Erläuterungen

Allgemeiner Teil

1. Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Im Regierungsprogramm für die Jahre 2020 bis 2024 („Aus Verantwortung für Österreich.“, S. 213) hat sich die Bundesregierung – neben vielen weiteren Maßnahmen zur Stärkung des Vertrauens in die Exekutive – auf die „Sicherstellung einer konsequenten Aufklärung bei Misshandlungsvorwürfen gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte“ sowie auf die „konsequente und unabhängige Ermittlung bei Misshandlungsvorwürfen gegen Polizeibeamtinnen bzw. Polizeibeamte in einer eigenen Behörde in multiprofessioneller Zusammensetzung, die sowohl von Amts wegen ermittelt als auch als Beschwerdestelle für Betroffene fungiert und mit polizeilichen Befugnissen ausgestattet ist“ verständigt. Der Umsetzung dieser beiden Punkte dient das vorliegende Gesetzesvorhaben.

Zur Vornahme einer entsprechenden Reformierung wurde im Bundesministerium für Inneres das Projekt „Evaluierung des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung unter Berücksichtigung der Einrichtung einer Beschwerdebehörde bei Misshandlungsvorwürfen“ geschaffen und in dessen Umsetzung der gegenständliche Entwurf zur Änderung des BAK-G ausgearbeitet.

Das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) ist eine außerhalb der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit bestehende, bewusst außerhalb der „klassischen“ Hierarchie der Sicherheitsexekutive angesiedelte und von dieser unabhängige Organisationseinheit. Schon nach geltender Rechtslage ist das BAK für Ermittlungen gegen Ressortangehörige des BMI wegen gerichtlich strafbarer Handlungen zuständig, soweit eine schriftliche Beauftragung durch die Staatsanwaltschaft oder das Gericht vorliegt. Dadurch verfügt das Bundesamt über eine langjährige Erfahrung und Expertise in sensiblen, polizeiinternen Ermittlungen. Zudem enthält das BAK-G bereits umfassende Bestimmungen zur Gewährleistung von Transparenz, Nachvollziehbarkeit und der Vermeidung von externen Einflussnahmen sowie des adäquaten Umgangs mit Vorwürfen gegen das Bundesamt selbst.

Aus den genannten Gründen und den Intentionen des Regierungsprogramms folgend soll im BAK eine eigene Organisationseinheit geschaffen werden, die eine konsequente Ermittlung bei Misshandlungsvorwürfen im Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres sicherstellt. Jeder behauptete oder aufgrund von äußeren Umständen mögliche Fall einer Misshandlung im Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres soll zukünftig von der beim BAK eingerichteten und mit umfassenden polizeilichen Befugnissen ausgestatteten, auf Misshandlungsvorwürfe spezialisierten „Ermittlungs- und Beschwerdestelle Misshandlungsvorwürfe“ (Ermittlungs- und Beschwerdestelle) untersucht und aufgeklärt werden.

Die auch im internationalen Kontext geforderte Unabhängigkeit, aber auch die in diesem Bereich in besonderem Maße erforderliche Transparenz macht ein Bündel an legistischen (sowie auch organisatorischen) Maßnahmen erforderlich, die einander wechselseitig verstärken sollen: So wird – nach dem Vorbild des strengen Regimes im Verfassungsschutz gem. § 2 Abs. 5 und 6 sowie § 21 Abs. 7 Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz – SNG, BGBl. I Nr. 5/2016 – die Möglichkeit der Nebenbeschäftigung für die Leitung und die stellvertretende Leitung sowie die sonstigen Bediensteten eingeschränkt. Ferner werden zur Stärkung der Unabhängigkeit die Funktionsperioden des Direktors und seiner Stellvertreter auf zehn Jahre verlängert. Darüber hinaus sollen Direktor, Stellvertreter sowie sonstige Bedienstete des Bundesamts in Leitungsfunktionen einer Sicherheitsüberprüfung für den Zugang zu streng geheimer Information, sonstige Bedienstete für den Zugang zu geheimer Information unterzogen werden. Die Sensibilität der Tätigkeit der Ermittlungs- und Beschwerdestelle macht es auch erforderlich, dass nur Bedienstete mit einer speziellen Ausbildung insbesondere im Bereich der Grund- und Menschenrechte in der neu zu schaffenden Organisationseinheit tätig sind. Weisungen im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Ermittlungs- und Beschwerdestelle, von denen im Sinne der Beibehaltung einer politischen Letztverantwortung nicht abgewichen werden soll, sind nicht nur schriftlich zu erteilen und zu begründen, sondern dem eigens zu installierenden, multiprofessionell zusammengesetzten, unabhängigen Beirat Ermittlungs- und Beschwerdestelle Misshandlungsvorwürfe (§ 9a) als qualitätssicherndes Beratungsgremium zu übermitteln.

Darüber hinaus soll die neue Ermittlungs- und Beschwerdestelle im Sinne der Evaluierung des BAK zukünftig auch bundesweit für kriminalpolizeiliche Ermittlungen bei Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt mit Todesfolge und lebensgefährdendem Waffengebrauch zuständig sein.

2. Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung eines diesem Entwurf entsprechenden Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 („Strafrechtswesen“) und Z 7 („Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit“) sowie Z 16 („Dienstrecht der Bundesbediensteten“) des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930.

Besonderer Teil

Zu § 1:

Die Änderung des § 1 dient der Darstellung des künftig bestehenden Zuständigkeitsbereichs des BAK. In Umsetzung der im aktuellen Regierungsprogramm vorgesehenen „Sicherstellung einer konsequenten Aufklärung bei Misshandlungsvorwürfen gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte“ (Aus Verantwortung für Österreich. Regierungsprogramm 2020 – 2024, S. 213) soll das BAK bundesweit für die Aufklärung von Misshandlungsvorwürfen im Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres zuständig sein (vgl. näher zu dieser Aufgabe die Ausführungen zu § 4 Abs. 5). Darüber hinaus sollen dem Bundesamt Ermittlungen wegen der Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt mit Todesfolge und lebensgefährdendem Waffengebrauch durch Bedienstete im Ressortbereichs des Bundesministeriums für Inneres obliegen (vgl. näher zu dieser Aufgabe die Ausführungen zu § 4 Abs. 4).

Zu § 2 Abs. 1 und 5:

Das BAK soll künftig auch für die Aufklärung von Misshandlungsvorwürfen sowie für kriminalpolizeiliche Ermittlungen wegen der Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt mit Todesfolge sowie lebensgefährdendem Waffengebrauch im Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres zuständig sein. Diese Aufgabenerweiterung bringt es mit sich, dass zukünftig zur Unterstützung des Direktors zwei Stellvertreter zu bestellen sind, wovon einem Stellvertreter gleichzeitig die Leitung der Ermittlungs- und Beschwerdestelle zukommen soll (vgl. § 2 Abs. 10).

Zu § 2 Abs. 2 und 6, § 15 Abs. 1:

Die Bestellung des Direktors und seiner Stellvertreter soll internationalen Beispielen folgend für eine Funktionsperiode von zehn Jahren erfolgen, wobei Wiederbestellungen – wie im öffentlichen Dienst üblich – zulässig sein sollen. Um – aufgrund der Sensibilität der Funktion und ihrer Auswirkungen auf den gesamten öffentlichen Dienst – eine umfassende Beurteilung der Eignung der Bewerberinnen und Bewerber für die Funktion des Direktors oder seiner Stellvertreter sicherzustellen, ist ein Mitglied der Begutachtungskommission von dem für den öffentlichen Dienst zuständigen Bundesminister zu bestellen. § 2 Abs. 2 und 6 gelangen bei Neu- oder Wiederbestellung des Direktors oder Stellvertreters nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes zur Anwendung.

