2145 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über die Regierungsvorlage (2046 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Barrierefreiheitsgesetz erlassen sowie das Sozialministeriumservicegesetz geändert wird

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Der vorliegende Entwurf für ein Bundesgesetz über Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (Barrierefreiheitsgesetz – BaFG) dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen, ABl. Nr. L 151 vom 07.06.2019 S. 70 (European Accessibility Act – EAA).

Mit dem vorliegenden Entwurf werden auch die notwendigen Anpassungen im Bundesgesetz, mit dem ein Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen errichtet wird (Sozialministeriumservicegesetz – SMSG), vorgenommen.

Mit dem EAA verfolgt der europäische Gesetzgeber den Zweck, durch Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Barrierefreiheitsanforderungen für bestimmte Produkte und Dienstleistungen einen Beitrag zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes zu leisten, indem insbesondere durch unterschiedliche Barrierefreiheitsanforderungen in den Mitgliedstaaten bedingte Hindernisse für den freien Verkehr bestimmter barrierefreier Produkte und Dienstleistungen beseitigt werden bzw. das Zustandekommen derartiger Hindernisse verhindert wird. Dadurch sollen sich die Verfügbarkeit barrierefreier Produkte und Dienstleistungen auf dem Binnenmarkt erhöhen und die Barrierefreiheit von einschlägigen Informationen verbessern. Dies trägt auch dem Prinzip des universellen Designs bzw. Designs für Alle Rechnung, indem Produkte und Dienstleistungen in der Weise gestaltet werden, dass sie von allen Menschen möglichst weitgehend ohne eine Anpassung oder ein spezielles Design genutzt werden können.

Der Bedarf an barrierefreien Produkten und Dienstleistungen ist groß und die Zahl der Menschen mit Behinderungen wird voraussichtlich noch deutlich steigen. Ein Umfeld mit barrierefreien Produkten und Dienstleistungen ist eine wesentliche Voraussetzung für eine inklusive Gesellschaft, die niemanden vom beruflichen und sozialen Leben ausschließt. Ein barrierefreies Umfeld erleichtert Menschen mit Behinderungen maßgeblich ein unabhängiges Leben.

Nach der Richtlinie (EU) 2016/2102 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen, ABl. Nr. L 327 vom 02.12.2016 S. 1, ist der EAA ein umfassender EU-Rechtsakt zur Harmonisierung von Vorgaben an die Barrierefreiheit. Die Richtlinie (EU) 2016/2102 wurde in Österreich auf Bundesebene mit dem Web-Zugänglichkeits-Gesetz, BGBl. I Nr. 59/2019, und auf Länderebene in entsprechenden Landesgesetzen umgesetzt. Bestimmte Tätigkeiten, die über Websites und mobile Anwendungen öffentlicher Stellen erfolgen, wie Personenverkehrsdienste oder Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr, sollen zusätzlich zu den geltenden Barrierefreiheitsanforderungen der Richtlinie (EU) 2016/2102 zukünftig auch jenen des EAA entsprechen. Damit soll gewährleistet sein, dass der Online-Verkauf von Produkten und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen barrierefrei zugänglich ist, unabhängig davon, ob der Online-Verkauf durch öffentliche oder private Wirtschaftsakteure erfolgt.

Das neue BaFG trägt zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention – UN-BRK) bei, insbesondere der zentralen Verpflichtung zur Barrierefreiheit gemäß Art. 9.

Der EAA folgt der Tendenz auf EU-Ebene, auch Richtlinien immer präziser zu determinieren. Dementsprechend ist der Handlungsspielraum für den nationalen Gesetzgeber weitgehend eingeschränkt.

Der Europäischen Kommission kommt laut EAA zudem die Befugnis zu, gemäß Art. 4 Abs. 9 der Richtlinie einen delegierten Rechtsakt zur Präzisierung von Barrierefreiheitsanforderungen, gemäß Art. 12 Abs. 3 einen delegierten Rechtsakt zur Änderung des Zeitraums für die Dokumentation der Informationen zur Identifizierung der Wirtschaftsakteure, gemäß Art. 14 Abs. 7 einen delegierten Rechtsakt zur Präzisierung der Kriterien zur Beurteilung einer unverhältnismäßigen Belastung sowie gemäß Art. 15 Abs. 3 einen Durchführungsrechtsakt zur Festlegung technischer Spezifikationen zu erlassen.

Der Aufbau des Gesetzes folgt im Wesentlichen jenem des EAA, wobei insbesondere der 6. Abschnitt betreffend Marktüberwachung notwendige Konkretisierungen des Richtlinieninhaltes enthält.

Frist für die Umsetzung und Zeitpunkt des Inkrafttretens:

Die Frist zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 in innerstaatliches österreichisches Recht endete am 28. Juni 2022. Inkrafttretenszeitpunkt des BaFG ist der 28. Juni 2025. Dieser entspricht damit dem in Art. 31 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2019/882 vorgegebenen Zeitpunkt zur Anwendung der Vorschriften durch die Mitgliedstaaten.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Umsetzung der Richtlinie gründet sich auf verschiedene Kompetenzbestimmungen, insbesondere auf Art. 10 Abs. 1 Z 2 („Warenverkehr mit dem Ausland; Zollwesen;“), Art. 10 Abs. 1 Z 5 („Geld-, Kredit-, Börse- und Bankwesen“), Art. 10 Abs. 1 Z 6 („Zivilrechtswesen; Urheberrecht“), Art. 10 Abs. 1 Z 8 („Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie; Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs“), Art. 10 Abs. 1 Z 9 („Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen und der Luftfahrt sowie der Schifffahrt, soweit diese nicht unter Art. 11 fällt; … Post- und Fernmeldewesen“) und Art. 10 Abs. 1 Z 16 („Einrichtung der Bundesbehörden und sonstigen Bundesämter“) des Bundes-Verfassungsgesetzes.

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 28. Juni 2023 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Bedrana Ribo, MA die Abgeordneten Mag. Verena Nussbaum, Fiona Fiedler, BEd, Kira Grünberg, Peter Wurm, Mag. Christian Ragger, Bettina Zopf und Mag. Gerald Loacker sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch.

 

Ein im Zuge der Debatte von der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd eingebrachter Abänderungsantrag fand keine Mehrheit (dafür: S, F, N, dagegen: V, G).

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig beschlossen.

 

Ein vom Abgeordneten Peter Wurm gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR eingebrachter Entschließungsantrag betreffend Ja zum Schutz des Bargeldes und der uneingeschränkten Bargeldzahlung-Nein zum Masterplan der Bargeldabschaffung in Österreich und der EU fand keine Mehrheit (dafür: F, dagegen: V, S, G, N).

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (2046 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2023 06 28

                             Bedrana Ribo, MA                                                             Josef Muchitsch

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann