Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Mit der Richtlinie (EU) 2021/2118 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2021 zur Änderung der Richtlinie 2009/103/EG über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht, ABl. Nr. L 430 vom 2.12.2021 S. 1 (im Folgenden auch als „Richtlinie (EU) 2021/2118“ oder als „Änderungsrichtlinie“ bezeichnet) wird der Anwendungsbereich der Richtlinie 2009/103/EG über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht präzisiert und klar geregelt, für welche Fahrzeuge Haftpflichtversicherungspflicht besteht und welcher Versicherungsschutz gelten sollte.

Dabei wird nun insbesondere geklärt, dass Unfälle, die bei der gewöhnlichen Nutzung eines Fahrzeugs als Transportmittel, unter anderem auf privaten Grundstücken, verursacht werden, grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen.

Gleichzeitig werden die bestehenden Ausnahmemöglichkeiten von der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungspflicht in Art. 5 der Richtlinie erweitert und für die Verwendung eines Fahrzeugs bei Motorsportveranstaltungen und -aktivitäten festgelegt, dass diese bei Bestehen einer alternativen Versicherung oder Garantie nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt.

Des Weiteren verpflichtet die Richtlinie die Mitgliedstaaten, Stellen einzurichten, die für eine zeitnahe Schadensregulierung sorgen, falls das betreffende Versicherungsunternehmen zahlungsunfähig wird.

In Ansehung der Mindestdeckungssummen werden eine einheitliche Überprüfungsklausel mit dem von Eurostat veröffentlichten harmonisierten Verbraucherpreisindex als Richtwert und einheitliche Verfahrensregeln für eine solche Überprüfung festgelegt.

Darüber hinaus enthält die Richtlinie Vorgaben für eine Harmonisierung der Bescheinigungen des Schadenverlaufs.

Einer Überarbeitung wurden auch die Regelungen über die Kontrolle der Haftpflichtversicherung unterzogen.

Schließlich werden mit der Richtlinie noch die Bestimmungen zu Fahrzeugen, die von einem Mitgliedstaat in einen anderen versendet werden (Art. 15) und Auskunftsstellen (Art. 23) modifiziert und neue Regelungen betreffend Unfälle mit Anhängern (Art. 15a) und Preisvergleichsinstrumente (Art. 16a) eingeführt.

Der Entwurf sieht folgende Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie vor:

1. Verkehrsopfer sollen umfassend geschützt werden. Die Entschädigungspflicht des Fachverbands bei nicht versicherungspflichtigen Fahrzeugen soll nicht mehr auf einzelne, im Kraftfahrgesetz 1967 von der Versicherungspflicht ausgenommene Fahrzeugkategorien beschränkt sein, sondern grundsätzlich für alle Fahrzeuge gelten, die dem Fahrzeugbegriff der Änderungsrichtlinie entsprechen, für die im KFG 1967 aber keine Versicherungspflicht vorgesehen ist. Die Entschädigungspflicht des Fachverbands bei Ausfall eines Versicherers soll auf Fälle, in denen der Versicherungsvertrag aufgrund einer Hinterlegung des Zulassungsscheines und der Kennzeichentafeln gemäß § 52 KFG 1967 ruhend gestellt wurde, erweitert werden.

2. Die bisher in § 4 Abs. 1 Z 5 VOEG geregelte Entschädigungspflicht des Fachverbands bei Zahlungsunfähigkeit des Haftpflichtversicherers wird an die Vorgaben der Änderungsrichtlinie angepasst. Neben dem Prozedere der Schadensabwicklung/Erstattung zwischen den Entschädigungsstellen der EWR-Vertragsstaaten wird dabei auch der Übergang von Ersatzansprüchen neu geregelt.

3. Im neu geschaffenen § 6 Abs. 4 VOEG werden vier Fälle geregelt, in denen keine Ersatzpflicht des Fachverbands nach § 6 Abs. 1 VOEG bestehen soll:

Nach Abs. 4 Z 1 gilt dies für Fahrzeuge, die im Unfallzeitpunkt nicht so verwendet werden, wie es ihrer Funktion als Beförderungsmittel entspricht, unabhängig von ihren Merkmalen und unabhängig von dem Gelände, auf dem sie verwendet werden, und der Tatsache, ob sie sich in Bewegung befinden oder nicht.

Nach Abs. 4 Z 2 besteht auch dann keine Ersatzpflicht des Fachverbands, wenn das Fahrzeug bei einer Motorsportveranstaltung oder -aktivität in einem abgegrenzten Gebiet mit Zugangsbeschränkungen verwendet wird und der Veranstalter der Aktivität oder eine andere Partei eine alternative Versicherung oder Garantie abgeschlossen hat, die den Schaden abdeckt.

Der vorgeschlagene Abs. 4 Z 3 soll sicherstellen, dass Unfälle mit Arbeitsmaschinen in abgesperrtem Fabrikgelände zwischen in den Arbeitsbetrieb des Arbeitgebers eingebundenen Personen nicht eine Ersatzpflicht des Fachverbands begründen.

Nach Abs. 4 Z 4 soll auch dann keine Entschädigungspflicht des Fachverbands bestehen, wenn der Schaden durch ein Fahrzeug verursacht wurde, das gemäß § 59 Abs. 2 KFG 1967 von der Versicherungspflicht ausgenommen ist.

4. Bei einem Unfall mit einem Anhänger sollen dem Versicherer des Anhängers, sofern er nicht verpflichtet ist, vollständigen Schadenersatz zu leisten, bestimmte Informationspflichten auferlegt werden (vgl. § 8 Abs. 3 KHVG 1994).

5. Mit den Ergänzungen in § 16 KHVG 1994 wird die neu gefasste Bestimmung des Art. 16 der Richtlinie 2009/103/EG über die Bescheinigung über die Haftungsansprüche Dritter umgesetzt.

6. In Hinkunft soll die Anpassung der Mindestdeckungssummen für Personen- und Sachschäden an die unionsrechtlichen Vorgaben im Sinne des Art. 9 der Richtlinie 2009/103/EG im österreichischen Recht nicht mehr im Wege einer gesetzlichen Regelung, sondern im Verordnungsweg erfolgen.

7. In der Straßenverkehrsordnung 1960 wird der Abschluss einer Haftpflichtversicherung als rechtliche Voraussetzung für die Bewilligung einer Motorsportveranstaltung vorgesehen.