Zu § 2 Abs. 7 und 8 sowie § 15 Abs. 2:

Öffentlich Bedienstete sind bereits jetzt strengen Regelungen im Zusammenhang mit Nebenbeschäftigungen unterworfen: Nebenbeschäftigungen, die den Bediensteten an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindern, die Vermutung seiner Befangenheit hervorrufen oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährden, sind sogar untersagt (§ 56 Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 – BDG 1979, BGBl. Nr. 333/1979, bzw. iVm § 5 Abs. 1 Vertragsbedienstetengesetz 1948– VBG, BGBl. Nr. 86/1948). Alle sonstigen erwerbsmäßigen Nebenbeschäftigungen, wie beispielsweise politische Tätigkeiten, und jede Änderung einer solchen haben Bedienstete ihrer Dienstbehörde unverzüglich zu melden (§ 56 Abs. 3 BDG 1979 bzw. iVm § 5 Abs. 1 VBG). Der Begriff Nebenbeschäftigung ist in einem weiten Sinn zu verstehen. Es muss kein Beschäftigungsverhältnis im arbeitsrechtlichen Sinn vorliegen oder dies auch nur möglich sein (vgl. VwGH 20.11.2018, Ra 2017/12/0123; 19.01.1994, 93/12/0092). Aus dem Wortlaut und dem Zusammenhang der Regelung des § 56 BDG 1979 ergibt sich, dass der Begriff der Nebenbeschäftigung alle nur denkmöglichen Beschäftigungen eines Beamten außerhalb seines Dienstverhältnisses (im weiteren Sinn) umfasst. Merkmale wie „Regelmäßigkeit“, „Berufsmäßigkeit“ oder „Selbständigkeit“ sind nicht erforderlich (VwGH 18.12.2001, Ra 2001/09/0142). Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist es im Hinblick auf die Stellung der öffentlich Bediensteten und die Ausprägung des grundsätzlich auf Lebenszeit ausgerichteten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses verfassungsrechtlich nicht bedenklich, wenn der Begriff der Nebenbeschäftigung in § 56 Abs. 1 BDG 1979 in einem weiten Sinn dahin verstanden wird, dass auch die Ausübung von Funktionen im Rahmen eines Vereins nach dem Vereinsgesetz erfasst wird und daher eine Untersagung nach § 56 Abs. 2 BDG 1979 bei Vorliegen eines der drei Untersagungstatbestände in Betracht kommt (VwGH 13.09.2001, 96/12/0035). Das bloße Innehaben von Vermögensrechten wird vom Begriff Nebenbeschäftigung nicht umfasst. So ist beispielsweise die Stellung als Mehrheitsgesellschafter, mit der die bloße Innehabung von Vermögenswerten einhergeht, für sich genommen keine Nebenbeschäftigung (vgl. VwGH 02.07.2009, 2008/12/0165). Um die für die sensible Tätigkeit des Bundesamts erforderliche Unabhängigkeit zu unterstreichen, soll dem Direktor und den Stellvertretern jegliche Nebenbeschäftigung ausgenommen entgeltliche und unentgeltliche Publikationen sowie (sonstige) Tätigkeiten im Bereich der Lehre ausdrücklich (entsprechend den Vorgaben im SNG) untersagt werden. Vom Begriff „Lehre“ sind jedenfalls Forschungs- und Lehrtätigkeiten umfasst.

Unentgeltliche sonstige Nebenbeschäftigungen, wie ehrenamtliche Tätigkeiten in einem Verein, haben jedoch ein wesentlich geringeres Gefährdungspotential als entgeltliche Nebenbeschäftigungen. Unentgeltliche Nebenbeschäftigungen sollen daher auch dem Direktor und den Stellvertretern möglich sein, werden aber an eine Genehmigung durch die Dienstbehörde gebunden, die jeden Einzelfall zu prüfen hat, wobei bereits ein begründeter Verdacht des Vorliegens eines Untersagungsgrundes für eine Ablehnung ausreicht. Da gerade mit dem Amt des Direktors bzw. Stellvertreters eine besonders große Verantwortung und Vertrauenswürdigkeit verbunden ist, erscheint eine solche Regelung erforderlich, um nicht einmal den Anschein eines Interessenkonflikts zu erwecken.

Bei den sonstigen Bediensteten des Bundesamts sind die besonderen, sich aus dem Aufgabenbereich ergebenden dienstrechtlichen Interessen bei der Beurteilung, ob die Ausübung einer Nebenbeschäftigung nach § 56 Abs. 2 BDG 1979 bzw. § 5 Abs. 1 VBG oder der dazu erlassenen Nebenbeschäftigungsverordnung – Inneres, BGBl. II Nr. 84/2016, unzulässig ist, besonders zu berücksichtigen. Bei den sonstigen Bediensteten können auch entgeltliche Nebenbeschäftigungen genehmigt werden. Diese dürfen Nebenbeschäftigungen mit Ausnahme von Publikationen sowie Tätigkeiten im Bereich der Lehre aber nur nach Genehmigung durch die Dienstbehörde ausüben, wobei vor der Entscheidung der Dienstbehörde eine Stellungnahme des Direktors einzuholen ist. Für sonstige Bedienstete, die bereits vor Inkrafttreten dieser Bestimmung eine Nebenbeschäftigung gemeldet haben, bzw. für künftige sonstige Bedienstete des Bundesamtes kommt § 15 Abs. 2 zur Anwendung.

Zu § 2 Abs. 9 und § 15 Abs. 3 und 4:

Mit der Tätigkeit im BAK ist der Zugang zu sensiblen Informationen verbunden. Aus diesem Grund soll sich jeder Bedienstete vor Beginn seiner Tätigkeit einer Sicherheitsüberprüfung unterziehen müssen. Diese können bereits mit Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes vorgenommen werden.

Je nachdem, welche Funktion der Bedienstete anstrebt, ist er entweder einer Überprüfung für den Zugang zu streng geheimer Information gemäß § 55 Abs. 3 Z 3 Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, (Direktor, Stellvertreter und sonstige Bedienstete in Leitungsfunktionen) oder zumindest zu geheimer Information gemäß § 55 Abs. 3 Z 2 SPG (sonstige Bedienstete) zu unterziehen. Alle drei Jahre muss die Sicherheitsüberprüfung wiederholt werden. Liegen Anhaltspunkte vor, wonach ein Bediensteter nicht mehr vertrauenswürdig sein könnte, ist die Sicherheitsüberprüfung bereits vor Ablauf dieser Frist zu wiederholen. Für Personen, die bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Bestimmung Bedienstete des Bundesamts sind, kommt § 15 Abs. 3 zur Anwendung.

Zu § 2 Abs. 10 und 11, § 15 Abs. 4 und 5:

Im Rahmen der Geschäftseinteilung soll eine eigene Organisationseinheit eingerichtet werden, der die bundesweite Ermittlung und Aufklärung von Misshandlungsvorwürfen gegen Organe oder Bedienstete gemäß § 4 Abs. 5 sowie die bundesweite kriminalpolizeiliche Ermittlung bei Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt mit Todesfolge sowie lebensgefährdendem Waffengebrauch (§ 7 Waffengebrauchsgesetz 1969, BGBl. Nr. 149/1969) durch Organe oder Bedienstete gemäß § 4 Abs. 4 obliegt (Ermittlungs- und Beschwerdestelle). Alle vorbereitenden Maßnahmen, die für die Ermöglichung einer zeitgerechten Aufgabenwahrnehmung durch diese Organisationseinheit erforderlich sind, können bereits ab dem der Kundmachung folgenden Tag gesetzt werden (§ 15 Abs. 5).

