2185 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 3110/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Altersteilzeitmodelle erhalten – Keine Experimente auf dem Rücken der Arbeitnehmer und Arbeitgeber!

Die Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 31. Jänner 2023 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die bisher geltenden Altersteilzeitmodelle waren und sind sozialpartnerschaftlich akzeptiert und haben sich bewährt. Türkis-Grün experimentiert hier wieder einmal und möchte das Modell der ‚geblockten Altersteilzeit‘ einfach abschaffen. Das ist ein Weg in die falsche Richtung und zerstört ein Altersteilzeitmodell, das bei vielen Arbeitnehmern und Arbeitgebern beliebt und akzeptiert ist. Die FPÖ steht für die Beibehaltung dieses Modell und sieht sich darin von Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern gleichermaßen bestätigt.

Ingrid Reischl, Leitende Sekretärin des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB), schrieb dazu im ‚Kurier‘ folgenden Kommentar:

Das löst keine Probleme

Warum die Abschaffung der geblockten Altersteilzeit falsch ist

Stellen Sie sich folgendes vor: Sie arbeiten ihr ganzes Leben lang hart, stehen kurz vor der Pension und könnten mithilfe der geblockten Altersteilzeit direkt aus einem Arbeitsverhältnis in Pension gehen.

Geht es nach der Regierung, wird das in Zukunft aber schwieriger sein. Denn sie plant, die geblockte Altersteilzeit eiskalt abzuschaffen. Das hätte verheerende Folgen, denn gerade für ArbeitnehmerInnen in psychisch und körperlich sehr belastenden Jobs war die geblockte Altersteilzeit in der Vergangenheit sehr wichtig. Sie konnten damit nach einer so genannten Freizeitphase direkt in Pension gehen.

Diese Möglichkeit soll in Zukunft wegfallen. Somit bleibt gesundheitlich beeinträchtigten ArbeitnehmerInnen künftig wohl entweder der Weg in die ‚Invaliditätspension‘, wo es immer schwieriger geworden ist, dass einem diese Leistung zugesprochen wird, oder der Gang in die Arbeitslosigkeit.

Eine kontinuierliche Altersteilzeit ist auch nicht immer die passende Alternative, da diese Form der Altersteilzeit je nach Arbeitsplatz nicht für alle möglich ist, wie etwa bei der Schichtarbeit. Damit aber nicht genug: Bei der Blockvariante musste bisher spätestens in der Freizeitphase eine bisher arbeitslose Person oder ein Lehrling neu in der Firma eingestellt werden.

Das heißt, dass die Blockvariante der Altersteilzeit für andere Menschen, die bisher keinen Job hatten, direkt auch positive Auswirkungen hatte und somit arbeitsmarktpolitisch sinnvoll war.

Gegenteiliger Effekt

Die Abschaffung der geblockten Altersteilzeit hat somit auch keinen beschäftigungsfördernden Effekt, sondern bewirkt das Gegenteil.

Wenn man Menschen länger im Berufsleben halten will, wird das nicht funktionieren, indem man ihnen die geblockte Altersteilzeit verwehrt. Nur mit guten und fairen Arbeitsbedingungen und präventiven Gesundheitsförderungsmaßnahmen können ArbeitnehmerInnen bis zum gesetzlichen Pensionsantrittsalter fit bleiben.

Auch liegt das Potenzial für den Arbeitsmarkt nicht nur bei den PensionistInnen, sondern auch den Menschen, die arbeitslos sind oder Elternteilen, in der Praxis insbesondere Frauen, die auf Grund von mangelnden Kinderbildungseinrichtungen nicht erwerbstätig sein können.

Die Regierung hat hier noch viele Hausaufgaben zu machen, damit alle Menschen, die erwerbstätig sein möchten, dies auch wirklich können. Wenn man Menschen länger in Beschäftigung halten will, muss man an anderen Schrauben drehen und nicht die geblockte Altersteilzeit abschaffen. Am besten beraten ist die Regierung, gute Investitionen in Bildung, Gesundheit und nachhaltige Jobs zu tätigen. Aktuell tut sie das aber nicht.