Keiner Umsetzung bedarf der geänderte Art. 4 der Richtlinie 2009/103/EG. Das darin enthaltene Diskriminierungsverbot ist in den kraftfahrrechtlichen Vorschriften zur Kontrolle der Haftpflichtversicherung bereits normiert.

Auch eine Umsetzung des neuen Art. 23 Abs. 1a der Richtlinie 2009/103/EG ist nicht erforderlich, da bereits durch § 31a Abs. 5 und 6 KHVG 1994 bestimmt wird, dass Zulassungsbehörden, Zulassungsstellen und Versicherungsunternehmen die in Art. 23 Abs. 1a genannten Informationen unverzüglich mitzuteilen haben. Zudem bedarf die Änderung von Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2009/103/EG aufgrund der unmittelbaren Gültigkeit der Verordnung (EU) 2016/679 keiner Umsetzung.

Abstand genommen wurde von einer Umsetzung der für die Mitgliedstaaten nicht verbindlichen Regelung des Art. 16a der Richtlinie 2009/103/EG zur Zertifizierung von Preisvergleichsinstrumenten für Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungen.

Neben den Bestimmungen zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie enthält der Entwurf auch einen neuen § 29a KHVG 1994, der sicherstellen soll, dass Erhebungen zur Feststellung der Ersatzpflicht vom Versicherer oder seinem Schadenregulierungsbeauftragten zügig vorangetrieben werden.

Inkrafttreten:

Die Richtlinie (EU) 2021/2118 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2021 zur Änderung der Richtlinie 2009/103/EG über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht, ABl. Nr. L 430 vom 2.12.2021 S. 1 ist bis zum 23. Dezember 2023 in nationales Recht umzusetzen. Bereits bis zum 23. Juni 2023 müssen die Mitgliedstaaten die Maßnahmen erlassen, die erforderlich sind, um den Änderungen im Zusammenhang mit Art. 10a Abs. 13 zweiter Unterabsatz bzw. Art. 25a Abs. 13 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2009/103/EG nachzukommen.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Durch das Gesetzesvorhaben wird EU-Recht umgesetzt. Die CELEX-Nummer des umzusetzenden Rechtsaktes lautet 32021L2118.

Kompetenzgrundlage:

Der vorliegende Entwurf stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 („Zivilrechtswesen“), 9 („Kraftfahrwesen“) und 11 („Sozial- und Vertragsversicherungswesen“) sowie Art. 11 Abs. 1 Z 4 („Straßenpolizei“) B-VG.

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetzes)

Zu Z 1 (§ 2 VOEG):

Aktualisierung der Bezeichnung von Fachverband der Versicherungsunternehmungen auf Fachverband der Versicherungsunternehmen.

Zu Z 2 (§ 4 Abs. 1 Z 5):

Nach Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2009/103/EG kann bei Fahrzeugen, die vorübergehend oder dauerhaft stillgelegt wurden und nicht verwendet werden dürfen, von der Kfz-Haftpflichtversicherungspflicht abgewichen werden, sofern ein formales Verwaltungsverfahren oder eine andere nachprüfbare Maßnahme nach nationalem Recht eingerichtet wurde. Wird von dieser Abweichung Gebrauch gemacht, so ist zu gewährleisten, dass diese Fahrzeuge ebenso behandelt werden wie Fahrzeuge, bei denen der Versicherungspflicht nicht entsprochen worden ist.

Wenn ein Fahrzeug aufgrund einer zeitlich befristeten Hinterlegung des Zulassungsscheines und der Kennzeichentafeln bei der Behörde gemäß § 52 KFG 1967 im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2009/103/EG vorübergehend stillgelegt wird, sodass der Versicherungsvertrag für diese Zeit ruht (vgl. Art. 18 der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, AKHB 2019), dann muss, um der Vorgabe des Art. 5 Abs. 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2009/103/EG zu entsprechen, eine Entschädigungspflicht des Fachverbands für durch ein solches Fahrzeug im Inland verursachte Personen- und Sachschäden vorgesehen werden (§ 4 Abs. 1 Z 5).

Die bisher in § 4 Abs. 1 Z 5 geregelte Entschädigungspflicht des Fachverbands bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Haftpflichtversicherers soll nunmehr in § 5 geregelt werden.

Zu Z 3 (§ 4 Abs. 6):

Der neu geschaffene Abs. 6 gibt die bisher in § 5 geregelte Begrenzung der Entschädigungsleistungen des Fachverbands beim Ersatz von Sachschäden wieder. Nicht aufrechterhalten werden soll aber die Begrenzung der Entschädigungsleistungen im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Haftpflichtversicherers. Im Gegensatz zum bisherigen Recht ist die Entschädigungspflicht des Fachverbands im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Haftpflichtversicherers nunmehr unionsrechtlich vorgegeben (siehe dazu die Ausführungen zu Z 4). Da die Änderungsrichtlinie eine Begrenzung der Entschädigungsleistungen für diesen Fall nicht vorsieht, ist sie auch im österreichischen Recht zu beseitigen.

Zu Z 4 und 6 (§ 5 und § 8a):

Mit den vorgeschlagenen §§ 5 und 8a sollen die die Entschädigung von Unfallopfern bei Zahlungsunfähigkeit eines Versicherungsunternehmens regelnden Art. 10a und 25a der Richtlinie 2009/103/EG umgesetzt werden.

Vorgesehen wird eine Entschädigungspflicht des Fachverbands gegenüber Personen mit inländischem Wohnsitz (Sitz) für Schäden infolge von Unfällen im Inland (§ 5) und in einem anderen Staat, dessen nationales Versicherungsbüro dem System der Grünen Karte beigetreten ist (§ 8a; die darüber hinaus in Art. 25a iVm Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2009/103/EG angeführten „anderen Mitgliedstaaten“ brauchen nicht gesondert angeführt werden, da die Versicherungsbüros sämtlicher EWR-Vertragsstaaten dem System der Grünen Karte beigetreten sind), bei Zahlungsunfähigkeit eines Haftpflichtversicherers mit Sitz im Inland oder in einem anderen EWR-Vertragsstaat.