Diese Organisationseinheit soll unmittelbar einem Stellvertreter als deren Leiter unterstellt sein. Die Bestellung des Leiters ist so vorzunehmen, dass dieser rechtzeitig seine Tätigkeit aufnehmen kann (§ 15 Abs. 5). Dieser Stellvertreter sowie der Direktor haben, wie schon bisher, ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Bediensteten (vgl. § 2 Abs. 5).

Aufgrund der Sensibilität der Aufgaben dieser Organisationseinheit sind die Bediensteten der Ermittlungs- und Beschwerdestelle verpflichtet, eine spezielle Ausbildung insbesondere im Bereich der Grund- und Menschenrechte sowie der Psychologie zu absolvieren (§ 2 Abs. 11). Davon unberührt bleibt die Fort- und Weiterbildung der Bediensteten, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben in der Ermittlungs- und Beschwerdestelle erforderlich ist (vgl. etwa § 33 BDG 1979). Nach Absolvierung der speziellen Ausbildung sind diese nur als dauernd mit der Funktion betraute Bedienstete zu verwenden.

Die Ausbildung obliegt als Bildungs- und Forschungseinrichtung für die Bediensteten des Bundesministeriums für Inneres der Sicherheitsakademie (§ 11 Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. Nr. 566/1991), wobei für die Lehrtätigkeit internes als auch externes Ausbildungspersonal herangezogen werden kann (§ 4 Abs. 1 Sicherheitsakademie-Bildungsverordnung – SIAK-BV, BGBl. II Nr. 451/2015). Mit der Ausbildung kann bereits mit Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes begonnen werden, sie ist jedoch zeitnah, sohin ohne unnötige Verzögerungen nach Beginn der Tätigkeit in der Ermittlungs- und Beschwerdestelle, zu absolvieren.

Zu § 2 Abs. 12:

Zur Bewältigung der Aufgaben des Bundesamts hat der Bundesminister für Inneres die für die Wahrnehmung der Aufgaben notwendige Sach- und Personalausstattung bereitzustellen. Darüber hinaus ist, insbesondere aufgrund der besonders sensiblen Ermittlungen, die durch die Ermittlungs- und Beschwerdestelle zu führen sind, für eine multiprofessionelle Zusammensetzung des Personals der Ermittlungs- und Beschwerdestelle zu sorgen, um eine interdisziplinäre Zusammenarbeit sicherzustellen. Für diese interdisziplinäre und multiprofessionelle Zusammensetzung ist der Bundesminister für Inneres verantwortlich, indem in der Ermittlungs- und Beschwerdestelle neben Exekutivbediensteten und Juristen zusätzliches fachkundiges Personal etwa aus den Bereichen der Medizin oder Psychologie angestellt wird. Mit Zustimmung des Leiters der Ermittlungs- und Beschwerdestelle können die interdisziplinären und multiprofessionellen Ressourcen auch zur Wahrnehmung sonstiger, dem Bundesamt zugewiesener Aufgaben herangezogen werden, sofern es die dienstliche Verfügbarkeit zulässt.

Zu § 4 Abs. 1 Z 9a und 13:

Bei der Änderung des Abs. 1 handelt es sich um die Aktualisierung von Paragraphenverweisen.

Zu § 4 Abs. 3:

Das BAK entwickelte unter Einbindung aller relevanten Akteure aus öffentlicher Verwaltung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft die Nationale Anti-Korruptionsstrategie (NAKS). Die Strategie umfasst die Integritätsförderung und Korruptionsprävention in allen Sektoren, von der öffentlichen Verwaltung bis hin zu Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Auf Basis dieser Strategie wurde ein Aktionsplan 2019 – 2020 mit konkreten Maßnahmen erstellt. Beispielsweise seien Revisionsprüfungen zu Korruptions- und Compliance-Themen (z. B. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Bundeskanzleramt), Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich Compliance, Integrität sowie Korruptionsprävention (z. B. Bundesministerium für Inneres, Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft etc.) und Durchführung von Risikoanalysen (z. B. Bundesministerium für Justiz, Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport) genannt. Die Förderung der Bereitschaft von Gebietskörperschaften, sich selbst Kenntnis zu verschaffen, ist folglich aufgrund der nunmehr bereits in sämtlichen Ministerien installierten Präventionstätigkeiten nicht mehr erforderlich, weshalb der zweite Satz des Abs. 3 gestrichen wird.

Durch den ersten Satz des Abs. 3 ist gewährleistet, dass das BAK weiterhin geeignete Präventionsmaßnahmen entwickelt und umsetzt. So werden die Schwerpunktsetzungen des Aktionsplans alle zwei Jahre an die aktuellen Entwicklungen angepasst. Darüber hinaus nimmt das BAK anhand von qualitativen und quantitativen Indikatoren eine Beurteilung der Einzelmaßnahmen, aber auch der NAKS vor. Im Weiteren dienen diese Evaluierungen als Informationsgrundlagen für die zukünftigen Aktionspläne.

Zu § 4 Abs. 4:

Bereits jetzt sind gemäß dem Erlass des Bundesministeriums für Inneres vom 13. Oktober 2010, BMI-OA1370/0003-II/1/2010, zur Gewährleistung einer möglichst objektiven Erhebung und Beurteilung sowie zur Vermeidung einer „Anscheinsbefangenheit“ die Ermittlungen betreffend von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgte Waffengebräuche mit Todesfolgen durch besondere Ermittlungsteams durchzuführen. Im Hinblick auf die Sensibilität solcher Ermittlungen und zur Gewährleistung einer organisatorisch vom Vollzugsbereich der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit unabhängigen Aufklärung wird im Zuge der gegenständlichen Neuausrichtung die originäre Zuständigkeit des BAK für kriminalpolizeiliche Ermittlungen bei Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt mit Todesfolge sowie lebensgefährdendem Waffengebrauch (§ 7 Waffengebrauchsgesetz 1969) gesetzlich verankert.

Die Zuständigkeit des BAK soll bestehen, wenn die Ausübung der Zwangsgewalt mit Todesfolge oder der lebensgefährdende Waffengebrauch durch einen Bediensteten des Ressortbereichs des Bundesministeriums für Inneres erfolgt (§ 4 Abs. 4 Z 1 bis 3). Von § 4 Abs. 4 Z 1 sind alle Angehörigen des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach § 5 Abs. 2 SPG umfasst, sofern es sich nicht um solche der Gemeindewachkörper handelt. Personen, die nicht dem öffentlichen Sicherheitsdienst zuzuordnen sind, können zum einen unter § 4 Abs. 4 Z 2 fallen; dabei handelt es sich um Bedienstete der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst, denen gemäß § 2b Abs. 2 SNG Dienstwaffen zur Verfügung gestellt wurden. Zum anderen können Personen, die keine Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind, dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4 Z 3 unterliegen, sofern es sich um Bedienstete des Bundesministeriums für Inneres oder diesem nachgeordneter Dienststellen handelt, die mit Befehls- und Zwangsgewalt ausgestattet sind. Hierunter sind Bedienstete gemäß § 2 Abs. 5 BFA-G, § 45 Abs. 1 BFA-VG, § 3 Abs. 6 FPG oder § 9 Abs. 3a GVG-B 2005 zu verstehen.

Die Wahrnehmung dieser Aufgabe obliegt der neu zu schaffenden Organisationseinheit Ermittlungs- und Beschwerdestelle Misshandlungsvorwürfe (§ 2 Abs. 10).

