Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Mit diesem Bundesgesetz sollen das Bundes-Krisensicherheitsgesetz (B-KSG) erlassen sowie das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, das Wehrgesetz 2001 (WG 2001), BGBl. I Nr. 146/2001, und das Meldegesetz 1991 (MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992, geändert werden.

Für ein effektives und erfolgreiches Krisenmanagement ist die Koordination zwischen den betroffenen Akteuren (Bundes- und Landesbehörden, Einsatzorganisationen etc.) von entscheidender Bedeutung. Eine zentrale Rolle spielen dabei die organisatorische und strukturelle Vernetzung bereits in Normalzeiten sowie der regelmäßige Austausch im Rahmen von Gremien und die Übung definierter Ablaufprozesse. Die Bundesregierung hat sich in ihrem Regierungsprogramm für die Jahre 2020 bis 2024 („Aus Verantwortung für Österreich.“) insbesondere auf die Entwicklung umfassender rechtlicher Rahmenbedingungen für das staatliche Krisen- und Katastrophenschutzmanagement unter Beachtung der Bundes- und Landeskompetenzen verständigt. Vorgesehen sind im Kapitel „Krisen- und Katastrophenschutz“ etwa rechtliche Klarstellungen im Hinblick auf Zuständigkeiten, Befugnisse sowie Informationsübermittlungen, die Erhöhung der gesamtstaatlichen Resilienz sowie eine weitere Stärkung und Effizienzsteigerung des Krisenmanagements, die Verbesserung der Möglichkeiten des Bundesheeres, bei nichtmilitärischen Krisen Assistenz zu leisten, sowie das Treffen frühzeitiger Vorsorgemaßnahmen. Überdies hat sich die Bundesregierung zur Etablierung eines ressortübergreifenden Lagezentrums für einen gesamtheitlichen Zugang zum Thema Sicherheit, wie etwa Hochwasser, Pandemie, großflächige Stromausfälle und hybride Bedrohungen, bekannt.

Vergangene große Krisen- und Katastrophenereignisse im In- und Ausland, wie etwa die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 oder die Flutkatastrophe in Mitteleuropa im Jahr 2002, haben bereits gezeigt, dass bei Großereignissen eine Gesamtkoordination über Verwaltungs- und Zuständigkeitsgrenzen lokaler und regionaler Gebietskörperschaften hinaus dringend erforderlich ist. Im Jahr 1986 wurde demzufolge von der Bundesregierung ein staatliches Krisenmanagement beim Bundeskanzleramt eingerichtet. Seit Mai 2003 obliegen die Koordination des staatlichen Krisen- und Katastrophenschutzmanagements (SKKM) und die internationale Katastrophenhilfe dem Bundesministerium für Inneres. Mit Ministerratsbeschluss vom 20. Jänner 2004 (TOP 33) wurde das SKKM neu organisiert. Die wichtigste Neuerung bildete dabei die Zusammenführung der in verschiedenen Ressorts angesiedelten Koordinationsgremien in einem neuen Koordinationsausschuss unter dem Vorsitz des Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit. Im Ausschuss erfolgen insbesondere der Informationsaustausch zwischen den beteiligten Stellen, eine laufende Erörterung des jeweils aktuellen Lagebildes sowie die Abstimmung der zu treffenden Maßnahmen. Im Anlassfall dient die Bundeswarnzentrale, seit Jänner 2006 organisatorischer Bestandteil des im Bundesministerium für Inneres eingerichteten Einsatz- und Koordinationscenters (EKC) bzw. nunmehr des Lagezentrums BMI, als Informationsdrehscheibe und permanent besetzte nationale Kontaktstelle; sie fungiert demnach als Kommunikations- und Informationsinstrument. Im Fall komplexer Krisen- und Katastrophensituationen ist es derzeit Aufgabe des SKKM, die rasche Koordination der Bundesbehörden untereinander sowie die Koordination und Zusammenarbeit mit den Ländern sicherzustellen.

Krisen in der jüngeren Vergangenheit haben die Frage aufgeworfen, ob die vorhandenen Strukturen und rechtlichen Möglichkeiten ausreichen, um unerwartet auftretende Krisenfälle rasch und effizient handhaben zu können. Die COVID-19-Pandemie als Beispiel hat im Bereich des österreichischen Krisenmanagements neben verschiedenen Stärken auch Verbesserungspotenzial aufgezeigt. Darüber hinaus sind die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine in Österreich deutlich spürbar (zB Energieversorgung, Lieferkettenprobleme, Migrationsbewegungen) und bundesweite bzw. ressortübergreifende koordinierte Maßnahmen im Zusammenhang mit den innerstaatlichen Auswirkungen des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine erforderlich. Die neuen, von globaler Reichweite geprägten Krisenfälle bedingen eine umfassende Neuausrichtung, Verrechtlichung und Formalisierung bestehender Prozesse sowie Formate und besteht zunehmend ein Bedarf an einer umfangreichen, strukturierten und ressortübergreifenden Abstimmung der relevanten Akteure sowohl im Bereich der Krisenvorsorge als auch in der Krisenbewältigung.

Im Bereich der Krisen und der – davon zu unterscheidenden – Katastrophen besteht verfassungsrechtlich keine allgemeine Regelungskompetenz des Bundes, sondern liegt eine weitgehende Zersplitterung der Bundes- und Landeskompetenzen vor. In verschiedenen Staaten besteht schon derzeit die Möglichkeit, in Zeiten außergewöhnlicher Gefahr für den Staat und die Bevölkerung zeitlich befristet einen gesamtstaatlichen Krisenfall auszurufen und daran Anordnungen zu knüpfen. In einer solchen Krisensituation stehen den Behörden nach diesen Rechtsordnungen typischerweise besondere Maßnahmen zur Verfügung, um die drohenden oder schon eingetretenen Gefahren abzuwehren (vgl. ALES-Studie, Resilienz des Rechts in Krisenzeiten [2016]). Im Unterschied zu anderen Rechtsordnungen ist in Österreich keine explizite bzw. förmliche Feststellung des Eintritts eines Krisenfalls vorgesehen und bestehen keine allgemeinen organisatorischen Regelungen im Krisenfall, die zur effektiven Vorsorge für und Bewältigung von Krisensituationen geeignet wären. Die österreichische Bundesverfassung sieht zwar Notkompetenzen des Bundespräsidenten – sowie auf Länderebene der Landesregierung – vor, diese sind aber in einem Krisenfall nur eingeschränkt einsetzbar. Die Befugnisse des Bundesheeres sowie die in den Landeskatastrophengesetzen vorgesehenen Maßnahmen sind zwar auch geeignet, Sofortmaßnahmen sicherzustellen, diese Möglichkeiten werden jedoch als ausbaufähig angesehen. Vergangene große Elementarereignisse und Unglücksfälle außergewöhnlichen Umfangs sowie insbesondere die COVID-19-Pandemie haben dargelegt, dass die geltende Verfassungsrechtslage nicht ausreicht, um die Ressourcen des Bundesheeres bestmöglich zur Vorsorge für den Fall und zur Bewältigung von Elementarereignissen, Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfangs und Krisen einsetzen zu können.

Auch innerhalb des Bundes bestehen unterschiedliche Kompetenzregelungen. Gemäß dem Bundesministeriengesetz 1986 (BMG), BGBl. Nr. 76/1986, obliegt dem Bundesminister für Inneres etwa die „Koordination in Angelegenheiten des staatlichen Krisenmanagements und des staatlichen Katastrophenschutzmanagements“ sowie die „Mitwirkung bei anlassbezogener Krisenbewältigung“, dem Bundeskanzler hingegen die „Anlassbezogene Koordination innerstaatlicher Maßnahmen zur Bewältigung überregionaler oder internationaler Krisen oder Katastrophen“.

Aufgrund der Tatsache, dass eine weitgehende Verrechtlichung im Bereich des Krisenmanagements bisher nicht erfolgt ist, basieren die derzeitigen Koordinationstätigkeiten im Bereich des SKKM grundsätzlich auf der Grundlage der bestehenden Bestimmungen im BMG und des bereits erwähnten Ministerratsbeschlusses aus dem Jahr 2004. So wurde etwa die Gesamtstaatliche COVID-Krisenkoordination (GECKO) als Kommission gemäß § 8 BMG im Bundeskanzleramt eingerichtet.

Die Diversität der Bedrohungen bzw. Krisenszenarien und eine zunehmend von globalen Rahmenbedingungen abhängige „Gefahrenlage“ erfordern eine Anpassung des Krisenmanagements des Bundes an die neuen Gegebenheiten und einen gesamtheitlichen Zugang zum Thema Krisensicherheit. Überdies hat vor allem die Bewältigung der COVID-19-Pandemie gezeigt, dass es ein zwischen den relevanten Akteuren vernetztes und rechtlich verankertes Krisenmanagement benötigt. Wollen die zuständigen Behörden nicht nur auf Gefahren reagieren, sondern Bedrohungen aktiv schon im Vorfeld entgegentreten und abwehren, müssen ihnen dazu auch entsprechende Mittel und Möglichkeiten zur Verfügung gestellt werden.

Durch die einstimmig angenommene Entschließung des Nationalrats vom 14. Oktober 2020 wurde parteiübergreifend der Beschluss zur Verrechtlichung des gesamtstaatlichen Krisenmanagements mit dem Ziel der Stärkung und Effizienzsteigerung des SKKM gefasst (105/E 27. GP).

Diesen Überlegungen soll der gegenständliche Gesetzesentwurf Rechnung tragen und soll das von der Bundesregierung im Jahr 2020 beschlossene Regierungsprogramm Berücksichtigung finden. Einerseits sollen dabei bisher bewährte informelle Strukturen rechtlich abgebildet und weiterentwickelt, andererseits soll Verbesserungsbedarf aufgegriffen werden.

Durch eine Änderung des B-VG soll der Assistenzeinsatz auf den Krisenfall ausgeweitet werden. Dem Bundesheer soll außerdem die zusätzliche Aufgabe zugewiesen werden, bereits Vorkehrungen zur Bewältigung von künftigen Elementarereignissen, Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfangs oder Krisen durch einzelne Maßnahmen der Vorsorge zu treffen.

Zur Steigerung der Krisensicherheit soll durch Erlassung des B-KSG auch in Anbetracht neuer und ungewisser Bedrohungsszenarien eine bundesgesetzliche Regelung über die Sicherstellung der staatlichen Resilienz und Koordination des Bundes im Zusammenhang mit Krisen geschaffen werden. Ausgehend von den geltenden verfassungsrechtlichen Kompetenztatbeständen ist Ziel des geplanten Organisationsgesetzes die gesetzliche Absicherung von Strukturen und Verfahren des staatlichen Krisenmanagements, die Entwicklung von umfassenden Krisenpartnerschaften bereits in Normalzeiten sowie die Steigerung der Widerstandsfähigkeit Österreichs und somit die Aufrechterhaltung bzw. rasche Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit von Staat und Gesellschaft in Krisen. Insgesamt soll ein gesamthafter Zugang zu allen Aspekten der Krisensicherheit, staatlichen Resilienz und Krisenvorsorge geschaffen werden. Beabsichtigt ist, eine gesamtstaatliche Herangehensweise und enge Abstimmung mit und zwischen sämtlichen fachlich zuständigen Akteuren sicherzustellen, ohne dabei die operative Kompetenz der einzelnen Ressorts und der Länder zu berühren.

Um nicht in den Zuständigkeitsbereich der Länder (etwa im Bereich des Katastrophenschutzes und der Katastrophenbekämpfung) einzugreifen, wurde eine klare begriffliche Definition von Bundeskrisen als notwendig erachtet. In den verfassungsrechtlichen Kompetenztatbeständen besteht nach derzeitiger Rechtslage zwar keine explizite Auflistung von Krisen. Eine nähere Analyse der Kompetenztatbestände ergibt jedoch, dass die Krisenprävention und -bewältigung wohl im untrennbaren Zusammenhang mit anderen ausdrücklich in den Kompetenztatbeständen aufgelisteten Angelegenheiten steht. Bei den Krisenmaßnahmen handelt es sich sozusagen um den „Vollzug“ von diesen Materien in „Ausnahmefällen“; die Krisenprävention und -bewältigung gehören nach ihrem (wesentlichen) Inhalt systematisch – sowohl in Gesetzgebung als auch in Vollziehung – dem jeweiligen Kompetenzgrund an, können also nicht losgelöst von der Hauptmaterie betrachtet werden. Die Prävention bzw. Abwehr sowie die Bewältigung sind verschiedenen Verwaltungsmaterien zuzuordnen, weshalb Krisen aufgrund der starken Bindung eine (materienübergreifende) Annexmaterie darstellen und sich die Zuständigkeit zur Erlassung und Vollziehung von Bestimmungen betreffend das Krisenmanagement nach der Zuständigkeit zur Regelung und Vollziehung der betreffenden Angelegenheit richtet. Je nach Materie bzw. Verwaltungszweig, auf die bzw. den sich die Regelungen beziehen, obliegt die Gesetzgebung und Vollziehung dem Bund oder den Ländern. Soweit in Angelegenheiten, die (insbesondere) gemäß Art. 10 Abs. 1 B-VG in Gesetzgebung und Vollziehung in die Zuständigkeit des Bundes fallen, Krisen eintreten können, hat der Bund demnach das Recht, Krisenregelungen zu erlassen und im Krisenfall Vollzugsakte zu setzen (zur Adhäsionskompetenz vgl. auch VfSlg. 19.905/2014; 15.552/1999; 5649/1967).

Die Feststellung der (befristeten) Krisen soll angelehnt an andere europäische Rechtsordnungen in formell-konstitutiver Weise durch eine Verordnung der Bundesregierung ausreichend publik erfolgen und soll die Krise – sobald die Voraussetzungen dafür nicht mehr vorliegen – auch wieder vorzeitig beendet werden, wobei bei Krisenfeststellung aufgrund der Sondersituation die erforderliche Einvernehmensherstellung mit dem Hauptausschuss des Nationalrats sowie eine Informationspflicht der Landeshauptleute festgeschrieben wird. Die Setzung nachfolgender Koordinierungsakte zur Krisenbewältigung kann (in weiterer Folge) an diese formelle Krisenfeststellung der Bundesregierung anknüpfen.

Der Intention dieses Entwurfs zufolge sollen außerdem zur Sicherstellung eines gesamthaften strategischen Überblicks der obersten Organe des Bundes im Bundeskanzleramt die Funktion eines umfassenden Informationspflichten unterliegenden Beraters sowie eines stellvertretenden Beraters der Bundesregierung (Regierungsberater und stellvertretender Regierungsberater) eingerichtet sowie ein Beratungsgremium geschaffen werden. Damit wird erstmals festgehalten, dass die obersten Organe des Bundes gesamthaft in Fragen der Krisenvorsorge, der Krisenbewältigung, der umfassenden Landesverteidigung, der nationalen Sicherheit und der staatlichen Resilienz strategisch beraten werden sollen. Darüber hinaus soll für die Bundesregierung ein permanentes ressortübergreifendes Bundeslagezentrum mit höchsten internationalen Sicherheits- und technischen Ausstattungsstandards errichtet werden. Durch die gesetzliche Verankerung der Gremienstruktur sowohl (prophylaktisch) vor als auch in Krisenzeiten und die Regelung des Koordinationsmechanismus soll die erforderliche Koordination im Hinblick auf – in die Zuständigkeit des Bundes fallende – Krisen verbessert werden. Einerseits soll eine rasche Abstimmung betroffener Behörden und Einrichtungen bei Krisen gewährleistet werden, andererseits auch in Normalzeiten eine Vernetzung und ein regelmäßiger Austausch sichergestellt sein. Ziel ist unter anderem, zur Gewährleistung einer größtmöglichen Akzeptanz der im Rahmen des Krisenmanagements getroffenen Maßnahmen in der Bevölkerung sämtliche relevanten Akteure einzubinden und eine Mitwirkung vor allem der Länder (im Rahmen der Landesverwaltung auf freiwilliger Basis), des Österreichischen Städtebundes, des Österreichischen Gemeindebundes, der Betreiber kritischer Infrastrukturen, der Einsatzorganisationen und der Nichtregierungsorganisationen zu erreichen. In diesem Sinne ist es erforderlich, Aufgaben und Zuständigkeiten des Regierungsberaters (samt seinem Stellvertreter und dem Beratungsgremium), des Bundeslagezentrums und der ressortübergreifenden Gremien klar abzugrenzen sowie diesbezügliche Informations- und Mitwirkungspflichten eindeutig festzulegen, damit die Erstellung aktueller Lagebilder und die eingehende Beratung bzw. Information der Mitglieder der Bundesregierung mit Blick auf Krisen bzw. krisenhafte Entwicklungen uneingeschränkt möglich sind. Zudem sollen etwa auch Berichts- und Auskunftspflichten an den Nationalrat bzw. die zuständigen Ausschüsse des Nationalrats sowie eine Informationsübermittlung insbesondere an die Landeshauptleute, den Österreichischen Städtebund, den Österreichischen Gemeindebund, Betreiber kritischer Infrastrukturen, Einsatzorganisationen und Nichtregierungsorganisationen vorgesehen werden. Durch die Einrichtung eines Bundes-Krisensicherheitskabinetts soll auch die politisch-strategische Ebene bestmöglich abgebildet werden.