In beiden Fällen sind Geschädigte ab dem Zeitpunkt zu entschädigen, ab dem das Versicherungsunternehmen Gegenstand eines Insolvenzverfahrens oder Gegenstand eines Liquidationsverfahrens im Sinne von Art. 268 Abs. 1 lit. d der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (ABl. L 335 vom 17.12.2009, S. 1) ist. Soweit ein Versicherungsunternehmen mit Sitz im Inland betroffen ist, tritt die Entschädigungspflicht ein, sobald über dessen Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet oder dasselbe gemäß § 306 Abs. 1 VAG 2016 aufgelöst wurde. Bei den in § 306 Abs. 1 VAG 2016 angeführten Auflösungen handelt es sich um jene gemäß § 203 Abs. 1 Z 1 und 2 AktG und § 57 Abs. 1 Z 1 und 2 VAG 2016. Verwalter oder Liquidatoren im Sinne von Artikel 268 Abs. 1 lit. e bzw. f der Richtlinie 2009/138/EG sind diesfalls die Insolvenzverwalter oder Abwickler, die grundsätzlich die bisherigen Vorstandsmitglieder des Versicherungsunternehmens sind (vgl. Reiner in Korinek/G. Saria/S. Saria, VAG § 306 Rz 11 (Stand 1.8.2018, rdb.at).

Die in Art. 10a Abs. 3 und Art. 25a Abs. 3 der Richtlinie 2009/103/EG enthaltene Veröffentlichungs- und Unterrichtungspflicht richtet sich an den Herkunftsmitgliedstaat des Versicherungsunternehmens. Nach Art. 1 Nummer 8 der Richtlinie 2009/103/EG ist „Herkunftsmitgliedstaat“ der Herkunftsmitgliedstaat im Sinne von Artikel 13 Nummer 8 lit. a der Richtlinie 2009/138/EG: Das ist der Mitgliedstaat, in welchem sich der Gesellschaftssitz des Versicherungsunternehmens befindet, das das Risiko deckt. Dies ist insofern konsistent, zumal eine Zweigniederlassung gar nicht insolvenzfähig ist (vgl. OLG Wien 16.6.2016, 28 R 127/16a).

In Österreich wird das Insolvenzedikt in der Insolvenzdatei (Teil der Ediktsdatei) öffentlich bekannt gemacht (§§ 2, 255 IO). Die Auflösung eines Versicherungsunternehmens gemäß § 203 Abs. 1 Z 1 und 2 AktG oder § 57 Abs. 1 Z 1 und 2 VAG 2016 ist zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden. Da es sich auch bei der Eintragung ins Firmenbuch um eine öffentliche Bekanntmachung handelt, wird der Vorgabe des Art. 10a Abs. 3 erster Satz und Art. 25a Abs. 3 erster Satz der Richtlinie 2009/103/EG innerstaatlich bereits entsprochen, sodass es keiner weiteren Umsetzung bedarf. Die darüber hinaus vorgesehene Unterrichtung der Entschädigungsstellen der anderen EWR-Vertragsstaaten wird in § 5 Abs. 3 und § 8a Abs. 2 umgesetzt.

Der Umfang der Entschädigungsleistungen und die Modalitäten der Schadensabwicklung sind entsprechend den Vorgaben der Änderungsrichtlinie in den Absätzen 2 und 4 bis 9 des vorgeschlagenen § 5 enthalten.

Der vorgeschlagene § 5 Abs. 2 trägt dem von der Änderungsrichtlinie vorgegebenen Grundsatz Rechnung, nach dem es für den Geschädigten in Ansehung der ihm gezahlten Entschädigung keinen Unterschied machen darf, ob das Versicherungsunternehmen des Unfallverursachers zahlungsunfähig ist oder nicht (vgl. Erwägungsgrund 20). Vor dem Hintergrund, dass das Erstattungssystem das anwendbare Recht zur Regelung der Deckungssummen für Geschädigte unberührt lassen soll (vgl. Erwägungsgrund 23), gelten für die Entschädigung durch den Fachverband jene Mindestbeträge, die auch bei der Entschädigung durch das (zahlungsunfähige) Versicherungsunternehmen zur Anwendung gelangen würden. Soweit die Parteien keine Rechtswahl getroffen haben und soweit nicht aus Art. 7 Abs. 4 der Verordnung über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, ABl. Nr. L 177 vom 4.7.2008 S. 6 idF ABl. Nr. L 309 vom 24.11.2009 S. 8 (Rom I-VO) folgt, dass das Recht jenes Mitgliedstaats anzuwenden ist, der die Versicherungspflicht vorschreibt, so unterliegt der Versicherungsvertrag gem. Art. 7 Abs. 3 letzter Satz Rom I-VO grundsätzlich dem Recht des Mitgliedstaats, in dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses das Risiko belegen ist. Zufolge des Verweises in Art. 7 Abs. 6 Rom-I-VO ist dies das Recht des Zulassungsmitgliedstaats.

Die angeführten Regelungen gelten grundsätzlich auch für die Fälle des § 8a („Auslandsunfälle“), wobei in dessen Abs. 2 einige wenige Abweichungen vorgesehen sind.

Zu Z 5 (§ 6):

Durch die vorgeschlagenen Änderungen des § 6 soll sichergestellt werden, dass der Fachverband Entschädigung für Personen- und Sachschäden zu leisten hat, die durch Fahrzeuge, die dem Fahrzeugbegriff der Änderungsrichtlinie entsprechen, verursacht wurden, für die im KFG 1967 aber unter Inanspruchnahme einer Ausnahmemöglichkeit von der Versicherungspflicht im Sinne des Art. 5 der Richtlinie 2009/103/EG keine Versicherungspflicht vorgesehen ist. Es sind dies insbesondere Kraftfahrzeuge, die gemäß § 1 Abs. 2 KFG 1967 von der Versicherungspflicht ausgenommen sind und solche, die nicht auf Straßen mit öffentlichen Verkehr verwendet werden oder zur Verwendung auf solchen Straßen bestimmt sind (vgl. den Kraftfahrzeugbegriff des § 2 Z 1 KFG 1967).

