Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Mit dem vorgeschlagenen Bundesgesetz sollen die im allgemeinen und im besonderen Rettungswesen landesrechtlich anerkannten Rettungsorganisationen sowie deren Dachorganisationen auf Bundesebene bei Investitionen zur Steigerung ihrer Resilienz und Leistungsfähigkeit im Krisen- und Katastrophenfall unterstützt werden. Mit Zweckzuschüssen im Wege der Länder gemäß § 2 und Zuwendungen seitens des Bundes gemäß § 4 an Dachorganisationen sollen die Rettungsorganisationen dabei in die Lage versetzt werden, ihre bestehenden Vorkehrungen und Vorhaltungen für Krisen- und Katastrophenfälle abzusichern und an die gestiegenen Resilienzanforderungen anzupassen, welche sich insbesondere aus den zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels (wie Extremwetterereignissen) sowie aus Risiken potenzieller Versorgungsstörungen, der Ausbreitung übertragbarer Krankheiten oder Gefährdungen für kritische Infrastrukturen aufgrund unterschiedlicher Ursachen ergeben. Die Anzahl der ehrenamtlich tätigen Personen soll bei der Aufteilung der Mittel auf die jeweiligen Rettungsorganisationen zur Förderung des ehrenamtlichen Engagements dabei besondere Berücksichtigung finden.

Zur Erhöhung der allgemeinen Katastrophenresilienz der Bevölkerung und in Umsetzung des Regierungsprogramms 2020–2024 („Aus Verantwortung für Österreich“), welches im Abschnitt „Krisen und Katastrophenschutz“ unter anderem die Erhöhung der gesamtstaatlichen Resilienz und die Stärkung des Zivilschutzes vorsieht, soll weiters der Österreichische Zivilschutzverband – Bundesverband (ÖZSV) als führender Verein im Bereich der Information und Aufklärung der Bevölkerung über Angelegenheiten des Zivilschutzes bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben im Bereich der Information und Aufklärung der Bevölkerung und der Bewusstseinsbildung für die zivile Landesverteidigung und Eigenvorsorge unterstützt, langfristig finanziell abgesichert und zur Übernahme weiterer Aufgaben befähigt werden.

Besonderer Teil

Zu § 1 (Ziel):

Mit der vorgeschlagenen Bestimmung soll als Ziel dieses Bundesgesetzes festgelegt werden, gesetzlich oder durch Verwaltungsakt anerkannte Rettungsorganisationen sowie deren Dachorganisationen bei deren Investitionen zur Steigerung ihrer Resilienz und Leistungsfähigkeit im Krisen- und Katastrophenfall sowie den ÖZSV bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben zu unterstützen.

Zu § 2 (Zweckzuschuss):

Mit Zweckzuschüssen im Wege der Länder in Höhe von 18 Millionen Euro jährlich sollen die (durch Gesetz oder Bescheid) anerkannten Rettungsorganisationen in die Lage versetzt werden, insbesondere Einsatzfahrzeuge, Einsatzmittel und Ausrüstung anzuschaffen. Gleichermaßen sollen damit auch die Härtung und Absicherung der Infrastruktur wie beispielsweise Leitstellen gegen Einflüsse von außen oder Versorgungsausfälle abgesichert werden können. Angeschafft werden sollen etwa Logistikausstattung, Notstromaggregate, Nottankstellen und dergleichen, persönliche Schutzausrüstung oder Notunterkünfte und Einsatzmittel für Verpflegung und Betreuung. Mit der Zweckwidmung für Investitionen soll andererseits auch klargestellt werden, dass der Zweckzuschuss jedenfalls nicht für Personalkosten der Rettungsorganisationen zu verwenden ist.

Die Aufteilung des Zweckzuschusses auf die Länder orientiert sich dabei an den Personalständen der bedachten Rettungsorganisationen hinsichtlich hauptberuflich und ehrenamtlich tätigen Personen im Rettungsdienst (Rettungssanitäter und Notfallsanitäter) im Jahr 2022, am Umsatz mit der Österreichischen Gesundheitskasse und an der Anzahl der im Jahr 2022 geleisteten Einsätze. Die Gewichtung bei den Sonderrettungsdiensten erfolgte bei der Bergrettung nach der Anzahl der ehrenamtlich tätigen Personen, bei den anderen beiden Sonderrettungsdiensten nach einem, zwischen allen Trägern akkordierten Verteilungsmodell. Damit soll dem ehrenamtlichen Engagement in den Rettungsdiensten und deren personeller und operativer Leistungsfähigkeit entsprechend Rechnung getragen werden.

