2136 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP
Bericht
des Tourismusausschusses
über den Bericht des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft betreffend Tourismus in Österreich 2022 (III-961 der Beilagen)
Tourismus im Jahr 2022 – ein eindrucksvolles Comeback
Der österreichische Tourismus hat die herausfordernde COVID-19-Pandemie in den vergangenen Jahren gut gemeistert. Auch wenn die heimische Tourismuswirtschaft wie kaum ein anderer Sektor von der Pandemie betroffen war, hat das Urlaubsland Österreich seine Attraktivität beibehalten können. Der vorliegende Tourismusbericht 2022 zeigt, dass die positiven Erwartungen an das Jahr 2022 teilweise sogar übertroffen wurden. Es wurden 137 Millionen Nächtigungen gezählt – trotz schwieriger Rahmenbedingungen, wie dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine, den hohen Energiepreisen und der Inflation. Die Nächtigungen der Österreicherinnen und Österreicher haben nahezu wieder das Vorkrisenniveau erreicht, die Anzahl der Nächtigungen der ausländischen Gäste hat sich im Vergleich zum Jahr 2021 verdoppelt und liegt somit nur noch um 13,1 Prozent hinter dem Referenzjahr 2019. Dies ist insbesondere bemerkenswert, da Gäste aus Asien aufgrund bestehender Reisebeschränkungen im Jahr 2022 Europa nur sehr eingeschränkt besuchen konnten.
Verantwortlich für das erfolgreiche Comeback waren vor allem vier Faktoren: die Unternehmerinnen und Unternehmer, die immer an die Zukunft des Tourismus geglaubt haben und ihre familiengeführten Betriebe entschlossen und mit viel persönlichem Einsatz durch die Krise geführt haben. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die der Tourismusbranche die Treue gehalten haben. Die Positionierung Österreichs als verlässliches und sicheres Urlaubsland, das auch in herausfordernden Zeiten schöne und nachhaltige Urlaubserlebnisse bietet, und schlussendlich die notwendigen Unterstützungsmaßnahmen, die das Weiterbestehen vieler Betriebe während der Krisenjahre ermöglicht haben.
Dennoch steht der österreichische Tourismus auch weiterhin vor Herausforderungen. Das Wachstum der Branche, vor allem in Richtung Qualitätstourismus, bedeutet auch einen erhöhten Arbeitskräftebedarf. Die Suche nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist in allen Branchen und im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum schwieriger geworden, klein- und mittelständische Betriebe abseits der Ballungszentren sind besonders gefordert. Um hier zu unterstützen, wurden zahlreiche Initiativen auf betrieblicher und regionaler Ebene zur Attraktivierung von Arbeit im Tourismus gestartet. Auf Bundesebene wurden Maßnahmen wie die Erhöhung der Saisonkontingente, Anpassungen und Erleichterungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte oder Modernisierungsinitiativen bei der Ausbildung gesetzt. Mit den Branchenvertretungen und Sozialpartnern wird darüber hinaus an weiteren Verbesserungen der Arbeitsbedingungen gearbeitet. Durch das Zusammenspiel all dieser Initiativen wird die Arbeit im Tourismus in Österreich auch für die aus dem Ausland benötigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Fachkräfte wie Hilfskräfte, noch attraktiver gestaltet.