Zu § 4 Abs. 5:

In Umsetzung des Punktes „Gute Rahmenbedingungen für eine moderne Polizei“ des Regierungsprogramms 2020 – 2024 und unter Beachtung von grund- und verfassungsrechtlichen Verpflichtungen (vgl. etwa Art. 2 und 3 Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK, BGBl. Nr. 210/1958, sowie Art. 2 und 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) sowie internationalen Standards (Art. 12 und 13 des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe) soll das BAK künftig für Ermittlungen im Zusammenhang mit Misshandlungsvorwürfen im Sinne des Art. 3 EMRK gegen die in § 4 Abs. 4 genannten Personen zuständig sein.

Hiervon sind nach § 4 Abs. 5 Z 1 vorsätzliche strafbare Handlungen gegen die Rechtsgüter Leib und Leben, die im Rahmen einer dienstlichen Tätigkeit (§ 4 Abs. 4 Z 1 bis 3), jedoch ohne Zusammenhang mit der Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt erfolgten, erfasst. Unter § 4 Abs. 5 Z 2 fallen strafbare Handlungen gegen die Rechtsgüter Leib und Leben, bei denen ein hinreichender Grund für die Annahme besteht, dass sie sich im Zuge einer unverhältnismäßigen Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt (im Sinne der §§ 4 bis 6 Waffengebrauchsgesetz 1969) ereignet haben. Insofern kann die Ermittlungs- und Beschwerdestelle auch für Ermittlungen wegen fahrlässig begangener strafbarer Handlungen gegen Leib und Leben zuständig sein. Ein hinreichender Grund für die Annahme der Unverhältnismäßigkeit besteht insbesondere, wenn die Unangemessenheit für jedermann leicht und auf den ersten Blick erkennbar ist. Die Z 1 und 2 umfassen somit strafbare Eingriffe in die körperliche oder seelische Integrität. Dies wird insbesondere bei Vorwürfen nach den §§ 75 bis 95 StGB der Fall sein, wobei auch Vorwürfe gem. den §§ 312 f StGB regelmäßig die Voraussetzungen der Z 1 oder 2 erfüllen werden, zumindest jedoch der Z 3.

Schließlich soll die Ermittlungs- und Beschwerdestelle gem. § 4 Abs. 5 Z 3 auch für Vorwürfe einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Rahmen einer dienstlichen Tätigkeit (§ 4 Abs. 4 Z 1 bis 3) zuständig sein. Die Zuständigkeit der Ermittlungs- und Beschwerdestelle soll in diesen Fällen auch dann gegeben sein, wenn diese Vorwürfe keinen Anfangsverdacht einer gerichtlichen Straftat begründen. Menschenunwürdig oder erniedrigend iSv Art. 3 EMRK ist eine Behandlung nach der Rechtsprechung des VfGH (VfSlg. 12596/1991; 11809/1988), wenn eine die Menschenwürde beeinträchtigende, gröbliche Missachtung des Betroffenen als Person vorliegt (z. B. Anspucken einer Person, unnötiges Entkleiden lassen in Anwesenheit anderer Personen, grobe Beleidigungen und Beschimpfungen, ungerechtfertigte und erniedrigende Leibesvisitation, Ziehen an den Haaren, Abführen eines lediglich mit einer Unterhose und einem T-Shirt bekleideten Festgenommenen, mangelnde Verpflegung während der Anhaltung, nicht hingegen bloß herablassender Umgang oder geringschätzende Gestik oder Mimik). Unter Abs. 5 Z 3 fallen somit alle unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlungen im Rahmen einer dienstlichen Tätigkeit, die nicht bereits von den in den Z 1 oder 2 umschriebenen strafbaren Handlungen gegen die Rechtsgüter Leib und Leben erfasst sind. Neben noch nicht die Schwelle der gerichtlichen Strafbarkeit überschreitenden Behandlungen können unter Abs. 5 Z 3 damit insbesondere auch strafbare Handlungen gegen die Rechtsgüter Ehre, Freiheit (z.B. §§ 99, 105 f oder 107 Strafgesetzbuch – StGB, BGBl. Nr. 60/1974) oder die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung fallen.

Die Wahrnehmung dieser Aufgabe obliegt der neuen Organisationseinheit Ermittlungs- und Beschwerdestelle Misshandlungsvorwürfe (§ 2 Abs. 10). Dies gilt losgelöst von strafrechtlichen Konkurrenzfragen, sohin unabhängig von der Subsumtion des aufzuklärenden Misshandlungsvorwurfs. So kann der Einsatz physischer Gewalt ein Befugnismissbrauch iSd § 302 Abs. 1 StGB sein und die (nicht strenger strafbedrohte) allgemein strafbare Handlung verdrängen, wenn der Gebrauch der Befugnis intentional auf die Durchsetzung von durch Polizeibeamte vorzunehmende Zwangsmaßnahmen gerichtet war (RIS-Justiz RS0133142). Unbeschadet dessen stellt der Einsatz physischer Gewalt eine Misshandlung i.S.v. § 4 Abs. 5 dar. Auch wenn es sich schlussendlich um einen Amtsmissbrauch gemäß § 302 StGB handelt, hat sohin die Ermittlungs- und Beschwerdestelle die Ermittlungen durchzuführen.

Nicht in die Zuständigkeit des Bundesamts sollen jedoch Misshandlungsvorwürfe im Sinne des Abs. 5 Z 3 fallen, die sich auf ein innerdienstliches Fehlverhalten, also ein Verhalten von einem Organ bzw. Bediensteten gemäß Abs. 4 Z 1 bis 3 gegenüber einem anderen Bediensteten des Ressortbereichs des Bundesministeriums für Inneres, beziehen und keinen Anfangsverdacht gemäß § 1 Abs. 3 Strafprozeßordnung 1975 – StPO, BGBl. Nr. 631/1975, begründen. Innerdienstliches Fehlverhalten soll weiterhin nach den herkömmlichen Regelungen von den Dienst- und Disziplinarbehörden geprüft werden. Bei Verdacht einer strafbaren Handlung sind jedoch die Bestimmungen des BAK-G einschlägig.

Wird den Sicherheitsbehörden oder -dienststellen, dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, den Dienstbehörden oder dem Dienstvorgesetzten ein Misshandlungsvorwurf im Sinne des § 4 Abs. 5 bekannt oder angezeigt, haben diese unverzüglich schriftlich der Ermittlungs- und Beschwerdestelle zu berichten (§ 5 Abs. 2), damit diese ihre Ermittlungen gemäß § 4a aufnehmen kann.

Zu § 4a samt Überschrift:

Die (meist kriminalpolizeilichen) Ermittlungen nach § 4 Abs. 4 und 5 obliegen bundesweit der Ermittlungs- und Beschwerdestelle Misshandlungsvorwürfe. Damit diese stets zügig sowie ohne unnötige Verzögerungen erfolgen, sind – sofern erforderlich – Ermittlungen unter Verwendung technischer Hilfsmittel (z. B. Videotechnik für Vernehmungen) durchzuführen.

Die Ermittlungs- und Beschwerdestelle hat bei Vorliegen eines Anfangsverdachts (§ 1 Abs. 3 StPO) gemäß den Bestimmungen der StPO vorzugehen. So sind beispielsweise Opfer (iSd § 65 Z 1 StPO) über ihre wesentlichen Rechte (§§ 66 bis 67 StPO) zu informieren (vgl. § 70 StPO). Bei Vorliegen eines solchen Verdachts hat die Ermittlungs- und Beschwerdestelle der Staatsanwaltschaft unverzüglich gemäß § 4a Abs. 2 zu berichten (Anfallsbericht). Davon unberührt sind die bestehenden Berichtspflichten nach der StPO, etwa nach § 100 Abs. 3a StPO, wenn aus Sicht der Ermittlungs- und Beschwerdestelle kein Anfangsverdacht vorliegt, oder sie Zweifel hat, ob ein solcher vorliegt. In jedem Fall obliegt die Beurteilung, ob ein Anfangsverdacht im Sinne des § 1 Abs. 3 StPO besteht, der Staatsanwaltschaft als Leiterin des Ermittlungsverfahrens (§ 20 Abs. 1 StPO).

