2216 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP
Bericht
des Unterrichtsausschusses
über den Antrag 3593/A(E) der Abgeordneten Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Teurer Schulstart
Die Abgeordneten Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 20. September 2023 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„Der Schulstart sollte ein positiver Tag für Familien sein. Ein neuer Lebensabschnitt beginnt für Kinder, Neues will gelernt und neue Freundschaften geschlossen werden. In der Realität ist der Schulstart aber vor allem eines: Ein Anlass zur Sorge. Denn Schule ist in Österreich nur auf dem Papier kostenlos. In Wahrheit müssen Familien viele versteckte Kosten tragen. Für viele Eltern wurde der Schulstart daher auch heuer wieder zur finanziellen Belastungsprobe: für Stifte, Hefte, Schultaschen müssen Familien oft tief in die Tasche greifen. Verstärkt wird das durch die Untätigkeit der Regierung bei der Inflationsbekämpfung. Die AK hat zwischen 26. Juni und 14. Juli die Preise von insgesamt 50 (meist) Marken-Schulsachen, die Erstklässler:innen zum Schulanfang benötigen, erhoben. Auch hier sehen sich Familien mit der Rekordteuerung konfrontiert. Gegenüber dem Vorjahr sind die erhobenen Schulartikel bei den Handelsketten um durchschnittlich 9,6 Prozent teurer geworden, im Papier-Fachhandel um durchschnittlich 6,3 Prozent teurer.[1]
Vollmundig hat daher die Regierung die Ausweitung der Unterstützung im Rahmen der Aktion „Schulstartklar“ zum Schulstart von 120 Euro auf 150 Euro angepriesen. Allerdings gehen die Gutscheine lediglich an Mindestsicherungs- und Sozialhilfeempfänger:innen. Die Teuerung macht vor niemanden halt und trifft viele Familien hart, allen voran natürlich Alleinerziehende, Familien in denen Elternteile ihren Job verloren haben oder auch schlicht Geringverdiener:innen. Hier muss daher dringend der Bezieher:innenkreis ausgeweitet werden.
Auch die Erhöhung des Schulstartgeldes des Bundes, das Eltern von 900.000 Schüler:innen erhalten, hält mit der aktuellen Teuerung nicht Schritt. Seit seiner Einführung 2011 wurden jährlich 100 Euro pro Kind ausbezahlt. 2023 wurde das Schulstartgeld auf 105,8 Euro erhöht. Den Wertverlust der letzten zwölf Jahre gleicht die Anpassung laut Berechnungen des Momentum Instituts aber nicht aus[2]. Konnten die Eltern beim Kauf 2011 noch Schulsachen im Wert von 100 Euro erwerben, erhalten sie heute nur mehr Waren im Wert von 69 Euro.
Die Forderung des Momentum-Instituts, das Schulstartgelt angesichts der Rekordteuerung, entsprechend zu erhöhen, ist daher zu unterstützen.
Nicht nur die Unterrichtsmaterialien bereiten Eltern finanzielle Sorgen. Immer mehr Schüler:innen benötigen Nachhilfe. Laut AK Nachhilfebarometer[3] hat sich der Anteil der Schüler:innen, die Nachhilfe benötigen, von 2017 auf 2023 von 18% auf 30% gesteigert. In der Volksschule braucht schon fast jedes 5. Kind Nachhilfe (Steigerung von 6% auf 17%). Auch hier schlägt die Teuerung zu Buche, durch steigende Kosten wird es für viele finanziell eng: Im Schuljahr 2022/2023 gaben Eltern insgesamt 121,6 Millionen Euro für private Nachhilfe aus (+18,4% im Vergleich zum Jahr davor). Im Jahr 2023 zahlten Eltern damit im Schnitt 720 Euro pro Kind und Jahr für Nachhilfe – eine immense finanzielle Belastung also! Es ist Zeit für kostenlose Nachhilfe und Förderunterricht an Schulen. Es sollte selbstverständlich sein, dass Lernen Sache der Schule ist, und nicht zur Frage der Finanzkraft der Eltern wird. Das Bildungsministerium ist aufgerufen ein Modell, orientiert am Vorbild Burgenland, für ganz Österreich umzusetzen. Der steigende Bedarf nach Nachhilfestunden verdeutlicht: das Schulmodell der Halbtagsschulen funktioniert schon lange nicht mehr – weder in Sachen Chancengleichheit (sündteure private Nachhilfe können sich nicht alle leisten), noch für die Arbeitsrealität vieler Eltern. Der Krampf rund ums Hausübungen am Nachmittag soll ein Ende haben. Was es daher längst bräuchte ist endlich der Ausbau ganztägiger Schulformen und in weiterer Folge ein Rechtsanspruch auf einen gratis und ganztägigen Schulplatz inkl. gratis Mittagessen. Vor allem die ÖVP redet immer von Wahlfreiheit – in der Praxis gibt es die aber nicht, weil das Angebot fehlt, oder zu teuer ist.
Aber nicht nur die Eltern sind von der Teuerung belastet. Auch Lehrkräfte kaufen zahlreiche Unterrichtsmaterialien für die Kinder in der Klasse ein. Wäre die Bereitschaft zur eigenen Investition und der Einsatz von ihnen nicht so groß, wäre der Lebensraum Schule um ein Vielfaches schlechter ausgestattet. Wenn aufgrund der allgemeinen Teuerung jedoch weniger Geld zur Verfügung steht, können auch sie weniger Materialien bereitstellen. Dem kann mit einem eigens eingerichteten Budget für klassenführende Lehrkräfte entgegengewirkt werden, welches unbürokratisch zur Anschaffung von Schulmaterialien- und Ausstattung, Schulveranstaltungen und Exkursionen verwendet werden kann. Hierfür soll budgetäre Unterstützung vom Bund kommen.“
Der Unterrichtsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 26. September 2023 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneter Rudolf Silvan die Abgeordneten Martina Kaufmann, MMSc BA, Mag. Sibylle Hamann und Petra Tanzler.
Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: S, F, N, dagegen: V, G).
Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Martina Kaufmann, MMSc BA gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.
Wien, 2023 09 26
Martina Kaufmann, MMSc BA Mag. Dr. Rudolf Taschner
Berichterstattung Obmann
[1] https://wien.arbeiterkammer.at/service/presse/Schulartikel-Preisvergleich-Juli-2023_mit-Deckblatt.pdf
[2] https://www.momentum-institut.at/news/schulstartgeld-um-30-prozent-weniger-wert
[3] https://www.arbeiterkammer.at/interessenvertretung/arbeitundsoziales/bildung/PK-Unterlage_AK-Nachhilfebarometer_2023.pdf