2105 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP
Bericht
des Verfassungsausschusses
über den Antrag 3204/A(E) der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Endlich einen Prozess zum ORF mit der Zivilgesellschaft aufsetzen!
Die Abgeordnete Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 1. März 2023 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„Seit Jahrzehnten ist der ORF Spielball der wechselnden Regierungen. Wenn eine Änderung im ORF-Gesetz herbeigeführt wird, dann meist, um sich noch mehr Zugriff zu sichern oder unliebsame Genealdirektor:innen auszubremsen. Nun zwingt jedoch ein VfGH-Erkenntnis betreffend der verpflichtenden Schließung der Streaminglücke, die Bundesregierung, eine neue Finanzierungsform für den Öffentlich-Rechtlichen zu implementieren. Zwischen dem VfGH-Erkenntnis und der Präsentation einer Überschrift verstrichen fast sieben Monate. In diesen sieben Monaten wurde weder an einer Digitalnovelle gearbeitet, die den ORF in die digitale Moderne führen soll, noch an einer Gremienreform, die den ORF ein Stück weit entpolitisiert. Dies stünde nicht im Regierungsübereinkommen, ließ die Medienministerin ausrichten.
Über diese und viele weitere Themen wird bis heute keine Debatte geführt. Stattdessen wird dem Generaldirektor von der zuständigen Ministerin medial ausgerichtet, dass ein ‚ORF-Rabatt‘ erwartet werde, also Sparmaßnahmen vorgelegt werden müssen. Ehe wir jedoch überhaupt wissen können, wie ein potentieller Budgetbedarf des ORF aussieht, müssen wir uns als Gesellschaft im Klaren darüber werden, wofür der Öffentlich-Rechtliche da ist. Gemeinsam müssen wir uns darauf verständigen, wie sich der öffentlich-rechtliche Auftrag gestaltet. Wie ein solcher Auftrag aussehen könnte, ist aber zuallererst keine Frage von Sparmaßnahmen, sondern eine zutiefst inhaltliche und in weiterer Folge strukturelle Frage.
Wer nur über die Finanzierung spricht, die grundsätzliche Frage nach der Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Auftrags aber ebenso ausklammert, wie eine Gremienreform, drückt sich vor essentiellen Schritten. Klar ist: Ehe die Finanzierungsfrage besprochen wird, muss über den öffentlich-rechtlichen Auftrag und die dafür notwendigen Strukturen diskutiert werden. Dafür brauchen wir einen breit aufgestellten Prozess, in den die österreichische Zivilgesellschaft aktiv eingebunden wird.
Dem ORF kommt in der österreichischen Medienlandschaft eine Sonderstellung zu und genau diese muss man im 21. Jahrhundert nun eben in diesem Prozess neu definieren.“
Der Verfassungsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 20. Juni 2023 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Henrike Brandstötter die Abgeordneten Mag. (FH) Kurt Egger, Alois Stöger, diplômé, Christian Hafenecker, MA, Mag. Eva Blimlinger, Mag. Christian Drobits, Petra Steger und Karl Schmidhofer sowie die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab.
Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: S, N, dagegen: V, G, F).
Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.
Wien, 2023 06 20
Mag. Michaela Steinacker Mag. Jörg Leichtfried
Berichterstattung Obmann