Soweit bei einem Misshandlungsvorwurf gemäß § 4 Abs. 5 Z 3 kein Anfangsverdacht gemäß § 1 Abs. 3 StPO vorliegt, hat die Ermittlungs- und Beschwerdestelle ihre Erhebungen nach den für die Führung eines Ermittlungsverfahrens sowie die Beweissicherung maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, den sinngemäß für die Zwecke der Ermittlungs- und Beschwerdestelle zur Anwendung kommenden Datenverarbeitungsbestimmungen des § 53 Abs. 2 und 4 SPG sowie dem Zustellgesetz – ZustG, BGBl. Nr. 200/1982, vorzunehmen. Da es sich dabei nicht um ein förmliches Disziplinarverfahren handelt, besteht jedoch – wie bisher bei Vorerhebungen im Rahmen der Dienstaufsicht – kein Recht des Bediensteten (§ 4 Abs. 4 Z 1 bis 3) auf Akteneinsicht. Dem betroffenen Bediensteten ist Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen (§ 45 Abs. 3 AVG). Die Rechte der von einer Misshandlung (§ 4 Abs. 5) potentiell betroffenen Person richten sich ebenfalls nach den Bestimmungen des AVG. In sinngemäßer Anwendung des § 53 Abs. 2 SPG kann die Ermittlungs- und Beschwerdestelle in solchen Fällen insbesondere auch jene Daten weiterverarbeiten, die sie zuvor – etwa im Rahmen der Abklärung des Vorliegens eines Anfangsverdachts – in Vollziehung der StPO verarbeitet hat.

Die Ermittlungs- und Beschwerdestelle hat den – unmittelbar oder mittelbar – Dienstvorgesetzten sowohl über die Einleitung von Ermittlungen zu informieren als auch über deren Ergebnisse Bericht zu erstatten (§ 4a Abs. 4). Ebenso ist die Dienstbehörde über Tatsachen zu informieren, die für die Beurteilung der Voraussetzungen einer vorläufigen Suspendierung (§ 112 BDG 1979) oder einer Dienstfreistellung nach VBG von Relevanz sein könnten (vgl. dazu die Übermittlungsnorm in § 280c BDG 1979). Der gem. § 4 Abs. 4 und 5 betroffene Bedienstete sowie die Person, die von einem lebensgefährdenden Waffengebrauch (§ 4 Abs. 4) oder einer Misshandlung (§ 4 Abs. 5) betroffen sein könnte, sind ebenfalls vom Umstand der Weiterleitung der Ergebnisse an den Dienstvorgesetzten zu verständigen. Die Verwendung des Konjunktivs („betroffen sein könnte“) ist der Tatsache, dass erst am Ende des Verfahrens feststeht, ob eine Misshandlung stattgefunden hat, geschuldet (vgl. die Definition des Opferbegriffs gem. § 65 Z 1 StPO).

Handelt es sich beim Bediensteten (§ 4 Abs. 4 Z 1 bis 3) um einen Beamten, hat der Dienstvorgesetzte im Anschluss an die Berichterstattung durch die Ermittlungs- und Beschwerdestelle nach § 109 BDG 1979 vorzugehen; demnach hat dieser entweder eine Disziplinaranzeige zu erstatten oder hiervon – bei Vorliegen der entsprechenden Umstände – abzusehen. Bei einem Vertragsbediensteten ist nach den entsprechenden dienstrechtlichen Bestimmungen vorzugehen. Erfährt der Dienstvorgesetzte neue sachverhaltsrelevante Tatsachen, hat er diese der Ermittlungs- und Beschwerdestelle mitzuteilen.

Abs. 5 hält fest, dass die Ermittlungs- und Beschwerdestelle an Stelle des Dienstvorgesetzten zur Klarstellung des Sachverhaltes im Sinne des § 109 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 tätig wird. Wenn die Ermittlungs- und Beschwerdestelle zuständig ist, hat der Dienstvorgesetzte von Erhebungen gemäß § 109 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 Abstand zu nehmen.

Ferner gelten die §§ 94 Abs. 2 und 114 Abs. 2 und 3 BDG 1979 mit der Maßgabe, dass bei Misshandlungsvorwürfen nach § 4 Abs. 5 Z 3, die kein kriminalpolizeiliches Ermittlungsverfahren auslösen, anstelle des Strafverfahrens nach der StPO das Ermittlungsverfahren durch die Ermittlungs- und Beschwerdestelle bis zur Berichterstattung an den Dienstvorgesetzten tritt. Für diese Dauer ist somit einerseits der Lauf der Verjährungsfristen gem. § 94 BDG 1979 gehemmt. Andererseits wird gem. § 114 Abs. 2 BDG 1979 für diese Dauer ein anhängiges Disziplinarverfahren unterbrochen, wenn die Disziplinarbehörde in diesem Zusammenhang eine Meldung an die Ermittlungs- und Beschwerdestelle erstattet oder sonst Kenntnis von Ermittlungen durch die Ermittlungs- und Beschwerdestelle hat. Das Disziplinarverfahren ist weiterzuführen und binnen sechs Monaten in erster Instanz abzuschließen, nachdem die Ermittlungs- und Beschwerdestelle dem Dienstvorgesetzten über die Ergebnisse ihrer Ermittlungen gemäß Abs. 4 erster Satz berichtet hat (§ 114 Abs. 3 BDG 1979).

Abgesehen von der Möglichkeit der Amtshilfe (Art. 22 B-VG) sollen sich sonstige Behörden, wie Dienst- und Disziplinarbehörden oder Verwaltungsgerichte, nicht der Ermittlungs- und Beschwerdestelle zur Durchführung von Ermittlungsaufträgen bedienen können. Fehlen dem Dienstvorgesetzten nach der Übermittlung der Ermittlungsergebnisse durch die Ermittlungs- und Beschwerdestelle noch maßgebliche Sachverhaltsfeststellungen, um nach § 109 BDG 1979 bzw. bei einem Vertragsbediensteten nach den entsprechenden dienstrechtlichen Bestimmungen vorgehen zu können, hat dieser die für die Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen Erhebungen aus eigenem zu treffen. Dem Dienstvorgesetzten steht es nicht zu, sich der Ermittlungs- und Beschwerdestelle zur Durchführung weiterer Ermittlungen der Ermittlungs- und Beschwerdestelle zu bedienen.

Zu § 5:

Mit der Änderung im (nunmehrigen) Abs. 1 wird klargestellt, dass bereits das Vorliegen eines Anfangsverdachts zur Meldung an das Bundesamt verpflichtet.

Abs. 2 sieht bei einem Verdacht einer Straftat im Sinne des § 4 Abs. 4 sowie bei Misshandlungsvorwürfen im Sinne des § 4 Abs. 5 eine entsprechende Meldeverpflichtung für die in diesem Absatz aufgezählten Behörden, Dienststellen sowie Personen vor, um zu ermöglichen, dass die dafür zuständige Ermittlungs- und Beschwerdestelle ohne unnötigen Verzug ihre Aufgaben wahrnehmen kann. Bei einem Anfangsverdacht (§ 1 Abs. 3 StPO) gilt diese Meldepflicht unbeschadet der Berichtspflichten nach der StPO.