Betreffend Fahrzeuge, die dem Kraftfahrzeugbegriff des KFG 1967 („auf Straßen verwendet werden oder zur Verwendung auf Straßen bestimmt“) entsprechen, ist der Anwendungsbereich der Fonds-Entschädigungspflicht im Vergleich zum bisherigen Recht zwar theoretisch eingeschränkt, wenn Kraftfahrzeuge mit einer Bauartgeschwindigkeit von nicht mehr als 10 km/h im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. a KFG 1967 nicht mehr erfasst sind. Da in der Praxis aber ohnedies kein Fall denkbar ist, in denen die Entschädigungspflicht des Fachverbands durch ein solches Fahrzeug ausgelöst würde, geht mit dieser Änderung eine Einschränkung des Verkehrsopferschutzes aber nicht einher. Hinsichtlich von Fahrzeugen, die dem Kraftfahrzeugbegriff des KFG 1967 nicht entsprechen (wie Pistengeräte, Skidoos, Flughafenfahrzeuge) erfüllen wohl nur Rasenmähertraktoren die Kriterien des Fahrzeugbegriffs der Richtlinie nicht, mit der Konsequenz, dass keine Entschädigungspflicht des Fachverbands gilt. In Ansehung von Fahrzeugen mit gewöhnlichem Standort in anderen EWR-Vertragsstaaten wird die Ersatzpflicht des Fachverbands in § 6 Abs. 1 Z 2 auf sämtliche mit der Änderungsrichtlinie neu geschaffenen Ausnahmemöglichkeiten von der Versicherungspflicht nach Art. 5 der Richtlinie 2009/103/EG erweitert.

Daneben hat der Fachverband auch Entschädigung für Personen- und Sachschäden zu leisten, die im Inland durch elektrisch angetriebene Fahrräder im Sinne des § 1 Abs. 2a KFG 1967 verursacht wurden. Obwohl E-Bikes im Sinne des § 1 Abs. 2a KFG 1967 dem Fahrzeugbegriff der Änderungsrichtlinie nicht notwendigerweise entsprechen, da sie in der Regel nicht „ausschließlich maschinell“ angetrieben werden, sollen Unfälle mit E-Bikes aus rechtspolitischen Gründen wie bisher der Entschädigungspflicht des Fachverbands unterstellt bleiben.

Im neu geschaffenen Abs. 4 werden vier Fälle geregelt, in denen keine Ersatzpflicht des Fachverbands nach § 6 Abs. 1 bestehen soll:

Von Z 1 sind Fahrzeuge erfasst, die im Unfallzeitpunkt nicht so verwendet werden, wie es ihrer Funktion als Beförderungsmittel entspricht, unabhängig von ihren Merkmalen und unabhängig von dem Gelände, auf dem sie verwendet werden, und der Tatsache, ob sie sich in Bewegung befinden oder nicht. Diese Fahrzeuge entsprechen den „als ortsgebundene Kraftquelle oder für ähnliche Zwecke“ verwendeten Fahrzeugen im Sinne des bisherigen § 6 Abs. 3. Die Ausnahme ist von der Richtlinie 2009/103/EG gedeckt, zumal deren Art. 3 (Haftpflichtversicherungspflicht), Art. 5 (Entschädigungspflicht des Fachverbands bei Abweichungen von der Haftpflichtversicherungspflicht) und Art. 10 (Entschädigungspflicht des Fachverbands bei Nichtentsprechung der Versicherungsplicht) an die „Verwendung eines Fahrzeugs“ anknüpfen und die vom Ausnahmetatbestand des § 6 Abs. 4 Z 1 erfassten Fahrzeuge gerade nicht die Kriterien der in Art. 1 Nummer 1 lit. a der Richtlinie 2009/103/EG enthaltenen Begriffsbestimmung für „Verwendung eines Fahrzeugs“ erfüllen. Korrespondierend dazu soll § 4 Abs. 1 Z 4 KHVG 1994, der regelt, dass die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung u.a. für solche Fälle ausgeschlossen werden kann, an die Begriffsbestimmung des Art. 1 Nummer 1 lit. a der Richtlinie 2009/103/EG angepasst werden.

Nach Abs. 4 Z 2 soll auch dann keine Ersatzpflicht des Fachverbands nach § 6 Abs. 1 bestehen, wenn das Fahrzeug bei einer Motorsportveranstaltung oder -aktivität in einem abgegrenzten Gebiet mit Zugangsbeschränkungen verwendet wird. Schon bisher erstreckte sich die Entschädigungspflicht des Fachverbands nach § 6 Abs. 1 Z 1 nicht auf Schäden, die durch Kraftfahrzeuge verursacht werden, „die bei einer kraftfahrsportlichen Veranstaltung und ihren Trainingsfahrten auf einer für den übrigen Verkehr gesperrten Straße verwendet werden“ (kein Verweis auf § 1 Abs. 2 lit. c KFG 1967). Da in Zukunft § 6 Abs. 1 nicht mehr explizit auf die die einzelnen Tatbestände verweist, ist die Ausnahme hier zu normieren. Die Änderungsrichtlinie erlaubt eine Ausnahme von der Haftpflichtversicherungspflicht und damit auch von der Entschädigungspflicht des Fachverbands, „wenn der Mitgliedstaat sicherstellt, dass der Veranstalter der Aktivität oder eine andere Partei eine alternative Versicherung oder Garantie abgeschlossen hat, die den Schaden für Dritte, einschließlich Zuschauern und anderen Umstehenden, aber nicht notwendigerweise den Schaden für die teilnehmenden Fahrer und ihre Fahrzeuge abdeckt“. Durch diese Umformulierung wird es kaum zu einer verstärkten Inanspruchnahme des Fachverbandes kommen, weil nach dem vorgeschlagenen § 64 Abs. 3a StVO 1960 für Veranstaltungen auf Straßen, die für den übrigen Verkehr gesperrt sind, eine Haftpflichtversicherung des Veranstalters Voraussetzung für die Bewilligung ist. Damit läuft die Ausnahme von der Versicherungspflicht nach § 1 Abs. 2 lit. c KFG 1967 gleich mit einer alternativen Versicherung, die eine Inanspruchnahme des Fachverbands ausschließt. Sollte der Tatbestand nach § 1 Abs. 2 lit. c KFG 1967 nicht erfüllt sein, dann ist ein Fahrzeug, das ansonsten auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet wird, ohnedies versicherungspflichtig, und es kommt allenfalls eine Entschädigungspflicht des Fachverbands nach § 4 Abs. 1 Z 1 in Betracht.

Der Geschädigte soll nach § 6 Abs. 1 weiters dann nicht zu entschädigen sein, wenn der Schaden durch einen Unfall von einem in § 1 Abs. 2 lit. b KFG 1967 angeführten Fahrzeug, das nicht zur Verwendung auf öffentlichen Straßen zugelassen ist, im für die Öffentlichkeit aufgrund einer rechtlichen oder physischen Beschränkung nicht zugänglichen Bereich zwischen in den Arbeitsbetrieb eingebundenen Personen herbeigeführt wird (Abs. 4 Z 3). Diese Ausnahme von der Ersatzpflicht des Fachverbands stützt sich auf Art. 5 Abs. 5 in Verbindung mit Abs. 6 der Richtlinie 2009/103/EG. Nach diesen Bestimmungen können die Mitgliedstaaten nunmehr bei Fahrzeugen, die gemäß ihren nationalen Rechtsvorschriften nicht zur Verwendung auf öffentlichen Straßen zugelassen sind, nicht nur von der Haftpflichtversicherungspflicht nach Art. 3 der Richtlinie 2009/103/EG, sondern – im Zusammenhang mit dem Ersatz von Schäden, die durch solche Fahrzeuge in Gebieten verursacht wurden, die aufgrund einer rechtlichen oder physischen Beschränkung des Zugangs zu diesen Gebieten gemäß den nationalen Rechtsvorschriften für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind – auch von der Entschädigungspflicht des Fachverbands nach Art. 10 der Richtlinie 2009/103/EG abweichen. Vor dem Hintergrund, dass das VOEG für die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen aus Arbeitsunfällen nicht die geeignete Anspruchsgrundlage darstellt, soll mit der vorgeschlagenen Z 3 des § 6 Abs. 4 im Wesentlichen die bis zu ihrer Aufhebung mit dem Mindestversicherungssummen-Valorisierungsgesetz 2016 – MinVersValG 2016 (BGBl. I Nr. 19/2017) bestehende Einschränkung der Entschädigungspflicht des Fachverbands für Schäden, die durch einen Unfall von in § 1 Abs. 2 lit. a und b KFG 1967 angeführten Fahrzeugen im geschlossenen Bereich zwischen in den Arbeitsbetrieb eingebundenen Personen herbeigeführt wurden (sog. „Hubstapler-Ausnahme“), wieder eingeführt werden. Da Kraftfahrzeuge mit einer Bauartgeschwindigkeit von nicht mehr als 10 km/h im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. a KFG 1967 von der Entschädigungspflicht des Fachverbands nach § 6 nicht mehr erfasst sind, hat eine Bezugnahme auf solche Fahrzeuge in der vorgeschlagenen Ausnahmeregelung des § 6 Abs. 4 Z 3 aber zu unterbleiben. Insgesamt soll der vorgeschlagene § 6 Abs. 4 Z 3 sicherstellen, dass durch Unfälle mit Arbeitsmaschinen in abgesperrtem Fabrikgelände (z. B. in einer Fabrik- oder Lagerhalle) zwischen in den Arbeitsbetrieb des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin eingebundenen Personen (Arbeitnehmer/innen, Leiharbeitskräften sowie Personen in ähnlichen Rechtsverhältnissen) nicht eine Ersatzpflicht des Fachverbands der Versicherungsunternehmen, gefolgt von einer Regresspflicht gegenüber der Schuld tragenden Person, begründet wird. In diesen Fällen wäre wohl primär die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin, allenfalls gekoppelt mit Leistungen aus einer Betriebshaftpflichtversicherung sowie der allgemeinen Unfallversicherung, angesprochen, und nicht ein Ausgleich über das VOEG, der letztlich auf eine Schadensteilung unter und nach dem Verschulden der beteiligten Arbeitnehmer:innen hinausläuft.

Schließlich soll nach Abs. 4 Z 4 auch dann keine Entschädigungspflicht des Fachverbands bestehen, wenn der Schaden durch ein Fahrzeug verursacht wurde, das gemäß § 59 Abs. 2 KFG 1967 von der Versicherungspflicht ausgenommen ist. Gemäß § 59 Abs. 2 KFG 1967 sind Fahrzeuge im Besitz des Bundes, der Länder, der Gemeindeverbände, der Ortsgemeinden mit mehr als 50 000 Einwohnern, der von diesen Gebietskörperschaften unter ihrer Haftung betriebenen Unternehmungen sowie Fahrzeuge von Verkehrsunternehmungen im ausschließlichen Eigentum des Bundes von der Versicherungspflicht ausgenommen. Diese Fahrzeugbesitzer haben bei Schäden, für die ohne die eingeräumte Ausnahme eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung zu bestehen hätte, für Personen, die mit ihrem Willen beim Betriebe des Fahrzeuges tätig sind, in gleicher Weise und in gleichem Umfang einzutreten wie ein Haftpflichtversicherer bei Bestehen einer den Vorschriften des KHVG 1994 in der jeweils geltenden Fassung entsprechenden Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Diese Verpflichtung entfällt, wenn die befreiten Fahrzeugbesitzer eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung abgeschlossen haben. Die Ausnahme von der Kfz-Haftpflichtversicherungspflicht nach § 59 Abs. 2 KFG 1967 stützt sich auf Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/103/EG, der eine solche bei bestimmten natürlichen oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts zulässt, sofern sichergestellt ist, dass die Schäden, die diesen Personen gehörende Fahrzeuge verursachen, ersetzt werden. Eine Entschädigungspflicht des Fachverbands sieht die Richtlinie für solche nach Art. 5 Abs. 1 von Kfz-Haftpflichtversicherungspflicht ausgenommenen Fahrzeuge nicht vor.

Zu Z 7 (§ 13):

Der vorgeschlagene § 13 trägt dem Umstand Rechnung, dass der Übergang der Ersatzansprüche des Geschädigten auf den Fachverband im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Haftpflichtversicherers nun in § 16a Abs. 4 geregelt wird, der die Vorgaben der Änderungsrichtlinie auch in Bezug auf die Begrenzung des Forderungsübergangs umsetzt.