Darüber hinaus ist eine intakte Umwelt die Basis für einen nachhaltig erfolgreichen Tourismus. Der Tourismus ist sich hier seiner Verantwortung für die Umwelt und das Klima sehr bewusst – aus Überzeugung und nicht nur, weil es die Gäste verlangen. Dies bestätigt auch eine Analyse des Umweltbundesamtes, nach welcher der Energieverbrauch im Tourismus für nur 1,6 Prozent des gesamten österreichischen Energieverbrauchs verantwortlich ist. Zusätzlich wird das touristische Angebot auch weiter angepasst, beispielsweise ist der Urlaub mit dem Rad bereits zu jeder Jahreszeit sehr gefragt. Vom Wintersport geht der Trend zum Wintererlebnis, wobei Skifahren in Österreich immer ein wesentliches Element bleiben wird. Es wurden und werden auch weitere Angebote für eine klimafreundliche Anreise entwickelt, besonders an der Mobilität im Urlaubsort wird in vielen Regionen erfolgreich gearbeitet. Der Einsatz nachhaltiger Energieträger ist seit Jahren ein Schwerpunkt bei Investitionen und oftmals sind es gerade die Tourismusunternehmen, die hier Vorreiter sind. Entlang des Masterplans für Tourismus wurde auch die gewerbliche Tourismusförderung auf neue Beine gestellt: Mit dem Fokus auf Resilienz sowie auf ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit setzt der Plan T die richtigen zukunftweisenden Schwerpunkte und mit der neuen gewerblichen Tourismusförderung werden nun vor allem nachhaltig ausgerichtete Investitionen verstärkt gefördert.
Die Tourismusbranche steht für die österreichische Kultur, Kulinarik und Gastfreundschaft. Mit einem direkten und indirekten BIP-Anteil von 6,2 Prozent bringt der Tourismus Wertschöpfung und Wohlstand in die Regionen und bietet in der Hochsaison für über 230.000 Beschäftigte einen sicheren und sinnstiftenden Arbeitsplatz. Eine erfolgreiche Zukunft im heimischen Tourismus wird aber vor allem davon abhängen, ob es geschafft wird, Qualitätstourismus auf allen Ebenen und eine hohe Tourismusakzeptanz, durch ein gutes Miteinander von Gästen, Unternehmen, Beschäftigen und den Menschen in den Regionen, zu entwickeln.
„Plan T – Masterplan für Tourismus“ wird umgesetzt
Unter Berücksichtigung der ökonomischen, sozialen und ökologischen Dimension verfolgt der Bund seit Jahren den Weg der nachhaltigen Entwicklung des Tourismussektors. Durch viele Initiativen soll gemeinsam mit allen Stakeholder/innen Österreich – wie im Plan T festgehalten – zu einer der nachhaltigsten Tourismusdestinationen weltweit werden. Um dieses Ziel zu erreichen, arbeitet das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) an zahlreichen nationalen und internationalen Projekten und Themen.
Tourismusbilanz 2022
Nach den Lockdown-geprägten Pandemiejahren 2020 und 2021 liefen die meisten einschränkenden Maßnahmen in den ersten Monaten 2022 schrittweise aus, so dass sich die touristische Nachfrage im Jahresdurchschnitt stark erholte und mit insgesamt 136,9 Mio. Nächtigungen und 39,8 Mio. Gästeankünften um 72,1 % bzw. 79,7 % über den Vergleichswerten des Vorjahres lag. Damit verringerte sich der Rückstand auf das Vorkrisenniveau von 2019 auf 10,3 % (Nächtigungen) bzw. 17,8 % (Ankünfte). Vor allem die internationalen Gäste kehrten 2022 verstärkt zurück – ihre Nächtigungsnachfrage verdoppelte sich gegenüber 2021 in etwa (–13,1 % zu 2019) – aber auch der Binnentourismus legte im Vorjahresvergleich um ein knappes Drittel zu, womit beinahe schon wieder das Vorkrisenniveau erreicht wurde (–2,7 %). Die Gewichtung der beiden Gästesegmente ähnelte mit 71,6 % (Ausland) zu 28,4 % (Inland) erstmals wieder dem präpandemischen Verhältnis (2019 73,8 % zu 26,2 %), nachdem 2021 der Binnennächtigungsanteil auf 37,2 % angestiegen war.
Aus saisonaler Perspektive bestimmte insbesondere die starke Dynamik in den Sommermonaten (Ankünfte Ø +27,3 %, Nächtigungen Ø +17,2 % gegenüber Sommer 2021) das Jahresergebnis 2022: Von Mai bis Oktober wurden mit 24 Mio. Ankünften und 77,9 Mio. Nächtigungen 60,3 % bzw. 56,9 % des jährlichen Gesamtaufkommens erzielt. Der heimische Sommertourismus erholte sich damit im Vergleich zu 2019 beinahe vollständig (Ankünfte –6,2 %, Übernachtungen –1,4 %), bei inländischen Gästen wurden in der Saison 2022 sogar neue Höchstwerte verzeichnet (+2,1 % bei Ankünften und +4,4 % bei Nächtigungen zu den bisherigen Rekordmarken von 2019).