Enthält die Meldung des Dienstvorgesetzten an die Ermittlungs- und Beschwerdestelle den Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden gerichtlich strafbaren Handlung, hat dieser gleichzeitig mit der Benachrichtigung der Ermittlungs- und Beschwerdestelle auch die Dienstbehörde über diese Meldung in Kenntnis zu setzen (§ 109 BDG 1979); durch die Meldung an die Ermittlungs- und Beschwerdestelle und die Weiterleitung derselben an die Dienstbehörde erübrigt sich in diesem Fall die gesonderte Anzeigeerstattung (§ 109 BDG 1979 iVm § 78 StPO) durch die Dienstbehörde.

Ein Verdacht oder Vorwurf im Sinne des § 4 Abs. 1, § 4 Abs. 4 oder § 4 Abs. 5 kann von Bundesbediensteten auch direkt und außerhalb des Dienstweges an das BAK gemeldet werden. Hiervon dürfen diese nicht abgehalten werden. Zudem wird (deklaratorisch) festgehalten, dass jedermann zur Meldung eines Misshandlungsvorwurfs an das Bundesamt berechtigt ist und dass hierfür eine Kontaktstelle (SPOC) bereit zu stellen ist, die täglich rund um die Uhr für Betroffene erreichbar ist.

Hiervon unberührt bleibt das Recht des mutmaßlich von einer Misshandlung Betroffenen auf Erhebung einer Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit gegen die Ausübung von unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt („Maßnahmenbeschwerde“ gem. Art. 130 Abs. 1 Z 2 iVm Art. 132 Abs. 2 B-VG). Die Frist zur Erhebung einer Maßnahmenbeschwerde beträgt sechs Wochen. Sie beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, bzw. wenn er durch diese behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung (vgl. § 7 Abs. 4 VwGVG). Ebenso unberührt bleibt sein Recht auf Erhebung einer Beschwerde wegen behaupteter Verletzung einer gemäß § 31 SPG festgelegten Richtlinie („Richtlinienbeschwerde“ gem. § 89 SPG).

Zu § 6:

§ 6 Abs. 2 sieht unter anderem vor, dass andere Sicherheitsbehörden und -dienststellen aus Zweckmäßigkeitsgründen mit der Durchführung einzelner Ermittlungen bei einem Anfangsverdacht einer Straftat im Sinne des § 4 Abs. 1 oder bei Ermittlungen gemäß § 4 Abs. 4 beauftragt werden können bzw. an solche die Durchführung von Ermittlungen bei Straftaten im Sinne des § 4 Abs. 1 bei fehlendem öffentlichem Interesse übertragen werden kann. Im besonders sensiblen Bereich der Misshandlungsvorwürfe nach § 4 Abs. 5 soll dies mit Blick auf die Zielsetzung der gegenständlichen Gesetzesänderung jedoch nur ausnahmsweise, nämlich bei kriminaltechnischen Untersuchungen, der Tatortarbeit sowie bei einzelnen, unaufschiebbaren Beweissicherungs- und Ermittlungsmaßnahmen möglich sein. Kriminaltechnische Untersuchungen, wie etwa von sichergestellten Spuren, die Analyse von Textilien, Fasern, Fingerabdrücken oder Explosionsrückständen, oder Gegenständen, wie bspw. Schusswaffen und Geschoßen, aber auch die Analyse von Tatorten erfordern ein sehr spezifisches Fachwissen. Um einerseits eine zeitgerechte und professionelle Ermittlungsarbeit sicherzustellen und anderseits die Duplizierung von bereits innerhalb der Sicherheitsbehörden bestehender kriminaltechnischer Expertise zu vermeiden, soll eine Übertragung dieser einzelnen Ermittlungshandlungen durch die Ermittlungs- und Beschwerdestelle an dafür spezialisierte Einheiten ermöglicht werden.

Bei der Änderung des § 6 Abs. 1 handelt es sich um die erforderlichen redaktionellen Anpassungen.

Zu § 7:

Um die erforderliche Unabhängigkeit im Sinne der grund- und verfassungsrechtlichen Verpflichtungen sowie der internationalen Standards vollumfänglich sicherzustellen, haben Weisungen im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Ermittlungs- und Beschwerdestelle nicht nur schriftlich und begründet zu erfolgen, sondern sind zudem dem neu einzurichtenden Beirat (§ 9a) zu übermitteln. Auch andere bedeutsame Vorgänge (z. B. Dienstbesprechungen) und Vorbringen von Personen sind schriftlich festzuhalten, sodass ihr wesentlicher Inhalt nachvollzogen werden kann (§ 16 AVG; § 95 StPO).

Zu § 8 Abs. 4:

Sollten Gründe vorliegen, die volle Unbefangenheit eines Mitglieds der Rechtsschutzkommission in Zweifel zu ziehen, so hatte sich dieses bislang des Einschreitens in der Sache zu enthalten. Um aber auch in diesen Fällen das Sechs-Augen-Prinzip zu wahren, hat an Stelle des betroffenen Mitglieds ein Stellvertreter des Rechtsschutzbeauftragten (§ 91a SPG) einzuschreiten. Dies gilt gleichermaßen für den Fall der Verhinderung eines Mitglieds der Rechtsschutzkommission.

Zu §§ 9a, 9b, 9c und 9d samt Überschriften:

Zu § 9a: Zum Zweck der Sicherstellung der gesetzmäßigen Aufgabenerfüllung (Art. 20 Abs. 2 Z 2 B-VG) der Ermittlungs- und Beschwerdestelle soll beim Bundesminister für Inneres ein unabhängiger und weisungsfreier Beirat Ermittlungs- und Beschwerdestelle (Beirat) eingerichtet werden. Durch die Etablierung des Beirats wird ein besonderer Fokus auf den Schutz der rechtsstaatlich-demokratischen Grundordnung gelegt. Ihm obliegt unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der Grund- und Menschenrechte die begleitende strukturelle Kontrolle der Tätigkeit der Ermittlungs- und Beschwerdestelle, um systemische Mängel aufzuzeigen und bestehenden Optimierungsbedarf der Organisation zu erkennen. Die strukturelle Kontrolle umfasst insbesondere die strategische Prüfung der ausreichenden Ausstattung und des wirtschaftlichen Einsatzes von Personen- und Sachressourcen, der laufenden Ausbildung der eingesetzten Bediensteten, der eingerichteten Instrumente zur Qualitätssicherung, der fortlaufenden Organisations- und Personalentwicklung und der grundlegenden Ablauf- und Kommunikationsprozesse.

Nicht von den Aufgaben des Beirats umfasst ist die Aufklärung von Vorwürfen iSd § 9 Abs. 1 betreffend die Tätigkeit der Ermittlungs- und Beschwerdestelle. Diese kommt ausschließlich der Rechtsschutzkommission zu (§§ 8 f). Weiters nicht umfasst sind Angelegenheiten und Ermittlungen, die der Kontrolle durch die Staatsanwaltschaften oder Gerichte sowie dem besonderen Rechtsschutz einer sonstigen Rechtsschutzeinrichtung unterliegen. So bleiben beispielsweise die Zuständigkeiten der Volksanwaltschaft (Art. 148a Abs. 3 B-VG) unberührt.

