2262 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (2198 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetz, das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994, das Kraftfahrgesetz 1967, das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden (Kraftfahr-Versicherungsrechts-Änderungsgesetz 2023 – KraftVerÄG 2023)

Mit der Richtlinie (EU) 2021/2118 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2021 zur Änderung der Richtlinie 2009/103/EG über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht, ABl. Nr. L 430 vom 2.12.2021 S. 1 (im Folgenden auch als „Richtlinie (EU) 2021/2118“ oder als „Änderungsrichtlinie“ bezeichnet) wird der Anwendungsbereich der Richtlinie 2009/103/EG über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht präzisiert und klar geregelt, für welche Fahrzeuge Haftpflichtversicherungspflicht besteht und welcher Versicherungsschutz gelten sollte.

Dabei wird nun insbesondere geklärt, dass Unfälle, die bei der gewöhnlichen Nutzung eines Fahrzeugs als Transportmittel, unter anderem auf privaten Grundstücken, verursacht werden, grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen.

Gleichzeitig werden die bestehenden Ausnahmemöglichkeiten von der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungspflicht in Art. 5 der Richtlinie erweitert und für die Verwendung eines Fahrzeugs bei Motorsportveranstaltungen und -aktivitäten festgelegt, dass diese bei Bestehen einer alternativen Versicherung oder Garantie nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt.

Des Weiteren verpflichtet die Richtlinie die Mitgliedstaaten, Stellen einzurichten, die für eine zeitnahe Schadensregulierung sorgen, falls das betreffende Versicherungsunternehmen zahlungsunfähig wird.

In Ansehung der Mindestdeckungssummen werden eine einheitliche Überprüfungsklausel mit dem von Eurostat veröffentlichten harmonisierten Verbraucherpreisindex als Richtwert und einheitliche Verfahrensregeln für eine solche Überprüfung festgelegt.

Darüber hinaus enthält die Richtlinie Vorgaben für eine Harmonisierung der Bescheinigungen des Schadenverlaufs.

Einer Überarbeitung wurden auch die Regelungen über die Kontrolle der Haftpflichtversicherung unterzogen.

Schließlich werden mit der Richtlinie noch die Bestimmungen zu Fahrzeugen, die von einem Mitgliedstaat in einen anderen versendet werden (Art. 15) und Auskunftsstellen (Art. 23) modifiziert und neue Regelungen betreffend Unfälle mit Anhängern (Art. 15a) und Preisvergleichsinstrumente (Art. 16a) eingeführt.

Der Entwurf sieht folgende Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie vor:

1. Verkehrsopfer sollen umfassend geschützt werden. Die Entschädigungspflicht des Fachverbands bei nicht versicherungspflichtigen Fahrzeugen soll nicht mehr auf einzelne, im Kraftfahrgesetz 1967 von der Versicherungspflicht ausgenommene Fahrzeugkategorien beschränkt sein, sondern grundsätzlich für alle Fahrzeuge gelten, die dem Fahrzeugbegriff der Änderungsrichtlinie entsprechen, für die im KFG 1967 aber keine Versicherungspflicht vorgesehen ist. Die Entschädigungspflicht des Fachverbands bei Ausfall eines Versicherers soll auf Fälle, in denen der Versicherungsvertrag aufgrund einer Hinterlegung des Zulassungsscheines und der Kennzeichentafeln gemäß § 52 KFG 1967 ruhend gestellt wurde, erweitert werden.

2. Die bisher in § 4 Abs. 1 Z 5 VOEG geregelte Entschädigungspflicht des Fachverbands bei Zahlungsunfähigkeit des Haftpflichtversicherers wird an die Vorgaben der Änderungsrichtlinie angepasst. Neben dem Prozedere der Schadensabwicklung/Erstattung zwischen den Entschädigungsstellen der EWR-Vertragsstaaten wird dabei auch der Übergang von Ersatzansprüchen neu geregelt.

3. Im neu geschaffenen § 6 Abs. 4 VOEG werden vier Fälle geregelt, in denen keine Ersatzpflicht des Fachverbands nach § 6 Abs. 1 VOEG bestehen soll:

Nach Abs. 4 Z 1 gilt dies für Fahrzeuge, die im Unfallzeitpunkt nicht so verwendet werden, wie es ihrer Funktion als Beförderungsmittel entspricht, unabhängig von ihren Merkmalen und unabhängig von dem Gelände, auf dem sie verwendet werden, und der Tatsache, ob sie sich in Bewegung befinden oder nicht.