Zum Jahresende hin dürften wohl die gestiegenen Lebenshaltungskosten der Haushalte (u. a. Heizen), die zunehmende Teuerung auch bei touristischen Angeboten, sowie die generelle Tendenz, eher auf einen Urlaub im Winter als im Sommer zu verzichten, die Reiselust wieder etwas gedämpft haben (November und Dezember 2019/2022 Ø –10,2 %).
Zukunftsgerichtetes Indikatorensystem
Im Plan T – Masterplan für Tourismus ist die Erarbeitung eines neuen zukunftsgerichteten Indikatorensystems verankert, welches alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit abbilden und somit eine gesamthafte Betrachtung der Entwicklung des Tourismus ermöglichen soll. Dieses neue Indikatorensystem wurde erstmals im Tourismusbericht 2019 veröffentlicht und bildet auch die Struktur für den nun vorliegenden Bericht.
Der Fokus liegt dabei weiterhin auf dem Tourismus-Satellitenkonto (TSA). Mit diesem wird die Wertschöpfung errechnet und die monetäre Größenordnung der Tourismuswirtschaft sichtbar. Das TSA bildet nicht nur den Nächtigungstourismus, sondern auch den Tagestourismus ab und zeigt die Verflechtung des Tourismus mit anderen Wirtschaftssektoren. Basierend auf TSA-Berechnungen können die Gesamtausgaben auf verschiedene Kategorien aufgeteilt werden, was die Vielschichtigkeit der Verbundwirtschaft Tourismus verdeutlicht. Aufgrund der Datenbasis kann das TSA nur mit einem Jahr Verzögerung berechnet werden. In diesem Bericht werden auch TSA-Schätzungen für das Jahr 2022 verwendet.
Daneben gibt es in jeder der drei Dimensionen wieder folgende Auswahl an Indikatoren, die die Entwicklung der Branche in diesem Bereich abbilden:
- Wirtschaftliche Indikatoren: Volkswirtschaftliche Bedeutung, Preisliche Wettbewerbsfähigkeit, Pro-Kopf-Einnahmen im internationalen Tourismus, RevPAR – Revenue Per Available Room, Fiktive Entschuldungsdauer, Ankünfte, Nächtigungen, Aufenthaltsdauer
- Ökologische Indikatoren: Energiemix, Anteil erneuerbarer Energieträger, Energieverbrauch pro Nächtigung, Österreichisches Umweltzeichen
- Soziokulturelle Indikatoren: Beschäftigung, Gästezufriedenheit, Tourismusakzeptanz
Im Kern bleibt dieses Indikatorensystem auch zukünftig erhalten, wurde aber heuer zum Beispiel durch die Indikatoren Österreichisches Umweltzeichen und Preisliche Wettbewerbsfähigkeit ergänzt.
Österreichische Hotel- und Tourismusbank
Die OeHT steht im Eigentum der Oesterreichischen Kontrollbank AG (OeKB) und der Raiffeisen Bank International AG (RBI) bzw. mehrerer Raiffeisen Landesbanken und wickelt für das BMAW die gewerbliche Tourismusförderung ab. Im Fokus der Tourismusförderungen stehen dabei familiengeführte Klein- und Mittelbetriebe der österreichischen Tourismus- und Freizeitbranche. Das Produktportfolio der OeHT besteht insbesondere aus geförderten Krediten, Haftungen in Form von Risikoübernahmen des Bundes und Zuschüssen.
2022 konnte die OeHT mit einem Budget des BMAW von 24,5 Mio. Euro ein Investitionsvolumen von 590 Euro unterstützen bzw. ermöglichen. Darüber hinaus wickelt die OeHT die Tourismuskredite des ERP-Fonds mit einem jährlichen Gesamtbudget von rund 60 Mio. Euro ab. Die OeHT hat ihren Sitz in Wien und beschäftigte per Jahresende 2022 rund 50 Mitarbeiter/innen.