Zu § 3 (Abwicklung und Überprüfung des Zweckzuschusses):

Die Abwicklung und Kontrolle der Verwendung des Zweckzuschusses wird den Ländern übertragen. Der Bundesminister für Inneres legt im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nach Anhörung der Länder und der in § 4 Abs. 3 definierten Dachorganisationen die näheren Grundsätze über die konkrete Verwendung der Zweckzuschüsse und über die Abwicklung in einer Richtlinie fest. Mit einer bundeseinheitlichen Richtlinie für die Verwendung des Zweckzuschusses soll auch im möglichen Ausmaß dafür gesorgt werden, dass die Ausstattung der Rettungsorganisationen einheitlich erfolgt und die in den Bundesländern beschafften Ausrüstungen im Krisen- und Katastrophenfall zueinander weitestgehend kompatibel sind.

Mit dem vorgesehenen Recht zur Einschau in die den Ländern vorliegenden Unterlagen soll dem Bundesminister für Inneres die Möglichkeit eingeräumt werden, die Wirksamkeit der Kontrollen durch die Länder zusätzlich zu überprüfen. Dieses Einschaurecht soll sich aber auf wenige Einzelfälle, Stichproben oder begründete Ausnahmefälle beschränken.

Zu § 4 (Zuwendungen):

Mit einer Zuwendung von zwei Millionen Euro jährlich soll der ÖZSV als führender Verein im Bereich der Information und Aufklärung der Bevölkerung über Angelegenheiten des Zivilschutzes und Möglichkeiten der privaten Eigenvorsorge bei der Wahrnehmung seiner künftigen Aufgaben unterstützt werden.

Dem ÖZSV kommt diesbezüglich ein Alleinstellungsmerkmal zu. Dieses beruht auf seinem langjährigen Bestehen, seiner flächendeckenden Struktur bestehend aus einem Bundesverband mit neun Landesverbänden als Mitglieder des Bundesverbandes und seiner bereits bestehenden Einbindung in den öffentlichen Zivil- und Katastrophenschutz.

Der ÖZSV wurde im Jahr 1961 gegründet. Zweck der Vereinsgründung war die Schaffung einer Organisation für die Aufklärung, Werbung und Information für den Selbstschutz im Rahmen des Österreichischen Zivilschutzkonzeptes bzw. der Zivilen Landesverteidigung. Der Verband wurde bereits Anfang der 1960er Jahre in den „Arbeitsausschuss „Z“ („Z“ steht für „Zivile Landesverteidigung“) des Bundesministeriums für Inneres integriert und mit der Durchführung von durch den Ausschuss geplanten Kampagnen und Veranstaltungen beauftragt. Ab den 1960er Jahren erfolgten die ersten Selbstschutz-Grundunterweisungen für Grundwehrdiener des Österreichischen Bundesheeres mit dem Ziel, die persönliche Resilienz der Heeresangehörigen zu steigern. Dies wird bis heute durchgeführt.

Der Landesverteidigungsplan aus dem Jahr 1985, herausgegeben vom Bundeskanzleramt, hielt im Kapitel „Selbstschutzmaßnahmen“ fest, dass diese Aufgaben dem Zivilschutzverband obliegen sollen. Somit war und ist der ÖZSV von Beginn an ein Teil des Konzeptes der Zivilen Landesverteidigung. Gemäß seinen Statuten ist der Vereinszweck insbesondere auf die Förderung des Selbstschutzgedankens der Bürgerinnen und Bürger durch Veranstaltungen, Vorträge und Verbreitung von Informationen an die Bevölkerung gerichtet. Laut Förderbericht wurden im Jahr 2022 österreichweit durch den Verband etwa 500 Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit Einsatzorganisationen (Sicherheitstage) sowie knapp 800 Vorträge organisiert. 3 770 Volksschulklassen wurden im Rahmen der „SAFETY Tour – Kindersicherheitsolympiade“ mit Spielmaterial zum Thema „Sicherheit und Selbstschutz“ ausgestattet.

