2283 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 3655/A der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden

Die Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 19. Oktober 2023 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

Zu Artikel 1 (Änderung des Bundespflegegeldgesetzes):

Zu Z 1 (§ 21g Abs. 3 BPGG):

Es soll legistisch klargestellt werden, dass eine später erworbene zusätzliche Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18a oder § 18b ASVG die Zuständigkeit zur Leistung des Angehörigenbonus nicht berührt.

Zu Z 2 (§ 21g Abs. 8 BPGG):

Es soll klargestellt werden, dass die Meldepflicht auch Änderungen bei der Selbst- und Weiterversicherung umfasst.

Zu Z 3 und 5 (§ 21h Abs. 1 erster Satz BPGG und § 21h Abs. 3 BPGG):

Redaktionelle Anpassungen

Zu Z 4 (§ 21h Abs. 2 Z 2 letzter Satz BPGG):

Es soll klargestellt werden, dass als Einkommensnachweise neben dem letzten rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid, Lohnzettel, Einnahmen-Ausgaben-Rechnung auch eine Einkommensteuererklärung, eine wahrheitsgemäße Erklärung über das Einkommen oder Bestätigungen der auszahlenden Stellen herangezogen werden können.

Zu Z 6 und 7 (§ 48g Abs. 11 bis 13 BPGG und § 48h Abs. 1 Z 1 und 2 BPGG):

Erfahrungen aus der Praxis haben gezeigt, dass in den angeführten Nachweisen – allen voran dem Lohnzettel – bestimmte Einkommen, die gemäß § 264 Abs. 5 ASVG nicht anrechenbar sind, nicht erkennbar sind und daher betraglich auch nicht in Abzug gebracht werden können.

Um die betroffenen Einkommen, die nicht anzurechnen sind, aus den übermittelten Nachweisen herausfiltern zu können sollen die vorgeschlagenen Änderungen normiert werden.

Mit diesen sollen weitere datenschutzrechtliche Ermächtigungen (z. B. um Detailinformationen aus den Stammsystemen der auszahlenden Träger zu erhalten) normiert, weiterführende Erhebungen (z. B. bei der versteuernden Stelle) ermöglicht und die von den Abgabenbehörden des Bundes zu übermittelnden Daten entsprechend angepasst werden.

Zu Z 8 (§ 49 Abs. 37 BPGG):

Die vorgeschlagenen Änderungen sollen mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft treten.

Zu Artikel 2 (Änderung des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes):

In dem Begutachtungsentwurf des BMSGPK über ein Bundesgesetz zur Einführung des Angehörigenbonus (Entwurf für ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird, in Begutachtung von 31.05.2022 bis 21.06.2022) wurde in den Erläuterungen ausgeführt, dass in Angelegenheiten des Angehörigenbonus der Rechtszug von den Entscheidungsträgern nach dem BPGG an den Bundesverwaltungsgerichtshof geht (Erläuterungen zu Z 16 [§ 21g], Seite 4: ‚Gegen den Bescheid besteht die Möglichkeit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.‘).

In dem darauffolgenden Initiativantrag, mit dem die Gesetzwerdung des Angehörigenbonus eingeleitet wurde, fand sich in der Begründung die Aussage, dass wegen einer Verweisung in den Verfahrensbestimmungen des BPGG auf das ASVG für den Angehörigenbonus der Rechtszug von den Entscheidungsträgern nach dem BPGG an die Sozialgerichte gehen würde. (Begründung Initiativantrag 2717/A XXVII. GP Seite 3: ‚Da § 24 BPGG iVm § 367 ASVG sinngemäß auf den Angehörigenbonus anzuwenden sind, handelt es sich um eine Leistungssache und daher soll gegen Bescheide eine Klage beim Arbeits- und Sozialgericht erhoben werden können.‘) Dem wurde – zutreffend – von der Wissenschaft widersprochen (Univ.-Prof. Dr. Walter J. Pfeil, Neues in der Pflegevorsorge, Vortrag gehalten auf der 58. Wissenschaftliche Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsrecht und Sozialrecht, Zell am See, 31.03.2023 sowie Der neue Angehörigenbonus zum Pflegegeld, ÖZPR 2023/38, 60, 63 ff unter Hinweis auf OGH, 15.12.2020, 10 ObS 149/20i mit umfangreichen Nachweisen). Die Einrichtung einer sukzessiven Kompetenz der Sozialgerichte zur Entscheidung über Klagen gegen Bescheide der Entscheidungsträger nach dem BPGG bedarf einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung; andernfalls bleibt es beim Rechtszug an das Bundesverwaltungsgericht.

Die Einrichtung einer gesetzlichen Grundlage für eine sukzessive Kompetenz der Sozialgerichte zur Entscheidung über Klagen gegen Bescheide der Entscheidungsträger nach dem BPGG in Leistungssachen betreffend den Angehörigenbonus soll daher hier nachgeholt werden.

Zu Z 1 und 2 (§ 65 Abs. 1 Z 1 und 2 ASGG):

Rechtsstreitigkeiten über den Angehörigenbonus, soweit es sich um Leistungssachen und nicht um Verwaltungssachen handelt, sollen grundsätzlich verfahrensrechtlich gleich geregelt werden wie andere Leistungssachen nach den Sozialversicherungsgesetzen und dem Bundespflegegeldgesetz.

Weil die §§ 66 ff ASGG über weite Strecken unterschiedliche verfahrensrechtliche Anordnungen für die Sozialrechtssachen in den einzelnen Ziffern des § 65 Abs. 1 ASGG treffen, sollen die Rechtsstreitigkeiten über den Angehörigenbonus in jene Z 1 und 2 des § 65 Abs. 1 ASGG aufgenommen werden, in denen sich die klassischen Leistungssachen nach den Sozialversicherungsgesetzen und dem Bundespflegegeldgesetz finden, um den erwünschten Gleichlauf zu gewährleisten. Die damit einzige erforderliche Sonderregelung betrifft den Punkt Rechtsnachfolge bei Tod der Klägerin oder des Klägers (‚Prozeßnachfolge‘); sie findet sich in Z 2 (§ 76 Abs. 4 ASGG). Angesichts der bloß punktuellen Ausnahme ist dieser sparsamen Rechtssetzungstechnik der Vorzug vor der Einführung einer neuen Z 9 in § 65 ASGG zu geben, die eine große Zahl an Änderungen in §§ 66 ff ASGG bedingt hätte.

Rechtsstreitigkeiten über den Bestand und den Umfang eines Anspruchs werfen andere verfahrensrechtliche Fragen auf als Rechtsstreitigkeiten über die Pflicht zum Rückersatz einer zu Unrecht empfangenen Leistung. Beispielsweise stellt sich die Frage einer rechtsmissbräuchlichen Zurücknahme der Klage in besonderer Weise in Verfahren über den Rückersatz einer zu Unrecht empfangenen Leistung, in denen ein Anreiz bestünde, einen den Rückersatz anordnenden Bescheid durch Erhebung einer unberechtigten Klage außer Kraft treten zu lassen. Für Rückersatzsachen bestehen daher verfahrensrechtliche Besonderheiten, beispielsweise der Ausschluss einer Zurücknahme der Klage in § 72 Z 3 ASGG. Um diese unterschiedlichen Verfahrenslagen auch unterschiedlich ansprechen zu können, sind Rechtsstreitigkeiten in Leistungssachen nach den Sozialversicherungsgesetzen und dem Bundespflegegeldgesetz generell auf die Z 1 (Ansprüche der:des Versicherten) und Z 2 (Rückersatzsachen) des § 65 Abs. 1 ASGG aufgeteilt. Das soll auch bei den Rechtsstreitigkeiten über den Angehörigenbonus beibehalten werden.

Hingegen bedarf es keiner gesonderten Erwähnung des Angehörigenbonus in § 65 Abs. 1 Z 5 ASGG, weil es zwar auch im Zusammenhang mit dem Angehörigenbonus Rechtsstreitigkeiten über die Kostenersatzpflicht eines Versicherungsträgers oder einer:s Versicherten in einem Verfahren in Leistungssachen geben kann, aber die allgemeine Rechtsgrundlage dafür, nämlich § 359 Abs. 2, 4 und 5 ASVG, die über die Verweisung in § 24 BPGG gilt, bereits in § 65 Abs. 1 Z 5 ASGG genannt ist.

Zu Z 3 (§ 76 Abs. 4 ASGG):

Der geltende § 76 ASGG trifft in seinen Abs. 1 und 2 Regelungen für die Unterbrechung durch den Tod der Klägerin oder des Klägers und die Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens in Rechtsstreitigkeiten nach § 65 Abs. 1 Z 1 ASGG. In Abs. 4 wird derzeit für Ansprüche nach dem BPGG teilweise Abweichendes, nämlich die bloß sinngemäße Anwendung dieser Abs. nach Maßgabe des § 19 Abs. 3 BPGG angeordnet. Der Gedanke des § 19 Abs. 3 BPGG, bei der Prozessnachfolge allfällige überwiegend Pflegende, hilfsweise die Pflege überwiegend Finanzierende vorzugsweise zu behandeln, greift freilich beim Angehörigenbonus nicht. Hier ist die oder der (überwiegend) Pflegende selbst anspruchsberechtigt, sodass bei Tod der Klägerin oder des Klägers regelmäßig niemand im Sinne des § 19 Abs. 3 BPGG vorhanden sein wird. Die Modifikation des § 76 Abs. 4 ASGG soll daher für den Angehörigenbonus ausgeschlossen werden, auch wenn es sich ebenfalls um einen Anspruch nach dem BPGG handelt. Für Rechtsstreitigkeiten über den Angehörigenbonus soll es damit bei der allgemeinen Regel des § 76 Abs. 1 und 2 ASGG bleiben.

Zu Z 4 (§ 98 Abs. 33 ASGG):

Die vorgeschlagenen Änderungen sollen mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft treten.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 08. November 2023 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Bedrana Ribo, MA die Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Mag. Michael Hammer, Alois Stöger, diplômé und Fiona Fiedler, BEd sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Michael Hammer und Bedrana Ribo, MA einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

Zu Art. 1 und Art. 2:

Korrekturen von Redaktionsversehen.“

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Michael Hammer und Bedrana Ribo, MA mit Stimmenmehrheit (dafür: V, G, dagegen: S, F, N) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2023 11 08

                             Bedrana Ribo, MA                                                             Josef Muchitsch

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann