2150 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über die Regierungsvorlage (2085 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Freiwilligengesetz geändert wird sowie

über den Antrag 3059/A der Abgeordneten Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Freiwilligengesetz BGBl I 17/2012 geändert wird

Regierungsvorlage 2085 der Beilagen

Das Freiwilligengesetz normiert die wichtigsten Rahmenbedingungen für freiwilliges und ehrenamtliches Engagement. Es regelt Legaldefinitionen aus dem Freiwilligenbereich sowie Standards für die Sicherung der Qualität. Somit kreiert das Freiwilligengesetz Rechtssicherheit bei Freiwilligen sowie Freiwilligenorganisationen. Insgesamt gilt es, eine gute Balance zwischen notwendiger und förderlicher Reglementierung zu finden. Dabei stehen grundsätzlich die Rechte der Freiwilligen im Fokus und nicht ihre Pflichten.

In Umsetzung des Regierungsprogrammes 2020-2024 (Gemeinnützigkeit, ehrenamtliches Engagement, Freiwilligentätigkeit und Zivilgesellschaft) wurde das bestehende Freiwilligengesetz 2012 in Hinblick auf die Relevanz des Gesetzes auf das Freiwilligenengagement und die Förderung der Freiwilligentätigkeit sowie das zivilgesellschaftlichen Engagement evaluiert. Die Evaluierung laut Entschließungsantrag (35/E XXVII. GP) bezog sich gezielt auf jene Bereiche des Freiwilligengesetzes, die für das formelle Freiwilligenengagement von Bedeutung sind. Insbesondere Fragen wie die Förderung der Anerkennung und Wertschätzung für das Engagement von Ehrenamtlichen in der Öffentlichkeit und innerhalb der Gesellschaft, die Bündelung bestehender Initiativen und der Ausbau (auf Bundesebene, gebietskörperschaftsübergreifend) zu einer „Service- und Kompetenzstelle für freiwilliges Engagement in Österreich“, Freiwilligenzentren und die Etablierung sowie Vereinfachung eines bundesweiten Freiwilligenpasses für freiwilliges Engagement waren miteinzubeziehen.

Die Ergebnisse der Evaluierung (10 Handlungsempfehlungen) wurden im Frühjahr 2022 im Rahmen des GovLab Projekts „Transparenz und Partizipation in der Rechtsetzung“ einem Beteiligungsprozess unterzogen, mit deren Durchführung die Interessensgemeinschaft der Gemeinnützigen Organisationen (IGO) beauftragt worden ist. Das SORA-Institut führte zusätzlich eine Studie durch, die grundlegende Erkenntnisse gebracht hat, wie im Rahmen des Freiwilligen Sozialjahres (FSJ) und des Freiwilligen Umweltschutzjahres (FUJ) der Erwerb von Kompetenzen für einschlägige Berufe gefördert und das Angebot des FSJ/FUJ bzw. das FSJ/FUJ weiterentwickelt werden kann. Ressortintern wurden die Förderungen der Auslandsfreiwilligendienste (Gedenk-, Friedens-, und Sozialdienst im Ausland) evaluiert und administrative Vereinfachungen identifiziert.

Das Ergebnis der Evaluierung des Freiwilligengesetzes, die Studie sowie der Beteiligungsprozess zeigten einen Bedarf nach weiterer Klarstellung von Begriffen, Verwaltungsvereinfachung im Bereich des Freiwilligenrates als auch der Aufwertung und Wertschätzung des freiwilligen und ehrenamtlichen Engagements. In Umsetzung des Regierungsprogrammes werden in der Novelle des Freiwilligengesetzes 2012 die bestehenden Rahmenbedingungen entsprechend der Evaluierungsergebnisse ausgebaut, ergänzt und konkretisiert sowie eine Aufwertung des Freiwilligen Sozialjahres (FSJ) / Freiwilligen Umweltschutzjahres (FUJ) sowie des Gedenk-, Friedens-, und Sozialdienstes im Ausland sichergestellt.

Die einzelnen vorgeschlagenen Maßnahmen sind im besonderen Teil der Erläuterungen dargestellt.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das vorliegende Bundesgesetz auf die Kompetenztatbestände des Bundes „Zivilrecht“ (Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG), „Sozialversicherung“ (Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG), Stiftungs- und Fondswesen“ (Art. 10 Abs. 1 Z 13 B-VG), „Familienlastenausgleich“ (Art. 10 Abs. 1 Z 17 B-VG) und auf „Arbeitsrecht“ (Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG).