Auch die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) hebt die geblockte Alterszeilzeit auf ihrer Seite hervor:[1]

Altersteilzeit: Die Regeln im Überblick

Zahlreiche Arbeitnehmer nutzen die Möglichkeiten der Altersteilzeit, um mit reduzierter Arbeitszeit gleitend vom Erwerbsleben in die Alterspension zu wechseln. Möchten ältere Mitarbeiter in Teilzeit arbeiten, gibt es dafür Fördermöglichkeiten durch das Arbeitsmarktservice (AMS). Unter bestimmten Voraussetzungen wird ein Teil der Lohn- und Sozialversicherungskosten übernommen.

Die gesetzliche Regelung der Altersteilzeit erleichtert es Betrieben, ältere Arbeitnehmer mit einer verringerten Arbeitszeit bis zum Pensionsantritt zu beschäftigen. Teil dieser Regelung ist auch ein teilweiser Lohnausgleich zum ursprünglichen Gehalt beziehungsweise höhere Sozialversicherungsbeiträge.

Das Altersteilzeitgeld ersetzt dem Arbeitgeber diesen zusätzlichen finanziellen Aufwand. Die Abgeltung durch das AMS erfolgt in monatlichen Teilbeträgen gleicher Höhe unter anteiliger Berücksichtigung der steuerlich begünstigten Sonderzahlungen.

Arbeitnehmer können im Zuge dieser Regelung die Normalarbeitszeit auf 40 bis 60 Prozent verringern. Auch Teilzeitbeschäftigte, deren vereinbarte Arbeitszeit mindestens 60 Prozent der gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Normalarbeitszeit beträgt, können die Altersteilzeit nutzen. Bei einer Teilzeitbeschäftigung unter 60 Prozent der gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Vollarbeitszeit ist Altersteilzeit nicht möglich. Beispiel: Beträgt die wöchentliche Normalarbeitszeit 40 Stunden, ist eine Altersteilzeit von mindestens 16 und maximal 24 Stunden pro Woche möglich. Beträgt die wöchentliche Normalarbeitszeit aufgrund einer kollektivvertraglichen Regelung 38,5 Stunden, ist eine Altersteilzeit von mindestens 15,4 und maximal 23,1 Stunden pro Woche möglich.

Ein Antritt der geförderten Altersteilzeit ist im Jahr 2019 frühestens sechs Jahre, ab 2020 frühestens fünf Jahre, vor dem Regelpensionsalter möglich. Das Modell kann maximal fünf Jahre lang in Anspruch genommen werden. Voraussetzung ist eine entsprechende arbeitsrechtliche Vereinbarung im Arbeitsvertrag bzw. aufgrund einer Kollektivvertragsbestimmung oder Betriebsvereinbarung.

Teilweiser Lohnausgleich

Zusätzlich zum neuen Entgelt für Teilzeitarbeit erhält der Arbeitnehmer einen Lohnausgleich in der Höhe von 50 Prozent des Differenzbetrages zwischen dem bisherigen Arbeitsentgelt und dem der verringerten Arbeitszeit entsprechenden Entgelt. Durch diesen sogenannten Lohnausgleich werden die wirtschaftlichen Nachteile der Teilzeitbeschäftigung für den Arbeitnehmer abgefedert.

Basis für die Berechnung ist das durchschnittliche Entgelt der letzten zwölf Monate. Das Altersteilzeitgeld gebührt aber nur insoweit, als mit dem neuen Entgelt für die verringerte Arbeitszeit zuzüglich des Lohnausgleichs die ASVG-Höchstbeitragsgrundlage (2022: € 5.670,- monatlich) nicht überschritten wird. Zudem leistet der Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge entsprechend der Beitragsgrundlage vor Herabsetzung der Normalarbeitszeit. Auch die Abfertigung Alt wird auf Basis der Arbeitszeit vor Beginn der Altersteilzeitvereinbarung berechnet.