Maßnahmen zur Krisenvorsorge sollen ebenfalls Eingang in den Gesetzesentwurf finden. Vorgesehen ist etwa die Verpflichtung der zuständigen Mitglieder der Bundesregierung, die notwendigen Vorkehrungen und Strukturen für ein effektives Krisenmanagement zu schaffen, permanente Kontaktstellen festzulegen sowie etwa Krisenpläne zur Krisenbewältigung aufzustellen und ein ausreichendes Qualitätsmanagement sicherzustellen. Schließlich sollen – neben einigen Klarstellungen – die Vorsorgeaufgaben des Bundesheeres auf Basis der vorgesehenen verfassungsrechtlichen Grundlage einfachgesetzlich verankert werden.

Durch dieses Organisationsgesetz ist demzufolge eine wesentliche Weiterentwicklung der staatlichen Krisensicherheitsarchitektur beabsichtigt. Konkrete individuelle Maßnahmen zur Abwehr und Bewältigung einer Krise sollen aufgrund der unterschiedlichen materienspezifischen Gegebenheiten mit Blick auf die Systematik des gegenständlichen Organisationsgesetzes wie bisher durch den jeweiligen Materiengesetzgeber geregelt werden, wobei auf die Bedürfnisse vulnerabler Gruppen besonders Bedacht zu nehmen ist.

Durch die vorgesehene verfassungsrechtliche Ausweitung des Assistenzbereichs auf Bundeskrisen bedarf es zudem einer Änderung des WG 2001.

Zur Erlangung von personenbezogenen Kontaktdaten soll es künftig durch eine Änderung des MeldeG auch bei Krisen möglich sein, eine Verknüpfungsanfrage im Zentralen Melderegister (ZMR) durchzuführen.

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung eines diesem Entwurf entsprechenden Bundesgesetzes gründet sich hinsichtlich

-              des Artikels 1 auf Art. 10 Abs. 1 Z 1 B-VG („Bundesverfassung“),

-              des Artikels 2 auf Art. 10 Abs. 1 B-VG,

-              des Artikels 3 auf Art. 10 Abs. 1 Z 15 B-VG („militärische Angelegenheiten“) und

-              des Artikels 4 auf Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG („Meldewesen“).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Der Entwurf kann im Hinblick auf Artikel 1 (Verfassungsbestimmung) gemäß Art. 44 Abs. 1 B-VG vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes)

Zu Art. 79 Abs. 2 Z 2:

Der Assistenzbereich des Bundesheeres soll neben Elementarereignissen und Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfangs gemäß Z 2 künftig auch den Krisenfall umfassen. Zur Definition einer Krise vgl. den in Artikel 2 vorgeschlagenen § 2.

Zu Art. 79 Abs. 2a:

Dem Bundesheer soll, unter Gesetzesvorbehalt und unter der Voraussetzung, dass ein entsprechender Beschluss der Bundesregierung vorliegt, künftig die zusätzliche Aufgabe zugewiesen werden, bereits Vorkehrungen für die Bewältigung künftiger Elementarereignisse, Unglücksfälle außergewöhnlichen Umfangs oder Krisen (vgl. dieselben Tatbestandselemente in Abs. 2 Z 2) – die im Fall des Eintretens primär durch die zivile Gewalt zu bewältigen sind (vgl. Abs. 2) – in Form einzelner präventiver Maßnahmen zu treffen.

Zwar kann auch die Hilfeleistung im Katastropheneinsatz in einem gewissen, sehr beschränkten Ausmaß bereits nach geltendem Recht präventiv erfolgen, wenn etwa der Einsatz so „rechtzeitig“ erfolgen muss, um die Ausdehnung der Katastrophe zu verhindern (mit dem Hinweis auf Absicherungsmaßnahmen bei Brand- oder Hochwasserkatastrophen vgl. Truppe, Art. 79 B-VG, in Kneihs/Lienbacher, Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, 9. Lfg. [2012], Rz 34 FN 182). Darüber hinaus können nach geltender Rechtslage Präventivmaßnahmen aber nicht mit Hilfe des Bundesheeres getroffen werden.

Nähere Bestimmungen, insbesondere zur Konkretisierung der einzelnen vorsorglichen Maßnahmen, sollen bundesgesetzlich erlassen werden. In den ausführungsgesetzlichen Bestimmungen soll insbesondere geregelt werden, inwieweit und welche Vorbereitungshandlungen dem Bundesheer in den genannten Angelegenheiten obliegen (vgl. den in Artikel 2 vorgeschlagenen § 12). Durch ein solches Bundesgesetz kann weder die Notwendigkeit einer Ermächtigung der Bundesregierung abbedungen werden noch eine Erweiterung der in Abs. 2 Z 2 genannten Aufgaben erfolgen (vgl. auch Art. 79 Abs. 3 B-VG).

An die Stelle der Inanspruchnahme gemäß Abs. 2 sollen im Fall des Abs. 2a sowohl ein Bundesgesetz, das abstrakt die Anwendungsfälle und Voraussetzungen der neuen Präventivfunktion definiert, als auch ein entsprechender Beschluss der Bundesregierung – auf Antrag des sachlich zuständigen Bundesministers – treten.

Die Inanspruchnahme durch die Bundesregierung hat sich auf einzelne Beiträge zur Vorsorge für den Fall künftig eintretender Elementarereignisse, Unglücksfälle außergewöhnlichen Umfangs oder Krisen zu beschränken und soll diese das Tätigwerden des Bundesheeres in dem Zusammenhang in räumlicher und zeitlicher Hinsicht konkretisieren, insbesondere im Hinblick auf den Zweck, den voraussichtlichen Umfang, die dafür nötigen personellen und sachlichen Ressourcen und die Umstände, unter denen die Aufgabe besorgt werden soll.

Die Besorgung dieser neuen Aufgabe soll – abhängig von einer gesetzlichen Ermächtigung und einem entsprechenden Beschluss der Bundesregierung auf Antrag des sachlich zuständigen Bundesministers – selbständig erfolgen und, anders als im Fall der Assistenzleistung, nicht der zivilen Gewalt zuzurechnen sein. Die Aufgabenbesorgung soll unter der Befehlsgewalt des zuständigen Bundesministers für Landesverteidigung (Art. 80 Abs. 3 B‑VG) erfolgen.

Zu Artikel 2 (Bundes-Krisensicherheitsgesetz – B-KSG)

Zu § 1 (Anwendungsbereich):

Diese Bestimmung soll den Anwendungsbereich des gegenständlichen Bundesgesetzes klar zum Ausdruck bringen. Integrale Bestandteile sind demnach das Verfahren zur Feststellung (und vorzeitigen Beendigung) einer Bundeskrise (samt Krisendefinition), die erforderliche Koordination auf Bundesebene in Normal- und Krisenzeiten sowie im Zusammenhang mit krisenhaften Entwicklungen (insbesondere betreffend Organisations- und Gremienstrukturen sowie Informations-, Berichts- und Mitwirkungspflichten) und Maßnahmen zur Krisenvorsorge. Ziel ist es, zur Sicherstellung der staatlichen Resilienz und Krisensicherheit Gremien einzurichten und Prozesse aufzubauen, umfassende „Krisenpartnerschaften“ bereits in Normalzeiten zu entwickeln und etwa durch ressortübergreifende Strukturen einen interministeriellen Informationsaustausch sicherzustellen. Insbesondere durch die Einbeziehung der Ländervertreter, des Österreichischen Städtebundes sowie des Österreichischen Gemeindebundes soll dem Grundgedanken eines partnerschaftlichen Bundesstaates Rechnung getragen werden.

Durch das gegenständliche Organisationsgesetz sollen vor allem innerorganisatorische Koordinierungsregelungen vorgesehen und soll somit kein Sonderregime mit besonderen Behördenbefugnissen geschaffen werden (zB kein Eingriff in Grundrechte, keine Ermächtigung zur Erlassung gesetzesändernder Verordnungen). Demnach soll bei Krisen auch nicht die Möglichkeit bestehen, von regulären Rechtserzeugungsverfahren (wie dies etwa in anderen Ländern der Fall ist) abzusehen. Mit Blick auf die Systematik soll das Gesetz lediglich den institutionellen bzw. organisatorischen Rahmen vorgeben und sollen konkrete individuelle Maßnahmen zur Abwehr und Bewältigung einer Krise aufgrund der unterschiedlichen spezialgesetzlichen Gegebenheiten durch den jeweiligen Materiengesetzgeber bereichsadäquat und weitgehend flexibel geregelt werden (siehe dazu insbesondere die Erläuterungen zu § 14). Unmittelbar anwendbares Unionsrecht soll von diesen Regelungen selbstverständlich unberührt bleiben.

Zu § 2 (Voraussetzungen für die Feststellung einer Krise):

Bisher wurden in der Literatur viele Versuche unternommen, Krisenfälle und Notstände zu definieren (vgl. etwa die ALES-Studie), wobei die Verfassung selbst kein eindeutiges Ergebnis liefert. Die Katastrophenschutzregelungen der Länder sind ebenfalls differenziert ausgestaltet; diesen ist es jedoch gemein, dass eine Katastrophe als eine durch Naturereignis oder sonstige Ursachen hervorgerufene, eingetretene oder unmittelbar bevorstehende Schädigung von Menschen und Sachgütern in außergewöhnlichem Umfang definiert wird (vgl. dazu die Katastrophenschutz- bzw. die Katastrophenhilfegesetze der Länder).

Im Hinblick darauf, dass dem Bund keine umfassende Zuständigkeit, sondern aufgrund der Verzahnung und untrennbaren Verbindung mit der Hauptmaterie lediglich die verfassungsrechtliche Kompetenz zukommt, Krisen in einer der in Art. 10 Abs. 1 B-VG aufgelisteten oder sonst durch Verfassungsbestimmung zugewiesenen Angelegenheiten zu regeln und in diesen Bereichen Vollzugshandlungen zu setzen (siehe die Ausführungen im Allgemeinen Teil), knüpft die Krisendefinition ausdrücklich an Ereignisse (zB weitreichende terroristische Angriffe), Entwicklungen (zB Pandemien, massive Migrationsbewegungen) oder sonstige Umstände in Angelegenheiten, die in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache sind, sowie an Maßnahmen im Zuständigkeitsbereich des Bundes an. Da nicht auszuschließen ist, dass in Zukunft andere, bisher nicht vorhersehbare Phänomene auftreten, die das Potenzial haben, eine Krise hervorzurufen (vgl. dazu auch die rechtswissenschaftlichen Überlegungen in der ALES-Studie), erscheint es dringend notwendig und sachgerecht, etwa durch die Bezugnahme auf „sonstige Umstände“ andere möglicherweise auftretende Erscheinungsformen mitzuumfassen. Eine zu enge und kasuistische Aufzählung der möglichen Szenarien riskiert, nicht bedachte oder bislang womöglich unbekannte Krisenfälle ungeregelt zu lassen und beschränkt somit den notwendigen Handlungsspielraum zur Bewältigung einer Krise. Die Definition ist demnach das Ergebnis einer bewussten sachgerechten und verhältnismäßigen Abwägung und soll zudem eine rasche Handlungsfähigkeit im Fall einer Krise sicherstellen.

Demnach sollen die Voraussetzungen für die Feststellung einer (Bundes-)Krise (siehe dazu unter § 3) dann vorliegen, wenn durch ein Ereignis, eine Entwicklung oder sonstige Umstände in Angelegenheiten, in denen dem Bund die Gesetzgebung und Vollziehung zukommt, eine außergewöhnliche Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Bevölkerung oder eines großen Personenkreises, die öffentliche Gesundheit, die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Inneren, die nationale Sicherheit, die Umwelt oder das wirtschaftliche Wohl der Republik unmittelbar droht, entsteht oder bereits besteht. Durch den Terminus „besteht“ soll insbesondere zum Ausdruck gebracht werden, dass auch solche Gefahren als Anlass für die Feststellung einer Krise angesehen werden können, die bereits vor oder zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes oder einige Zeit vor Krisenfeststellung entstanden sind.

Phänomene, die das Potenzial haben, eine solche Gefahr für die genannten öffentlichen Interessen zu begründen, stellen etwa Katastrophen, Terrorismus, Pandemien, aber auch massive Migrationsbewegungen dar. Zu denken wäre beispielsweise auch an längerfristige Folgen von Mangellagen (zB Stromausfall, Ausfall von Verkehrsträgern) sowie unter bestimmten Umständen auch eine Hyperinflation. Ausreichend ist zwar, dass diese Gefahr unmittelbar bevorsteht, also eine potenzielle Gefahrensituation vorliegt. Dieses „Risiko“ bedarf jedoch einer gewissen Qualität, die sich etwa aus spezifischen Anknüpfungspunkten sowie der Eintrittswahrscheinlichkeit der Gefahr ergibt.

Angelehnt an die Formulierung des § 275 des Strafgesetzbuchs (StGB), BGBl. Nr. 60/1974, sind unter „Bevölkerung“ alle Bewohner eines bestimmten Gebiets, die dort ihren tatsächlichen Aufenthalt haben, also alle Bewohner Österreichs, eines Bundeslands, eines Bezirks oder einer Gemeinde zu verstehen (vgl. auch 11 Os 22/03; 15 Os 64/09i). Ein „großer Personenkreis“ hingegen umfasst große Bevölkerungsgruppen, die nicht räumlich verbunden sein müssen; Zusammengehörigkeit beispielsweise aufgrund gemeinsamer Religion oder gemeinsamer Abstammung genügt (siehe auch 15 Os 64/09i, wonach ein „großer Personenkreis“ ab einer Zahl von rund 800 Personen anzunehmen ist). Der Schutz der „öffentlichen Gesundheit“ hingegen soll die Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung (vgl. § 6 des COVID-19-Maßnahmengesetzes [COVID-19-MG], BGBl. I Nr. 12/2020) berücksichtigen. Hinsichtlich des Terminus „wirtschaftliches Wohl der Republik“ wird insbesondere auf Art. 8 Abs. 2 EMRK verwiesen und soll im gegenständlichen Kontext demnach nicht auf partikulare wirtschaftliche Interessen abzustellen sein.

An den nicht nur in Art. 52a und Art. 148b B-VG, sondern auch in Art. 6 Abs. 1, Art. 8 Abs. 2, Art. 10 Abs. 2 und Art. 11 Abs. 2 EMRK genannten Begriff der „nationalen Sicherheit“ wird ein besonders hoher Maßstab anzulegen sein. Demnach liegt im Sinne der Rechtsprechung des EGMR die Gefährdung der nationalen Sicherheit regelmäßig erst bei einem erheblichen Grad der Gefährdung von sicherheitspolizeilichen oder militärischen Interessen vor, etwa bei Gefährdung des Bestandes des demokratischen oder rechtsstaatlichen Systems bzw. der zu dessen Aufrechterhaltung dienenden Instrumentarien (vgl. ErläutRV 937 BlgNR 27. GP 19 f; siehe auch Hauer, Die Polizeizwecke der Grundrechtsschranken der Europäischen Menschenrechtskonvention, in Grabenwarter/Thienel, Kontinuität und Wandel der EMRK [1998], 115 [131]; Handstanger in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 5. Lfg. [2002], Art. 52a Rz 13). Eine Berufung auf die nationale Sicherheit wird daher nur in seltenen Fällen in Betracht kommen (vgl. Gusy/Ziegler, Menschenrechtsfragen elektronischer Personenüberwachung, JRP 1996, 193 [198 mwN FN 32]; Vogl, Der Rechtsschutzbeauftragte in Österreich [2004] 91).

Die Beurteilung des Ausmaßes der Gefahr spielt dabei eine bedeutende Rolle und hat dieses jedenfalls ungewöhnlich zu sein. So kann beispielsweise auch eine Gefahr bestehen, ohne dass von einem „echten“ Krisenfall gesprochen werden kann.

Diese außergewöhnliche Gefahr muss zudem – angelehnt an die Ergebnisse der ALES-Studie – die unverzügliche Anordnung, Durchführung oder Koordination von Maßnahmen im Zuständigkeitsbereich des Bundes dringend erforderlich machen („Gefahr im Verzug“), andernfalls keine Krise vorliegt. Zwar können viele Umstände eine Staatsgefahr begründen, von einer Gefahr im Sinne einer Krise kann aber nur dann gesprochen werden, wenn sie ein akutes Tätigwerden bzw. ein rasches Entgegenwirken erfordert und Bewältigungsprozesse dringend erforderlich werden. Ein rasches Handeln ist etwa dann notwendig, wenn staatliche Untätigkeit den eingetretenen oder drohenden Schaden vergrößern würde. Zu denken ist an die Abwendung einer drohenden Gefahr ebenso wie an das wirkungsvolle Management eines bereits eingetretenen Schadens. Weitreichende terroristische Angriffe, der Ausbruch von Pandemien etc. erfordern in aller Regel rasches staatliches Handeln. Die Frage, ob Gefahr im Verzug vorliegt, kann nur konkret im Beurteilungszeitpunkt festgestellt werden. Entscheidend ist, ob rasches Handeln akut geboten ist.

Unberührt davon bleiben die Fälle der militärischen Landesverteidigung (vgl. Art. 79 Abs. 1 B-VG), worunter die Abwehr von Gefahren für die Unabhängigkeit, die Existenz und die immerwährende Neutralität des Staates mit militärischen Mitteln zu verstehen ist. Diese Aufgabe kommt verfassungsrechtlich ausschließlich dem Bundesheer zu und gelten die Leitungsbefugnisse des Art. 80 B-VG uneingeschränkt. Für diesen Bereich sollen die Regelungen des gegenständlichen Gesetzes keine Anwendung finden.