Der Beirat kann entweder aus eigenem tätig werden oder über konkretes Ersuchen des Bundesministers für Inneres oder des Direktors. Die Entscheidung, ob der Beirat im Einzelfall aufgrund eines Ersuchens tätig wird, obliegt jedoch diesem. Wird im Zuge der Kontrolle ein Optimierungsbedarf festgestellt, können Empfehlungen an diese herangetragen werden, um Verbesserungen unmittelbar und anlassbezogen vornehmen zu können. Die Empfehlungen sind unter Einhaltung der Voraussetzungen nach § 9d Abs. 2 vom Beirat zu veröffentlichen.

Der Beirat soll aus einem Vorsitzenden, dessen Stellvertreter und sieben weiteren Mitgliedern sowie sieben Ersatzmitgliedern (Beiratsmitglieder) bestehen. Der Vorsitzende und sein Stellvertreter müssen besondere Kenntnisse auf dem Gebiet der Grund- und Menschenrechte aufweisen und das Studium der Rechtswissenschaften abgeschlossen haben. Die Beiratsmitglieder sind vom Bundesminister für Inneres auf die Dauer von sieben Jahren zu bestellen, wobei Wiederbestellungen zulässig sind. Dabei kommt das Vorschlagsrecht betreffend den Vorsitzenden und dessen Stellvertreter dem Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs sowie betreffend je ein Mitglied und ein Ersatzmitglied dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag, der Österreichischen Ärztekammer und der Österreichischen Universitätenkonferenz zu. Das Vorschlagsrecht für zwei weitere Mitglieder und Ersatzmitglieder kommt jeweils einer von zwei vom Bundesminister für Inneres bzw. der Bundesministerin für Justiz bestimmten, privaten gemeinnützigen Einrichtung, die sich der Wahrung der Grund- und Menschenrechte oder der Opferrechte widmet, zu. Hiermit soll sichergestellt werden, dass auch die Tätigkeit des Beirats unter Einbeziehung multiprofessioneller Expertise erfolgt. Darüber hinaus haben sich die vorschlagsberechtigten Einrichtungen um eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter und eine plurale sowie diverse Zusammensetzung des Beirats zu bemühen.

Zum Beiratsmitglied darf nicht bestellt werden, wer in den letzten zwölf Jahren Direktor oder Stellvertreter des Bundesamts war. Außerdem dürfen Personen nicht bestellt werden, die vom Amt eines Geschworenen oder Schöffen gemäß §§ 2 und 3 Z 1 bis 4 und 7 des Geschworenen- und Schöffengesetzes 1990 – GSchG, BGBl. Nr. 256/1990, ausgeschlossen oder zu diesem nicht zu berufen sind. Sehr wohl bestellt werden können somit Richter, Staatsanwälte, Notare, Rechtsanwälte, die Anwärter dieser Berufe, andere in die Verteidigerliste eingetragene Personen und hauptamtlich tätige Bewährungshelfer sowie Bedienstete der Bundesministerien für Inneres und für Justiz sowie deren nachgeordneter Bundesdienststellen und Angehörige eines Gemeindewachkörpers (vgl. § 3 Z 5 und 6 GSchG).

Die Regelungen zum Bestellungsende, zu Befangenheiten sowie zur Personal- und Sachausstattung entsprechen weitgehend den Bestimmungen für den Rechtsschutzbeauftragten beim Bundesminister für Inneres (vgl. § 91b SPG), der Rechtsschutzkommission beim BAK (§ 8 BAK-G) sowie der Kontrollkommission (§ 17b SNG). Für ihre Tätigkeit haben die Beiratsmitglieder einen Anspruch auf eine dem Zeit- und Arbeitsaufwand entsprechende Vergütung. Dazu ist der Bundesminister für Inneres ermächtigt eine Verordnung zu erlassen, in der die Pauschalsätzen für die Bemessung dieser Vergütung – ähnlich der Rechtsschutzbeauftragten- Entschädigungsverordnung – festgesetzt werden.

Entsprechend § 15 Abs. 6 Volksanwaltschaftsgesetz 1982 – VolksanwG, BGBl. Nr. 433/1982, kann der Bundesminister für Inneres auf Vorschlag des Vorsitzenden oder seines Stellvertreters ein Beiratsmitglied vorzeitig abberufen, wenn es auf Grund seiner gesundheitlichen Verfassung die mit seiner Funktion verbundenen Aufgaben nicht mehr erfüllen kann oder wenn es die mit seiner Funktion verbundenen Pflichten grob verletzt hat oder dauernd vernachlässigt; eine solche grobe Pflichtverletzung liegt etwa in einem Verstoß gegen die den Beiratsmitgliedern auferlegte Pflicht zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit. Darüber hinaus hat der Bundesminister für Inneres – auch ohne Vorschlag des Vorsitzenden oder seines Stellvertreters – ein Beiratsmitglied vorzeitig abzuberufen, wenn bei diesem eine Ernennungsvoraussetzung (vgl. § 9a Abs. 6 und 9) wegfällt.

Aufgrund der mit der Tätigkeit des Beirats verbundenen umfassenden Informationsrechte (§ 9c Abs. 3) hat sich jedes Beiratsmitglied vor Beginn der Tätigkeit einer Sicherheitsüberprüfung für den Zugang zu vertraulicher Information gemäß § 55 Abs. 3 Z 1 SPG zu unterziehen, die alle drei Jahre zu wiederholen ist. Liegen Gründe vor, die an der Vertrauenswürdigkeit eines Beiratsmitglieds zweifeln lassen, dann ist die Sicherheitsüberprüfung bereits vor Ablauf dieser Frist zu wiederholen.

Beschlussfähig ist der Beirat, wenn der Vorsitzende oder sein Stellvertreter und zumindest vier weitere Beiratsmitglieder anwesend sind. Als anwesend gilt ein Beiratsmitglied auch dann, wenn es unter Verwendung eines technischen Kommunikationsmittels zur Wort- und Bildübertragung (etwa mittels Videotelefonie) an der Sitzung teilnimmt. Entscheidungen werden mit einfacher Mehrheit getroffen, wobei eine Stimmenthaltung unzulässig ist. Befangene Beiratsmitglieder gelten weder als anwesend noch als stimmfähig. Die sonstigen Regelungen zur Organisation sind in einer Geschäftsordnung festzulegen.

Zu § 9b: Daneben soll der Beirat auch als Anlaufstelle für Meldungen betreffend Misshandlungsvorwürfe (§ 4 Abs. 5) dienen. Er hat diese postalisch oder per E-Mail entgegenzunehmen und unverzüglich der Ermittlungs- und Beschwerdestelle zur Behandlung zuzuleiten. Die dafür erforderliche – auch technische – Infrastruktur, welche sowohl die anonyme als auch die namentlich bekannte Abgabe von Hinweisen ermöglicht, wird sicherzustellen sein. Der Beirat erfüllt dabei weder sicherheits- oder kriminalpolizeiliche, noch dienst- oder disziplinarbehördliche Aufgaben (§ 9c Abs. 5).