Altersteilzeit kontinuierlich

Eine kontinuierliche Arbeitszeitverkürzung liegt vor, wenn die Schwankungen der Arbeitszeit in einem Durchrechnungszeitraum von längstens einem Jahr ausgeglichen werden, gerechnet jeweils ab Beginn der Altersteilzeit, oder die Abweichungen jeweils nicht mehr als 20 % der Normalarbeitszeit betragen und insgesamt ausgeglichen werden.

Der zusätzliche Aufwand des Arbeitgebers bei Ansprüchen auf Altersteilzeitgeld wird bei kontinuierlicher Altersteilzeit im Ausmaß von 90 % ersetzt.

Altersteilzeit geblockt

Die geförderte Altersteilzeit bietet auch die Möglichkeit für Blockzeitvereinbarungen. Das heißt, der Arbeitnehmer arbeitet in der Arbeitsphase eine bestimmte Zeitspanne voll weiter und hat dann einen bestimmten Zeitraum frei. Im Fall einer Blockung darf die Freizeitphase der Altersteilzeit nicht mehr als zweieinhalb Jahre betragen.

Die Vereinbarung der Blockzeitvariante über einen mehrjährigen Zeitraum erfordert eine arbeitsvertragliche Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Leistung von Mehrstunden in der Arbeitsphase und zum entsprechenden Konsum von Zeitausgleich in der Freizeitphase.

Der zusätzliche Aufwand des Arbeitgebers bei Ansprüchen auf Altersteilzeitgeld wird bei Blockzeitvereinbarungen nur im Ausmaß von 50 Prozent ersetzt, wobei für den Zeitraum der Freizeitphase eine Ersatzkraft einzustellen ist. Darüber hinaus sind Blockzeitvereinbarungen hinsichtlich Krankenstand, Urlaub und vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Risiken verbunden.

Endet das Arbeitsverhältnis während der Arbeits- bzw. während der Freizeitphase, ist dem Arbeitnehmer - bei seinem Tod den Erben - das eingearbeitete, aber noch nicht verbrauchte Zeitguthaben finanziell abzugelten. Der Lohnausgleich ist nicht in diese Abgeltung einzubeziehen.

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss der Arbeitgeber bestehende Zeitguthaben an Normalarbeitszeit mit einem Zuschlag von 50 Prozent abgelten, wenn nicht durch Kollektivvertrag Abweichendes geregelt ist.

Der Arbeitgeber muss zudem das vom AMS bezogene Altersteilzeitgeld zurückzahlen. Ausgenommen davon sind Kündigung oder unberechtigter vorzeitiger Austritt durch den Arbeitnehmer, berechtigte Entlassung durch den Arbeitgeber, Beendigung wegen Pensionsantritts und Tod des Arbeitnehmers.

Tipps für die vertragliche Vereinbarung von Altersteilzeit

Es ist empfehlenswert, im Zuge der Altersteilzeitvereinbarung verschiedene Punkte vertraglich festzuhalten:

-       Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten festlegen, dass mit dem planmäßigen Ende der Altersteilzeitvereinbarung, was in der Regel der Zeitpunkt des Pensionsantrittes ist, das Arbeitsverhältnis durch einvernehmliche Auflösung als beendet gilt.

-       Zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollte in der Altersteilzeitvereinbarung das Gesamtentgelt (Teilzeitentgelt + Lohnausgleich) mit der jeweiligen Höchstbeitragsgrundlage gedeckelt werden, da der über der Höchstbeitragsgrundlage liegende Betrag nicht gefördert wird.

-       Der Lohnausgleich sollte nur unter der Bedingung beziehungsweise so lange zugesagt werden, als vom AMS Altersteilzeitgeld auch tatsächlich gewährt wird. Für den Fall von Kürzungen des Altersteilzeitgelds sollte eine entsprechende Verringerung des Lohnausgleichs vorgesehen sein.