In jedem Bundesland besteht ein Landesverband des Zivilschutzverbandes, die Landesverbände sind jeweils ordentliche Mitglieder des Bundesverbandes. Die Landesverbände sind ihrerseits zum Teil in die Katastrophenhilfesysteme der Länder einbezogen, indem die Landesgesetzgebung dem Landesverband Anhörungsrechte (§ 9 Abs. 2 und § 13 Abs. 2 burgenländisches Katastrophenhilfegesetz, LGBl. Nr. 5/1986) einräumt, dem Landesverband Schulungsaufgaben überträgt (§ 17 Abs. 2 burgenländisches Katastrophenhilfegesetz, § 12 Abs. 2 NÖ Katastrophenhilfegesetz 2016 – NÖ KHG 2016, LGBl. Nr. 70/2016) oder den Zivilschutzverband zur Mitwirkung im Rahmen des Katastrophenhilfsdienstes verpflichtet (§ 25 NÖ KHG 2016). Eingerichtet sind weiters Regionalstellen, die von hauptberuflich oder ehrenamtlich tätigen Personen betreut werden.

In den Zivilschutzverbänden sind derzeit ungefähr 45 hauptamtliche und 5 000 ehrenamtliche Funktionäre und Funktionärinnen tätig. In Zusammenarbeit mit den Gemeinden unterstützt der Zivilschutzverband österreichweit das System der Sicherheitsinformationszentren, die als lokale Anlaufstelle für die Bevölkerung in Angelegenheiten der Zivilschutzinformation dienen. Mit Stand Mai 2023 sind 1 677 österreichische Gemeinden im Wege der Landesverbände Mitglieder des Verbandes. Diese entrichten regelmäßige Mitgliedsbeiträge und benennen Zivilschutzbeauftragte, welche als Bindeglied zwischen dem Verband, der Bevölkerung und der lokalen Verwaltung fungieren. Somit verfügt der ÖZSV über eine im Bundesgebiet einzigartige flächendeckende Struktur für die Information und Aufklärung der Bevölkerung in Sachen des Zivil- und Selbstschutzes. Die Arbeit des Zivilschutzverbandes gilt damit auch international als Benchmark und gute Praxis (vgl. OECD [2017], Harnessing innovation to reduce disaster risks in Austria, France and Switzerland, Seite 21).

In inhaltlicher Hinsicht decken der ÖZSV und seine Landesverbände ein breites Spektrum an Themen ab, die von Sicherheit im Alltag und in der Freizeit über Sicherheit gegenüber Kriminalität bis hin zur Vorsorge und zum richtigen Verhalten in Extremsituationen wie Terror, Blackout und Strommangellagen oder Nuklearkatastrophen reichen.

Insbesondere auf eine altersgerechte Vermittlung wird besonderer Wert gelegt. So wird seit über 20 Jahren mit der „SAFETY Tour – Kindersicherheitsolympiade“ die europaweit größte Veranstaltungsreihe zum Thema Gefahrenprävention für Kinder veranstaltet, bei welcher auch regelmäßig Schulklassen aus Nachbarstaaten Österreichs partizipieren.

Der ÖZSV ist somit die am längsten bestehende Trägereinrichtung im Bereich der Information und Aufklärung über Bevölkerungsschutz, Zivilschutz und Eigenvorsorge und verfügt über eine einzigartige flächendeckende Struktur und Einbindung in die österreichischen Katastrophenhilfesysteme.

Die finanzielle Dotierung des ÖZSV erfolgt bislang über jährliche Förderungen durch das Bundesministerium für Inneres und in geringem Ausmaß durch Zuwendungen von sonstigen Dritten. Für eine nachhaltige Entwicklung und den gebotenen Ausbau der Bevölkerungsinformation im Kontext der aktuellen Gefahren und Bedrohungen stellt dies jedoch keine taugliche Finanzierungsgrundlage mehr dar. Eine bessere Vorbereitung der Bevölkerung auf Katastrophen und die Erhöhung des Risikobewusstseins sind wesentlicher Bestandteil der Katastrophenresilienz, die auch in Konzepten der Vereinten Nationen (Sendai Framework for Disaster Risk Reduction) gefordert werden. Auch die Unionsziele für Katastrophenresilienz verlangen, dass das Wissen der Öffentlichkeit über Katastrophenrisiken und Präventionsmaßnahmen sowie der Selbstschutz, das Verhalten und die Katastrophenvorsorge von Einzelpersonen und Gemeinschaften verbessert werden. Mit Unterstützung der Kommission sollten die Mitgliedstaaten daher ihre Anstrengungen im Bereich der öffentlichen Kommunikation verstärken, um die Katastrophenprävention und -vorsorge in den Alltag der Bürgerinnen und Bürger zu integrieren und die bürgerschaftliche Beteiligung sowie freiwillige Initiativen zur Katastrophenprävention und -vorsorge zu fördern. Die Mitgliedstaaten sollten gegebenenfalls mit lokalen und regionalen Behörden, Partnern, einschließlich des Privatsektors und Organisationen der Zivilgesellschaft, auch in einem grenzüberschreitenden Kontext zusammenarbeiten. Unionsziel ist es, bis 2030 das Risikobewusstsein und die Katastrophenvorsorge der Bevölkerung für Katastrophenrisiken der Union in sämtlichen Mitgliedstaaten erheblich zu erhöhen (vgl. Empfehlung [EU] der Kommission vom 8. Februar 2023 zu den Unionszielen für Katastrophenresilienz, ABl. C 56/1 vom 15.02.2023).

