2260 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (2208 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozeßordnung 1975, das Kommunikationsplattformen-Gesetz und das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz geändert werden

Jedes Kind hat das Recht auf gewaltfreie Erziehung und Schutz vor wirtschaftlicher und sexueller Ausbeutung; körperliche Bestrafungen, die Zufügung seelischen Leides, sexueller Missbrauch und andere Misshandlungen sind verboten (Art. 5 des österreichischen Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern). Eine in diesem Sinne verlaufende gewalt- und missbrauchsfreie Entwicklung ist nicht nur für Kinder, sondern auch für Jugendliche und letztlich auch für die gesamte Gesellschaft von entscheidender Bedeutung. Gerade der sexuelle Missbrauch Minderjähriger führt bei den Betroffenen oft zu einer lebenslangen Traumatisierung. Dessen Verhinderung und Bekämpfung ist daher eine zentrale Aufgabe des Staates.

Eine der größten Herausforderungen stellt die zunehmende Verlagerung des Lebens in den digitalen Raum dar. Die große Zahl an sozialen Netzwerken erleichtert nicht nur den Kontakt zu minderjährigen Nutzerinnen bzw. Nutzern. Unzählige Foren und Websites, insbesondere im Darknet, bieten vielmehr auch Plattformen, um Kindesmissbrauchsmaterial und/oder sexualbezogene Darstellungen minderjähriger Personen verbreiten und abrufen zu können. Dabei befeuert die Nachfrage den Markt, der aufgrund der angesprochenen Verlagerung in den virtuellen Raum im Steigen begriffen ist. Die strafrechtlichen Anfalls- und Erledigungsstatistiken des geltenden Tatbestandes der „Pornographischen Darstellung Minderjähriger“ nach § 207a StGB zeichnen ein deutliches Bild: 2012 kam es österreichweit zu 288 gerichtlichen Verurteilungen und vier diversionellen Erledigungen. Zehn Jahre später erfolgten bereits 406 Verurteilungen und 53 diversionelle Erledigungen, was einer Steigerung der Verurteilungen um knapp 41 % entspricht; die Diversionen stiegen um mehr als das 13-fache. Auch der staatsanwaltschaftliche Anfall ist enorm (gestiegen). 2012 wurden zumindest 780 Sachverhalte angezeigt, im Jahr 2022 waren es bereits 2440.

Mit Beschluss des Ministerrats vom 25.1.2023 hat die Bundesregierung ein Maßnahmenpaket zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt mit dem Fokus auf sexuelle Gewalt: Wirksame Prävention und effektive Strafverfolgung beschlossen. Der bezughabende Ministerratsvortrag 45/9 (in der Folge der „MRV“) sieht unter Punkt 3. (Strafverfolgung) u.a. Änderungen in § 207a StGB durch sprachliche Anpassungen, Erhöhung von Strafdrohungen und Einführung von Qualifikationen, sowie in § 220b StGB vor. In Umsetzung der Vorgaben des MRV schlägt der vorliegende Entwurf insbesondere folgende Änderungen des StGB vor:

-       Neubezeichnung des Tatbestandes des § 207a StGB sowie des in Abs. 4 definierten Tatobjekts als „bildliches sexualbezogenes Kindesmissbrauchsmaterial und bildliche sexualbezogene Darstellungen minderjähriger Personen“;

-       Erhöhung der Strafrahmen des § 207a StGB im Hinblick auf die Tathandlungen nach § 207a Abs. 1, Abs. 2 erster Satz und Abs. 3 bzw. Abs. 3a StGB;

-       Ergänzung des § 207a StGB um neue Qualifikationen, wonach die Tathandlungen nach § 207a Abs. 1, Abs. 2 erster Satz und Abs. 3 bzw. Abs. 3a StGB zu höheren Strafdrohungen führen, wenn sie in Bezug auf viele Abbildungen oder Darstellungen nach Abs. 4 begangen werden;

-       Entfall der Voraussetzung der einschlägigen (Erwerbs-)Tätigkeit im Tatzeitpunkt beim Tätigkeitsverbot nach § 220b Abs. 1 und Abs. 2 StGB.

 

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 12. Oktober 2023 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Agnes Sirkka Prammer die Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Mag. Johanna Jachs, Mag. Harald Stefan, Dr. Johannes Margreiter und Dr. Nikolaus Scherak, MA sowie die Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M..

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (2208 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2023 10 12

                    Mag. Agnes Sirkka Prammer                                          Mag. Michaela Steinacker

                                  Berichterstattung                                                                           Obfrau