Zu Z 8 (§ 14):

Mit dem vorgeschlagenen letzten Halbsatz des § 14 Abs. 1 wird der bereits seit vielen Jahren gelebten und beschlossenen Praxis, nach der Haftpflichtversicherer zur Finanzierung der Entschädigungsleistungen des Fachverbands auch durch die Leistung von prämienunabhängigen Mindestbeiträgen beitragen, Rechnung getragen. Es wird klargestellt, dass es zulässig ist, den Haftpflichtversicherern unabhängig vom tatsächlichen Prämienaufkommen und von der tatsächlichen Aufnahme des Geschäftsbetriebs jeweils einen Mindestbeitrag von 0,5 Prozent der dem Fachverband zu ersetzenden Aufwendungen (das sind die von ihm erbrachten oder erstatteten Leistungen einschließlich eines angemessenen Verwaltungsaufwands, abzüglich der ihm erstatteten Leistungen) vorzuschreiben, wobei dann nur mehr die nach Abzug der vorzuschreibenden Mindestbeiträge verbleibenden Aufwendungen von den Haftpflichtversicherern nach dem Verhältnis des Prämienaufkommens zu tragen sind.

Der neu geschaffene Abs. 2 setzt Art. 10a Abs. 2 zweiter Satz und Art. 25a Abs. 2 zweiter Satz der Richtlinie 2009/103/EG um, nach dem Finanzbeiträge zur Finanzierung von Entschädigungsleistungen nach Art. 10a und Art. 25a der Richtlinie 2009/103/EG nur Versicherungsunternehmen auferlegt werden dürfen, die von dem Mitgliedstaat, der sie vorschreibt, zugelassen wurden.

Zu Z 9 (§ 16a):

§ 16a setzt Art. 10a Abs. 10 und Art. 25a Abs. 10 der Richtlinie 2009/103/EG um und regelt die Erstattung zwischen den Entschädigungsstellen der EWR-Vertragsstaaten (der Entschädigungsstelle im Wohnsitzstaat des Geschädigten ist der als Schadenersatz gezahlte Betrag von der Entschädigungsstelle im Herkunftsmitgliedsstaat des Versicherungsunternehmens zu erstatten) und den Übergang der Ersatzansprüche auf den Fachverband. Hervorzuheben ist der den Übergang der Ersatzansprüche des Geschädigten auf den Fachverband regelnde § 16a Abs. 4, der Art. 10a Abs. 10 Unterabsatz 3 und Art. 25a Abs. 10 Unterabsatz 3 der Richtlinie 2009/103/EG umsetzt. Aus dem vorgeschlagenen § 16a Abs. 4 folgt, dass der Fachverband nur dann auf den Versicherungsnehmer oder einen anderen Versicherten greifen kann, wenn das zahlungsunfähige Versicherungsunternehmen den Schaden im Innenverhältnis nicht decken würde (zum Beispiel weil dieser vorsätzlich herbeigeführt wurde).

Zu Z 10 (§ 19 Abs. 6):

Die Bestimmung enthält die notwendigen Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen. Der vom Datum des Inkrafttretens abweichende Geltungsbeginn der §§ 5, 8a und 16a Abs. 2 beruht auf Art. 30 der Richtlinie 2009/103/EG.

Zu Artikel 2 (Änderung des Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetzes 1994)

Zu Z 1 (§ 4 Abs. 1 Z 4):

Die vorgeschlagene Änderung stellt eine Anpassung an die Begriffsbestimmung des Art. 1 Nummer 1 lit. a der Richtlinie 2009/103/EG dar (siehe auch die Erläuterungen zum vorgeschlagenen § 6 VOEG).

Zu Z 2 (§ 4 Abs. 1 Z 5):

Durch die vorgeschlagene Änderung wird ein Gleichklang mit § 1 Abs. 2 lit. c KFG 1967 hergestellt, der Kraftfahrzeuge, die bei einer kraftfahrsportlichen Veranstaltung und ihren Trainingsfahrten auf einer für den übrigen Verkehr gesperrten Straße verwendet werden, für die Dauer einer solchen Veranstaltung von der Versicherungspflicht ausnimmt. Die weiters vorgesehene Möglichkeit eines Ausschlusses von der Versicherung in den Fällen des § 6 Abs. 4 Z 2 VOEG stützt sich auf Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2009/103/EG. Eine Verwendung von Kraftfahrzeugen etwa bei einem Rennen auf einer nicht abgesperrten Straße kann unionsrechtlich nicht von der Versicherungspflicht ausgenommen werden und daher auch nicht durch eine Ausschlussklausel begrenzt werden.

Zu Z 3 (§ 8 Abs. 3):

Art. 15a der Richtlinie 2009/103/EG hat den Schutz der Geschädigten bei Unfällen, an denen ein von einem Fahrzeug gezogener Anhänger beteiligt ist, zum Gegenstand. Dessen Abs. 1 regelt die Voraussetzungen, unter denen der Geschädigte seinen Anspruch unmittelbar bei dem Versicherungsunternehmen geltend machen kann, das den Anhänger versichert hat, lässt aber nationales Recht unberührt, das für den Geschädigten günstigere Vorschriften vorsieht. Der Regelungen zur Versicherung von Anhängern enthaltende § 8 knüpft die Inanspruchnahme der Versicherung des Anhängers an keine besonderen Voraussetzungen (wie etwa dass der Anhänger, nicht aber das Fahrzeug, das ihn gezogen hat, ermittelt werden kann). Das nationale Recht ist für den Geschädigten somit günstiger, sodass in Ansehung von Art. 15a Abs. 1 der Richtlinie 2009/103/EG kein Umsetzungsbedarf besteht. Anders verhält es sich mit den in Art. 15a Abs. 2 der Richtlinie 2009/103/EG enthaltenen verfahrenstechnischen Vorschriften, die den Versicherer des Anhängers bestimmte Informationspflichten auferlegen. Das österreichische Recht enthält bislang keine solchen Informationspflichten, sodass der vorgeschlagene § 8 Abs. 3 solche in Ansehung der Identität des Versicherers des Zugfahrzeugs oder wenn der Versicherer des Anhängers den Versicherer des Zugfahrzeugs nicht ermitteln kann, in Ansehung des in § 4 VOEG vorgesehenen Entschädigungsmechanismus bei Ausfall eines Haftpflichtversicherers vorsieht.