Österreich Werbung
Als nationale Tourismusorganisation begeistert die Österreich Werbung (ÖW) weltweit für Österreich und informiert die Branche über aktuelle Entwicklungen auf den wichtigsten Herkunftsmärkten. Gemeinsam mit allen Partner/innen im Tourismus sorgt sie für den Erhalt und den Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit des Tourismuslandes Österreich.
Seit 1955 lautet die unveränderte Vereinsaufgabe, das Urlaubsland Österreich zu bewerben. Mit ihren 21 Standorten bearbeitet die ÖW aktuell 27 Herkunftsmärkte und in Zusammenarbeit mit der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA weitere acht Potenzialmärkte. Ihr weltweites Netzwerk und das Wissen über lokale Entwicklungen ermöglicht der Österreich Werbung, ihr Marketing laufend zu optimieren. Das Know-how ihrer internationalen Expert/innen trägt die ÖW in die Branche, getreu dem Unternehmenszweck: Nutzen stiften für die Branche.
Die Erfolgsgeschichte fortsetzen!
Nach den Corona-Jahren, den neuen Herausforderungen am Arbeitsmarkt und im Spannungsfeld von Nachhaltigkeit und Digitalisierung ist klar: Veränderung ist die neue Realität. Der heimische Tourismus hat in den letzten Jahren bewiesen, dass er schnell auf Veränderungen reagieren kann und hat damit ein eindrucksvolles Comeback geschafft. Gemeinsam wird die Bundesregierung, genauso wie die Unternehmer/innen, Stakeholder/innen und Mitarbeiter/innen der Tourismusbranche auch die aktuellen Herausforderungen weiter meistern.
Die Voraussetzungen dafür sind gut: Die Reiselust der Gäste ist ungebrochen und die Prognosen des WIFO sehen deutliche Wachstumsraten im Tourismus. Was jetzt weiterhin gebraucht wird, sind Mut, Zuversicht und Engagement, sowie ein tourismuspolitisches Verständnis aller, um die Rahmenbedingungen laufend an die Veränderungen anzupassen. So wird auch die Erfolgsgeschichte des österreichischen Tourismus fortgesetzt werden können.
Der Tourismusausschuss hat den gegenständlichen Bericht in seiner Sitzung am 22. Juni 2023 in Verhandlung genommen. Gemäß § 40 Abs. 1 GOG-NR beschloss der Ausschuss einstimmig, die Experten Mag. Dr. Oliver Fritz, MSc, Dr. Peter Laimer, Dr. Christian Bosch und Thomas Reisenzahn beizuziehen.
Vor Schluss der Debatte beschloss der Ausschuss gemäß § 28b Abs. 4 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates einstimmig, den vorliegenden Bericht aus wichtigen Gründen nicht endzuerledigen.
An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Franz Hörl im Anschluss an einleitende Stellungnahmen der Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft Mag. Susanne Kraus-Winkler sowie der Experten Mag. Dr. Oliver Fritz, MSc, Dr. Peter Laimer, Dr. Christian Bosch und Thomas Reisenzahn die Abgeordneten Mag. Julia Seidl, Thomas Spalt, Melanie Erasim, MSc, Barbara Neßler, Christian Ries, Mag. Dr. Rudolf Taschner, Nikolaus Prinz, Ing. Reinhold Einwallner, Dr. Astrid Rössler, Michael Seemayer, Gabriele Heinisch-Hosek, David Stögmüller und Rebecca Kirchbaumer sowie der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Gerald Hauser. Die Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft Mag. Susanne Kraus-Winkler und die Experten beantworteten die an sie gerichteten Fragen.
Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des gegenständlichen Berichtes zu empfehlen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der
Tourismusausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle den Bericht
des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft betreffend Tourismus in
Österreich 2022
(III-961 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.
Wien, 2023 06 22
Franz Hörl Mag. Gerald Hauser
Berichterstattung Obmann