Zu § 3 (Feststellung einer Krise):

Dem Entwurf zufolge hat die Feststellung einer Krise gemäß Abs. 1 bei Vorliegen der in § 2 gelisteten Voraussetzungen von der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats zu erfolgen. Diese starke Rückbindung an den legitimen Gesetzgeber entspricht dem demokratischen Grundprinzip der österreichischen Bundesverfassung. Eine Beschlussfassung der Bundesregierung im Umlaufweg ist zulässig (vgl. Art. 69 Abs. 3 B-VG).

Die Feststellung einer Krise in Form einer (generell abstrakten) Verordnung ergibt sich aus dem Grundsatz der Geschlossenheit des Rechtsquellensystems sowie dem generellen Adressatenkreis. Die formelle „Ausrufung“ der Krise mit konstitutiver Wirkung erscheint geeignet, die erforderliche Publizität des Eintritts einer Krise zu gewährleisten. Da es jedoch denkbar ist, dass bei einer Krise durch eine Kundmachung im Bundesgesetzblatt (entsprechend den regulären Prozessen außerhalb einer Krise) faktisch keine ausreichende Publizität erreicht wird (zB wenn die Bereithaltung im RIS aufgrund eines großflächigen Stromausfalls nicht bloß vorübergehend nicht möglich ist; vgl. damit im Zusammenhang auch die Regelungen in § 7 Abs. 3 des Bundesgesetzblattgesetzes [BGBlG], BGBl. I Nr. 100/2003, und Art. 49 Abs. 3 B-VG), soll neben dieser Form der Kundmachung zusätzlich eine – situationsabhängige – Kundmachung in sonstiger Weise erfolgen, die geeignet scheint, einen möglichst weiten Adressatenkreis zu erreichen, wie durch Verbreiten im Rundfunk oder öffentlichen Aushang (zB im Fall einer Krise, die mit großflächigen Stromausfällen einhergeht). Für die Verbreitung der Informationen über Hörfunk oder Fernsehen gelten etwa § 30a des Audiovisuelle Mediendienste-Gesetzes (AMD-G), BGBl. I Nr. 84/2001, § 5 Abs. 6 Z 1 des ORF-Gesetzes (ORF-G), BGBl. Nr. 379/1984, sowie § 18 des Privatradiogesetzes (PrR-G), BGBl. I Nr. 20/2001. Sichergestellt werden sollte, dass verbreitete Informationen auch so bereitgestellt werden, dass sie umfassend barrierefrei, also für Menschen mit Behinderungen in selbstbestimmt zugänglicher und nutzbarer Art und Weise, und einfach verständlich zugänglich sind. Denkbar wären zudem Ankündigungen im Internet bzw. – bei Erfüllung der verfassungsrechtlichen Vorgaben – in sozialen Medien.

Im Hinblick darauf, dass die Krise durch Verordnung festgestellt (und auch vorzeitig beendet, siehe § 4) werden soll, ist jedenfalls ein umfassender Rechtsschutz garantiert und unterliegen diese Verordnungen gegebenenfalls der nachprüfenden Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof (Art. 139 B-VG).

Zudem empfiehlt es sich, den formellen Akt der Feststellung einer Krise von der Setzung nachfolgender Akte zur Bewältigung der Krise (etwa in den jeweiligen Materiengesetzen) zu trennen, und zwar sowohl inhaltlich als auch im Hinblick auf die jeweiligen Organzuständigkeiten. Angedacht werden könnte, in weiterer Folge – sofern tunlich – in den jeweiligen Materiengesetzen vorgesehene Krisenregelungen bzw. Maßnahmen zur Krisenbewältigung an diese formelle Krisenfeststellung der Bundesregierung anzuknüpfen (Anknüpfungspunkt „Krisenausrufung“). Das Ergreifen von Maßnahmen zur Krisenabwehr und -bewältigung aufgrund materiengesetzlicher Bestimmungen bedarf demnach – sofern materiengesetzlich nicht anderes vorgesehen ist – selbstverständlich keiner formellen Feststellung einer Krise (vgl. auch Erläuterungen zu § 14).

Die gemäß § 10 Abs. 2 vorgesehenen Aufgaben des Koordinationsgremiums sollen jedenfalls von der Feststellung einer Krise abhängig sein (siehe die Erläuterungen zu § 10); gleiches gilt für die Heranziehung Dritter als Verwaltungshelfer (vgl. dazu unten zu § 15).

Wesentlich ist, dass Verordnungen, durch die es zur Feststellung einer Krise kommt, ausreichend zu begründen sind. Die Anforderungen an die Ausführlichkeit der Begründung dürfen aufgrund der typischerweise gebotenen Dringlichkeit nicht überspannt werden. Dennoch sollte aus der Begründung eindeutig hervorgehen, aufgrund welcher Erwägungen die Bundesregierung vom Vorliegen einer Krise ausgeht (zB auch Bezugnahme auf allfällige Beratungen durch das Koordinationsgremium gemäß § 10 Abs. 1). Vor allem ist bei einer (mehrfachen) Verlängerung deutlich darzulegen, aus welchen Gründen nach wie vor vom Vorliegen einer Krise ausgegangen wird. Eine solche Begründungspflicht wirkt nicht nur einem Automatismus entgegen und fördert somit eine verantwortungsvolle Entscheidung, sondern ermöglicht auch eine effektive nachfolgende gerichtliche und parlamentarische Kontrolle.

Vor dem Hintergrund der Notkompetenz der Landeshauptleute in Angelegenheiten der unmittelbaren Bundesverwaltung (vgl. Art. 102 Abs. 5 B-VG) sowie mit Blick auf deren besondere Stellung im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung (vgl. Art. 102 Abs. 1 B-VG) soll – angelehnt an die Regelung in § 7 Abs. 5 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. Nr. 566/1991, – zudem eine Informationspflicht vor Krisenfeststellung vorgesehen werden (vgl. damit im Zusammenhang auch die Regelung in § 10 Abs. 4, wonach allenfalls auch eine Teilnahmemöglichkeit der Länder im Koordinationsgremium besteht, das bereits unmittelbar vor einer Krise zur Beratung der Bundesregierung in Bezug auf die Entscheidung über das Vorliegen einer Krise eingerichtet werden kann). Die Art der Information soll in geeigneter Weise erfolgen und wird wohl von der jeweiligen Krise abhängig sein (allenfalls in Form einer Umlaufinformation oder per Telefon). Gegebenenfalls (zB bei einem großflächigen Stromausfall) ist auch eine Information über die Bundeswarnzentrale bzw. an die Landeswarnzentralen denkbar.

Da das Vorliegen einer Krise eine rasche Reaktion erfordert, ist konsequenterweise aus zeitlichen Gründen von der Einhaltung der Vorgaben der §§ 17 und 18 des Bundeshaushaltsgesetzes 2013 (BHG 2013), BGBl. I Nr. 139/2009, abzusehen. Daher soll die Notwendigkeit zur Erstellung einer Wirkungsorientierten Folgenabschätzung im Zusammenhang mit dieser Verordnung entfallen.

Nach dem Vorbild des COVID-19-MG soll betreffend die Einvernehmensherstellung mit dem Hauptausschuss des Nationalrats bei Feststellung des Vorliegens einer Krise in Abs. 2 eine Gefahr-im-Verzug-Regelung aufgenommen werden (vgl. § 12 Abs. 2 COVID-19-MG). Bei Gefahr im Verzug soll es möglich sein, auch ohne Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats eine Krise festzustellen; als „Sicherungsmechanismus“ ist bei einer solchen Verordnung zur demokratischen Legitimierung das Einvernehmen mit dem Hauptausschuss binnen vier Tagen nach Kundmachung herzustellen. Ist vor Krisenfeststellung eine Information der Landeshauptleute nicht möglich, soll diese unverzüglich nachgeholt werden.

Zu § 4 (Beendigung einer Krise):

Durch diese Regelung soll festgelegt werden, dass die Krisenfeststellung spätestens nach sechs Wochen außer Kraft tritt. Die Festlegung einer Höchstdauer hat den Vorteil, dass die einmal festgestellte Krise nicht weit über das Vorliegen der realen Krisensituation hinaus bzw. unbeschränkt aufrecht bleibt und entspricht auch dem Prinzip, dass die Krise eine Ausnahmesituation darstellt. In den jeweiligen Materiengesetzen vorgesehene Möglichkeiten von Lenkungsmaßnahmen bleiben davon – sofern materienspezifisch nichts anderes angeordnet ist – unberührt (vgl. etwa Maßnahmen nach dem Versorgungssicherungsgesetz [VerssG 1992], BGBl. Nr. 380/1992).

Im Hinblick darauf, dass es nicht sachlich zu rechtfertigen wäre, dass die „ausgerufene“ Krise über das Bestehen der tatsächlichen Krisensituation hinaus andauert, soll zudem ausdrücklich festgelegt werden, dass die Verordnung gemäß § 3, mit der die Krise festgestellt wird, unverzüglich von der Bundesregierung (durch Verordnung) aufzuheben ist, sobald die in § 2 normierten Voraussetzungen für eine Krise nicht mehr vorliegen. Aufgrund der Tatsache, dass durch die Aufhebung die Sondersituation beendet wird und eine Rückkehr zu den Normalzeiten erfolgt, soll für diese Verordnung (im Gegensatz zur Krisenfeststellung) kein Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats erforderlich sein. Die Verpflichtung zur Erstellung einer Wirkungsorientierten Folgenabschätzung soll aus demselben Grund ebenfalls entfallen.

Ist eine Verlängerung der Krisenfeststellung erforderlich, ist gemäß § 3 vorzugehen (dh. nochmalige Feststellung einer Krise) und insbesondere neuerlich das Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats herzustellen.

Zu § 5 (Beratung der obersten Organe des Bundes):

Zur umfassenden strategischen Beratung der Bundesregierung in Fragen der Krisenvorsorge, der Krisenbewältigung, der umfassenden Landesverteidigung, der nationalen Sicherheit und der staatlichen Resilienz sowie des Bundes-Krisensicherheitskabinetts in Fragen der Krisenvorsorge und Krisenbewältigung (vgl. dazu unter § 9) und somit zur Schaffung eines Gesamtüberblicks über die strategische Gesamtlage soll gemäß Abs. 1 im Bundeskanzleramt die Funktion eines Beraters der Bundesregierung (kurz: Regierungsberater) sowie eines stellvertretenden Beraters der Bundesregierung (kurz: stellvertretender Regierungsberater) eingerichtet werden. Der stellvertretende Regierungsberater ist im Verhinderungsfall (zB Ortsabwesenheit, Krankheit) oder auf Ersuchen des Regierungsberaters dazu berufen, diesen in dessen gesamten Aufgabenbereich zu vertreten.

Diese mit hochrangiger Verantwortung ausgestattete Rolle des Regierungsberaters soll ein von operativen Tätigkeiten bzw. Ressortaufgaben und -kompetenzen losgelöstes Handeln sicherstellen und zu keiner Kompetenzverschiebung führen.

Im Unterschied zu operativen Tätigkeiten, worunter etwa die unmittelbare und individuelle Umsetzung von Maßnahmen im Rahmen eines Ereignisses, aber auch konkrete Vorbereitungshandlungen zur Krisenvorsorge fallen, dient die strategische Komponente der grundsätzlichen und längerfristigen Ausrichtung und erfolgen strategische Beratungen unter abstrakten Gesichtspunkten. Strategische Denkprozesse finden demnach als übergeordnete Perspektive bzw. Sichtweise auf Metaebene statt und bilden sich strategische Ziele oftmals auch in Leitbildern ab.

Aufgrund der mit der Annexmaterie verbundenen unterschiedlichen Betroffenheit der verschiedenen Ressorts bei Krisen sind die Bewertung der operativen Tätigkeiten (zB Krisenbewältigungsarbeit, laufender Informationsaustausch) und die daraus gewonnenen Erkenntnisse (Ableitung etwa strategischer Ziele, Perspektiven, Lösungen oder Verbindungen auf Metaebene) für die gesamte Bundesregierung essenziell und kann auf diese Weise etwa auch die strategische Beratung des Bundeskanzlers betreffend seine Zuständigkeit hinsichtlich der anlassbezogenen Koordination innerstaatlicher Maßnahmen zur Bewältigung überregionaler oder internationaler Krisen sichergestellt werden. Im Rahmen seiner strategischen Beraterrolle soll der Regierungsberater etwa als Experte zur Entwicklung von Strategien zur Verfügung stehen und soll die Möglichkeit bestehen, ihn zu den Sitzungen des Bundes-Krisensicherheitskabinetts hinzuzuziehen (vgl. § 9 Abs. 2). Seine Tätigkeiten stellen demnach eine wesentliche Grundlage für (insbesondere strategische) Entscheidungen der obersten Organe dar.

Der Regierungsberater sowie dessen Stellvertreter sollen gemäß Abs. 2 seitens der Bundesregierung für die Dauer von fünf Jahren bestellt werden (Einstimmigkeitserfordernis; vgl. Art. 69 Abs. 3 B-VG). Aufgrund der Tatsache, dass dem stellvertretenden Regierungsberater die Leitung des Fachgremiums gemäß § 7 Abs. 6 obliegt, ist vorgesehen, dass die Bundesregierung hinsichtlich seiner Bestellung von den Leitern der Nachrichtendienste zu beraten ist.

Die Ausschreibung dieser beiden Funktionen soll nach den herkömmlichen Bestimmungen des Ausschreibungsgesetzes 1989 (AusG), BGBl. Nr. 85/1989, erfolgen. Um aufgrund der Sensibilität der Funktionen und ihrer Auswirkungen für den gesamten öffentlichen Dienst auch eine umfassende Beurteilung der Eignung der Bewerber für die Funktion des (stellvertretenden) Regierungsberaters sicherzustellen, soll bei der Bestellung der Mitglieder der Begutachtungskommission darauf Bedacht genommen werden, dass ein Mitglied von dem für den öffentlichen Dienst gesamthaft zuständigen Bundesminister bestellt wird.

Bei Verzicht, Abberufung (etwa bei Vorliegen von Gründen, die die Eignung in Frage stellen) oder Tod enden die Funktionen vorzeitig.

Durch die Regelung, wonach die Bestellung erst mit Wirksamkeit der Neubestellung erlischt, soll – angelehnt an die Regelung in § 91b Abs. 2 SPG – klargestellt werden, dass es auch dann zu keiner Vakanz kommen kann, wenn sich der Bestellvorgang über das Ende der Bestellungsdauer des Regierungsberaters bzw. des stellvertretenden Regierungsberaters hinaus erstrecken sollte (vgl. im Zusammenhang mit der Bestellung des Rechtsschutzbeauftragten AB 723 BlgNR 22. GP 3 sowie Thanner/Vogl, SPG2 § 91b Anm. 7; Vogl, Der Rechtsschutzbeauftragte in Österreich 61 f).

Zur Wahrnehmung seiner Beratungsrolle soll der Regierungsberater gemäß Abs. 3 verpflichtet sein, die Lage für die Bundesregierung sowie das Bundes-Krisensicherheitskabinett auf Basis der im Wege des Bundeslagezentrums übermittelten Lagebilder (vgl. die Regelung in § 8 Abs. 4) regelmäßig einer strategischen Gesamtbetrachtung, Analyse und Bewertung zu unterziehen sowie ein strategisches Gesamtlagebild zu erstellen. Bei Erstellung des strategischen Gesamtlagebildes sollen die anderen Mitglieder des Beratungsgremiums (vgl. die Regelung in Abs. 4) den Regierungsberater unterstützen. Nähere Regelungen zur Erstellung des strategischen Gesamtlagebildes können gegebenenfalls in der Geschäftsordnung vorgesehen werden (vgl. dazu Abs. 4).

Das Beratungsgremium, bestehend aus dem Regierungsberater (dem die Leitungsfunktion des Beratungsgremiums zukommen soll), den Leitern der Fachgremien gemäß § 7 Abs. 1 bis 6 und 8, den sonstigen Mitgliedern des Fachgremiums gemäß § 7 Abs. 1 sowie dem Vertreter der Präsidentschaftskanzlei, kann sich gemäß Abs. 4 eine Geschäftsordnung geben. Darin kann etwa vorgesehen werden, dass ein Vertreter des Bundeslagezentrums an den Sitzungen des Beratungsgremiums teilnehmen kann, um einen einheitlichen Informationsstand zu gewährleisten.

Zur Sicherstellung des für seine Aufgabe erforderlichen umfassenden Informationsaustausches soll der Regierungsberater berechtigt sein, sowohl an den ständigen Fachgremien (sicherheitspolitisches Fachgremium, Fachgremium für Gesundheit, Fachgremium für Energie, Fachgremium für Klima und Umwelt, Fachgremium für Wirtschaft etc.) als auch an den sonstigen gemäß § 7 Abs. 8 eingerichteten Fachgremien sowie an den Sitzungen des Koordinationsgremiums teilzunehmen (vgl. die Regelungen in § 7 Abs. 9 und § 10 Abs. 3). Wesentlich ist, dass mit dieser Funktion weder eine Entscheidungs- noch eine Weisungsbefugnis verbunden ist und es durch die Aufgabe der strategischen Beratung zu keiner Zuständigkeitsübertragung, keiner Beschneidung von durch das BMG zugewiesenen Wirkungsbereichen und keinem Eingriff in operative Fragestellungen im Bereich des Krisenmanagements bzw. der Krisenbewältigung kommen soll. Ressortzuständigkeiten sollen demnach unberührt bleiben und soll die Letztverantwortung weiterhin beim zuständigen Bundesminister liegen.