Zu Z 4 (§ 9 Abs. 7):

Die letzte Anpassung der Mindestdeckungssummen für Personen- und Sachschäden an die unionsrechtlichen Vorgaben im Sinne des Art. 9 der Richtlinie 2009/103/EG erfolgte im österreichischen Recht mit dem Mindestversicherungssummen-Valorisierungsgesetz 2021(BGBl. I Nr. 245/2021). Damals waren die Mindestdeckungssummen im KHVG 1994 für Personenschäden und für Sachschäden auf zumindest 6 450 000 Euro und 1 300 000 Euro zu erhöhen. Diese Beträge fanden Eingang in den geänderten Art. 9 der Richtlinie 2009/103/EG und sind nun von der Kommission alle fünf Jahre ab dem 22. Dezember 2021 anhand des gemäß der Verordnung (EU) 2016/792 des Europäischen Parlaments und des Rates festgelegten Harmonisierten Verbraucherpreisindexes (HVPI) zu überprüfen. Innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf eines jeden Fünfjahreszeitraumes hat die Kommission gemäß Art. 28b der Richtlinie 2009/103/EG delegierte Rechtsakte zur Anpassung dieser Beträge an den HVPI zu erlassen.

Mit dem vorgeschlagenen § 9 Abs. 7 wird geregelt, dass die Frau Bundesministerin für Justiz die Anpassungen, die zur Entsprechung des § 9 mit den von der Europäischen Kommission nach Art. 9 der Richtlinie 2009/103/EG zu erlassenen delegierten Rechtsakten notwendig sind, mit Verordnung vorzunehmen hat. Die vorgeschlagene Bestimmung enthält auch genaue Vorgaben für die Anpassung jener Beträge, die nicht unmittelbar durch delegierten Rechtsakt vorgegeben sind sowie eine Ermächtigung an die Bundesministerin für Justiz, gleichzeitig die in § 15 und § 16 EKHG, § 49 Gaswirtschaftsgesetz 2011, § 7a und § 7b Reichshaftpflichtgesetz sowie § 11 Rohrleitungsgesetz geregelten Haftungshöchstbeträge in dem Ausmaß anzupassen, das der Änderung der Mindestdeckungssummen durch delegierten Rechtsakt entspricht.

In Zukunft soll die Anpassung an die unionsrechtlichen Vorgaben im österreichischen Recht somit nicht mehr im Wege einer gesetzlichen Regelung, sondern im Verordnungsweg erfolgen.

Zu Z 5 (§ 16):

Mit den Ergänzungen in § 16 werden die geänderten beziehungsweise neuen Absätze des Art. 16 der Richtlinie 2009/103/EG umgesetzt. Um die Überprüfung und Authentifizierung von Bescheinigungen des Schadenverlaufs zu vereinfachen, sollen mittels eines Musters für diese Bescheinigung Inhalt und Format grenzüberschreitend vereinheitlicht werden. Zu diesem Muster erlässt die Europäische Kommission bis zum 23. Juli 2023 Durchführungsrechtsakte. Der bestehende § 16 wird daher in Abs. 1 entsprechend erweitert, um sicherzustellen, dass Versicherer zukünftig dieses Muster verwenden. Zudem sollen mit den beiden neuen Abs. 2 und 3 Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des früheren Wohnsitzmitgliedstaats beziehungsweise eine ungleiche Behandlung von Schadenverlaufsbescheinigungen aus dem Ausland verhindert werden.

In Abs. 2 soll der Zusatz „gemäß Art. 1 Z 6 der Richtlinie 2009/103/EG“ nach Versicherungsunternehmen klarstellen, dass sich in diesem Absatz „Versicherungsunternehmen“ auch auf Unternehmen beziehen kann, die ausschließlich im Ausland tätig sind.

In Abs. 3 wird nur auf von Versicherern im Inland ausgestellte Bescheinigungen verwiesen, da eine Stelle gemäß Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2009/103/EG in Österreich nicht existiert.

Mit Abs. 4 wird die Pflicht zur Offenlegung einer allgemeinen Übersicht über die Politik für die Berücksichtigung solcher Bescheinigungen bei der Berechnung der Prämien umgesetzt, die im neuen Art. 16 Abs. 5 der Richtlinie 2009/103/EG festgelegt ist.

Zu Z 6 (§ 29a Abs. 1a):

Verzögerungen bei der Schadensabwicklung durch Versicherungen in Österreich stehen zwar nicht an der Tagesordnung, wurden in letzter Zeit aber vermehrt wahrgenommen. Da eine rasche Reparaturfreigabe für eine Vielzahl der bei einem Unfall Geschädigten geradezu essentiell ist, wird normiert, dass Erhebungen zur Feststellung der Ersatzpflicht zügig voranzutreiben und die Vorlage von zur Feststellung der Ersatzpflicht erforderlichen Unterlagen ohne unnötigen Aufschub einzufordern ist. Der Versicherer oder sein Schadenregulierungsbeauftragter ist verpflichtet, jeweils aktive Schritte zur zügigen Schadenregulierung, die dem Grunde oder der Höhe nach zweckdienlich sind, zeitnah und ohne unnötigen Aufschub innerhalb des Schadenregulierungsprozesses zu setzen, um den Schadenregulierungsprozess zügig abzuschließen und gegebenenfalls die Ersatzleistung zügig zu erstatten. Ein Zuwarten von mehreren Tagen bis zum nächsten Bearbeitungsschritt wird dieser Anforderung nicht gerecht. Im Regelfall ist davon auszugehen, dass die Schadenregulierung im Inland innerhalb von vierzehn Tagen ab Schadenmeldung erledigt ist.

Die Bestimmung dient dem Geschädigten bei der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen, die ihm gegen das Versicherungsunternehmen aus einer schuldhaften Verzögerung der Schadenregulierung erwachsen (z. B. Kosten eines Mietwagens, Standgebühren). Wie bei anderen Schutzgesetzverletzungen kommt auch bei einem Verstoß gegen diese Bestimmung die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB zum Tragen (2 Ob 2423/96d, 7 Ob 82/00k).

Zu Z 7 (§ 31b Abs. 1 Z 3):

Redaktionelle Änderung, da das Vollzitat der Richtlinie 2009/103/EG nun bereits in § 9 Abs. 7 erfolgt.

