2250 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Gleichbehandlungsausschusses

über den Antrag 3109/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erneute Vergabe eines Käthe Leichter-Staatspreises

 

Die Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 31. Jänner 2023 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Dr.in Käthe Leichter ist eine der wichtigen Pionierinnen der Frauenforschung und Gründerin des Frauenreferates in der Arbeiterkammer Wien. Ihre sozialpolitischen Publikationen zu den Bedingungen und der Lebenswelt von Arbeiterinnen gehören zu den wichtigsten frauenrelevanten Publikationen der Zwischenkriegszeit und haben viel zu den späteren Errungenschaften für Frauen beigetragen.

Käthe Leichter wurde 1940 ins Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück deportiert, während der Gefangenschaft wurde ihr die Doktorwürde der Universität Heidelberg aberkannt. Am 17. März 1942 wurde die Mutter zweier Söhne in der Psychiatrischen Anstalt Bernburg/Saal von den Nationalsozialisten ermordet. Rosa Jochmann, Mitgefangene von Käthe Leichter in Ravensbrück schrieb über sie: ‚Genossin Leichter war die Seele ihres Blockes und uns ‚Politischen‘ die Lehrerin, die sie draußen gewesen war. Die Juden waren alle auf einem Block untergebracht, 500 im Jahre 1940, niemand wurde so gequält wie sie.‘

1991 rief die damalige Frauenministerin Johanna Dohnal den Käthe Leichter-Staatspreis ins Leben, um Expertinnen auszuzeichnen, die sich mit Frauen- und Geschlechterforschung, sowie Gleichstellung in der Arbeitswelt auseinandersetzen. Bisher wurde dieser Preis auch von allen Frauenministerinnen als solcher wertgeschätzt und verliehen. Der unter ÖVP-FPÖ-Regierung[1] für Frauenagenden zuständige Minister Herbert Haupt vergab den Preis zwar für einige Jahren nicht, doch wagte er es nach Widerständen von Wissenschafter:innen und Frauenorganisationen nicht, diesen umzubenennen. Nachdem jüngst bekannt wurde, dass Frauenministerin Raab 2022 den Namen Käthe Leichters aus dem Frauen-Staatspreis strich, ohne mit der Jury Rücksprache zu halten, wurden viele empörte Stimmen laut:

So tat die Präsidentin der Arbeiterkammer Renate Anderl ihre Kritik kund: ‚Während die Universität Heidelberg ein eigenes Käthe Leichter Forum eröffnet, schafft Österreichs Frauenministerin den Käthe Leichter-Staatspreis einfach ab!‘[2]

Anna Steiger, Vizerektorin für Personal & Gender der TU Wien und Jurymitglied: ‚Der Käthe Leichter-Staatspreis war ein wichtiges Zeichen für herausragende Frauen, die mit ihrem Lebenswerk im Sinne von Käthe Leichter großartige Leistungen in Wissenschaft, Forschung oder Wirtschaft und Verwaltung erbracht haben. Die Liste der Preisträgerinnen ist beeindruckend, es ist sehr schade, dass sie nun nicht mehr weitergeführt werden wird.‘[3]

Pia Lichtblau, ebenfalls Jurymitglied: ‚Käthe Leichter war eine wichtige Vorkämpferin für Frauenrechte und hat immer eng mit den Gewerkschaften zusammengearbeitet. Es war ihr ein großes Anliegen, die Arbeitsbedingungen der Frauen ihrer Zeit sichtbar zu machen. Ihr Erbe und ihren Verdienst nun unsichtbar zu machen, ist ein Affront gegen die Arbeitnehmerinnen von heute und die Preisträgerinnen, die eine Auszeichnung in ihrem Namen stets mit Freude entgegengenommen haben.‘[4]

Gabriella Hauch, Universitätsprofessorin für Frauen- und Geschlechtergeschichte an der Universität Wien und Jurymitglied: ‚Käthe Leichter ist die Mutter der Frauenforschung in Österreich. Sie hat die erste frauenspezifische wissenschaftliche Forschung mit gesellschaftlichem Engagement kombiniert mit dem Ziel einer geschlechtergerechten Gesellschaft. Den Namen Käthe Leichter von den seit Jahrzehnten verliehenen Preisen zu streichen, ist ein Schlag ins Gesicht für alle in dieser Hinsicht Engagierten.‘[5]

Somit wandelt Frauenministerin Raab auf den Spuren des Anti-Feministen Herbert Haupt und streicht einen wichtigen Teil der frauenpolitischen Geschichte und des Gedenkens an eine Pionierin, die von den Nationalsozialisten ermordet wurde. Die Würdigung Käthe Leichters durch die Republik Österreich in Form eines Staatspreises muss umgehend wiederhergestellt werden!“

 

Der Gleichbehandlungsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag erstmals in seiner Sitzung am 14. Februar 2023 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Ausschussobfrau Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc die Abgeordneten Dipl.‑Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Sabine Schatz, Henrike Brandstötter, Mag. Meri Disoski und Mag. Dr. Petra Oberrauner sowie die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien MMag. Dr. Susanne Raab.

Der Gleichbehandlungsausschuss hat die Verhandlungen in seiner Sitzung am 11. Oktober 2023 wieder aufgenommen. In der Debatte ergriffen die Abgeordneten Mag. Romana Deckenbacher, Mag. Meri Disoski und Sabine Schatz sowie die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien MMag. Dr. Susanne Raab das Wort.

 

Bei der Abstimmung wurde der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen einstimmig beschlossen.

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gleichbehandlungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2023 10 11

                    Mag. Romana Deckenbacher                                         Eva Maria Holzleitner, BSc

                                  Berichterstattung                                                                           Obfrau



[1] https://www.derstandard.at/story/1080465/aus-fuer-kaethe-leichter-preis (dl: 9.1.2023)

[2] https://wien.arbeiterkammer.at/service/presse/Staatspreis-_Sag_mir-_wo_Kaethe_Leichter_ist-.html (dl: 9.1.2023)

[3] ebd.

[4] ebd.

[5] ebd.