2060 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 3217/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Digitalisierung im Gesundheitssystem vorantreiben

Die Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 1. März 2023 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Seit Anfang der 2000er geistert die Elektronische Gesundheitsakte durch Medien und politische Protokolle, mit der Gründung der ELGA GmbH 2009 wurde der Grundstein für die praktische Umsetzung gelegt. Nach unterschiedlichen Vorarbeiten, Anfangsschwierigkeiten und Debatten werden seit 2015 Krankenhäuser und Pflegeheime angebunden, auch im niedergelassenen Bereich sind zumindest Kassenordinationen angebunden, phasenweise funktionierte auch schon eine teilweise Anbindung im Wahlarztbereich.

Drei Viertel der Bevölkerung haben angeblich bereits Kontakt mit ELGA gehabt (1), was genau ELGA für einzelne Patient:innen bedeuten könnte, ist vielen Menschen aufgrund der mangelnden Informationen jedoch unklar. Immer wieder wird schließlich darüber diskutiert, was alles nicht möglich sei - Wahlärzte sind nicht angebunden und können daher kein e-Rezept ausstellen, Krankenhäuser haben zwar eine ELGA-Anbindung, doch viele Befunde oder Entlassungsbriefe werden gar nicht tatsächlich in ELGA eingespielt. Für Patient:innen ist das mühsam, für das Gesundheitssystem ist es teuer und ineffizient. In manchen Fällen bedeutet das potenziell mehrfache Röntgenbilder, weil Krankenhäuser in verschiedenen Bundesländern unterschiedliche Systeme verwenden, in anderen Fällen bedeutet das für Patient:innen, dass Laborbefunde noch immer persönlich beim Arzt abgeholt werden müssen. Auch Medikamente sind nicht immer vollständig eingetragen.

Kurzum: Die Digitalisierung schreitet zwar voran und besonders die Pandemie hat gezeigt, dass diese eine enorme Erleichterung bedeuten könnte. In der Praxis gibt es jedoch zahlreiche Interessenskonflikte, was rasche Umsetzungen blockiert. Ärztekammer, Datenschützer, Bundesländer und Minister haben verschiedene Ansichten, verpflichtende Eintragungen werden zwar immer wieder diskutiert, eine konkrete Forderung traut man sich aber nicht abzugeben. Gerade die Verhandlungen zum Finanzausgleich und Lerneffekte aus der Pandemie haben die Debatte nun besonders angeheizt. Vorbilder aus Skandinavien werden nicht mehr nur regelmäßig zitiert (2), sondern extra besucht: Gesundheitsminister und Staatssekretär für Digitalisierung bemühten sich bei einem Besuch in Finnland um Einheit im Bestreben nach Digitalisierung (3).

Viele der Beispiele, wie ELGA weiterentwickelt werden kann, sind aber alte Beispiele, die lange schon gelöst sein könnten. So hätten beispielsweise die Bundesländer aufgrund der 15a-Vereinbarung zur Organisation und Finanzierung des Gesundheitssystems (4) auch einen Anteil zur besseren Nutzung und Weiterentwicklung von ELGA leisten müssen, theoretisch könnte über deren Eigentümerstruktur auch verlangt werden, dass Krankenhäuser Befunde oder Patient:innenbriefe verpflichtend in ELGA eintragen. Dies ist allerdings nicht passiert, auch die Weiterentwicklungen in anderen Bereichen sind aufgrund äußerer Rahmenbedingungen eher schwerfällig. So brauchen Weiterentwicklungen de facto immer einen gesetzlichen Auftrag, weiters stellt auch das eingeschränkte Budget von ELGA hier immer wieder eine Hürde dar. Immerhin hat die ELGA GmbH jährlich das gleiche Budget wie das Radio-Symphonieorchester Wien, wie die Debatte über die ORF-Finanzierung gezeigt hat (5).

Die Einigung auf eine gemeinsame Finanzierung von ELGA, welche die Bundesländer in die Pflicht nimmt, ist zwar von Vorteil, wenn es um die theoretische Einigkeit geht, wie das System weiter entwickelt werden soll. Gleichzeitig wurden dadurch aber verschiedene Bereichsstrukturen geschaffen, die möglicherweise nicht einmal zusammen gelegt werden können (6). Gerade dadurch entsteht aber wieder ein Fleckerlteppich an Zuständigkeiten und Strukturen, der eben eine einheitliche Nutzung offensichtlich behindert. Nachdem die unterschiedliche Interessen hinzukommen und beispielsweise die Ärztekammer von absoluter Skepsis (7) zu Kritik an mangelnder Umsetzung (8) wechselte, scheinen Ansichten zur Digitalisierung im Gesundheitssystem kein stabiler Leitfaden zu sein. Lediglich Notwendigkeiten - wie der e-Impfpass - eröffnen die Möglichkeit zu Sonderfinanzierungen und umfassenden Weiterentwicklungen. Da gerade die Digitalisierung aber nicht auf das jahrzehntelange Abarbeiten von Zwischenschritten wartet, braucht es mehr Flexibilität für ELGA und durch den Bund, um beispielsweise die Anbindung an ELGA oder verpflichtende Eintragungen zu ermöglichen.

1.     https://www.elga.gv.at/faq/wissenswertes-zu-elga/

2.     https://www.dossier.at/dossiers/aktuelles/transparenz-in-schweden-und-die-lehren-fuer-oesterreich/

3.     https://kurier.at/politik/inland/rauch-und-tursky-wir-wollen-die-ecard-aufs-handy-bekommen/402317213

4.     https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LrVbg&Gesetzesnummer=20001137

5.     https://twitter.com/FranzLeisch/status/1627918166104977409?s=20

6.     https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/12871

7.     https://www.derstandard.at/story/1319182951406/elga-aerztekammer-verschaerft-gangart

8.     https://www.derstandard.at/story/2000143809062/scharfe-kritik-der-aerztekammer-an-digitaler-gesundheitsakte-elga.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 6. Juni 2023 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd die Abgeordneten Ralph Schallmeiner und Laurenz Pöttinger.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Fiona  Fiedler,  BEd, Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für  den  Antrag: S, N, dagegen: V, F, G).

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Ralph Schallmeiner gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2023 06 06

                             Ralph Schallmeiner                                                      Mag. Gerhard Kaniak

                                  Berichterstattung                                                                          Obmann