Durch dieses Bundesgesetz soll der organisatorische Rahmen für die strategische Beratung der obersten Organe des Bundes geschaffen werden. Die Spezifikation der über den Anwendungsbereich des gegenständlichen Regelungsvorhabens hinausgehenden Aufgaben des Regierungsberaters (etwa im Zusammenhang mit der strategischen Beratung der Bundesregierung in Fragen der umfassenden Landesverteidigung sowie der nationalen Sicherheit) soll in die jeweils einschlägigen Materiengesetze aufgenommen werden. Demnach können Anschlussbestimmungen etwa im Wehrgesetz 2001 (WG 2001), BGBl. I Nr. 146/2001, im Militärbefugnisgesetz (MBG), BGBl. I Nr. 86/2000, oder im Bundesgesetz über die Errichtung des Nationalen Sicherheitsrates, BGBl. I Nr. 122/2001, vorgesehen werden.

Unter „nationale Sicherheit“ wird üblicherweise die innere und äußere Staatssicherheit (zB militärische Landesverteidigung, Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen) verstanden und gehen mit dieser Aufgabe des Regierungsberaters in Anlehnung an das Bundesgesetz über die Errichtung des Nationalen Sicherheitsrates alle grundsätzlichen strategischen Angelegenheiten der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik einher. Zur Gefährdung der nationalen Sicherheit siehe die Erläuterungen zu § 2.

Um größtmögliche Transparenz, Effizienz und Effektivität dieser Maßnahmen zu gewährleisten, soll in Abs. 5 normiert werden, dass der Regierungsberater der Bundesregierung regelmäßig mindestens einmal jährlich sowie auf deren Ersuchen über seine strategischen Tätigkeiten zu berichten hat („Jahresbericht“ sowie anlassbezogene Berichtspflichten). Zur Sicherstellung eines umfassenden Informationsflusses ist zudem vorgesehen, dass der Regierungsberater verpflichtet ist, sowohl der Bundesregierung als auch dem Bundeslagezentrum regelmäßig, mindestens jedoch zweimal jährlich, sowie dem Bundes-Krisensicherheitskabinett anlassbezogen das vom Beratungsgremium erstellte strategische Gesamtlagebild (Evaluierung, Ausblick, Ableitungen für die Zukunft usw.) zu übermitteln.

Mit der Funktion des Regierungsberaters soll ein strategischer gesamthafter und ressortübergreifender Überblick geschaffen werden und ist – auch durch die damit verbundene maßgebliche Steigerung der Resilienz – ein erheblicher Mehrwert gegenüber der derzeitigen Situation gegeben.

Die Regelung in Abs. 6 stellt als Element einer starken Einbindung des Nationalrats sicher, dass der Regierungsberater den jeweils zuständigen Ausschüssen des Nationalrats auf deren Wunsch Auskünfte aus seinem Aufgabenbereich erteilt. Damit soll einerseits klargestellt werden, dass dem Regierungsberater bei Ausschusssitzungen das Wort erteilt werden kann (vgl. § 18 Abs. 2 des Geschäftsordnungsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 410/1975 [im Folgenden: GOG]; siehe dazu auch Zögernitz, Nationalrat-Geschäftsordnung [2020] § 18 Rz 9, wonach dies bereits der parlamentarischen Praxis entspricht). Andererseits haben die Ausschüsse des Nationalrats die Möglichkeit, den Regierungsberater als Auskunftsperson zur Äußerung einzuladen (vgl. § 40 Abs. 1 GOG). Wesentlich ist, dass durch diese Regelung das Interpellationsrecht nicht berührt werden soll. Vor dem Hintergrund, dass der Regierungsberater im Bundeskanzleramt angesiedelt sein soll, sollen für den Fall, dass im Rahmen des Interpellationsrechts Fragen an den Regierungsberater gerichtet werden, diese vom Bundeskanzler als oberstes Organ beantwortet werden (vgl. §§ 90 ff GOG).

Demnach unterliegt der Regierungsberater zahlreichen und umfassenden Informations-, Berichts- und Auskunftspflichten und kommt ihm deshalb auch aufgrund seiner informierenden bzw. beratenden Funktion eine strategisch herausragende Bedeutung zu.

Zur Bewältigung der administrativen Tätigkeiten des Regierungsberaters sowie seines Stellvertreters soll der Bundeskanzler gemäß Abs. 7 die notwendigen Personal- und Sachressourcen (zB Infrastruktur) bereitstellen. Daraus ergibt sich ebenfalls, dass sowohl der Regierungsberater als auch der stellvertretende Regierungsberater organisatorisch im Wirkungsbereich des Bundeskanzleramts angesiedelt werden sollen.

Aufgrund des allfälligen Zugangs zu streng geheimer Information haben sich gemäß Abs. 8 sowohl der Regierungsberater und sein Stellvertreter als auch das diesen beigegebene Personal vor Beginn der Tätigkeit einer entsprechenden Sicherheitsüberprüfung (§ 55 Abs. 3 Z 3 SPG) zu unterziehen, die alle drei Jahre zu wiederholen ist. Durch den Verweis auf § 55a Abs. 4 dritter und vierter Satz SPG wird klargestellt, dass unter gewissen Voraussetzungen Sicherheitsüberprüfungen auch vor Ablauf der dreijährigen Frist durchgeführt werden können.

Zu § 6 (Bundeslagezentrum):

Durch diese Regelung soll – unter Berücksichtigung des Regierungsprogramms – für die Bundesregierung organisatorisch im Bundesministerium für Inneres ein permanentes ressortübergreifendes Bundeslagezentrum für die Bundesregierung eingerichtet werden, das sowohl in Normal- als auch in Krisenzeiten seine Tätigkeit ausübt. Das Bundeslagezentrum soll dabei grundsätzlich die bereits seit Jahren bestehende Praxis im Rahmen des staatlichen Krisenmanagements abbilden und unter bestimmten Voraussetzungen insbesondere als Unterstützung der Fachgremien gemäß § 7 sowie des Koordinationsgremiums dienen (siehe die nachstehenden Ausführungen zu Abs. 3). Insgesamt soll das personelle, räumliche und technische Ausstattungsniveau an aktuelle Gegebenheiten und Erfordernisse sowie internationale Standards angepasst werden.

Bei der Einrichtung ist gemäß Abs. 1 darauf Bedacht zu nehmen, dass das Bundeslagezentrum den internationalen Sicherheitsstandards von Lagezentren (insbesondere Sperrbereiche, Zugangsregelungen, abhörgesicherte bzw. abhörgeschützte Räumlichkeiten) entspricht, hohes technisches Ausstattungsniveau (zB interoperable Lagedarstellungsoptionen) aufweist und über ausreichende Personal- und Raumressourcen (Anzahl, Größe etc.) verfügt. Jedenfalls soll die Möglichkeit zur Führung von bis zu drei parallelen Lagen bestehen (betreffend Stab und Call Center). Zudem soll das Vorhandensein von zur Krisenbewältigung erforderlichen und ausreichenden Ressourcen (insbesondere Raum und Technik) sichergestellt sein und somit etwa ein Ausweichquartier zur Verfügung stehen.

Festgelegt ist außerdem, dass das Bundeslagezentrum auch bei Vorliegen einer Krise sicher erreichbar bzw. zugänglich sein soll, was bedeutet, dass dieses eine gute örtliche Anbindung für den Zu- und Abgang (zB Personal, Regierungsmitglieder) aufzuweisen hat. Zudem sind die jederzeitige Funktionsfähigkeit auch in Normalzeiten und der Schutz vor äußeren Einwirkungen bzw. Bedrohungen sicherzustellen.

In Abs. 2 soll vorgesehen werden, dass dem Bundeslagezentrum die Informationssammlung, die dauernde Beobachtung, Analyse und Bewertung von aktuellen Entwicklungen im Zuständigkeitsbereich des Bundes (Entwicklungen mit Auswirkungen auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Inneren, die nationale Sicherheit etc. betreffend Materien, die im Zuständigkeitsbereich des Bundes liegen; vgl. dazu die Erläuterungen im Allgemeinen Teil sowie zu § 2) sowie die Erstellung aktueller Lagebilder obliegen.

Die Informationssammlung soll einen umfassenden gesamtheitlichen Überblick über die aktuelle Situation schaffen und es ermöglichen, einzelne Bereiche zur Lagebeurteilung einer vertieften Beobachtung, Analyse und Bewertung zu unterziehen und somit – aufbauend auf den Beiträgen aus dem Wirkungsbereich unterschiedlicher Bundesminister – Lagebilder zu erstellen. Nur auf diese Weise ist es möglich, krisengeneigte Ereignisse frühzeitig zu identifizieren. Die Rechtsgrundlage zur „Informationsgewinnung“ findet sich insbesondere in § 8 Abs. 1.

Beabsichtigt ist, dass die Aufgabenerfüllung im Bundeslagezentrum im Sinne einer optimierten horizontalen Kooperation unter Mitwirkung der im Einzelfall jeweils in ihrem Wirkungsbereich betroffenen Bundesministerien erfolgt (zB Austausch von Lageinformationen, Koordinierungen bzw. bei Erforderlichkeit „Entsendung“ informierter Vertreter als „Verbindungsbeamte“ in das Bundeslagezentrum). Wesentlich ist, dass mit diesen Mitwirkungen keine (unzulässige) Weisungsbindung der Bundesminister gegenüber dem Bundeslagezentrum einhergehen und weder die Fach- noch die Dienstaufsicht über die in das Bundeslagezentrum „entsandten“ informierten Vertreter auf den Bundesminister für Inneres übergehen soll.

Darüber hinaus kann es bei Bedarf und nach entsprechender Vereinbarung zu einer anlassbezogenen freiwilligen Mitwirkung von Vertretern der Länder, des Österreichischen Städtebundes, des Österreichischen Gemeindebundes sowie von Einsatzorganisationen kommen, wobei diese Zusammenarbeit ebenfalls in geeigneter Weise und abhängig vom Anlassfall erfolgen soll (zB persönliche Anwesenheit, Teilnahme per Videokonferenz oder lediglich Informationsaustausch). Eine verpflichtende permanente physische Anwesenheit ist mit dieser Regelung nicht intendiert. Unter Einsatzorganisationen versteht man Organisationen, die die Vollziehung öffentlicher Aufgaben der Gefahrenabwehr und Schadensbekämpfung wahrzunehmen haben (insbesondere die Rettungsorganisationen, wie Österreichisches Rotes Kreuz, Die Johanniter, Arbeiter-Samariter-Bund Österreichs Bundesverband, Österreichischer Bergrettungsdienst und Österreichische Wasserrettung, sowie die Feuerwehr), und werden somit Hilfs-, Rettungs- und Blaulichtorganisationen umfasst.

Klargestellt werden soll, dass die vom Bundesminister für Inneres aus seinem Wirkungsbereich jener Organisationseinheit (bzw. jenen Organisationseinheiten), die das Bundeslagezentrum führt (bzw. führen), übertragenen Aufgabenbereiche von den Regelungen unberührt bleiben. Das im Bundesministerium für Inneres eingerichtete Lagezentrum ist dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit unterstellt und dient derzeit insbesondere als zentrale Informations- und Koordinationsplattform des Bundesministers für Inneres. Die Beobachtung, Verifizierung, Analyse und Bewertung von insbesondere sicherheitspolizeilichen Entwicklungen und von Entwicklungen im Bereich des SKKM einerseits sowie die frühzeitige Identifizierung krisengeneigter Ereignisse und vorbereitende Stabsarbeit andererseits sind derzeit zentrale Aufgabenstellungen. Die diesem Lagezentrum vom Bundesminister für Inneres im Rahmen seines Wirkungsbereichs (durch Geschäftseinteilung) unabhängig von einer Bundeskrise übertragenen Aufgabenbereiche (zB die Erstellung rein sicherheitspolizeilicher Lagebilder) sollen demnach nicht von gegenständlichem Gesetz berührt werden, sondern sich weiterhin nach den einschlägigen Materiengesetzen richten (zB Zentrale Datenverarbeitung zur Einsatzunterstützung nach § 58e SPG, sogenannte „Leitstellenfunktion“). Der Permanenzdienst soll (wie bisher) in einem 24/7-Betrieb besetzt sein.

Zudem sollen gemäß Abs. 3 durch die im Bundesministerium für Inneres organisatorisch angesiedelte Geschäftsstelle des Bundeslagezentrums – bei Tagung im Bundeslagezentrum – für die Fachgremien gemäß § 7 sowie für das Koordinationsgremium gemäß § 10 administrative Angelegenheiten, wie die Organisation bzw. Koordination der Sitzungen, terminliche Belange (zB Einladung zu Sitzungen), die Evidenthaltung sowie Führung von Kontaktlisten und die Zurverfügungstellung von Vorlagen zur einheitlichen Gestaltung von Lagebildern, aber auch etwa die Bereitstellung von Infrastruktur (Raum, Technik) wahrgenommen werden. Im Hinblick darauf, dass für den Fall, dass die Gremien nicht im Bundeslagezentrum tagen, auch keine Servicierung durch dieses erfolgen kann, ist es erforderlich, eine Beschränkung der Unterstützung auf jene Fälle vorzunehmen, in denen die Gremien tatsächlich im Bundeslagezentrum zusammenkommen (vgl. auch die Regelungen in § 7 Abs. 9 sowie § 10 Abs. 8).

Schließlich soll die Geschäftsstelle die Fachgremien sowie das Koordinationsgremium mit ihrem Fachwissen unterstützen. Der Kenntnisstand über die aktuelle Sicherheitslage, vor allem im Hinblick auf die zahlreichen zum Teil vernetzten Detailaspekte, basiert auf einem laufenden und unverzichtbaren Fachwissen. Durch dieses – sich über einen kontinuierlichen Zeitraum aufbauende – Verlaufswissen ist die Analyse und Bewertung der Lage in einem gesamtheitlichen Ansatz möglich.

Daraus ergibt sich, dass die Geschäftsstelle für die Fachgremien und das Koordinationsgremium lediglich Unterstützungstätigkeiten übernehmen soll. Wesentlich ist, dass diese Funktion des Bundeslagezentrums keine Kompetenzverschiebung zur Folge hat. Inhaltliche Zuständigkeiten und die Letztverantwortung sollen demnach weiterhin beim jeweils zuständigen obersten Organ verbleiben (siehe dazu auch die Erläuterungen zu § 7). Zudem soll die Geschäftsstellenfunktion zu keiner Aushebelung des verfassungsrechtlich normierten Dienststellenvorbehalts gemäß Art. 77 B-VG führen.

Darüber hinaus soll vorgesehen werden, dass die Geschäftsstelle des Bundeslagezentrums als zentrale Anlaufstelle insbesondere für die Länder, den Österreichischen Städtebund, den Österreichischen Gemeindebund, Betreiber kritischer Infrastrukturen im Sinne des § 74 Abs. 1 Z 11 StGB, Einsatzorganisationen sowie Nichtregierungsorganisationen fungiert (vgl. auch den Personenkreis in § 7 Abs. 10).

Zu § 7 (Fachgremien):

Das in Abs. 1 definierte (ständige) Fachgremium, dessen Leitung auf den Bundesminister für Inneres übertragen werden soll, soll die aktuellen sicherheitspolitischen Entwicklungen im Bundesgebiet sowie ausländische Ereignisse mit Auswirkungen auf Österreich oder österreichische Staatsbürger im Ausland und somit die Sicherheitslage regelmäßig gesamthaft beobachten und das aktuelle sicherheitspolitische Lagebild analysieren und bewerten (Beispiele aus der Vergangenheit sind etwa die Terrorlage 2020, die Entwicklung und die möglichen Auswirkungen des russisch-ukrainischen Gasstreits in den Jahren 2014 und 2019 auf die innere Sicherheit, die möglichen Auswirkungen von Fukushima auf Österreich und österreichische Staatsbürger in Japan, die notwendige Evakuierung von Staatsbürgern aus Krisengebieten, zB dem Libanon im Jahr 2006). Durch dieses sicherheitspolitische Fachgremium soll grundsätzlich das bis dato langjährig bestehende und bewährte informelle Format der „3er-Lage“, die ein Forum hochrangiger Vertreter des Bundesministers für Inneres, des für auswärtige Angelegenheiten zuständigen Bundesministers, des für Landesverteidigung zuständigen Bundesministers und des Bundeskanzlers darstellt und in ihrer Eigenschaft einen Informationsaustausch der „Sicherheitsministerien“ in der täglichen Betrachtung aktueller Sicherheitsthemen ermöglicht, ersetzt bzw. rechtlich verankert werden. Im Gegensatz zur „3er-Lage“ soll diesem Fachgremium zudem ein Vertreter des Vizekanzlers sowie des Bundesministers für Justiz angehören. Nach allgemeinen Grundsätzen soll selbstverständlich die Möglichkeit bestehen, dass der Bundesminister für Inneres nicht selbst an den Sitzungen teilnimmt, sondern einen (hohen) Beamten zur Teilnahme „entsendet“. Im Hinblick darauf, dass die derzeitige Leitung der „3er-Lage“ dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit obliegt, wird dieser wohl auch künftig die Leitung dieses ständigen Fachgremiums übernehmen. Als Vertreter der übrigen Ressorts werden ebenfalls entsprechende hochrangige Beamte, wie für den für Landesverteidigung zuständigen Bundesminister der Chef des Generalstabs, in Betracht kommen.

