2142 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über den Antrag 1412/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Österreich braucht endlich ein Wagniskapitalfonds-Gesetz

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 24. März 2021 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„In Österreich haben Unternehmen aufgrund des schwach entwickelten Kapitalmarkts nur wenige Alternativen zur Finanzierung durch Kreditinstitute. In dem von der Fremdmittelfinanzierung dominierten österreichischen Finanzierungssystem würde Risikokapitalfinanzierung in Form von Wagniskapitalfonds eine ausreichende Versorgung der Wirtschaft mit Risikokapital sicherstellen und den Kapitalmarkt vervollständigen.

Selbst Vertreter_innen aus dem Bankenbereich halten es für notwendig, die Finanzierungsbasis nicht-börsennotierter österreichischer Unternehmen zu verbreitern und privaten Anleger_innen die Möglichkeit zu geben, in das Wachstum der heimischen Wirtschaft zu investieren. Das wäre auch ohne Krise wichtig gewesen, wird aber nun umso dringender, da über ergänzende Finanzierungsmöglichkeit für zusätzliche Wachstumsimpulse, gerade für die wirtschaftlich schwierige Zeit nach der Covid-19 Pandemie, gesorgt würde und damit zu einem wirtschaftlichen Aufschwung nach der Krise positiv beigetragen werden könnte.

In vielen europäischen Ländern gibt es seit Jahrzehnten einen adäquaten Rechtsrahmen für Risikokapitalfonds für Unternehmen und Investoren, zum Beispiel in Luxemburg eine SICAV und SICAR. In Österreich fehlt eine solche Möglichkeit nach wie vor - das bestehende Mittelstandsfinanzierungsgesellschaftengesetz 2017 (in Fortsetzung des Mittelstandsfinanzierungsgesellschaftengesetz 2007) wird als impraktikabel und nicht den internationalen Standards entsprechend kritisiert: trotz steuerlicher Förderungen wurde bislang kein Risikokapitalfonds gemäß eines der beiden MiFiGG gegründet.

Damit sich ein Markt für außerbörsliches Risikokapital in Österreich entwickeln kann, braucht es aber dringend Rechtsstrukturen, die internationalen Standards entsprechen. Folgende Kriterien sollte eine Wagniskapitalfonds-Struktur jedenfalls erfüllen:

•       Ermöglichung des einfachen Erwerbs von Gesellschaftsanteilen, in dem der Wagniskapitalfonds als AIF in Form eines Private Equity Dachfonds, Direktfonds oder sonstigen AIFs, der in Beteiligungen (z.B. in Form nachrangiger Finanzierungsinstrumente) an nicht-börsennotierten Unternehmen investieren kann, ausgestaltet ist

•       Wagniskapitalfonds muss als Sondervermögen etabliert sein, dessen Anteile in Wertpapieren verbrieft sind

•       Auflage in Form eines geschlossenen Fonds (gemäß Delegierten Verordnung (EU) Nr. 694/2014)

•       Vermögen der Anteilhaber wird treuhändig durch die Verwaltungsgesellschaft getragen

•       einfache Besteuerung analog der klassischen Fonds würde Akzeptanz bei Anlegern zu schaffen

•       Keine beihilfenrelevante steuerliche Incentivierung

Durch ein internationalen Standards entsprechendes Wagniskapitalfonds-Gesetz würden Wagniskapitalgeber (z.B. Fondsgesellschaften) angezogen werden und dazu beigetragen werden, eine Abwanderung von Schlüsselkräften und innovativen Unternehmen zu vermeiden (Empfehlung Rat für Forschung und Technologieentwicklung am 16.10.2019: https://www.rat-fte.at/files/rat-fte-pdf/einzelempfehlungen/2019/191016_Empfehlung_Wagniskapital.pdf. Es hätte folgende weitere Vorteile:

•       Österreich wird als attraktiver Fondsstandort etabliert und damit ein wichtiger Impuls für den österreichischen Kapitalmarkt gesetzt;

•       Finanzierungsbeschränkungen für Unternehmen werden beseitigt;

•       Arbeitsmarkt in qualitativ hochwertigen Dienstleistungsbranchen wird angekurbelt;

•       Unternehmen wachsen nach dem Einstieg eines erfahrenen Wagnisfinanziers rascher, schaffen mehr Beschäftigung und erzielen eine größere Wertsteigerung als vergleichbare, nicht wagniskapitalfinanzierte Unternehmen;

•       Umsetzung von Internationalisierungsstrategien auch von KMU, direkt zur Erschließung von Auslandsmärkten sowie indirekt durch Unternehmensbeteiligungen und Übernahmen;

•       zusätzliche Finanzierungsmittel erhöhen die Innovationsfähigkeit von Unternehmen; leichterer Aufbau von Forschungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, Einführung neuer Produkte und Dienstleistungen.

Vorschläge für ein solches Wagniskapitalfonds-Gesetz gibt es bereits seit längerem, zum Beispiel den der Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation (AVCO): https://avco.at/wp-content/uploads/2020/10/WKFG_Entwurf_cl_20201027.pdf). Der Vorschlag der AVCO und ähnliche Vorschläge wurden aber von der österreichischen Bundesregierung bisher ignoriert - und das obwohl hier seit langem dringender Handlungsbedarf herrscht. Ohne entsprechende Maßnahmen im Sinne dieses Entschließungsantrags käme es zu einem weiteren Wettbewerbsnachteil für kleine und mittlere Unternehmen in Bezug auf Zugang zu Eigenkapital sowie zu einer Schwächung der Innovationsfähigkeit von österreichischen Unternehmen.“

 

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 11. Mai 2021 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer die Abgeordneten Andreas Ottenschläger und Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA sowie der Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA. Anschließend wurden die Verhandlungen vertagt.

Die Verhandlungen wurden am 22. Juni 2021 wieder aufgenommen und es meldeten sich die Berichterstatterin Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, die Abgeordneten Gabriel Obernosterer und Dr. Elisabeth Götze sowie der Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA und der Ausschussobmann Abgeordneter Karlheinz Kopf zu Wort. Im Anschluss wurden die Verhandlungen vertagt.

Der Finanzausschuss hat die Verhandlungen am 27. Juni 2023 wieder aufgenommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer die Abgeordneten Dr. Elisabeth Götze, Andreas Ottenschläger und Kai Jan Krainer sowie der Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: N, dagegen: V, S, F, G).

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2023 06 27

                             Dr. Elisabeth Götze                                                             Karlheinz Kopf

                                  Berichterstattung                                                                          Obmann