2301 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über den Antrag 3537/A der Abgeordneten Mag. Martin Engelberg, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus und das Bundesgesetz über die Einrichtung des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich geändert werden

Die Abgeordneten Mag. Martin Engelberg, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 7. Juli 2023 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Der Nationalfonds der Republik Österreich für die Opfer des Nationalsozialismus hat in den zurückliegenden Jahren hervorragende Arbeit geleistet und leistet sie in den verbliebenen Aufgabenbereichen noch heute. Mitte der 90er Jahre ins Leben gerufen, kann er ohne Zweifel als Erfolgsgeschichte bezeichnet werden, was nicht zuletzt am großartigen Engagement und Einsatz der handelnden Personen im Fonds selbst liegt.

Die ursprüngliche Aufgabe, die Gestezahlungen an Überlebende sind aufgrund der zeitlichen Dimension nur mehr äußerst selten. Auch konnten im Laufe der Zeit Großprojekte und Tätigkeiten abgeschlossen werden, die nun nicht länger zum Aufgabenbereich des Fonds gehören.

Dieser Wegfall von Aufgaben, neue Entwicklungen hinsichtlich antisemitischer, antiziganistischer, rassistischer und homophober Tendenzen weltweit und nicht zuletzt unsere Verantwortung gegenüber allen Opfern des Nationalsozialismus bringen es mit sich, dass es nun an der Zeit ist, den Nationalfonds für die Zukunft auszurichten, neue Perspektiven zu eröffnen und eine transparente und zeitgemäße Struktur sicherzustellen.

Zu Artikel 1 (Änderung des Bundesgesetzes über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus):

Zu Z 1 (§ 2 Abs. 4):

Der Nationalfonds soll künftig budgetär so ausgestattet sein, dass er pro Gedenkdiener oder Absolventin bzw. Absolvent des freiwilligen sozialen Jahres in Gedenkstätten und pro Monat bis zu 400 Euro in Form einer Förderung zuschießen kann (§ 2 Abs. 4 Z 1). Die Beantragung erfolgt elektronisch und individuell von jedem Gedenkdiener oder jeder Absolventin bzw. jedem Absolventen eines freiwilligen sozialen Jahres und soll direkt beim Nationalfonds erfolgen, um nicht nur die finanzielle Ausstattung der Gedenkdiener zu verbessern und den Kreis potentieller Interessierter zu erhöhen. Je nach Standort und je nach den dortigen Lebenserhaltungskosten, bemisst sich die Höhe der Förderung. Dies ist in den Richtlinien näher zu regeln (§ 2 Abs. 7).

Um bei Antisemitismusbekämpfung und bei der Aufarbeitung des Nationalsozialismus künftige Generationen miteinzubeziehen, soll der Kinder-, Schüler- und Jugendaustausch (bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres) zwischen Österreich, Israel und anderen Staaten mit jüdischen Gemeinden forciert werden (§ 2 Abs. 4 Z 2). Gegenseitiges Kennenlernen unterbindet Vorurteile und hilft, gegenseitiges Verständnis zu fördern und langfristige Freundschaften zu etablieren. Dementsprechend soll der Nationalfonds künftig Fördermittel für einen Kinder-, Schüler- und Jugendaustausch zur Verfügung stellen können. Im Zuge eines z.B. mehrtägigen Aufenthalts von israelischen Kindern und Jugendlichen in Österreich bzw. österreichischen Kindern und Jugendlichen in Israel sollen Unterricht an der jeweiligen Gastschule, Besuche der jeweiligen Parlamente in Wien und Tel Aviv sowie von Gedenkstätten und Kultureinrichtungen auf dem Programm stehen. Bestehende Kooperationen, wie beispielsweise jene zwischen der Demokratiewerkstatt des österreichischen Parlaments und der Gedenkstätte Yad Vashem, können hier als Türöffner angesehen werden. Kinder und Jugendliche sollen zudem bei Familien untergebracht werden, um neben Bildungsinhalten auch kulturelle und familiäre Aspekte mitzunehmen. Bei der operativen Abwicklung dieses Programms zur Förderung einzelner Personen soll auf etablierte Institutionen (z.B. OeAD GmbH) bzw. auf eine eigenständig zu gründende Organisation zurückgegriffen werden.

Zu Z 2 (§ 2 Abs. 5 bis 8):

§ 2 Abs. 5 und 6 sollen sicherstellen, dass das Förderverfahren betreffend Abs. 3 und 4 niederschwellig und transparent abläuft. Darüber hinaus soll durch eine Berichtspflicht der Fördernehmerinnen und ‑nehmer dem Fonds ermöglicht werden, strukturiert seine Förderpraxis zu evaluieren und gegebenenfalls anzupassen. Die Evaluierung ist in den Jahresbericht gemäß § 4 Abs. 7 aufzunehmen.

Um zu verhindern, dass es zu keiner überbordenden Berichtspflicht kommt, wird der Umfang der zu erstellenden Berichte von der Höhe der ausbezahlten Förderung abhängen. Näheres kann in den Richtlinien (§ 2 Abs. 7) geregelt werden.

§ 2 Abs. 7 entspricht dem ehemaligen § 2 Abs. 3.

Im neuen Abs. 8 wird festgelegt, dass der wissenschaftlich-künstlerische Beirat (§ 5a) eine inhaltliche Schwerpunktsetzung dem Kuratorium empfiehlt.

Es zeigt sich vor allem in der Wissenschaft und Forschung, dass die Bildung von inhaltlichen Schwerpunkten zu einem breiteren Zugang und zu vertieften Arbeiten führt. Schwerpunkte haben den Vorteil, dass sie multi- und transdisziplinäre Zugänge ermöglichen. Das bedeutet, dass Forschende aus verschiedenen wissenschaftlichen und künstlerischen Disziplinen mit Praktikern und Praktikerinnen aber auch mit der Zivilbevölkerung zusammenarbeiten. Dadurch wird es möglich Themen in einem größeren Rahmen sowohl wissenschaftlich und wissenschaftlich-künstlerisch zu bearbeiten und gleichzeitig, Transfer- und Vermittlungsformen und -formate zu erarbeiten, die insbesondere im Bereich Forschung über den Nationalsozialismus, aber auch der Nachgeschichte von besonderer Bedeutung sind. Der wissenschaftlich-künstlerische Beirat soll daher ein- oder mehrjährige Projektschwerpunkte vorschlagen; das Kuratorium entscheidet über die Schwerpunktsetzung in Ausübung seiner Richtlinienkompetenz (§ 4 Abs. 1 Z 2). Die Schwerpunktsetzung ist bei der insgesamten Aufgabenwahrnehmung des Fonds und bei der Förderung von Projekten gemäß § 2 Abs. 3 zu berücksichtigen.

Zu Z 3 (§ 2a Abs. 1 Z 5):

Diese Bestimmung ist neu zu fassen, zumal die österreichische Ausstellung in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau fertiggestellt ist. Die bisherige Ausstellung soll im Parlamentsarchiv verwahrt werden. Diese Bestimmung tritt erst mit. 1. Dezember 2026 in Kraft (§ 8 Abs. 7).

Zu Z 4 (§ 2a Abs. 1 Z 7):

Durch die Novellierung der Einleitung der Z 7 soll der Fonds einerseits verpflichtet werden, dass er bei der Förderung und Verbreitung von Wissen um den Nationalsozialismus, seine Folgen und das Schicksal seiner Opfer sowie die Wahrung des Andenkens an die Opfer zur Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Organisationen und Einrichtungen, die im Bereich der Verbreitung von Wissen um den Nationalsozialismus, seine Nachgeschichte und Folgen und das Schicksal seiner Opfer sowie der Wahrung des Andenkens an die Opfer und der Präventionsarbeit gegen Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und Homophobie tätig sind, sowie Einrichtungen des primären, sekundären und tertiären Bildungsbereiches angehalten ist, und andererseits bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe die inhaltliche Schwerpunktsetzung (§ 2 Abs. 8) zu beachten hat.