Darüber hinaus sollen gemäß Abs. 2 bis 5 und 7 unter der Leitung des für Gesundheit zuständigen Bundesministers, des für Energie zuständigen Bundesministers, des für Klimaschutz- und Umwelt zuständigen Bundesministers, des für Wirtschaft zuständigen Bundesministers bzw. des Regierungsberaters weitere ständige Fachgremien – in concreto ein Fachgremium für Gesundheit, ein Fachgremium für Energie, ein Fachgremium für Klima und Umwelt, ein Fachgremium für Wirtschaft sowie ein verteidigungspolitisches Fachgremium – eingerichtet werden, denen ebenfalls insbesondere die auf bestimmte Teilbereiche beschränkte Lageerörterung obliegen soll. Im Hinblick auf die programmatische Bestimmung der „umfassenden Landesverteidigung“ in Art. 9a B-VG soll die verteidigungspolitische Lageerörterung „umfassend“ sein und unter Berücksichtigung der verschiedenen Politikfelder bzw. Aufgabenbereiche der betroffenen Ressorts erfolgen. Wesentlich ist, dass mit Blick auf den in der Verfassung verankerten umfassenden Sicherheitsbegriff in diesem Zusammenhang die vier „Säulen“ bzw. Komponenten der umfassenden Landesverteidigung, dh. die militärische, die geistige, die zivile sowie die wirtschaftliche Landesverteidigung, in einem umfassenden Ansatz und im Querschnitt zu betrachten sind. Diese Klarstellung bedeutet jedoch nicht, dass die Lageerörterung der anderen Fachgremien nicht „umfassend“ sein soll.

Auch mangels ausdrücklicher Erwähnung soll (wie in Abs. 1) generell die Möglichkeit des Leiters bestehen, hohe Beamte (etwa den Generalsekretär, den Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit bzw. die Generaldirektorin für die öffentliche Gesundheit) an seiner Stelle zur Teilnahme zu „entsenden“.

Gemäß Abs. 6 soll auch ein permanentes Fachgremium zur näheren Betrachtung von für den Verfassungsschutz (vgl. § 1 Abs. 2 des Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetzes [SNG], BGBl. I Nr. 5/2016) sowie den militärischen Nachrichtendienst (vgl. § 20 MBG) relevanten Entwicklungen im In- und Ausland und die Bewertung diesbezüglich aktueller Lagebilder unter der Leitung des stellvertretenden Regierungsberaters und unter Mitwirkung des Leiters des Heeres-Nachrichtenamtes, des Leiters des Abwehramtes sowie des Direktors der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst eingerichtet werden. Damit folgt der Gesetzgeber internationalen Erfahrungen einer einzelne Dienste übergreifenden Betrachtung der relevanten Lage.

Wesentlich ist, dass dieses Fachgremium ein Gesprächsforum bieten soll und darin insbesondere allgemeine Entwicklungen bzw. Phänomene, die für den Verfassungsschutz sowie den militärischen Nachrichtendienst relevant sind (zB Spionageaktivitäten, Bedrohung militärischer Rechtsgüter, Extremismus/Terrorismus), gesamthaft diskutiert und ausgetauscht werden sollen (vgl. auch die jährlichen Verfassungsschutzberichte).

Durch die Tätigkeit dieses Fachgremiums sollen weder die parlamentarischen Kontrollrechte (vgl. etwa Art. 52a B-VG und § 32b ff GOG hinsichtlich der Einrichtung von Ständigen parlamentarischen Unterausschüssen sowie § 17 SNG hinsichtlich der Übermittlungspflicht von Berichten an den Ständigen Unterausschuss) noch die damit im Zusammenhang stehenden Geheimhaltungspflichten berührt werden (vgl. etwa das Informationsordnungsgesetz [InfOG], BGBl. I Nr. 102/2014 sowie zB § 32c Abs. 2 GOG sowie § 32d Abs. 4 GOG).

Gemäß Abs. 8 soll im Sinne eines umfassenden Informationsflusses und Wissensstandes die Möglichkeit bestehen, unabhängig vom Vorliegen einer Krise durch Beschluss der Bundesregierung weitere Fachgremien einzurichten, die die Lage in anderen als von Abs. 1 bis 7 umfassten Bereichen einer Beobachtung, Analyse und Bewertung unterziehen (zB Fachgremium für Terror). Leitung und Zusammensetzung sollen im Beschluss der Bundesregierung festgelegt werden, wobei sich die Leitung unter Bedachtnahme auf die gemäß dem BMG übertragenen Zuständigkeiten sowie die Zusammensetzung aus der benötigten Fachexpertise mit Blick auf die jeweiligen Themengebiete ergeben wird. Die Entsendung von Vertretern der Bundesminister in die Fachgremien wird in der Regel unter entsprechender Berücksichtigung auf die im eigenen Zuständigkeitsbereich jeweils zu treffenden Entscheidungen erfolgen.

Maßgeblich ist, dass die in § 7 definierten Fachgremien – im Gegensatz zum Koordinationsgremium – unabhängig von einer Krise oder einer krisenhaften Entwicklung regelmäßig tagen sollen.

Vorgesehen ist in Abs. 9, dass die Fachgremien nach Möglichkeit im Bundeslagezentrum tagen sollen. Diesfalls soll etwa die Bereitstellung von Räumlichkeiten, die technische Betreuung sowie gegebenenfalls die Einladung zu den Sitzungen durch das Bundeslagezentrum in seiner Eigenschaft als Geschäftsstelle gemäß § 6 Abs. 3 erfolgen. Durch diese Regelung ist eine rein räumliche Verortung intendiert und soll damit keine organisationsrechtliche Einordnung im Bundesministerium für Inneres verbunden sein. Auch mit Blick auf den Dienststellenvorbehalt gemäß Art. 77 Abs. 1 B-VG sollen den Fachgremien nur beratende, koordinierende bzw. akkordierende Aufgaben zukommen und soll in diesen „Diskussionsforen“ lediglich eine Vernetzung, Vorberatung sowie Vorbereitung von Entscheidungen im jeweils eigenen Zuständigkeitsbereich erfolgen. Wesentlich ist, dass die Leitung der entsprechenden Fachgremien dem für den jeweiligen Wirkungsbereich zuständigen Bundesminister (bzw. im Fall des Abs. 6 dem stellvertretenden Regierungsberater und im Fall des Abs. 7 dem Regierungsberater) obliegen soll und die Verantwortlichkeiten der zuständigen obersten Organe des Bundes unberührt bleiben. Inhaltliche Zuständigkeiten und die Letztverantwortung sollen demnach beim jeweils zuständigen Ressort verbleiben. Ein Durchgriffsrecht des Bundesministers für Inneres auf andere Ressorts oder eine Kompetenzverschiebung ist mit dieser Regelung – auch aus verfassungsrechtlichen Gründen – nicht beabsichtigt und sollen demzufolge auch keine diesbezüglichen (inhaltlichen) Verantwortlichkeiten auf das Bundeslagezentrum übergehen.

Im Hinblick darauf, dass sich im Bundeslagezentrum neben der fachlichen Expertise zur Lageführung (Lagebild) auch die erforderlichen internationalen Sicherheitsstandards entsprechenden Ressourcen (zB Raum, Technik) befinden, wäre es auch mit Blick auf die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit von Vorteil, dass die Fachgremien im Bundeslagezentrum tagen.

Finden die Sitzungen der Fachgremien nicht im Bundeslagezentrum statt, sondern in einem anderen Ressort, kann das Bundeslagezentrum auch nicht die Funktion einer Geschäftsstelle übernehmen. Daher soll in Abs. 9 auch klargestellt werden, dass in solchen Fällen der Leiter des jeweiligen Fachgremiums für die Besorgung der administrativen Belange Vorsorge zu treffen hat (vgl. auch die Regelung in § 6 Abs. 3).

Um einen umfassenden Informationsaustausch zu gewährleisten, soll in Abs. 9 zudem vorgesehen werden, dass der Regierungsberater mit Blick auf seine strategische Beratungsfunktion berechtigt ist, sowohl an den ständigen Fachgremien gemäß Abs. 1 bis 7 als auch an den sonstigen eingerichteten Fachgremien gemäß Abs. 8 teilzunehmen. Wesentlich ist dabei die klare Rollenzuschreibung des Regierungsberaters, die bei der Erfüllung seiner strategischen Aufgabe zu beachten ist. Eine über diese strategische Beratungsrolle für die obersten Organe des Bundes hinausgehende Rollenauslegung würde eine objektive Auseinandersetzung beeinflussen sowie somit eine unbeeinflusste strategische Betrachtung sowie Beratung unmöglich machen. Darüber hinaus soll angesichts der in § 5 Abs. 1 vorgesehenen Vertretungsfunktion eine Teilnahmemöglichkeit des stellvertretenden Regierungsberaters normiert werden.

Vor dem Hintergrund der Aufgaben des Bundeslagezentrums (Erstellung von Lagebildern für die Bundesregierung, Berichtspflichten an die Bundesregierung, Übermittlung von Lagebildern an den Regierungsberater sowie das Bundes-Krisensicherheitskabinett usw.), zur Sicherstellung der erforderlichen Gesamtschau zu den Lageentwicklungen und im Hinblick auf die erforderliche Bereitstellung von fachlichem Input soll – zur Gewährleistung des Informationsflusses – auch eine Teilnahmemöglichkeit eines Vertreters des Bundeslagezentrums in den Fachgremien vorgesehen werden.

Mit diesen Teilnahmemöglichkeiten des Regierungsberaters, des stellvertretenden Regierungsberaters sowie eines Vertreters des Bundeslagezentrums ist jedoch keine Änderung der Leitungsfunktion und auch sonst keine Kompetenzverschiebung verbunden.

Ergibt sich im Anlassfall (zB aus einem Tagesordnungspunkt), dass etwa Expertise aus dem Wirkungsbereich eines anderen Ressorts erforderlich ist, soll die Möglichkeit bestehen, die Fachgremien gemäß Abs. 1 bis 5, 7 und 8 um Vertreter sonstiger Bundesminister zu erweitern. Das Fachgremium gemäß Abs. 6 hingegen soll auf einen kleinen Personenkreis beschränkt bleiben und daher von dieser Regelung ausgenommen sein.

Festgelegt ist außerdem, dass sich die Fachgremien bei Bedarf eine Geschäftsordnung geben können. Darin kann etwa eine Vertretungsregelung für den Verhinderungsfall des stellvertretenden Regierungsberaters vorgesehen sein.

Die Ermöglichung der Teilnahme von Vertretern der Länder in den Fachgremien soll gemäß Abs. 10 bei Bedarf erfolgen und einen umfassenden Informationsaustausch sicherstellen. Vor dem Hintergrund der Weisungsbindung der Landeshauptleute gegenüber der Bundesregierung sowie den einzelnen Bundesministern im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung (vgl. Art. 103 B-VG) ist vorgesehen, dass in diesen Bereichen bei Einladung eine Teilnahmepflicht der Ländervertreter besteht. Durch die Einbeziehung der Ländervertreter soll dem Grundgedanken eines partnerschaftlichen Bundesstaates (auch im Sinne eines „kooperativen Föderalismus“) Rechnung getragen werden. Die Länder stellen – vor allem durch die Bündelung zahlreicher Vollzugsaufgaben – wichtige Partner im Bereich des Krisenmanagements bzw. der Krisenkoordination dar. So vereinen die Landeshauptleute die Position in der mittelbaren Bundesverwaltung sowie jene in der Landesregierung und somit Ressourcen des Bundes und der Länder. An der Schnittstelle zwischen Bundes- und Landesebene üben diese die ihnen verfassungsgesetzlich zugewiesene regionale Leitungs- und Koordinierungsfunktion aus. Durch die vorhandene Bürger-, Orts- und Sachnähe und die Erfahrungen im Katastrophenmanagement kann auf bisher gut funktionierende Strukturen zurückgegriffen und umfassendes Fachwissen in die Fachgremien eingebracht werden. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass durch die Abstimmung auch regionale Bedürfnisse und Besonderheiten berücksichtigt und somit sachgerechte, effektive und effiziente Ergebnisse sowie Transparenz erzielt werden.

Zudem kann es zu weiteren anlassbezogenen Teilnahmen in beratender Funktion auf freiwilliger Basis kommen. Diesbezüglich ist vorgesehen, dass darüber hinaus Einsatzorganisationen, dem Österreichischen Städtebund, dem Österreichischen Gemeindebund, Betreibern kritischer Infrastrukturen, Nichtregierungsorganisationen und sonstigen Einrichtungen („insbesondere“, zB Österreichische Bundesbahnen, Busunternehmen, Interessenvertretungen, Sozialversicherungsträger, aber auch der Österreichische Zivilschutzverband) die Teilnahme ermöglicht werden kann; eine Teilnahmepflicht bei Einladung ist damit selbstverständlich nicht verbunden. Durch die Mitwirkung von Einsatzorganisationen ist ein Rückgriff auf umfassende Expertise und Erfahrungen möglich. Betreffend die Teilnahme von Nichtregierungsorganisationen sollte darauf geachtet werden, dass auch Vertreter vulnerabler Gruppen (zB Menschen mit Behinderung) beigezogen werden. Durch die allfällige Einbindung der Interessenvertretungen als unmittelbares Bindeglied zur Gesellschaft könnte mit Blick auf die in jahrzehntelanger Erfahrung gegründete Expertise in wirtschafts-, energiewirtschafts- sowie klima- und umweltpolitischen Fragen ebenfalls ein bedeutender Beitrag in den Fachgremien gewährleistet werden. Im Hinblick darauf, dass der Österreichische Zivilschutzverband mit der Vorbereitung und Information der Bevölkerung mit Blick auf mögliche Krisenszenarien beauftragt ist (Förderung des Selbstschutzgedankens), können durch die allfällige Einbindung Schwerpunkte in der Präventionsarbeit gesetzt werden.

Vor dem Hintergrund der Sensibilität der Materie (Verfassungsschutz und Nachrichtendienst) gilt diese Regelung nicht für das Fachgremium gemäß Abs. 6; eine Teilnahme von Vertretern der Länder, Einsatzorganisationen usw. (sowie anderer Bundesminister; vgl. Abs. 9) soll in diesem daher nicht möglich sein.

Angesichts der Tatsache, dass bereits derzeit in verschiedenen Materiengesetzen fachspezifische Gremien vorgesehen sind, sollte zur Nutzung von Synergieeffekten, aber auch zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten bzw. Parallelstrukturen in einem weiteren Schritt eine Eingliederung bzw. Anpassung an die gegenständlichen Regelungen angedacht werden.

Zu § 8 (Informations- und Berichtspflichten):

Für die Erstellung der Lagebilder sollen dem Bundeslagezentrum gemäß Abs. 1 aufbereitete relevante Informationen seitens der zuständigen Mitglieder der Bundesregierung zeitgerecht zur Verfügung gestellt werden. Die Verpflichtung zur Übermittlung von Informationen bezieht sich dabei ausschließlich auf die zur Beurteilung der Lage erforderlichen Informationen und ist mit dieser Bestimmung keine Übermittlung personenbezogener Daten intendiert.

Die Einrichtung von Kontaktstellen (persönliche Kontaktdaten, Funktionspostfach) in den Ressorts wird im Sinne einer effizienten Kommunikation und Koordination erforderlich sein (etwa für die Kontaktherstellung, den Informationsaustausch, die Einberufung zu Sitzungen), wobei deren Erreichbarkeit sowohl in Normalzeiten als auch bei Vorliegen einer Krise sichergestellt werden sollte (vgl. auch die Regelung in § 13 Abs. 1 und 3, wonach die Mitglieder der Bundesregierung im Rahmen der Verpflichtung zur Krisenvorsorge Erreichbarkeiten festzulegen und eine Kontaktstelle einzurichten haben). Für den Fall, dass gemäß § 3 eine Krise festgestellt wurde, hat zusätzlich zur regelmäßigen eine anlassbezogene Informationsübermittlung zu erfolgen und wird wohl zumindest von einer täglichen Informationsweitergabe, die sich lageabhängig verändern kann, auszugehen sein. Die Verantwortlichkeit der zuständigen obersten Organe des Bundes soll durch diese Regelung unberührt bleiben.

Im Hinblick darauf, dass Landeshauptleute in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung dem Weisungsrecht der Bundesregierung sowie der einzelnen Bundesminister unterliegen (vgl. Art. 103 B-VG), sind diese – auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung – im Fall eines diesbezüglichen „Auftrags“ des zuständigen Bundesministers zur Informationsbereitstellung verpflichtet.

Davon unberührt bleibt die Möglichkeit, dass jedes zuständige Mitglied der Bundesregierung andere Mitglieder der Bundesregierung um Bereitstellung von Informationen aus deren Wirkungsbereich ersucht, die für die Vorbereitung von Entscheidungen im eigenen Zuständigkeitsbereich erforderlich sind.

In Abs. 2 ist vorgesehen, dass das Bundeslagezentrum für die Bundesregierung regelmäßig sowie für das in § 10 geregelte Koordinationsgremium anlassbezogen (vgl. die Aufgaben in § 10 Abs. 1 und 2) Lagebilder erstellt. Im Gegensatz zum strategischen Gesamtlagebild des Regierungsberaters bzw. des Beratungsgremiums sollen sich diese vor allem auf den operativen Bereich beziehen (zB einsatztaktische Überlegungen, Gefährdungseinschätzung, Ressourcenentwicklung, Auflistung der einzelnen Vorfälle in der jeweiligen Situation) bzw. auf gewisse Bereiche beschränkte Teillagen beinhalten. Zudem erfolgt die Festlegung von laufenden Berichtspflichten des Bundeslagezentrums gegenüber der Bundesregierung über die aktuelle Lage im Hinblick auf allfällige Entwicklungen in den in § 2 genannten Bereichen (Entwicklungen mit Auswirkungen auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Inneren, die nationale Sicherheit etc. betreffend Materien, die im Zuständigkeitsbereich des Bundes liegen). Im Gegensatz zu Berichten sollen Lagebilder einen komprimierten und zeitnahen Überblick über ein aktuelles Geschehen bieten und damit ein rasches und zielgerichtetes (behördliches) Handeln ermöglichen. Lagebilder dienen daher in erster Linie als Grundlage für strategische und operative Entscheidungen. Berichte und Lagebilder sollen daher primär eine andere Zielrichtung verfolgen und somit eine unterschiedliche inhaltliche Gestaltung aufweisen.