-       Geregelt werden sollte auch, was bei allfälliger Einstellung des Altersteilzeitgelds hinsichtlich des Arbeitszeitausmaßes geschieht. Eine Rückkehr zum ursprünglichen Arbeitszeitausmaß ist ebenso denkbar wie die Weiterführung der Teilzeitbeschäftigung, wohl aber ohne Lohnausgleich und mit niedrigerer Beitragsgrundlage in der Sozialversicherung.

FPÖ-Sozialsprecherin Dr. Dagmar Belakowitsch findet klare Worte:[2]

FPÖ – Belakowitsch: Arbeitsmodelle dürfen nicht eingeschränkt, sondern müssen attraktiviert werden

Regierungsklausur ist für ältere Menschen eine reine Farce und Verhöhnung

‚Die neoliberalen Ideen von ÖVP und Grünen, älteren Arbeitnehmern die Optionen zu nehmen, wie sie sich ihre letzten Arbeitsjahre gestalten möchten, kann man nur als Farce und Verhöhnung bezeichnen‘, reagierte heute die freiheitliche Sozialsprecherin NAbg. Dr. Dagmar Belakowitsch auf die ‚Ergebnisse‘ der Regierungsklausur.

Demnach soll zum Beispiel die ‚geblockte Altersteilzeit‘ abgeschafft werden, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. ‚Das ist natürlich ein großer Humbug, denn den älteren Menschen Möglichkeiten wegzunehmen, um der Ausbeutungsideologie des ÖVP-Wirtschaftsministers Kocher nachzukommen, hilft niemanden, sondern demotiviert höchstens. Wenn man bedenkt, dass etwa 20 Prozent der Arbeitslosen im Land über 55 Jahre alt sind, wäre es bei weitem sinnvoller, diese Personengruppe wieder in den Arbeitsmarkt einzubinden‘, forderte Belakowitsch.

‚Grundsätzlich sollen Arbeitnehmern gemeinsam mit den Arbeitgebern möglichst viele Spielräume offenstehen, wie sie ihr Dienstverhältnis bis zum letzten Arbeitstag gestalten können. Einschränkungen sind wohl die schlechteste Form einer Reform unseres Arbeits- und Pensionssystems. Erfolgreiche Versuchsmodelle in letzter Zeit einzelner Betriebe bezüglich neuer Modelle der Arbeitszeitgestaltung zeigen auf, dass eine Liberalisierung des Systems wohl für alle Beteiligten weit zielbringender ist‘, betonte Belakowitsch.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 23. März 2023 erstmals in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch die Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Mag. Gerald Loacker, Mag. Markus Koza und Bettina Zopf sowie der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher. Die Verhandlungen wurden vertagt.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 11. Mai 2023 neuerlich in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dietmar Keck, Bettina Zopf, Mag. Gerald Loacker, Dr. Dagmar Belakowitsch, Mag. Verena Nussbaum, Mag. Markus Koza und Peter Wurm sowie der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher und der Ausschussobmann Abgeordneter Josef Muchitsch. Die Verhandlungen wurden erneut vertagt.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 28. Juni 2023 abermals in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Mag. Markus Koza und Dr. Dagmar Belakowitsch sowie der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher. Die Verhandlungen wurden neuerlich vertagt.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 13. September 2023 erneut in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Bettina Zopf, Mag. Gerald Loacker, Rainer Wimmer, Mag. Markus Koza und Gabriele Heinisch-Hosek sowie der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit (für den Antrag: S, F dagegen: V, G, N).

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Bettina Zopf gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2023 09 13

                                   Bettina Zopf                                                                   Josef Muchitsch

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann



[1] https://www.wko.at/service/t/arbeitsrecht-sozialrecht/Altersteilzeit.html

[2] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20230112_OTS0009/fpoe-belakowitsch-arbeitsmodelle-duerfen-nicht-eingeschraenkt-sondern-muessen-attraktiviert-werden