Lit. b soll dahingehend erweitert werden, dass die Sammlung, wissenschaftliche Erforschung und Dokumentation von lebensgeschichtlichen Zeugnissen nicht nur von Opfern des Nationalsozialismus, sondern auch von deren Familien Aufgabe des Fonds sein soll.

Da die Pflicht zur Zusammenarbeit in die Einleitung der Z 7 gerückt wurde, kann lit. e entfallen, der die Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Organisationen, Gedenk- und Forschungs­einrichtungen als separate Aufgabe normiert.

Zu Z 5 (§ 2a Abs. 1 Z 10 und 11):

Der laufende Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen nationalen und internationalen Organisationen und Einrichtungen, die im Bereich der Verbreitung von Wissen um den Nationalsozialismus, seine Nachgeschichte und Folgen und das Schicksal seiner Opfer sowie der Wahrung des Andenkens an die Opfer und der Präventionsarbeit gegen Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und Homophobie tätig sind, soll gefördert und vertieft werden. Zu diesem Zweck soll der Nationalfonds eine entsprechende Plattform zur Verfügung stellen.

Seitens des Fonds geförderte Personen, die einen Gedenkdienst im Sinne des Freiwilligengesetzes leisten, und seitens des Fonds geförderte Jugendliche, die an internationalen Austauschprogrammen teilnehmen, sollen verpflichtet sein, schriftliche Berichte zu übermitteln (vgl. § 2 Abs. 4 und 5). Die Aufgabe zur Entgegennahme dieser Berichte soll daher auch in § 2a aufgenommen werden. Diese Berichte über den Gedenkdienst soll die bzw. der Vorsitzende des Kuratoriums in den Berichten an den Hauptausschuss des Nationalrates gemäß § 4 Abs. 7 entsprechend berücksichtigen.

Zu Z 6 (§ 2a Abs. 5, 6 und 7):

Der einzigartige Aktenbestand des Nationalfonds soll – auch im Sinne seiner Erhaltung und Nutzbarmachung für die Forschung – möglichst bald digitalisiert werden. Die Akten unterliegen dem Bundesarchivgesetz und werden daher entsprechend zu archivieren sein; dies soll – gestützt auf § 3 Abs. 4 Nationalfondsgesetz – in Zusammenarbeit mit der Parlamentsdirektion erfolgen. Die Nutzung der Aktenbestände nach erfolgter Archivierung richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes. Sollen die Aktenbestände aber schon vor ihrer Archivierung für Forschungszwecke genutzt werden können, bedarf es aus datenschutzrechtlichen Gründen – sofern nicht die Einwilligung der betroffenen Personen vorliegt – einer gesetzlichen Grundlage (Art. 9 Abs. 2 DSGVO). Eine solche Rechtsgrundlage wird nun mit Abs. 5 geschaffen. Diese Bestimmung schafft einen Ausgleich zwischen dem Interesse von Wissenschaft und Forschung an der Nutzung des Aktenbestandes und den schutzwürdigen Interessen der Opfer des Nationalsozialismus und deren Nachkommen.

Zur Information der Öffentlichkeit über die Wahrnehmung seiner vielfältigen Aufgaben und zum Zweck einer Bewusstseinsbildung auf diesem Gebiet soll der Nationalfonds jährlich eine Konferenz abhalten. Zu dieser sind auch all jene Organisationen und Einrichtungen einzuladen, die in Österreich im Bereich der Verbreitung von Wissen um den Nationalsozialismus, seine Nachgeschichte und Folgen und das Schicksal seiner Opfer sowie der Wahrung des Andenkens an die Opfer und der Präventionsarbeit gegen Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und Homophobie tätig sind.

Zu Z 7 und 8 (§ 2e Abs. 7 und 8):

Im Rahmen des Festaktes im Parlament zur Verleihung des Simon-Wiesenthal-Preises soll der bzw. die Vorsitzende des Kuratoriums auf Vorschlag der Simon-Wiesenthal-Preis-Jury künftig natürliche Personen für ihr besonderes zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus und für die Aufklärung über den Nationalsozialismus sowie Zeitzeuginnen bzw. Zeitzeugen des nationalsozialistischen Terrorregimes in besonderer Form würdigen können. Die derart gewürdigten Personen sollen auch in das – bislang die Preisträger des Simon-Wiesenthal-Preises umfassende – Verzeichnis aufgenommen werden, das auf der Website des Nationalfonds veröffentlicht ist.

Zu Z 9 (§ 3 Abs. 1):

Im Hinblick auf die Neueinrichtung eines wissenschaftlich-künstlerischen Beirates (§ 5a) und die Einrichtung eines Vorstandes anstelle der Generalsekretärin bzw. des Generalsekretärs (§ 6) ist die Regelung betreffend die Organe des Fonds entsprechend angepasst neu zu erlassen.

Zu Z 10 (§ 5a):

Projekte und deren Umsetzung werden angesichts der Schnelllebigkeit unserer Zeit zunehmend komplexer und in ihrer Ausarbeitung bzw. Ausprägung vielfältiger. Es ist zentral, eine zeitgemäße, wissenschaftliche Prüfung für die Bewertung der Förderungswürdigkeit sicherzustellen. Ein wissenschaftlich-künstlerischer Beirat soll daher, besetzt mit Expertinnen und Experten Empfehlungen für das Komitee des Nationalfonds aussprechen. Dieses trifft dann die endgültige Auswahl, um diese zur Beschlussfassung dem Kuratorium vorzulegen. Das Kuratorium soll künftig gemäß § 2 Abs. 8 inhaltliche Schwerpunkte für die Aufgabenwahrnehmung des Nationalfonds setzen können. Der neu einzurichtende wissenschaftlich-künstlerische Beirat soll das Kuratorium bei dieser Aufgabe durch die Erstellung von Vorschlägen unterstützen (Abs. 1).

Der Beirat soll aus insgesamt sieben Mitgliedern bestehen, wobei eine Person von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, zwei Personen von der Österreichischen Universitätenkonferenz (uniko) und eine Person vom Österreichischen Nationalkomitee des International Council of Museums (ICOM) entsandt, sowie drei weitere fachkundige Personen vom Kuratorium bestellt werden sollen (Abs. 2). Bei der Auswahl der fachkundigen Personen sind folgende Institutionen in Betracht zu ziehen, wobei der Umstand zu berücksichtigen ist, ob diese Institutionen Fördernehmer des Fonds sind: Vereins Zentrum zur Erforschung und Dokumentation jüdischen Lebens in Ost- und Mitteleuropa (‚Centropa‘), Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW), Erinnern.at (OeAD-GmbH), Verein Schloss Hartheim, Haus der Geschichte, Institut für jüdische Geschichte Österreich, Institut für Zeitgeschichte, Jüdisches Museum, Mauthausen Komitee, KZ-Gedenkstätte Mauthausen, Österreichisches Staatsarchiv, Stabstelle österreichisch-jüdisches Kulturerbe im BKA, Wiesenthal-Institut, Zukunftsfonds, Verein Romano Centro und Gedenk- und Lernort Peršmanhof.

Alle Mitglieder des Beirates sollen vom Kuratorium für die Dauer von fünf Jahren bestellt werden und bis zur Bestellung neuer Mitglieder im Amt bleiben. Wiederbestellungen sollen zulässig sein.

Um Interessenkonflikte zu vermeiden, wird normiert, dass die Mitglieder des Kuratoriums (§ 4) und des Komitees (§ 5) nicht Mitglieder des Beirates sein können. Außerdem können Mitglieder des Beirates nicht Mitglieder der Bundesregierung, Staatssekretärinnen und Staatssekretäre, Mitglieder einer Landesregierung, Mitglieder des Nationalrats, des Bundesrats oder eines sonstigen allgemeinen Vertretungskörpers und Funktionäre einer politischen Partei sein; dies gilt auch für Personen, die eine dieser Funktionen in den letzten vier Jahren ausgeübt haben.