Finanzielle Erläuterungen:

Ein allfälliger Förderaufwand nach dem Freiwilligengesetz im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung (Art. 17 B-VG) richtet sich nach Verfügbarkeit der im Rahmen des geltenden Bundesfinanzgesetzes zur Verfügung stehenden Mittel und erfolgt auf Basis der Verordnung des Bundesministers bzw. der Bundesministerin für Finanzen über Allgemeine Rahmenrichtlinien für die Gewährung von Förderungen aus Bundesmitteln (ARR 2014).

Die Abwicklung des Freiwilligen Sozialjahres, des Freiwilligen Umweltschutzjahres, des Gedenk-, Friedens- und Sozialdienstes im Ausland erfolgt durch die betroffenen Bundesministerien (BMSGPK, BMK). Für den Aufbau, Ausbau und die Unterstützung der Arbeit der Service- und Kompetenzstelle für freiwilliges Engagement in Österreich, die Förderung von Freiwilligenzentren, für die langfristige Absicherung des Anerkennungsfonds und für die Absicherung der Förderung des Gedenk-, Friedens- und Sozialdienstes im Ausland sind allgemeine Budgetmittel erforderlich.

Service- und Kompetenzstelle für freiwilliges Engagement in Österreich

Der Bund stellt jährliche Zuwendungen in der Höhe von 300.000 € zur Verfügung.

Freiwilligenzentren

Der Bund stellt für die Förderung von Projekten jährliche Zuwendungen in der Höhe von einer Million Euro zur Verfügung.

Freiwilliges Sozialjahr:

Allgemeine Entwicklung der Teilnahme am Freiwilligen Sozialjahr

Anbieter

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

2021

2022

FSJ

210

291

493

559

567

531

531

573

494

638

616

SBOV

105

95

104

110

109

107

107

112

112

113

110

Volkshilfe OÖ

10

12

10

13

13

15

15

2

6

7

0

ASBÖ

0

0

25

24

24

15

15

17

30

39

46

ÖRK

0

0

0

53

170

239

269

364

457

605

578

Diakonie

50

67

71

94

84

107

107

61

86

69

126

AWZ Soziales Wien

0

0

0

0

0

0

0

13

26

23

23

Summe

375

465

703

853

967

1014

1044

1142

1211

1494

1499

 

*Entwicklung der Teilnahme am Freiwilligen Sozialjahr: weibliche/männliche Teilnehmende

2016

2017

2018

2019

2020

2021

2022

Frauen

822

819

842

908

927

1157

1136

Männer

145

195

202

234

284

337

363

Summe

967

1014

1044

1142

1211

1494

1499

*Die Datenaufbereitung in weibliche/männliche Teilnehmende wird seit 2016 geführt.

Zur Unterstützung in der Durchführung, insbesondere als Zuschuss für das Taschengeld der Teilnehmenden stellt der Bund jährliche Zuwendungen in der Höhe von 4.500.000 € zur Verfügung.

Freiwilliges Umweltschutzjahr

Allgemeine Entwicklung der Teilnahme am Freiwilligen Umweltschutzjahr

Anbieter

12/13

13/14

14/15

15/16

16/17

17/18

18/19

19/20

20/21

21/22

JUMP

26

21

40

41

41

54

60

73

80

98

Entwicklung der Teilnahme am Freiwilligen Umweltschutzjahr weibliche/männliche Teilnehmende

Jahre

12/13

13/14

14/15

15/16

16/17

17/18

18/19

19/20

20/21

21/22

Frauen

18

12

21

24

23

24

23

31

34

37

Männer

8

9

19

17

18

30

37

42

46

61

Summe

26

21

40

41

41

54

60

73

80

98

Die Finanzierung zum Ausbau und zur Unterstützung in der Durchführung des Freiwilligen Umweltschutzjahres wird durch jährliche Zuwendungen durch das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sichergestellt.

Freifahrt:

Die Finanzierung des Klimatickets wird mit Bezug auf die Bedeckung in der BFG-Novelle 2022 für die vertriebliche und tarifliche Verbesserung des Klimaticket Österreich über das Grundbudget des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sichergestellt. Kostenpunkt: 1.500.000 € jährlich.

Anerkennungsfonds für freiwilliges Engagement:

Für den Anerkennungsfonds für freiwilliges Engagement nach Abschnitt 6 sind vom Bund jährlich 500.000 € zur Verfügung zu stellen. Die Verwaltung für den Anerkennungsfonds für freiwilliges Engagement wird wie bisher im Rahmen der freiwilligenpolitischen Aktivitäten des Ressorts durch die zuständige Fachabteilung erfolgen.

Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland:

Zur Unterstützung der Durchführung eines Gedenk-, Friedens- und Sozialdienstes im Ausland stellt der Bund jährliche Zuwendungen in der Höhe von drei Millionen Euro zur Verfügung. Diese Zuwendungen sind insbesondere für die zusätzlichen Kosten aufgrund des Auslandsaufenthaltes wie Reisekosten (Flugkosten), Mobilitätskosten am Einsatzort, Wohnkosten, Taschengeld oder Versicherungen der Teilnehmenden zu verwenden. Die Erhöhung des Betrages ergibt sich auf Grundlage der gestiegenen Kosten der letzten Jahre.

Antrag 3059/A

 

Die Abgeordneten Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 14. Dezember 2022 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Das Freiwillige Soziale Jahr ist ein Projekt für junge Erwachsene und grundsätzlich für jede Person möglich, die Interesse und Motivation dafür mitbringt, 10-11 Monate in einer sozialen Einrichtung in Österreich mitzuarbeiten. Das Freiwillige Soziale Jahr ist kein Projekt für ‚Nebenbei‘, sondern erfordert hohes Verantwortungsvermögen, physische und psychische Stabilität und Belastbarkeit und die Bereitschaft, bis zu 34 Wochenstunden in der Einsatzstelle mitzuarbeiten. Im Gegensatz zu TeilnehmerInnen des Freiwilligen Sozialen Jahres erhalten Grundwehrdiener und Zivildienstleistende für die Dauer ihres Einsatzes das KlimaTicket Österreich.

Gerade die Fahrtkosten stellen für die Einsatzstellen eine große finanzielle Belastung dar. Eine Finanzierung des KlimaTickets aus Bundesmittel würde diese nicht nur entlasten, sondern auch einen Beitrag zum Klimaschutz leisten und das Freiwillige Soziale Jahr sowie das Freiwillige Umweltschutzjahr zusätzlich aufwerten.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Regierungsvorlage 2085 d.B. und den Initiativantrag 3059/A in seiner Sitzung am 28. Juni 2023 erstmals und unter einem in Verhandlung genommen.

Über die Regierungsvorlage 2085 d.B. erstattete Abgeordneter Mag. Andreas Hanger Bericht.

Abgeordnete Elisabeth Feichtinger, BEd BEd erstattete Bericht über den Initiativantrag 3059/A.

An der sich daran anschließenden Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Andreas Hanger, Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Ralph Schallmeiner, Mag. Gerald Loacker und Dr. Dagmar Belakowitsch sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Andreas Hanger und Ralph Schallmeiner einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

Zu Z 1 und 2:

Die Änderungen gegenüber der Regierungsvorlage erfolgen vor dem Hintergrund, dass nunmehr eine zweifelsfreie Abgrenzung zu einem vergaberechtlich relevanten Dienstleistungsauftrag nach § 7 Bundesvergabegesetz, BGBl. I Nr. 65/2018, gezogen werden kann. Durch die Umformulierungen und der Änderung der Absatzsystematik in § 4a spiegelt sich jetzt auch sprachlich klar wider, dass es sich bei der gewählten Konstruktion um eine Förderung der Service- und Kompetenzstelle für freiwilliges Engagement in Österreich handelt. In Zusammenhang damit wird im zusätzlichen Abs. 3 klargestellt, dass die Erstellung des Tätigkeitsberichts und -programms zur Prüfung der widmungsgemäßen Verwendung der Fördermittel erfolgt. Die in der Regierungsvorlage angesprochene Erarbeitung nationaler Strategien, Arbeitsprogramme, Leitfäden und Berichte soll im Zusammenwirken mit dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz erfolgen.

Aufgrund dieser Umstrukturierung kann außerdem die in Z 93 der Regierungsvorlage vorgesehene Schaffung eines Abs. 3 zu § 35 entfallen.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Andreas Hanger und Ralph Schallmeiner mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, G, N, dagegen: F) beschlossen.

 

Der Initiativantrag 3059/A gilt als miterledigt.

 

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Mag. Andreas Hanger gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2023 06 28

                          Mag. Andreas Hanger                                                          Josef Muchitsch

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann