2157 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (2028 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem zur Umsetzung der Gesellschaftsrechtlichen Mobilitäts-Richtlinie 2019/2121 ein Bundesgesetz über grenzüberschreitende Umgründungen von Kapitalgesellschaften in der Europäischen Union (EU-Umgründungsgesetz – EU-UmgrG) erlassen wird und das Firmenbuchgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Übernahmegesetz, das Aktiengesetz, das Umwandlungsgesetz, das Bankwesengesetz sowie das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Gesellschaftsrechtliches Mobilitätsgesetz – GesMobG)

Die Richtlinie (EU) 2019/2121 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen, ABl. Nr. L 321 vom 12.12.2019 S. 1 (CELEX-Nummer 32019L2121), war bis 31. Jänner 2023 im nationalen Recht umzusetzen. Diese Richtlinie wird im Folgenden als „Mobilitäts-Richtlinie“ bezeichnet; soweit der Ausdruck „die Richtlinie“ verwendet wird, ist damit die Richtlinie (EU) 2017/1132 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts, ABl. Nr. L 169 vom 30.06.2017 S. 46, in ihrer geänderten Fassung gemeint. Als Titel für dieses Legislativvorhaben bietet sich – in Anlehnung an die Kurzbezeichnung der Richtlinie 2019/2121 – „Gesellschaftsrechtliches Mobilitätsgesetz (GesMobG)“ an.

Da sich das österreichische Umgründungsrecht prinzipiell bewährt hat, besteht kein Anlass, es im Rahmen der Umsetzung der Mobilitäts-Richtlinie grundlegend zu verändern. Daher sollen bei dieser Umsetzung – auch was die Ausübung von Mitgliedstaaten-Wahlrechten betrifft – die grundsätzlichen Entscheidungen des historischen Gesetzgebers im Bereich des Verschmelzungs- und Spaltungsrechts im Wesentlichen beibehalten werden. Auch die bislang nicht gesetzlich geregelte grenzüberschreitende Umwandlung – die in Österreich bisher meist als grenzüberschreitende Verlegung des Satzungssitzes bezeichnet wurde – soll dementsprechend ausgestaltet werden. Eine wesentliche unionsrechtliche Neuerung stellt freilich die Missbrauchskontrolle dar, die künftig bei allen drei grenzüberschreitenden Umgründungsarten durch die zuständige Behörde des Wegzugsmitgliedstaats (in Österreich: durch das Firmenbuchgericht) durchzuführen ist.

Die bisherige Gesetzessystematik des österreichischen Umgründungsrecht soll daher nur soweit verändert werden, als dies zur Umsetzung der Mobilitäts-Richtlinie erforderlich ist. Daher soll das bisherige EU-Verschmelzungsgesetz (EU-VerschG) durch ein einheitliches „Bundesgesetz über grenzüberschreitende Umgründungen von Kapitalgesellschaften in der Europäischen Union (EU-Umgründungsgesetz – EU-UmgrG)“ ersetzt werden, das Regelungen für alle drei grenzüberschreitenden Umgründungsarten (Umwandlung, Verschmelzung und Spaltung) enthält.

Auch von Folgeanpassungen im innerstaatlichen Verschmelzungs-, Spaltungs- und Umwandlungsrecht soll bewusst Abstand genommen werden: Teilweise sieht das EU-UmgrG richtlinienbedingt strengere Voraussetzungen (z.B. längere Fristen) vor; hier hätte eine Angleichung eine – weder unionsrechtlich gebotene noch rechtspolitisch erwünschte – Erschwerung innerstaatlicher Umgründungen zur Folge. Zu bisweilen abweichenden Formulierungen im EU-UmgrG ist anzumerken, dass auch schon im geltenden Umgründungsrecht einige parallele Bestimmungen nicht gleichlautend sind, womit die Praxis aber umzugehen gelernt hat. Durch punktuelle Eingriffe in das bisherige System könnten an sich bereits geklärte dogmatische Fragen neuerlich virulent werden. Es erscheint daher vorzugswürdig, die neuen Regelungen des EU-UmgrG nicht explizit in das AktG, das GmbHG, das SpaltG und das UmwG zu übernehmen. Aus der unterbliebenen Angleichung ist somit nicht der Schluss zu ziehen, dass der Gesetzgeber durch unterschiedliche Formulierungen der gesetzlichen Regelungen bewusst abweichende Auslegungsergebnisse herbeiführen wollte. Dies ist insbesondere dort nicht der Fall, wo eine im EU-UmgrG neu formulierte Bestimmung in den Erläuterungen mit der herrschenden Meinung zu einer bestehenden Regelung begründet wird.

Die Bestimmungen über grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen sollen sich künftig in einem einheitlichen Bundesgesetz über grenzüberschreitende Umgründungen von Kapitalgesellschaften in der Europäischen Union (EU-Umgründungsgesetz – EU-UmgrG) finden. Das bisherige Bundesgesetz über die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften in der Europäischen Union (EU-Verschmelzungsgesetz – EU-VerschG) kann dann aufgehoben werden.

 

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 28. Juni 2023 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer, die Abgeordneten MMMag. Gertraud Salzmann, Mag. Dr. Petra Oberrauner und Dr. Johannes Margreiter sowie die Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker und Mag. Agnes Sirkka Prammer einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Die Gerichtsgebühren sind an den Verbraucherpreisindex (VPI) gekoppelt. Gemäß § 31a Gerichtsgebührengesetz müssen die Gerichtsgebühren, sobald und soweit sich der von der Bundesanstalt Statistik Österreich verlautbarte Verbraucherpreisindex gegenüber der der letzten Festsetzung zugrunde gelegten Indexzahl um mehr als 5% geändert hat, angepasst werden.

Die letzte Anpassung der festen Gebühren sowie der in § 31a angeführten Beträge um die Steigerung des VPI erfolgte durch die Verordnung der Bundesministerin für Justiz über die neue Festsetzung von Gerichtsgebühren, BGBI. II Nr. 160/2021, auf der Basis des VPI vom Dezember 2020.

Aufgrund hoher Inflationsraten war davon auszugehen, dass die 5% - Schwelle im Laufe des Jahres 2022 neuerlich überschritten wird. Um diese inflationsbeschleunigende Wirkung abzumildern, wurde die Erhöhung mit der Zivilverfahrensnovelle 2022 (BGBI. I Nr. 61/2022) auf das Jahr 2023 verschoben. Die Zahlen für den relevanten Vergleichsmonat Mai 2023 zeigen, dass nun eine Anhebung um rund 18% stattfinden müsste. Aufgrund der sich derzeit auf einem historischen Höchststand befindlichen Inflation soll als inflationsdämpfende Maßnahme – ähnlich wie der zuletzt verfügte Gebührenstopp für alle im Gebührengesetz 1957 geregelte Bundesgebühren – die Erhöhung um weitere 18 Monate verschoben werden.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker und Mag. Agnes Sirkka Prammer mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, G, N, dagegen: S) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2023 06 28

                    Mag. Agnes Sirkka Prammer                                          Mag. Michaela Steinacker

                                  Berichterstattung                                                                           Obfrau