In Abs. 3 ist als Element einer stärkeren Einbindung des Nationalrats eine Berichtspflicht in Bezug auf allfällige Entwicklungen in den in § 2 genannten Bereichen durch die Bundesregierung an den Nationalrat vorgesehen. Ein derartiger Bericht soll mindestens zweimal jährlich, jedenfalls jedoch anlassbezogen (§ 3) erfolgen. Die Berichtspflicht an den Nationalrat soll diesem als zentrales Organ im parlamentarisch-demokratischen System insbesondere die Ausübung seiner Kontrollrechte ermöglichen. Zur effektiven Ausübung der nachfolgenden parlamentarischen politischen Kontrolle soll die Bundesregierung zudem verpflichtet sein, nach Beendigung der jeweiligen Krise (vgl. § 4) unverzüglich, spätestens jedoch binnen sechs Monaten, an den Nationalrat zu berichten (zB über die während der Krise getroffenen behördeninternen, behördenübergreifenden, finanziellen oder strategischen Maßnahmen). Diese Berichtspflicht könnte insoweit als „Feedback-Mechanismus“ bzw. Evaluierung dienen, als damit auch eine Verbesserung der Vorbereitung auf künftige Krisen, aber auch der Resilienz insgesamt einhergehen sollte. Die Zuständigkeit zur Vorbereitung der Ministerratsvorträge für die Bundesregierung verbleibt natürlich unverändert beim jeweils zuständigen Ressort (dh. hinsichtlich des Abschlussberichts wird die Zuständigkeit wohl dem Leiter gemäß § 10 Abs. 3 zukommen; vgl. § 3 Abs. 1 Z 2 BMG).

Darüber hinaus soll das Bundeslagezentrum gemäß Abs. 4 verpflichtet sein, den Bundesministern, dem Regierungsberater sowie dem Bundes-Krisensicherheitskabinett regelmäßig die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Lagebilder zu übermitteln. Diese Verpflichtung soll sich nur auf jene Lagebilder beziehen, die aufgrund der Bestimmungen dieses Gesetzes verfügbar sind (im Bundeslagezentrum gemäß § 6 Abs. 2 erstellte Lagebilder). Davon unberührt bleibt jedoch die Möglichkeit, dass ein Bundesminister, der Regierungsberater bzw. das Bundes-Krisensicherheitskabinett das Bundeslagezentrum um die Übermittlung weiterer Lagebilder ersucht. Die laufende Übermittlung (wie auch die Teilnahmemöglichkeiten des Regierungsberaters in den Gremien) soll dem Empfängerkreis einen Überblick über die Gesamtsituation verschaffen und dem Regierungsberater die Vornahme strategischer Ableitungen, die in die Beratungen der Bundesregierung zur strategischen Gesamtlage einfließen können, ermöglichen.

Mit Blick auf die Zuständigkeiten der Länder insbesondere im Bereich der Katastrophenprävention und -bekämpfung und ihre in der Regel erforderliche Mitwirkung (auch) bei Krisen im Wirkungsbereich des Bundes (vgl. Art. 102 B-VG) ist im Sinne einer effizienten Koordination und Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern sowie zur Gewährleistung einer Gesamtübersicht und bundesweit partnerschaftlichen Krisenabwehr und -bewältigung bei Bedarf auch insoweit ein umfassender Informationsaustausch vorgesehen, als Abs. 5 eine anlassbezogene Übermittlung (zB bei Vorliegen eines krisenhaften Ereignisses) von erforderlichen und verfügbaren (siehe dazu die Erläuterungen zu Abs. 4) Lagebildern durch das Bundeslagezentrum an die Landeshauptleute vorsieht. Darüber hinaus soll es auch zu anlassbezogenen Lagebild-Übermittlungen an den Österreichischen Städtebund sowie den Österreichischen Gemeindebund kommen (zB bei einem Reaktorunfall).

Zu § 9 (Bundes-Krisensicherheitskabinett):

Mit dem Bundes-Krisensicherheitskabinett soll auf politisch-strategischer Ebene ein ressortübergreifendes koordinatives Gremium eingerichtet werden. Ziel ist es, sowohl im Vorfeld einer Krise als auch bei Vorliegen einer Krise für die strategisch-politischen Entscheidungen einen gesamtheitlichen Rahmen zu schaffen.

Dem Bundes-Krisensicherheitskabinett soll gemäß Abs. 1 eine koordinierende Funktion auf Ebene der Bundesminister (vgl. dazu Abs. 2) zukommen. In diesem Rahmen sollen politisch-strategische Grundsatzentscheidungen der Krisenvorsorge und im Fall des Vorliegens einer Krise gesamtstrategische Maßnahmen zur Krisenbewältigung koordiniert werden. Wesentlich ist, dass dabei nicht in die Entscheidungsbefugnis der jeweils zuständigen Bundesminister eingegriffen werden soll und sollen demnach (auch aus verfassungsrechtlichen Gründen) Entscheidungen von den obersten Organen nach wie vor uneingeschränkt erfolgen (vgl. dazu auch die Erläuterungen zu § 10 Abs. 2).

Gemäß Abs. 2 ist vorgesehen, dass der Bundeskanzler den Vorsitz führt, was bedeutet, dass auch die Einladungen zu den Sitzungen durch diesen erfolgen sollen.

Vor dem Hintergrund, dass es sich beim Bundes-Krisensicherheitskabinett um ein gesamthaftes strategisch-politisches Gremium handelt, werden die Bundesminister im Regelfall wohl in eigener Person daran teilnehmen. Davon unberührt gelten für die Mitglieder des Bundes-Krisensicherheitskabinetts (Abs. 2 erster und zweiter Satz) selbstverständlich die allgemeinen verfassungsrechtlichen Vertretungsregelungen gemäß Art. 69 Abs. 2 B-VG sowie Art. 73 Abs. 1 B-VG. Daraus ergibt sich insbesondere, dass im Fall der zeitweiligen Verhinderung des Bundeskanzlers dieser vom Vizekanzler vertreten wird. Sind Bundeskanzler und Vizekanzler gleichzeitig verhindert, ist das dienstälteste bzw. gegebenenfalls das an Jahren älteste, nicht verhinderte Mitglied der Bundesregierung ex lege zur Vertretung des Bundeskanzlers berufen.

Um ein möglichst hohes Maß an Flexibilität einzuräumen, soll die Möglichkeit bestehen, abhängig von den Umständen des Einzelfalls Experten, wie etwa dem Regierungsberater, anderen Fachleuten oder Entscheidungsträgern aus der Wirtschaft, der Wissenschaft, dem Sozialbereich, der Politik oder anderen Bereichen der Gesellschaft, die Teilnahme an den Sitzungen des Bundes-Krisensicherheitskabinetts zu ermöglichen.

Zu § 10 (Koordinationsgremium):

Zur Erfüllung der in Abs. 1 und Abs. 2 festgelegten Aufgaben unmittelbar vor und bei Vorliegen einer Krise soll ein – primär operativ tätiges – Koordinationsgremium eingerichtet werden. Die Einrichtung soll bei Vorliegen krisenhafter Entwicklungen – auf Vorschlag eines Mitglieds der Bundesregierung – durch (einstimmigen) Beschluss der Bundesregierung erfolgen (aufgrund eines Ministerratsvortrags), wobei auch Umlaufbeschlüsse möglich sind (Art. 69 Abs. 3 B-VG).

Zu den Aufgaben des Koordinationsgremiums zählen die Koordinierung von Maßnahmen zur Minimierung der Gefahr einer drohenden Krise sowie die Beratung der Bundesregierung im Vorfeld einer möglichen Krise. Demnach können die Expertise und die Informationsinhalte des Koordinationsgremiums als Grundlage für die Entscheidung der Bundesregierung, eine Krise gemäß § 3 festzustellen, dienen.

Zur Beratung und Unterstützung der obersten Organe des Bundes bei Vorliegen einer Krise wird insbesondere die Bereitstellung von aktuellen Lageinformationen und Lagebeurteilungen erforderlich sein. Unbeschadet der jeweiligen Zuständigkeiten der obersten Organe – Entscheidungen über die konkreten Maßnahmen des Krisenmanagements obliegen ausschließlich den jeweils zuständigen Organen – kann die Koordination von operativen Maßnahmen zur Krisenbewältigung durch die Steuerung des Informationsaustausches, die Einholung und Beurteilung von Entscheidungsvorschlägen und -optionen sowie die Abgabe von Empfehlungen hinsichtlich der im jeweiligen Zuständigkeitsbereich zu setzenden Maßnahmen erfolgen. Im Hinblick darauf, dass die obersten Organe des Bundes unverzüglich und gleichzeitig eine Vielzahl sich wechselseitig beeinflussender Maßnahmen zur Krisenbewältigung ergreifen können, ist eine derartige in Abs. 2 festgelegte Koordination unbedingt erforderlich. Die Beratung der Bundesregierung, ob die Voraussetzungen für eine vorzeitige Beendigung einer Krise gemäß § 4 zweiter Satz vorliegen, kann ebenfalls durch das Koordinationsgremium erfolgen.

Angelegenheiten der Information über den Ressortbereich einschließlich des Verkehrs mit der Presse, dem Hörfunk und dem Fernsehen unterliegen dem Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Bundesministers bzw. Angelegenheiten der Information der Öffentlichkeit über die Arbeit der Regierung dem Wirkungsbereich des Bundeskanzlers (vgl. Z 5 des Teiles 1 und Abschnitt A Z 2 des Teiles 2 der Anlage zu § 2 BMG). Die Öffentlichkeitsarbeit betrifft vor allem die laufende Kommunikation mit der Bevölkerung im Fall einer Krise und umfasst auch Medienarbeit, die sich etwa auf die Bereitstellung von Informationen für die Massenmedien (Presse, Fernsehen, Online-Medien etc.) sowie die Nutzung von elektronischen Medien für die gezielte Platzierung von Botschaften bezieht (zB Aussendungen, Pressekonferenzen). Sie soll vor allem den Bereich des Zivil- und Bevölkerungsschutzes abdecken sowie Maßnahmen zur Stärkung des Selbstschutzgedankens umfassen. Ziel soll es sein, die Bevölkerung in das Krisenmanagement durch die Förderung des Selbstschutzgedankens und laufende Informations- und Aufklärungsarbeit einzubeziehen. Demzufolge ist es erforderlich, dass die Bevölkerung durch gezielte Krisenkommunikation im Anlassfall über Maßnahmen des Krisenmanagements informiert und vor herannahenden Gefahren gewarnt wird. Das Selbstschutzkonzept geht von der Annahme aus, dass die informierte und vorbereitete Bevölkerung durch zumutbare Eigenvorsorge und Erstmaßnahmen im Fall einer Krise einen großen Beitrag leisten kann. Wirksamer Selbstschutz muss daher auf einer effizienten Öffentlichkeitsarbeit aufbauen. Wie etwa die COVID-19-Pandemie gezeigt hat, kommt betreffend Akzeptanz und Wirksamkeit von Maßnahmen dem Verständnis der Öffentlichkeit große Bedeutung zu. Wesentlich ist es, im Anlassfall Maßnahmen und Angebote zur vorsorglichen Information und Aufklärung zu setzen sowie zeitgerecht zu informieren und soll dem Koordinationsgremium auch in dieser Hinsicht im Sinne einer zwischen den Ressorts abgestimmten Information eine Koordinierungsfunktion zukommen.

Zur Sicherstellung einer umfassenden Vernetzung soll zudem festgelegt werden, dass das Koordinationsgremium dem Bundes-Krisensicherheitskabinett anlassbezogen über seine Aufgaben zu berichten hat. Vorgesehen ist außerdem, dass auf Ersuchen des Koordinationsgremiums das Bundeslagezentrum allgemeine Informationen (zB Infektionszahlen, Sperrstundenregelungen, Impfstellen) für die Bevölkerung im Fall einer Krise bereitstellt. Dasselbe gilt für die Informationsweitergabe an die Landeshauptleute, den Österreichischen Städtebund, den Österreichischen Gemeindebund, Betreiber kritischer Infrastrukturen (zB im Bereich Energie, Verkehr, Gesundheitswesen, Trinkwasser), Einsatzorganisationen (zur Definition vgl. die Erläuterungen zu § 6 Abs. 2), Nichtregierungsorganisationen (Vereine, Stiftungen, auf Gemeinwohl ausgerichtete – auch auf internationalen Rechtsvorschriften basierende – Einrichtungen) sowie an sonstige externe Stakeholder in der Krise (zB Österreichische Bundesbahnen). Diese Informationsweitergabe ist bereits vor Eintritt eines Krisenfalls möglich und kann unabhängig vom Zeitpunkt der Bereitstellung von Informationen an die Öffentlichkeit erfolgen.

Wesentlich ist, dass der Aufgabenbereich des Koordinationsgremiums lediglich beratende sowie koordinierende Funktionen abdeckt und soll das Koordinationsgremium – auch mit Blick auf Art. 69 Abs. 1 B-VG sowie Art. 77 Abs. 1 B-VG – nicht zur Entscheidung in Angelegenheiten der obersten Bundesverwaltung berufen sein. In diesem Format sollen lediglich insbesondere Beratungen bzw. Abstimmungen erfolgen und Entscheidungen im jeweils eigenen Zuständigkeitsbereich vorbereitet werden. Ein Eingriff in die Entscheidungsbefugnisse der jeweils zuständigen Bundesminister (in Bezug auf Maßnahmen zur Bewältigung einer Krise) sowie der Bundesregierung (in Bezug auf die Feststellung einer Krise gemäß § 3) ist mit dieser Regelung nicht intendiert und sollen Entscheidungen von den obersten Organen nach wie vor uneingeschränkt erfolgen können.

In Abs. 3 sollen in organisationsrechtlicher Hinsicht die Leitung sowie die Zusammensetzung des Koordinationsgremiums geregelt werden. Grundsätzlich soll das Koordinationsgremium – mit Blick auf die ihm durch das BMG übertragene Zuständigkeit zur anlassbezogenen Koordination innerstaatlicher Maßnahmen zur Bewältigung überregionaler oder internationaler Krisen – vom Bundeskanzler geleitet werden. Es soll jedoch die Möglichkeit bestehen, dass die Bundesregierung – aufgrund des sachlichen Nahebezugs bzw. der vorwiegenden Betroffenheit (vgl. § 5 Abs. 2 BMG) – einen anderen Bundesminister mit der Leitung betraut. Auch mangels ausdrücklicher Erwähnung soll – nach allgemeinen Grundsätzen – generell die Möglichkeit des Leiters bestehen, sich „vertreten“ zu lassen bzw. einen hohen Beamten an seiner Stelle zu „entsenden“ (siehe dazu auch die Erläuterungen zu § 7). Ein Durchgriffsrecht des Bundeskanzlers oder des sonst leitenden Bundesministers auf andere Ressorts ist mit dieser Regelung nicht intendiert und soll es – auch aus verfassungsrechtlichen Gründen – zu keinem Eingriff in Vollzugszuständigkeiten kommen. Die Regelung in Art. 69 Abs. 2 B-VG soll selbstverständlich unberührt bleiben.

Das Koordinationsgremium setzt sich aus je einem (im Regelfall wohl hochrangigen und entscheidungsbefugten) Vertreter des Bundeskanzlers, des Vizekanzlers, des Bundesministers für Inneres, des für Landesverteidigung zuständigen Bundesministers, des Bundesministers für Justiz, des für auswärtige Angelegenheiten zuständigen Bundesministers sowie der im Anlassfall (sachlich) betroffenen sonstigen Bundesminister (abhängig von der Art der Krise und somit der Betroffenheit) zusammen. Die Entsendung wird in der Regel unter entsprechender Bedachtnahme auf die im jeweiligen Wirkungsbereich zu treffenden Entscheidungen erfolgen. Darüber hinaus soll vorgesehen werden, dass der Regierungsberater vor dem Hintergrund seiner strategischen Beratungsfunktion berechtigt ist, an den Sitzungen des Koordinationsgremiums teilzunehmen, wobei wesentlich ist, dass diese Teilnahme keine Kompetenzverschiebung bewirkt. Aufgrund der in § 5 Abs. 1 vorgesehenen Vertretungsfunktion soll zudem eine Teilnahmemöglichkeit des stellvertretenden Regierungsberaters normiert werden.

Zur Sicherstellung der erforderlichen Gesamtschau betreffend die Lageentwicklungen ist vorgesehen, dass zudem ein Vertreter des Bundeslagezentrums berechtigt ist, an den Sitzungen des Koordinationsgremiums teilzunehmen.

Die Sitzungen des Koordinationsgremiums finden nicht zwangsläufig im Bundeslagezentrum statt. Im Hinblick darauf, dass sich im Bundeslagezentrum neben der fachlichen Expertise zur Lageführung (Lagebild) auch die erforderlichen internationalen Sicherheitsstandards entsprechenden Ressourcen (zB Raum, Technik) befinden, wäre es jedoch von Vorteil, dass unabhängig von der Leitung das Koordinationsgremium im Bundeslagezentrum tagt.