Nach Abs. 4 Z 2 besteht auch dann keine Ersatzpflicht des Fachverbands, wenn das Fahrzeug bei einer Motorsportveranstaltung oder -aktivität in einem abgegrenzten Gebiet mit Zugangsbeschränkungen verwendet wird und der Veranstalter der Aktivität oder eine andere Partei eine alternative Versicherung oder Garantie abgeschlossen hat, die den Schaden abdeckt.

Der vorgeschlagene Abs. 4 Z 3 soll sicherstellen, dass Unfälle mit Arbeitsmaschinen in abgesperrtem Fabrikgelände zwischen in den Arbeitsbetrieb des Arbeitgebers eingebundenen Personen nicht eine Ersatzpflicht des Fachverbands begründen.

Nach Abs. 4 Z 4 soll auch dann keine Entschädigungspflicht des Fachverbands bestehen, wenn der Schaden durch ein Fahrzeug verursacht wurde, das gemäß § 59 Abs. 2 KFG 1967 von der Versicherungspflicht ausgenommen ist.

4. Bei einem Unfall mit einem Anhänger sollen dem Versicherer des Anhängers, sofern er nicht verpflichtet ist, vollständigen Schadenersatz zu leisten, bestimmte Informationspflichten auferlegt werden (vgl. § 8 Abs. 3 KHVG 1994).

5. Mit den Ergänzungen in § 16 KHVG 1994 wird die neu gefasste Bestimmung des Art. 16 der Richtlinie 2009/103/EG über die Bescheinigung über die Haftungsansprüche Dritter umgesetzt.

6. In Hinkunft soll die Anpassung der Mindestdeckungssummen für Personen- und Sachschäden an die unionsrechtlichen Vorgaben im Sinne des Art. 9 der Richtlinie 2009/103/EG im österreichischen Recht nicht mehr im Wege einer gesetzlichen Regelung, sondern im Verordnungsweg erfolgen.

7. In der Straßenverkehrsordnung 1960 wird der Abschluss einer Haftpflichtversicherung als rechtliche Voraussetzung für die Bewilligung einer Motorsportveranstaltung vorgesehen.

Keiner Umsetzung bedarf der geänderte Art. 4 der Richtlinie 2009/103/EG. Das darin enthaltene Diskriminierungsverbot ist in den kraftfahrrechtlichen Vorschriften zur Kontrolle der Haftpflichtversicherung bereits normiert.

Auch eine Umsetzung des neuen Art. 23 Abs. 1a der Richtlinie 2009/103/EG ist nicht erforderlich, da bereits durch § 31a Abs. 5 und 6 KHVG 1994 bestimmt wird, dass Zulassungsbehörden, Zulassungsstellen und Versicherungsunternehmen die in Art. 23 Abs. 1a genannten Informationen unverzüglich mitzuteilen haben. Zudem bedarf die Änderung von Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2009/103/EG aufgrund der unmittelbaren Gültigkeit der Verordnung (EU) 2016/679 keiner Umsetzung.

Abstand genommen wurde von einer Umsetzung der für die Mitgliedstaaten nicht verbindlichen Regelung des Art. 16a der Richtlinie 2009/103/EG zur Zertifizierung von Preisvergleichsinstrumenten für Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungen.

Neben den Bestimmungen zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie enthält der Entwurf auch einen neuen § 29a KHVG 1994, der sicherstellen soll, dass Erhebungen zur Feststellung der Ersatzpflicht vom Versicherer oder seinem Schadenregulierungsbeauftragten zügig vorangetrieben werden.

 

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 12. Oktober 2023 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Ulrike Fischer die Abgeordneten Mag. Klaus Fürlinger, Dr. Johannes Margreiter, Mag. Harald Stefan und Mag. Christian Drobits sowie die Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M..

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (2198 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2023 10 12

                            Mag. Ulrike Fischer                                                  Mag. Michaela Steinacker

                                  Berichterstattung                                                                           Obfrau