Um die Einberufung von Sitzungen und die Vorsitzführung zu ermöglichen, soll der Beirat aus seiner Mitte eine Vorsitzende bzw. einen Vorsitzenden und eine Stellvertreterin bzw. einen Stellvertreter zu wählen haben. Zur konstituierenden Sitzung des Beirates, anlässlich derer u.a. die Wahl der bzw. des Vorsitzenden zu erfolgen hat, soll die bzw. der Vorsitzende des Komitees die Mitglieder des Beirates laden und die Sitzung bis zur Wahl der bzw. des Vorsitzenden leiten (Abs. 4). Der Beirat soll von seiner bzw. seinem Vorsitzenden in der Folge nach Bedarf, zumindest allerdings vierteljährlich einberufen werden (Abs. 5).

Nach der Konstituierung soll der Beirat eine Geschäftsordnung festlegen, die insbesondere die Einberufung, den Ablauf, die mögliche Teilnahme Dritter und die Protokollierung von Sitzungen zu regeln hat. Beschlüsse sollen vom Beirat nur dann gefasst werden können, wenn zumindest fünf Mitglieder anwesend sind. Ein gültiger Beschluss setzt die Zustimmung von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder voraus, wobei eine Stimmenthaltung nicht vorgesehen ist (Abs. 6). Die bzw. der Vorsitzende des Komitees kann an den Sitzungen des Beirates ausschließlich mit beratender Stimme teilnehmen. (Abs. 7).

Mitglieder des Beirates üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Reise- und Nächtigungskosten sowie Barauslagen sollen unter sinngemäßer Anwendung der Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl. Nr. 133/1955, in der jeweils geltenden Fassung, ersetzt werden (Abs. 8).

Abs. 8 und 9 umschreiben die Aufgaben des Beirates. So soll der Beirat einerseits das Komitee bei der Auswahl der zu fördernden Projekte unterstützen, wobei klargestellt wird, dass das Komitee an die Empfehlungen des Beirates nicht gebunden ist. Andererseits soll der Beirat Empfehlungen für die inhaltliche Schwerpunktsetzung erarbeiten, die vom Kuratorium in Ausübung der Richtlinienkompetenz festgelegt werden.

Zu Z 11 (§ 6):

Der Nationalfonds verantwortet nicht nur wesentliche budgetäre Mittel des Bundes, sondern widmet sich den Opfern des Nationalsozialismus und ihren Nachkommen - er trägt damit eine für die Republik Österreich zentrale Aufgabe. In einer Zeit, in der Misstrauen und Verschwörungsmythen um sich zu greifen scheinen, braucht es daher eine zeitgemäße Struktur, welche Transparenz und Vertrauen gegenüber dem Nationalfonds sicherstellt. Die - auch nach außen sichtbare - Etablierung des Vier-Augen-Prinzips auf operativer Ebene des Nationalfonds soll dies sicherstellen. Ein Vorstand, bestehend aus zwei Personen, soll daher künftig die Geschicke des Nationalfonds administrativ leiten.

Aufgabe des Vorstandes – wie bislang der Generalsekretärin – soll es sein, die Vorsitzende bzw. den Vorsitzenden des Kuratoriums bei der Verwaltung des Fonds zu unterstützen und die Beschlüsse und Entscheidungen des Kuratoriums und des Komitees vorzubereiten (Abs. 1) sowie die Verbindung zwischen Österreich und den im Ausland lebenden Opfern des Nationalsozialismus zu pflegen (Abs. 7).

Die zwei Mitglieder des Vorstandes sollen von der Präsidentin bzw. vom Präsidenten des Nationalrates nach Beratung in der Präsidialkonferenz des Nationalrates für die Dauer von fünf Jahren bestellt werden und bis zur Bestellung neuer Mitglieder im Amt bleiben. Wiederbestellungen von Mitgliedern des Vorstandes sollen zulässig sein. Angesichts der bisherigen Verdienste von Generalsekretärin Hannah Lessing steht außer Streit, dass sie weiterhin Teil des neuen Vorstands sein soll (vgl. § 8 Abs. 7).

Um Interessenkonflikte zu vermeiden, wird normiert, dass Vorstandsmitglieder nicht Mitglieder der Bundesregierung, Staatssekretärinnen und Staatssekretäre, Mitglieder einer Landesregierung, Mitglieder des Nationalrats, des Bundesrats oder eines sonstigen allgemeinen Vertretungskörpers und Funktionäre einer politischen Partei sein dürfen, wobei dies auch für Personen gilt, die eine dieser Funktionen in den letzten vier Jahren ausgeübt haben.

Bei der Aufgabenerfüllung soll der Vorstand einvernehmlich vorgehen. Die beiden Mitglieder können nur gemeinsam tätig werden. Innerhalb des Vorstandes sollen sie ihre Aufgaben mittels – selbst festzulegender – Geschäftseinteilung vorbereitend aufteilen (Abs. 5).

Die Organisation des Fonds wird mittels Geschäftseinteilung vorgenommen (Abs. 6). Diese wird vom Vorstand erstellt, vor Beschlussfassung durch den Vorstand von der bzw. vom Vorsitzenden des Kuratoriums genehmigt und vor Beschlussfassung dem Kuratorium zur Kenntnis gebracht.

In die Arbeit des Vorstandes soll das Kuratorium künftig intensiver eingebunden werden (Abs. 7): Der Vorstand soll dem Kuratorium daher fortan quartalsweise jeweils im Vorhinein über geplante Maßnahmen und jeweils im Nachhinein über durchgeführte Maßnahmen zu berichten haben. Im Zuge dieser Berichtspflicht sind dabei z.B. Verwaltungs- und Reisekosten aufzuschlüsseln, zu begründen und im Falle von Auslandsaufenthalten mit inhaltlichen Kurzberichten zu ergänzen, um die Arbeit des Nationalfonds transparent und nachvollziehbar darstellen zu können. Den Mitgliedern des Kuratoriums soll in der Folge Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben sein (Abs. 4). Darüber hinaus können einzelne Kuratoriumsmitglieder Vorschläge betreffend Maßnahmen dem Vorstand übermitteln.

In Abs. 8 wird klargestellt, dass es auch Aufgabe des Vorstandes ist, die Verbindung zwischen Österreich mit den Nachfahren der im Ausland lebenden Opfern des Nationalsozialismus zu pflegen.

Zu Z 12 (§ 8 Abs. 7):

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten. Darüber hinaus wird klargestellt, dass die derzeitige Generalsekretärin ex lege Mitglied des neuen Vorstandes ist. Schließlich wird der Betrag in § 2 Abs. 4 Z 1 valorisiert.

Zu Artikel 2 (Änderung des Bundesgesetzes über die Einrichtung des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich):

Zu Z 1 und 4 (§ 1 Abs. 1 und § 6 Abs. 1):

Der Fonds soll nicht wie ursprünglich vorgesehen 20 Jahre, sondern 40 Jahre Bestand haben.

Zu Z 2 (§ 3 Abs. 2 erster Satz):

Um die Sanierung jüdischer Friedhöfe voranzutreiben und sicherzustellen, dass alle zur Verfügung stehenden Mittel der öffentlichen Hand eingesetzt werden können, soll der Ko-Finanzierungsanteil der Israelitischen Kultusgemeinde als Friedhofseigentümerin bzw. der diesbezüglich beauftragten Dritten ab dem Jahr 2024 mindestens auf ein Viertel der Zuwendungen des Bundes reduziert werden.

Zu Z 3 (§ 4 Abs. 1):

Im Hinblick auf die Neuerlassung der Regelung betreffend die Organe des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus (vgl. Art. 1 Z 9) soll auch die Regelung betreffend die Organe des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich, die derzeit weitgehend an die Organe des Nationalfonds anknüpft, neu erlassen und dabei auf die entsprechenden Besonderheiten Rücksicht genommen werden.“

 

Der Verfassungsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 3. Oktober 2023 erstmals in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Martin Engelberg die Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Mag. Eva Blimlinger, Ing. Reinhold Einwallner und Dr. Nikolaus Scherak, MA. Im Anschluss wurden die Verhandlungen vertagt.