Die Erreichung dieses Unionszieles erfordert auch in Österreich Anstrengungen und einen Ausbau der Aktivitäten, eine Ausweitung der Themenfelder – zB Klimawandelanpassung – und die nachhaltige Absicherung von bestehenden Kooperationen. Für die Erreichung mehrjähriger Ziele sind auch längerfristige Finanzierungsmodelle erforderlich, die über jährlich zu verhandelnde und schwankende Förderverträge nicht realisierbar sind. Insbesondere braucht auch der ÖZSV als führender Verein im Bereich der Bevölkerungsinformation, dem bei der Umsetzung des genannten Unionzieles eine maßgebliche Rolle zukommen wird, eine mehrjährige Planungssicherheit und finanzielle Absicherung, um längerfristige Maßnahmen und Projekte umsetzen zu können.

Mit dem bestehenden Modell der jährlichen Förderverträge kann weiters nur umständlich auf akute Informationsbedürfnisse der Bevölkerung eingegangen werden. Entsteht durch Ereignisse wie in den vergangenen Jahren – zu denken ist etwa an die Coronapandemie, den Krieg in der Ukraine, die Energiekrise oder bewaffnete Auseinandersetzungen im Umfeld von Atomkraftwerken – ein erhöhtes Interesse der Bevölkerung an bestimmten Themenfeldern, müssen derzeit in den Förderverträgen festgesetzte Arbeitsschwerpunkte formell in einem Vertragsänderungsverfahren eingebracht werden. Ein flexiblerer finanzieller Handlungsspielraum im Sinne einer jährlichen Zuwendung ermöglicht es dem ÖZSV künftig auf ein verändertes Interesse der Bevölkerung zu reagieren und seinem Informationsauftrag nachzukommen.

Im Unterschied zu den Zweckzuschüssen und den Zuwendungen an die Dachorganisationen der Rettungsorganisationen kann die jährliche Zuwendung an den ÖZSV auch für Personalkosten verwendet werden. Näheres dazu wird in den Zuwendungsverträgen zu regeln sein, die mit dem Bundesminister für Inneres abzuschließen sind.

Mit einer Zuwendung an Dachorganisationen der Rettungsorganisationen sollen über die Zweckzuschüsse an die Länder hinaus zusätzliche Mittel für bundesweit bzw. länderübergreifend zu besorgende Aufgaben der Rettungsorganisationen zur Verfügung gestellt werden. Hierfür kommen nur Dachorganisationen in Betracht, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes mindestens in vier verschiedenen Bundesländern gesetzlich oder durch Verwaltungsakt anerkannte Rettungsorganisationen umfassen. Mit diesen Zuwendungen sollen etwa Ausstattungsreserven zur Schließung von Lücken in der Vorsorge auf Landesebene ermöglicht werden. Wie bei den Zweckzuschüssen sollen auch hier keine Personalkosten finanziert werden. Näheres dazu wird in den Zuwendungsverträgen zu regeln sein.

Die Aufteilung der Zuwendungen an die einzelnen Dachorganisationen folgt dem Verteilungsmodell für den Zweckzuschuss auf Länderebene.

Zu § 5 (Evaluierung):

Bis Ende des Jahres 2028 soll eine Evaluierung der Zuschüsse und Zuwendungen erfolgen. Dabei soll auch eine Aktualisierung des Verteilungsschlüssels für die Zweckzuschüsse an die Länder und in weiterer Folge an die Rettungsorganisationen in den Ländern sowie der Verteilung der Zuwendungen an die Dachorganisationen der Rettungsorganisationen überprüft werden.

Zu § 6 (Vollziehung):

Diese Bestimmung regelt die Vollzugszuständigkeit.

Zu § 7 (Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen):

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten. Weiters ist in der Bestimmung festgelegt, dass sowohl der Zuschuss gemäß § 2 an die Länder als auch die Zuwendungen gemäß § 4 Abs. 1 und 2 an den ÖZSV sowie an die Dachorganisationen im Jahr 2024 vom Bundesminister für Inneres bis 30. Juni überwiesen werden sollen.