Zu § 9c: Die Beiratsmitglieder sollen nach dem Vorbild des Rechtsschutzbeauftragten beim Bundesminister für Inneres gem. § 91a Abs. 1 SPG wie auch des (vormaligen) Menschenrechtsbeirats gem. § 15c Abs. 3 SPG idF vor BGBl. I Nr. 1/2012 und der Unabhängigen Kontrollkommission Verfassungsschutz gem. § 17a SNG bei der Besorgung ihrer Aufgaben unabhängig und weisungsfrei sein. Die Weisungsfreistellung wird dabei auf Art. 20 Abs. 2 Z 2 B-VG gestützt. Sie unterliegen der Amtsverschwiegenheit sowie den sonstigen Geheimhaltungspflichten, die im Zusammenhang mit der Wahrnehmung der Tätigkeit der Ermittlungs- und Beschwerdestelle zur Anwendung kommen. Dies umfasst insbesondere die Anwendung der Bestimmungen des InfoSiG, der InfoSiV und der Geheimschutzordnungen. Darüber hinaus sollen sie – ebenso wie die Volksanwaltschaft bzw. die Mitglieder ihrer Kommissionen, die Mitglieder und Ersatzmitglieder des (vormaligen) Menschenrechtsbeirats nach § 20 VolksanwG bzw. die Mitglieder der Unabhängigen Kontrollkommission Verfassungsschutz nach § 17a Abs. 4 SNG – nicht verpflichtet sein, die Identität einer Auskunftsperson preiszugeben. Zweck dieser Regelung ist der Schutz der Vertraulichkeit von Informanten, damit potentielle Auskunftspersonen nicht abgeschreckt werden, Informationen zuzuliefern oder Auskunft an den Beirat zu erteilen.

Der Beirat ist bei seiner Tätigkeit zur strukturellen Kontrolle im Rahmen des § 9a Abs. 1 durch das Bundesamt jederzeit zu unterstützen. Diese Unterstützungspflicht trifft grundsätzlich alle Bediensteten. Als monokratisch organisierte Organisationseinheit des Bundesamts ist hierbei jedoch die innerorganisatorische Weisungskette einzuhalten, sodass Anfragen des Beirats grundsätzlich an den Direktor bzw. seinen Stellvertreter zu richten sind.

Die Ermittlungs- und Beschwerdestelle hat dem Beirat darüber hinaus jederzeit in alle zur Wahrnehmung der strukturellen Kontrollaufgabe erforderlichen Unterlagen und Aufzeichnungen technikneutral – somit unabhängig davon, ob Unterlagen oder Aufzeichnungen analog oder digital verarbeitet sind – Einblick zu gewähren. Auf Verlangen sind auch Abschriften (Ablichtungen) einzelner Aktenstücke unentgeltlich sowie mündliche oder schriftliche Auskünfte zu erteilen. Dabei kann dem Beirat gegenüber keine Amtsverschwiegenheit geltend gemacht werden. Ausgenommen sind Auskünfte und Unterlagen über die Identität von Personen oder über Quellen sowie Abschriften (Ablichtungen), wenn das Bekanntwerden der jeweiligen Information die nationale Sicherheit oder die Sicherheit von Menschen gefährden würde. An den nicht nur in Art. 52a und Art. 148b B-VG, sondern auch in den Art. 8 Abs. 2, Art. 10 Abs. 2 oder Art. 11 Abs. 2 EMRK genannten Begriff der „nationalen Sicherheit“ wird ein besonders hoher Maßstab anzulegen sein. So liegt im Sinne der Rechtsprechung des EGMR die Gefährdung der nationalen Sicherheit regelmäßig erst bei einem erheblichen Grad der Gefährdung von sicherheitspolizeilichen oder militärischen Interessen vor, etwa bei Gefährdung des Bestandes des demokratischen oder rechtsstaatlichen Systems bzw. der zu dessen Aufrechterhaltung dienenden Instrumentarien (vgl. Hauer, Die Polizeizwecke der Grundrechtsschranken der Europäischen Menschenrechtskonvention, in Grabenwarter/Thienel [Hrsg.], Kontinuität und Wandel der EMRK [1998], 115 [131]; Handstanger in Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 5. Lfg. [2002], Art. 52a Rz. 13). Eine Berufung auf die nationale Sicherheit wird daher nur in seltenen Fällen in Betracht kommen (vgl. Gusy/Ziegler, Menschenrechtsfragen elektronischer Personenüberwachung, JRP 1996, 193 [198 mwN FN 32]; Vogl, Der Rechtsschutzbeauftragte in Österreich [2004], S. 91). Im Übrigen ist die Übermittlung personenbezogener Daten nur zulässig, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben des Beirats unbedingt erforderlich ist; dabei sind angemessene Vorkehrungen zur Wahrung der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen zu treffen. Enthalten Unterlagen oder Aufzeichnungen Daten, die auf Grundlage der StPO ermittelt wurden, hat die Ermittlungs- und Beschwerdestelle zuvor die Staatsanwaltschaft oder das Gericht zu befassen. Die Befassung dient der Durchführung der nach § 76 Abs. 4 StPO erforderlichen Interessenabwägung durch die Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht. Nur mit deren Zustimmung ist eine Übermittlung der Daten an den Beirat zulässig. Für alle dem Beirat nach diesem Bundesgesetz übermittelte Daten, wie insbesondere Weisungen nach § 7, Abschriften bzw. Ablichtungen besteht nach Berichterstattung gemäß § 9d Abs. 1 eine Löschungsverpflichtung. Mangels ausdrücklicher Rechtsgrundlage sind Weiterverarbeitungen der Daten, wie z. B. Übermittlungen, nicht zulässig; im Übrigen gelten die Bestimmungen und Vorgaben der DSGVO bzw. des DSG.

Um wahrgenommene Mängel schnellstmöglich beseitigen zu können, ist ein Informationsaustausch mit dem Direktor sowie dem Leiter der Ermittlungs- und Beschwerdestelle wesentlich. Dieser soll zumindest halbjährlich, bei Bedarf auch öfters erfolgen.

Der Beirat erfüllt weder sicherheits- oder kriminalpolizeiliche, noch dienst- oder disziplinarbehördliche Aufgaben.

Zu § 9d: Über die Aufgabenwahrnehmung und Empfehlungen des Beirats hat dieser jährlich dem Bundesminister für Inneres einen Bericht zu erstatten, wobei dieser den Bericht an den Ausschuss für innere Angelegenheiten zu übermitteln hat. Der Inhalt dieses Berichts hat in den Sicherheitsbericht einzufließen und ergänzt diesen solcherart um die bestehende Berichtspflicht der Sicherheitsbehörden über die Tätigkeiten und Wahrnehmungen des Bundesamtes nach § 93 Abs. 2 letzter Satz SPG. Darüber hinaus kann der Beirat gemäß Abs. 2 über seine Tätigkeiten jederzeit dem Bundesminister für Inneres berichten. Sofern er es für geboten erachtet, kann er zudem der Öffentlichkeit berichten. Auch sind seine Empfehlungen (§ 9a Abs. 2) zu veröffentlichen. Die Veröffentlichungen des Beirats sind nur insoweit gesetzlich beschränkt, als die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen dabei zu wahren sind und diese die Ermittlungstätigkeit der Ermittlungs- und Beschwerdestelle nicht konterkarieren dürfen. Aus diesem Grund sind Berichte an die Öffentlichkeit oder Veröffentlichungen von Empfehlungen so lange zu unterlassen, als diese den Zweck laufender Ermittlungen der Ermittlungs- und Beschwerdestelle gefährden.

Zu § 12:

In § 12 erfolgt eine sprachliche Anpassung nach dem Vorbild des SPG und anderer Materiengesetze.

Zu § 13 Abs. 8:

Es handelt sich um die Inkrafttretensbestimmung. Für die faktische Implementierung der Ermittlungs- und Beschwerdestelle Misshandlungsvorwürfe als eine eigene Organisationseinheit innerhalb des BAK soll ausreichend Zeit zur Verfügung gestellt werden. Diesem Zweck dient die sechsmonatige Legisvakanz.

Zu § 16:

Es handelt sich neben der erforderlichen Anpassung der Nummerierung um die notwendige Ergänzung der Vollziehungsbestimmung aufgrund der in § 2 Abs. 6 künftig vorgesehenen Zuständigkeit des für den öffentlichen Dienst zuständigen Bundesministers.