits vor seinem Inkrafttreten erlassen, jedoch nicht vor diesem in Kraft treten dürfen. Da eine flankierende Bestimmung in der Suchtgiftverordnung inhaltlich auf den vorgesehenen § 8a Abs. 1c verweist und – ebenso wie § 8a Abs. 1c – mit 1. Juli 2023 in Kraft treten soll, wird mit Abs. 26a eine entsprechende gesetzliche Rechtsgrundlage geschaffen.“

In der Debatte ergriffen die Abgeordneten Ralph Schallmeiner, Rudolf Silvan, Dr. Werner Saxinger, MSc; Fiona Fiedler, BEd; Dr. Dagmar Belakowitsch, Gabriele Heinisch-Hosek und Peter Wurm sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak das Wort.

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Ralph Schallmeiner gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2023 06 06

                             Ralph Schallmeiner                                                      Mag. Gerhard Kaniak

                                  Berichterstattung                                                                          Obmann