Zu Z 8 (§ 31b Abs. 4):

Mit dieser Bestimmung soll der neu hinzugefügte 2. Unterabsatz von Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2009/103/EG umgesetzt werden. Zweck dieser Bestimmung ist es, die Zusammenarbeit zwischen den Auskunftsstellen betroffener Vertragsstaaten zu ermöglichen, wenn ein Fahrzeug von einem Vertragsstaat in einen anderen versandt wird. Betroffene Vertragsstaaten können entsprechend Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2009/103/EG der Zulassungsvertragsstaat, der Bestimmungsvertragsstaat, sofern dieser abweicht, sowie sonstige Vertragsstaaten sein, wie beispielsweise der Vertragsstaat, auf dessen Hoheitsgebiet sich ein Unfall ereignet hat oder in dem ein Geschädigter seinen Wohnsitz hat.

Zu Z 9 (§ 34b Abs. 5):

Die Bestimmung enthält die notwendigen Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen. Bestehen in geltenden Versicherungsverträgen Ausschlussklauseln nach § 4 Abs. 1 Z 4 oder 5 in der Fassung vor der Novelle, die durch die Novelle nun auf ihr unionsrechtlich zulässiges Maß eingeschränkt wurden, dann sollen von Gesetz wegen die weniger einschränkenden neuen Ausschlusstatbestände an die Stelle der bisherigen Ausschlusstatbestände treten.

Der vom Datum des Inkrafttretens abweichende Geltungsbeginn des § 16 Abs. 1 zweiter Satz sowie des § 16 Abs. 2, 3 und 4 beruht auf Art. 30 der Richtlinie 2009/103/EG.

Zu Artikel 3 (Änderung des Kraftfahrgesetzes 1967)

Zu Z 1 (§ 62 Abs. 1) und zu Z 2 (§ 64 Abs. 4):

Die alte Richtlinie 72/166/EWG wurde durch die neue Richtlinie 2009/103/EG aufgehoben. Die in § 62 Abs. 1 KFG zitierte Bestimmung des Art. 4 lit. b der Richtlinie 72/166/EWG findet ihre Entsprechung in Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2009/103/EG (Ausnahmen für bestimmte Fahrzeuge) und die in § 62 Abs. 4 KFG zitierte Bestimmung des Art. 4 lit. a der Richtlinie 72/166/EWG entspricht Art. 5 Abs. 1 der neuen Richtlinie 2009/103/EG (Ausnahmen für bestimmte Personen). Daher werden diese Zitierungen entsprechend geändert.

Zu Z 3 (§ 135 Abs. 44):

Bestimmung zum Inkrafttreten.

Zu Artikel 4 (Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes 2016)

Zu Z 1 (§ 5 Z 20 lit. a sublit. bb):

Mit dieser Bestimmung wird die Definition des Mitgliedstaats, in dem das Risiko belegen ist, entsprechend der Änderung von Art. 15 Abs. 1 UAbs. 1 der Richtlinie 2009/103/EG angepasst.

Zu Z 2 (§ 306 Abs. 1a) und Z 3 (§ 309 Abs. 5):

Mit diesen Bestimmungen wird den geänderten Regelungen des VOEG zur Entschädigung bei Insolvenz oder Liquidation eines Versicherungsunternehmens Rechnung getragen, die die entsprechenden neuen Bestimmungen der Richtlinie 2009/103/EG umsetzen. Es soll sichergestellt werden, dass der Fachverband der Versicherungsunternehmungen möglichst zeitnah von der Auflösung eines Versicherungsunternehmens mit Sitz im Inland oder der Eröffnung eines Konkursverfahrens über das Vermögen eines Versicherungsunternehmens mit Sitz im Inland Kenntnis erlangt, um seinen Pflichten gemäß VOEG in diesen Fällen nachzukommen.

Zu Z 4 (§ 341 Abs. 5):

Bestimmung zum Inkrafttreten.

Zu Z 5 (§ 342 Abs. 2 Z 3):

Aktualisierung des Verweises auf die Richtlinie 2009/103/EG.

Zu Z 6 (§ 346 Z 1):

Anpassung der Vollzugsbestimmung aufgrund des neu hinzugefügten § 309 Abs. 5, da hinsichtlich dieser Bestimmung der Bundesminister für Finanzen mit der Vollziehung betraut werden soll.

Zu Artikel 5 (Änderung der Straßenverkehrsordnung 1960)

Zu Z 1 (§ 64 Abs. 3a):

Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2009/103/EG in der Fassung der Richtlinie (EU) 2021/2118 sieht die Möglichkeit einer Ausnahme für Motorsport vor.

Die Beibehaltung der nach österreichischem Recht bereits geltenden Motorsport-Ausnahme (vgl. § 1 Abs. 2 lit. c KFG 1967) setzt voraus, „dass der Veranstalter der Aktivität oder eine andere Partei eine alternative Versicherung oder Garantie abgeschlossen hat, die den Schaden für Dritte, einschließlich Zuschauer und andere Umstehende, aber nicht notwendigerweise den Schaden für die teilnehmenden Fahrer und ihre Fahrzeuge abdeckt“.

§ 64 StVO 1960 regelt die Bewilligungspflicht für sportliche Veranstaltungen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr. Nach dieser Bestimmung kann die Behörde den Abschluss einer Haftpflichtversicherung für sportliche Veranstaltungen wie Wettlaufen, Wettfahren usw. auf Straßen vorschreiben. Durch die Anpassung des § 64 StVO 1960 kann den Anforderungen der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungs-Richtlinie für die Beibehaltung der Motorsport-Ausnahme entsprochen werden, indem der Anwendungsbereich auf alle kraftfahrsportlichen Veranstaltungen und Aktivitäten, „einschließlich Rennen, Wettbewerben, Trainings, Tests und Demonstrationen auf einer für den übrigen Verkehr gesperrten Straße“ erweitert und gleichzeitig festgelegt wird, dass für diese Art von Aktiviät eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden muss. Die Rechtslage für alle bisher von § 64 erfassten sportlichen Veranstaltungen bleibt unverändert.

Für eine effiziente behördliche Abwicklung des Bewilligungsverfahrens soll der Abschluss einer Haftpflichtversicherung bei Motorsportveranstaltungen bereits als rechtliche Voraussetzung für die Bewilligungserteilung gelten.

Da § 64 StVO 1960 grundsätzlich die Bewilligungspflicht von sportlichen Veranstaltungen regelt kommt die Bestimmung auch nur in solchen Fällen zum Tragen, in denen eine straßenpolizeiliche Bewilligung beantragt werden muss.

Zu Z 2 (§ 103 Abs. 27):

Bestimmung zum Inkrafttreten.