Die Teilnahme von Vertretern der Länder, des Österreichischen Städtebundes, des Österreichischen Gemeindebundes, der Betreiber kritischer Infrastrukturen, der Einsatzorganisationen, der Nichtregierungsorganisationen und sonstiger Einrichtungen („insbesondere“; so etwa Interessenvertretungen) in beratender Funktion im Koordinationsgremium gemäß Abs. 4 erfolgt grundsätzlich über Einladung des Bundeslagezentrums in seiner Eigenschaft als Geschäftsstelle (vgl. § 6 Abs. 3) bzw. durch den Leiter (vgl. § 10 Abs. 8). Vor dem Hintergrund der Weisungsbindung der Landeshauptleute gegenüber der Bundesregierung sowie den einzelnen Bundesministern im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung (vgl. Art. 103 B-VG) ist vorgesehen, dass (lediglich) in diesen Bereichen eine Teilnahmepflicht der Ländervertreter besteht.

Vergangene Erfahrungen haben gezeigt, dass vor allem auch Städte und Gemeinden eine Schlüsselfunktion in der Krisenbewältigung eingenommen haben und diese eine wichtige Kommunikationsfunktion gegenüber der Bevölkerung wahrnehmen. Insbesondere bei der Einschätzung, ob die Voraussetzungen für eine Krise vorliegen (vgl. Abs. 1), können auch Interessenvertretungen aufgrund der vorhandenen Informationskanäle (etwa zu Unternehmen) einen wertvollen Beitrag liefern.

Zudem soll vorgesehen werden, dass die Landeshauptleute ebenfalls die Möglichkeit haben, die Einberufung zu einzelnen Sitzungen anzuregen. Die Teilnahmemodalitäten (zB jene der Länder) können allenfalls in der Geschäftsordnung (vgl. Abs. 6) festgelegt werden.

Gemäß Abs. 5 soll die Möglichkeit bestehen, durch Beschluss des Koordinationsgremiums Fachausschüsse einzurichten. Im Hinblick darauf, dass diese Ausschüsse vom Koordinationsgremium eingerichtet werden sollen, sollen sie vor allem anlassbezogene Spezialfragen behandeln bzw. ad hoc Empfehlungen abgeben. Die Leitung und Zusammensetzung ergibt sich aus der benötigten Fachexpertise mit Blick auf die jeweilige Krisensituation und wird sich nach dem Inhalt und dem Grund der Einrichtung richten (und im Beschluss festzulegen sein). Denkbar sind insbesondere wissenschaftliche Experten (zB von Universitäten), Selbstverwaltungskörper (Interessenvertretungen, Sozialversicherungsträger etc.) sowie Medien- oder Branchenvertreter (zB ORF). Darüber hinaus ist auch die Einrichtung von Unterausschüssen vorgesehen. Im Gegensatz zu Ausschüssen obliegt nach dem Begriffsverständnis einem Unterausschuss lediglich die Vorbehandlung dem jeweiligen Ausschuss zugewiesener (Teil-)Gegenstände. Demnach sollte ein wissenschaftlicher Experten-Unterausschuss etwa wissenschaftlichen oder technischen Input zu laufenden Krisenfällen geben (Analyse von Datensätzen, Beauftragung von Studien usw.).

Nähere Regelungen zum Zusammenwirken des Koordinationsgremiums, etwa über die Zusammensetzung sowie Tagungsintervalle, samt nachvollziehbarer und transparenter Dokumentation können gemäß Abs. 6 durch die Bundesregierung im Rahmen einer – einstimmig (vgl. Art. 69 Abs. 3 B-VG) zu beschließenden – Geschäftsordnung getroffen werden. Vor dem Hintergrund der mangelnden Außenwirkung kommt dieser Geschäftsordnung kein Verordnungscharakter zu.

Ist bei Vorliegen einer Krise zur Bewältigung oder bereits vorab zur Minimierung der Gefahr des Entstehens einer drohenden Krise die Abstimmung und Koordination von Maßnahmen erforderlich, soll gemäß Abs. 7 gegenüber dem jeweiligen Leiter im Sinne des Abs. 3 vor dem Hintergrund der Optimierung der horizontalen Kooperation die Verpflichtung sämtlicher betroffener Mitglieder der Bundesregierung zur „Entsendung“ fachkundiger Vertreter bestehen. Die Betroffenheit hängt von den Folgen einer Krise in den unterschiedlichen Bereichen ab. Die COVID-19-Krise etwa hat gezeigt, dass eine Gesundheitskrise spürbare Auswirkungen auch auf etliche sonstige Lebensbereiche haben kann (Sport, Kultur, Unternehmen, Schulen etc.). Entscheidend sind demnach die Auswirkungen auf die verschiedenen im BMG gelisteten Wirkungsbereiche. Im Gegensatz zu Abs. 3, der die Teilnahme von Vertretern der Bundesregierung an den Sitzungen des Koordinationsgremiums regelt, bezieht sich die Regelung in Abs. 7 auf die Mitwirkung an Maßnahmen zur Krisenbewältigung, zB in Stabsstrukturen oder in einem Call Center.

Hinsichtlich der Grundzüge einer etwaig eingerichteten Stabsorganisation wird auf das langjährig bestehende und bewährte sowie in vielen Bereichen etablierte „Funktionszellen-Stabsmodell“ verwiesen. Sowohl die polizeiliche Richtlinie für das Führen in besonderen Lagen als auch die vom Bundesministerium für Inneres gemeinsam mit den Einsatzorganisationen für den zivilen Bereich entwickelte Richtlinie für das Führen im Katastropheneinsatz (2007) sowie die ÖNORM (S 2308) enthalten etwa Grundzüge zur Lagefeststellung samt Beurteilung und Anweisungen bzw. Empfehlungen betreffend die grundsätzliche Gliederung bzw. personelle Ausstattung des Stabs sowie den erforderlichen Informationsfluss samt Dokumentation. Sie dienen derzeit als Grundlage für die Führungs- und Stabsarbeit von Gebietskörperschaften und Einsatzorganisationen und sollten auch künftig als Anhaltspunkt bzw. Vorbild für mögliche Stäbe dienen. Das Wesen der Stabsarbeit zeichnet sich durch die in Sachbereichen strukturierten Aufgabenfelder (zB Personal, eigene Lage, Ressourcen, Recht) aus, wobei definierte Arbeitsprozesse die Bewältigung und zielgerichtete Verarbeitung hoher Informationseingänge bzw. -ausgänge ermöglichen. Die Koordinationsarbeit bzw. die Managementprozesse durch den Leiter der Stabsarbeit stellen die jederzeitige Verfügbarkeit eines aktuellen Lagebildes sicher und bilden damit, neben dem unverzichtbaren Informationsgehalt, das Fundament für eine Entscheidungsfindung der jeweiligen Verantwortlichen.

Darüber hinaus soll normiert werden, dass bei Krisen die jeweils zuständigen Mitglieder der Bundesregierung verpflichtet sind, bei der Zurverfügungstellung geeigneter Informationskanäle an die Bevölkerung mitzuwirken, wie bei der Einrichtung eines Call Centers im Bundesministerium für Inneres. Die Aufgabe solcher Informationsschienen bei der Krisenbewältigung kann etwa in der Auskunftserteilung an die hilfesuchende Bevölkerung liegen. Die Erteilung von verifizierten Auskünften unterliegt deutlichen Qualitätskriterien, weshalb die Verpflichtung der zuständigen Mitglieder der Bundesregierung zur Bereitstellung der erforderlichen Informationen unerlässlich ist.

Finden die Sitzungen des Koordinationsgremiums nicht im Bundeslagezentrum statt, sondern in einem anderen Ressort (etwa bei einer Gesundheitskrise im Bundesministerium für Gesundheit), kann das Bundeslagezentrum auch nicht die Funktion einer Geschäftsstelle übernehmen. Daher soll in Abs. 8 klargestellt werden, dass in solchen Fällen der Leiter des Koordinationsgremiums im Sinne des Abs. 3 für die Besorgung der administrativen Belange Vorsorge zu treffen (vgl. auch die Regelung in § 6 Abs. 3) und – zusätzlich zur Geschäftsstelle des Bundeslagezentrums (siehe § 6 Abs. 3) – eine Kontaktstelle insbesondere für die Länder, den Österreichischen Städtebund, den Österreichischen Gemeindebund, Betreiber kritischer Infrastrukturen, Einsatzorganisationen sowie Nichtregierungsorganisationen namhaft zu machen hat.

Zu § 11 (Gemeinsame Bestimmungen):

Zur Erfüllung der gesetzlich übertragenen Aufgaben und um einen uneingeschränkten Informationsaustausch in den Koordinationsstrukturen zu gewährleisten, ist in Abs. 1 vorgesehen, dass jene Teilnehmer im Beratungsgremium, im Bundeslagezentrum, in den Fachgremien, im Bundes-Krisensicherheitskabinett sowie im Koordinationsgremium, die Bundesorgane im funktionellen Sinn sind, von der Pflicht zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen etc. geboten ist (Amtsverschwiegenheit, vgl. Art. 20 Abs. 3 B-VG), entbunden sind. Die Entbindung soll auf Beratungen im Beratungsgremium, im Bundeslagezentrum (insbesondere mit Mitarbeitern anderer Ressorts), in den Fachgremien, im Bundes-Krisensicherheitskabinett und im Koordinationsgremium beschränkt sein; nach außen soll selbstverständlich die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit gelten. Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass die notwendigen Informationen, insbesondere jene zur Lagebewertung und Erstellung aktueller Lagebilder sowie zur Bewertung, ob ein Krisenfall eingetreten ist, vorliegen. Durch den Verweis auf das Koordinationsgremium sollen auch die gemäß § 10 Abs. 5 eingerichteten Ausschüsse und Unterausschüsse von dieser Regelung umfasst sein.

Durch die Bezugnahme auf die Beratungen in den Gremien ergibt sich, dass sich die Entbindung lediglich auf Tatsachen beschränken kann, die den Gegenstand der konkreten Beratungen betreffen. Der jeweilige Beratungsgegenstand wird dabei durch die jeweils gesetzlich festgelegten Aufgaben der einzelnen Gremien abgegrenzt.

Um eine rasche und effektive Koordinierung im Rahmen der unterschiedlichen Gremien zu bewirken, bedarf es mitunter auch der Bekanntgabe vertraulicher Informationen. Daher ist in Abs. 2 vorgesehen, dass die Teilnehmer dieser Gremien, sofern sie nicht ohnedies der Amtsverschwiegenheit unterliegen, zur vertraulichen Behandlung dieser Daten verpflichtet sind, worüber sie nachweislich zu informieren sind. Das Zuwiderhandeln gegen diese Verpflichtung stellt gemäß § 16 eine Verwaltungsübertretung dar (siehe Erläuterungen zu § 16). Eine Verletzung der Amtsverschwiegenheit unterliegt den spezifischen Bestimmungen, etwa § 310 StGB.

Um Sicherheitsrisiken zu vermeiden, ist in Abs. 3 vorgesehen, dass für den Fall, dass vertrauliche, geheime oder streng geheime Informationen im Sinne des § 55 Abs. 3 Z 1 bis Z 3 SPG ausgetauscht werden, Vertreter des Bundes, der Länder, des Österreichischen Städtebundes, des Österreichischen Gemeindebundes, der Betreiber kritischer Infrastrukturen, der Einsatzorganisationen, der Nichtregierungsorganisationen sowie sonstiger gemäß § 7 Abs. 10, § 9 Abs. 2 und § 10 Abs. 4 beigezogener Einrichtungen und Personen nur dann im Bundeslagezentrum sowie in den unterschiedlichen Gremien teilnehmen dürfen, wenn sie sich einer entsprechenden (abhängig vom Informationsgehalt) Sicherheitsüberprüfung gemäß den §§ 55 ff SPG (vgl. damit im Zusammenhang auch die Regelung in § 55a Abs. 1 Z 1 SPG), einer Verlässlichkeitsprüfung gemäß den §§ 23 f MBG aufgrund einer erweiterten Verlässlichkeitserklärung (etwa im Hinblick auf Mitarbeiter des Bundesministeriums für Landesverteidigung; vgl. Verordnung des Bundesministers für Landesverteidigung über die Verlässlichkeitserklärung, BGBl. II Nr. 195/2001) oder einer gleichwertigen Überprüfung (zB aufgrund allfälliger landesgesetzlicher Regelungen) unterzogen haben. Das Vorhandensein dieser Überprüfung soll demnach Voraussetzung für die Einräumung der Teilnahmemöglichkeiten der Vertreter in den jeweiligen Sitzungen bzw. an der Erörterung dieser vertraulichen Informationen sein. Wesentlich ist, dass die der Klassifizierungsstufe entsprechende Überprüfung zum Zeitpunkt des Austauschs von vertraulichen Informationen nicht länger als drei Jahre zurückliegen darf, andernfalls diese zu wiederholen ist.

In Abs. 4 soll Vorsorge dafür getroffen werden, dass im Fachgremium gemäß § 7 Abs. 6 streng geheime Informationen ausgetauscht werden. Um die Anwesenheit aller gesetzlich vorgesehenen Teilnehmer auch bei der Erörterung solcher Informationen gewährleisten zu können, ist vorgesehen, dass sich (auch) Vertreter des Bundeslagezentrums (vgl. § 7 Abs. 9) vor der Teilnahme einer Sicherheitsüberprüfung für den Zugang zu streng geheimer Information unterzogen haben müssen.

In Abs. 5 soll – unabhängig von der Ermächtigung zur Datenverarbeitung gemäß § 10 des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999, betreffend unmittelbar von einem Katastrophenfall Betroffene – normiert werden, dass der Bundesminister für Inneres als Verantwortlicher gemäß Art. 4 Z 7 in Verbindung mit Art. 24 der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 74 vom 4.3.2021 S. 35, ermächtigt ist, die erforderlichen Identifikations- (zB Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Titel) und Erreichbarkeitsdaten (zB Telefonnummer, Mailadresse, Wohnsitzdaten) von Mitarbeitern im Bundeslagezentrum, Teilnehmern der Fachgremien sowie des Koordinationsgremiums sowie Vertretern in Call Center und Stabsstrukturen (diese sind durch den Verweis auf das Koordinationsgremium umfasst) insoweit zu verarbeiten, als dies zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit (Aufrechterhaltung des Dienstbetriebs, Tagungsmöglichkeit etc.) der diversen in §§ 6, 7 und 10 geregelten Einrichtungen bzw. Organisationsstrukturen erforderlich ist.

Im Hinblick darauf, dass nicht ausgeschlossen ist, dass die Fachgremien und das Koordinationsgremium in einem anderen Ressort tagen und den jeweiligen Leitern daher die Geschäftsführung obliegt (vgl. § 7 Abs. 9 sowie § 10 Abs. 8), soll in diesem Fall eine Übermittlungsermächtigung an den jeweiligen Leiter des Fachgremiums bzw. den Leiter des Koordinationsgremiums (§ 10 Abs. 3) geschaffen werden.

Sollten aufgrund materienspezifischer Gegebenheiten weitere Datenverarbeitungen erforderlich sein, sind diese in den einschlägigen Materiengesetzen zu regeln (vgl. § 14). Daran knüpft auch der jeweilige Instanzenzug an bzw. sind dort auch die jeweiligen Rechtsschutzmechanismen vorzusehen.

Um Transparenz zu gewährleisten, soll in Abs. 6 außerdem eine Regelung zur Dokumentation aufgenommen werden. Vorgesehen ist, dass die jeweiligen Leiter der Fachgremien gemäß § 7 sowie der Leiter des Koordinationsgremiums (§ 10 Abs. 3) verpflichtet sind, dafür Vorsorge zu treffen, dass Beratungen in den entsprechenden Gremien ausreichend nachvollziehbar und nachprüfbar dokumentiert werden und dient die Regelung der Sicherstellung der parlamentarischen Kontrollrechte (zB Beantwortung parlamentarischer Anfragen zu den Inhalten bzw. Ergebnissen der Beratungen in den Fachgremien bzw. im Koordinationsgremium).

Zu § 12 (Aufgaben des Bundesheeres):

Die vorgesehenen Vorsorgeaufgaben dienen der Umsetzung der erweiterten Zuständigkeit des Bundesheeres nach Art. 79 Abs. 2a B-VG (vgl. Artikel 1), wonach das Bundesheer von der Bundesregierung für einzelne Maßnahmen der Vorsorge in Anspruch genommen werden kann, und stellt diese Regelung das einfachgesetzliche Anschlussstück dar. Es kann daher grundsätzlich auf die Erläuterungen zu dieser verfassungsrechtlichen Bestimmung verwiesen werden. Im Rahmen der Wahrnehmung von Aufgaben gemäß dieser Regelung ist die Anwendung des Einsatzzulagengesetzes (EZG), BGBl. Nr. 423/1992, sowie der Bestimmungen des Heeresgebührengesetzes 2001 (HGG 2001), BGBl. I Nr. 31/2001, über die Besoldung im Einsatz nach § 2 Abs. 1 WG 2001 ausgeschlossen.

Das gemeinsame Ziel dieser Maßnahmen ist es, die vorhandenen Ressourcen des Bundesheeres auch für „zivile“ Krisen künftig bestmöglich zu nutzen, und zwar nicht in Verdrängung ziviler Behörden, sondern als Ergänzung und Unterstützung dort, wo deren spezifische Ressourcen nicht ausreichen.

Bisherige Erfahrungen mit Krisen, insbesondere der COVID-19-Krise, haben gezeigt, dass eine längerfristige Vorsorge unabdingbar ist und die Struktur des Assistenzeinsatzes, bei dem erst nach Ausbruch eines bestimmten Ereignisses eine Anforderung der „gesetzmäßigen zivilen Gewalt“ erfolgt, nicht ausreichend ist. Daher soll künftig auf der Grundlage einer Ermächtigung der gesamten Bundesregierung – dh. abhängig von einem entsprechenden Beschluss der Bundesregierung auf Antrag des sachlich zuständigen Bundesministers – dem Bundesheer eine ausreichende Rechtsgrundlage, bereits vorsorgend tätig zu werden, gegeben werden und damit ausreichende Planungssicherheit bestehen. Wesentlich ist, dass in den gelisteten Bereichen lediglich einzelne Maßnahmen der Krisenvorsorge gesetzt werden können. Nach Feststellung einer Krise (vgl. § 3) können diese Ressourcen seitens des Bundesheers nach den für Assistenzeinsätze geltenden Regelungen zur Verfügung gestellt werden (vgl. die Regelung in Art. 79 Abs. 2 Z 2 B-VG).

Gemäß Z 1 ist intendiert, autarke und resiliente Kasernen zum Zwecke der Unterstützung der Einsatzfähigkeit der Sicherheitsbehörden, der Wachkörper des Bundes und sonstiger Gebietskörperschaften einschließlich der Gemeindeverbände, ziviler Rettungsorganisationen (Bergrettung, Wasserrettung, Sanitätsdienste usw.) sowie der Feuerwehren bereitzustellen. Damit sollen über das gesamte Bundesgebiet verteilte Stützpunkte („Sicherheitsinseln“), von denen aus auch bei Zusammenbruch überlokaler Infrastruktur (Energieversorgung, Verkehrswege, IKT etc.) operiert werden kann, entwickelt werden.

In einzelnen Bereichen bestehen bereits derzeit spezielle Befugnisse zur Sicherung der Versorgung (zB im Wirkungsbereich des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft das Versorgungssicherungsgesetz – VerssG 1992, BGBl. Nr. 380/1992, das Energielenkungsgesetz 2012 – EnLG 2012, BGBl. I Nr. 41/2013, sowie das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997, BGBl. Nr. 789/1996). Diese gesetzlichen Befugnisse sollen von der Regelung gemäß Z 2 unberührt bleiben. Vielmehr soll diese Bestimmung dann greifen, wenn gegenwärtig noch keine derartigen Befugnisse eines Bundesministers bestehen. Die Regelung soll demnach bestehende Lücken schließen und somit eine gesamthafte Versorgung bei einer durch eine Krise hervorgerufenen Störung der normalen Distributionswege sicherstellen.

Die Krisenvorsorge im Bereich des Schutzes kritischer Infrastruktur von bundesweiter Bedeutung gemäß Z 3 soll bereits im Vorfeld Zusammenbrüche überlokaler Infrastruktur (vgl. die Erläuterungen zu Z 1) verhindern bzw. dessen Ausmaß möglichst gering halten. Wesentlich ist, dass den Sicherheitsbehörden gemäß § 22 Abs. 1 Z 6 SPG unabhängig davon der Schutz kritischer Infrastruktur obliegt und dem Bundesheer somit allenfalls lediglich die Aufgabe zukommt, Maßnahmen der Krisenvorsorge für diese Einrichtungen von bundesweiter Bedeutung zu treffen.

Betreffend die Wahrnehmung der Krisenvorsorge im gemäß Z 4 umschriebenen Bereich wird auf das derzeit bestehende COVID-19-Lagergesetz (CO-LgG), BGBl. I Nr. 126/2020, das die betreffende Zuständigkeit mangels verfassungsrechtlicher Grundlage noch der Bundesministerin für Landesverteidigung und nicht dem Bundesheer zuweist, verwiesen.

Zu § 13 (Krisenvorsorge):

Wie insbesondere die aktuellen Entwicklungen der Ukraine-Krise sowie die COVID-19-Pandemie gezeigt haben, ist es erforderlich, dass alle Mitglieder der Bundesregierung interne Vorkehrungen treffen und demnach über Strukturen für ein effizientes Krisenmanagement und somit eine adäquate Krisenvorsorge verfügen. Das betrifft insbesondere eine interne Krisenorganisation, die erforderliche Infrastruktur sowie die notwendigen Sachmittel zur Krisenbewältigung (Räumlichkeiten und Kommunikationsmittel) und ausreichendes im Krisenmanagement geschultes Personal. Durch diese Regelung haben demnach sämtliche Ressorts Maßnahmen zur Krisenvorsorge zu treffen und zusätzlich ein ausreichendes Qualitätsmanagement sicherzustellen. Die Mitglieder der Bundesregierung sollen gemäß Abs. 1 etwa verpflichtet sein, Krisenpläne zur Krisenbewältigung in verschiedenen Bereichen aufzustellen und in angemessenen Zeitabständen Übungen abzuhalten sowie diese zu evaluieren und zu dokumentieren. Die Krisenpläne sind demnach in angemessenen Zeitabständen auf ihre Aktualität sowie auf Schwachstellen zu prüfen und bei Bedarf zu aktualisieren, wobei insbesondere auch Erfahrungen aus vergangenen Krisen und aus Krisenübungen zu berücksichtigen sein werden.

Mitarbeiter, denen in Bezug auf Krisenfälle Verantwortlichkeiten übertragen wurden, haben über die erforderlichen Fähigkeiten bzw. Eignungen zur wirksamen Wahrnehmung der ihnen zugewiesenen Aufgaben zu verfügen, weshalb geeignete und spezifische aufgabenbezogene Schulungen zu absolvieren sind. Im Hinblick darauf, dass jeweils auch die ressortspezifischen Inhalte zu berücksichtigen sein werden, sollen die fachspezifischen Schulungen grundsätzlich in der Verantwortung der jeweiligen Bundesminister liegen. Um im Anlassfall ein effektives und effizientes Krisenmanagement zu gewährleisten, wäre es auch mit Blick auf einheitliche Ablaufprozesse zielführend, ressortübergreifende Aus- und Fortbildungsmaßnahmen anzudenken.

Zudem soll die Verpflichtung der zuständigen Mitglieder der Bundesregierung bestehen, Erreichbarkeiten sowohl bei Vorliegen einer Krise als auch außerhalb von Krisenzeiten festzulegen, damit insbesondere eine Kommunikation und rasche Koordination mit dem Bundeslagezentrum sowie dem Koordinationsgremium sichergestellt ist (vgl. auch Abs. 3).

Vor allem die COVID-19-Pandemie, aber auch die Ukraine-Krise haben vor Augen geführt, dass in Krisenfällen in sämtlichen Bereichen sehr rasch Störungen von Lieferketten, Produktionsausfälle sowie Versorgungsengpässe (zB bei Lebensmitteln, Energie) auftreten können. Aus der Regelung gemäß Abs. 1 ergibt sich zwar, dass seitens der jeweils zuständigen Bundesminister bereits vor Vorliegen einer Krise Vorbereitungshandlungen zu ergreifen sind und insbesondere Beschaffungen getätigt werden können (vgl. auch § 3 Abs. 1 Z 3 BMG), in Abs. 2 soll jedoch aufgrund der Bedeutsamkeit die ausdrückliche Klarstellung erfolgen, dass jedenfalls dafür zu sorgen ist, dass – entsprechend den aufgestellten Krisenplänen – erforderliche Hilfsmittel zur Krisenbewältigung (Wohncontainer, Feldbetten, winterfeste Zelte, technische Hilfsausrüstung, Hygieneartikel, Schutzausrüstung etc.) sowie systemrelevante Güter (zB medizinische Güter, wie Impfstoffe, aber auch Treibstoffe) im stets einsatzbereiten Zustand zur Verfügung stehen und demnach bei Bedarf eine laufende Ergänzung erfolgt. Die Beurteilung, welche Güter als systemrelevant anzusehen sind, hat jeder Bundesminister im jeweiligen Wirkungsbereich selbst vorzunehmen.

Zur Sicherstellung einer schnellen Reaktionsfähigkeit und raschen Koordination ist in Abs. 3 explizit vorgesehen, dass von jedem Mitglied der Bundesregierung für das Bundeslagezentrum eine zentrale Kontaktstelle bzw. ein Ansprechpartner als direkte Kommunikationsschiene namhaft zu machen bzw. einzurichten ist (zB Einrichtung eines regelmäßig gesichteten Funktionspostfaches).

Zu § 14 (Krisenabwehr und -bewältigung):

Krisen können in verschiedensten Bereichen (Epidemie, Reaktorunfall, massive Migrationsbewegung, Naturkatastrophe, Cyberkrise etc.) auftreten. Aus diesem Grund sind die denkbaren Krisen mit themenspezifischen bereichsadäquaten Maßnahmen bzw. Befugnissen unter unterschiedlichen Voraussetzungen und von den jeweils zuständigen Behörden zu „bekämpfen“. Im Hinblick darauf, dass das gegenständliche Organisationsgesetz (unabhängig von der fehlenden allgemeinen Bundeskompetenz) auch aus einfachgesetzlichen Erwägungen jedenfalls keine allgemein gültigen materienübergreifenden Regelungen beinhalten kann, die auf jeden möglichen Krisenfall anwendbar sind, soll mit dieser Regelung zum Ausdruck gebracht werden, dass spezifische Maßnahmen zur Krisenabwehr und -bewältigung durch die jeweils im Einzelfall einschlägigen spezialgesetzlichen Bestimmungen geregelt werden.

Sofern es zweckmäßig scheint, könnte materiengesetzlich angedacht werden, Krisenbewältigungsmaßnahmen insbesondere an die Feststellung einer Krise gemäß § 3 anzuknüpfen. Über dieses Gesetz hinausgehende materielle und auch formelle Regelungen sollen demzufolge aufgrund der materienspezifischen Gegebenheiten und unter Berücksichtigung der unterschiedlichen unionsrechtlichen Vorgaben in die jeweiligen bestehenden Bundesmateriengesetze aufgenommen werden bzw. wäre es sinnvoll, dass allenfalls nach entsprechender Prüfung diesbezügliche Anpassungen (samt Regelungen der jeweiligen Rechtsschutzmechanismen) erfolgen. Wesentlich ist, dass das gegenständliche Gesetz per se keine direkten Auswirkungen auf die materiengesetzlichen Regelungen haben soll. Das Ergreifen von „Krisen“-Maßnahmen aufgrund materiengesetzlicher Bestimmungen (zB jener des EnLG 2012 bzw. des Strahlenschutzgesetzes 2020 [StrSchG 2020], BGBl. I Nr. 50/2020, wo grundsätzlich eine sehr rasche Maßnahmensetzung erforderlich sein wird, wie etwa bei grenznahen Reaktorunfällen) soll demnach nicht zwangsläufig (sondern nur bei materiengesetzlicher Anordnung) einer formellen Feststellung einer Krise gemäß § 3 bedürfen (vgl. auch die Erläuterungen zu § 3).

Auf die Bedürfnisse vulnerabler Gruppen (wie etwa Kinder oder Menschen mit Behinderung) soll bei der Festlegung dieser krisenbezogenen Maßnahmen besonders Bedacht genommen werden. Dabei ist insbesondere darauf zu achten, dass die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie Kindern entsprechend gewahrt und geschützt werden. Maßnahmen, die in diesen Bereichen getroffen werden, dürfen nicht unverhältnismäßig sein oder zu unzumutbaren Härtefällen führen. Zudem sollte bei der Kommunikation über die getroffenen Maßnahmen etwa darauf geachtet werden, dass diese in verschiedenen Sprachen zugänglich gemacht werden (zB in den Sprachen der anerkannten Minderheiten sowie der am stärksten vertretenen Drittstaatsangehörigen und in Englisch als anerkannte Weltsprache) und dass Informationen in entsprechender barrierefreier Form (für seh- und hörbeeinträchtigte Personen sowie Personen, die auf einfache Sprache angewiesen sind) vorliegen und abrufbar sind.

Zu § 15 (Verwaltungshelfer):

Bei dieser Regelung handelt es sich lediglich um eine Klarstellung für Fallkonstellationen, in denen nach Feststellung einer Krise (§ 3) Dritte (zB Österreichisches Rotes Kreuz, Caritas, Diakonie, Hilfswerk) zur Setzung von unselbständigen Teilakten für Maßnahmen zur Krisenabwehr und -bewältigung im Bereich der Hoheitsverwaltung berufen werden. Durch eine solche Beiziehung Dritter als Verwaltungshelfer aufgrund eines konkreten Auftrags (mittels Bescheid oder Vertrag) erhalten diese keine selbständige Organstellung; insbesondere sind sie mangels jeglicher selbständiger Entscheidungsbefugnis auch nicht als Beliehene anzusehen. Ihr Handeln ist der betreffenden Behörde zuzurechnen; im Rechtssinn wird in diesen Fällen allein die betreffende Behörde tätig. Danach richtet sich demnach auch der Rechtsschutz.

Die Voraussetzungen, unter denen eine derartige Heranziehung möglich ist, finden sich in den jeweiligen Materiengesetzen (siehe auch § 14). Sieht das jeweilige Materiengesetz die Möglichkeit einer Beleihung vor, geht dieses als lex specialis vor. Bei Übertragung hoheitlicher Tätigkeiten sind jedenfalls die verfassungsrechtlichen Grenzen zu beachten.

Zu § 16 (Verwaltungsstrafbestimmung):

Vorgesehen ist, dass – in Anlehnung an die Regelung in § 84 Abs. 1 Z 2 SPG – ein Zuwiderhandeln gegen die in § 11 Abs. 2 normierte Verpflichtung der Teilnehmer von Sitzungen im Bundeslagezentrum, in den Fachgremien, im Bundes-Krisensicherheitskabinett und im Koordinationsgremium zur vertraulichen Behandlung der Informationen eine Verwaltungsübertretung darstellt. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit richtet sich nach den Regelungen im Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991.

Der Vorrang des Kriminalstrafrechts vor dem Verwaltungsstrafrecht ergibt sich bereits aus § 22 Abs. 1 VStG. Eine Verwaltungsübertretung soll demnach dann nicht vorliegen, wenn die Tat gleichzeitig einem gerichtlichen Straftatbestand unterfällt.

Zu § 20 (Inkrafttreten):

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten. Solange im Bundesministerium für Inneres noch kein der Regelung gemäß § 6 Abs. 1 entsprechendes Bundeslagezentrum eingerichtet ist, sollen gemäß Abs. 2 dessen gesetzlich übertragenen Aufgaben von einer Organisationseinheit des Bundesministeriums für Inneres für die Bundesregierung wahrgenommen werden. Dadurch soll die alsbaldige Anwendbarkeit des gegenständlichen Gesetzes sichergestellt werden.

Zu Artikel 3 (Änderung des Wehrgesetzes 2001)

Zu § 2 Abs. 1 lit. c:

Die vorgeschlagene Erweiterung des Assistenzbereichs des Bundesheeres um die Hilfeleistung auch bei Krisen soll der einfachgesetzlichen Abbildung der erweiterten Zuständigkeit des Bundesheeres nach Art. 79 Abs. 2 Z 2 B-VG dienen. Es wird daher auf die einschlägigen Erläuterungen zu dieser Bestimmung verwiesen (vgl. Artikel 1).

Zu Artikel 4 (Änderung des Meldegesetzes 1991)

Zu § 16a:

Während die Auswählbarkeit aus den Datensätzen des ZMR nach Abs. 2 grundsätzlich nur nach dem Namen möglich ist, ist gemäß Abs. 3 für Zwecke der Sicherheitspolizei, der Strafrechtspflege, im Katastrophenfall sowie für andere gesetzlich geregelte Fälle die Auswählbarkeit auch nach anderen Kriterien statthaft (Verknüpfungsanfrage). Verknüpfungsanfragen ermöglichen demnach eine Abfrage aus den Datensätzen des ZMR nicht nur nach Namen des Betroffenen, sondern auch nach anderen Suchkriterien.

Die jüngste COVID-19-Pandemie hat gezeigt, dass auch bei Vorliegen einer Krise ein Bedarf an Verknüpfungsanfragen besteht und nicht nur in Katastrophenfällen etwa eine Abfrage nach dem Geburtsdatum eine wertvolle Unterstützung bietet und letztendlich auch Bürgern sowie vor allem vulnerablen Gruppen zugutekommt. Aus diesem Grund wurde durch eine Novelle des Bundesgesetzes, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, BGBl. I Nr. 135/2020, eine entsprechende Rechtsgrundlage für die Vornahme von Verknüpfungsanfragen zum Zweck der Verteilung von FFP2-Masken an Personen mit Wohnsitz im Inland, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, geschaffen (vgl. BGBl. I Nr. 147/2020). Um sicherzustellen, dass bei jeder Bundeskrise die Möglichkeit derartiger Verknüpfungsanfragen besteht, ist vorgesehen, die Regelung in Abs. 3 zu erweitern. Wird demnach eine Krise gemäß § 3 B-KSG festgestellt, sollen Abfragen aus dem ZMR auch nach anderen Suchkriterien (zB Straßenbezeichnungen) möglich sein, sofern diese Abfrage für Zwecke der Krisenbewältigung erforderlich ist. Daraus ergibt sich, dass die abgefragten Daten ausschließlich zur Krisenbewältigung genutzt werden dürfen sowie auch die Abfrage selbst im Zusammenhang mit der jeweiligen Bundeskrise stehen muss. Wesentlich ist, dass konkrete Verknüpfungsanfragen weiterhin im Einzelfall einer Verhältnismäßigkeitsprüfung zu unterziehen sind.