 

Der Verfassungsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 17. Oktober 2023 erneut in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Martin Engelberg, Ing. Reinhold Einwallner, Mag. Eva Blimlinger, Dr. Nikolaus Scherak, MA und Dr. Susanne Fürst. Im Anschluss wurden die Verhandlungen vertagt.

 

Der Verfassungsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 20. November 2023 abermals in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Martin Engelberg, Ing. Reinhold Einwallner, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Mag. Eva Blimlinger, Sabine Schatz und Dr. Susanne Fürst.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Martin Engelberg und Mag. Eva Blimlinger einen gesamtändernden Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Der Nationalfonds der Republik Österreich für die Opfer des Nationalsozialismus hat in den zurückliegenden Jahren hervorragende Arbeit geleistet und leistet sie in den verbliebenen Aufgabenbereichen noch heute. Mitte der 90er Jahre ins Leben gerufen, kann er ohne Zweifel als Erfolgsgeschichte bezeichnet werden, was nicht zuletzt am großartigen Engagement und Einsatz der handelnden Personen im Fonds selbst liegt.

Die ursprüngliche Aufgabe, die Gestezahlungen an Überlebende sind aufgrund der zeitlichen Dimension nur mehr äußerst selten. Auch konnten im Laufe der Zeit Großprojekte und Tätigkeiten abgeschlossen werden, die nun nicht länger zum Aufgabenbereich des Fonds gehören.

Dieser Wegfall von Aufgaben, neue weltweite Entwicklungen, die auch die Opfergruppen des Nationalsozialismus betreffen, und unsere Verantwortung gegenüber allen Opfern des Nationalsozialismus bringen es mit sich, dass es nun an der Zeit ist, den Nationalfonds für die Zukunft auszurichten, neue Perspektiven zu eröffnen und eine transparente und zeitgemäße Struktur sicherzustellen.

Zu Artikel 1 (Änderung des Bundesgesetzes über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus):

Zu Z 1 (§ 2 Abs. 4):

Der Nationalfonds soll künftig budgetär so ausgestattet sein, dass er pro Gedenkdiener bzw. Gedenkdienerin gemäß § 26 FreiwG oder pro Gedenkdiener gemäß § 26 FreiwG iVm. § 12c Abs. 1 Z 1 ZDG und pro Monat bis zu 400 Euro in Form einer Unterstützung zuschießen kann (§ 2 Abs. 4 Z 1). Die Beantragung erfolgt elektronisch und individuell von jedem Gedenkdiener bzw. jeder Gedenkdienerin und soll direkt beim Nationalfonds erfolgen, um neben einer allfälligen Förderung durch das Freiwilligengesetz (vgl. § 27 FreiwG) die finanzielle Ausstattung der Gedenkdiener bzw. Gedenkdienerinnen weiter zu verbessern und den Kreis potentieller Interessierter zu erhöhen. Je nach Standort und je nach den dortigen Lebenserhaltungskosten, bemisst sich die Höhe der Unterstützung. Dies ist den Richtlinien näher zu regeln (§ 2 Abs. 7).

Darüber hinaus ist vorgesehen, dass der Fonds einen Beitrag zu den Grabgebühren von Überlebenden des Nationalsozialismus aus den Reihen der Roma und Sinti leistet.

Um bei Antisemitismusbekämpfung und bei der Aufarbeitung des Nationalsozialismus künftige Generationen miteinzubeziehen, soll der Austausch von Schülerinnen bzw. Schülern und Lehrlingen zwischen Österreich, Israel und anderen Staaten mit jüdischen Gemeinden forciert werden (§ 2 Abs. 4 Z 3). Gegenseitiges Kennenlernen unterbindet Vorurteile und hilft, gegenseitiges Verständnis zu fördern und langfristige Freundschaften zu etablieren. Dementsprechend soll der Nationalfonds künftig den Austausch von Schülerinnen bzw. Schülern und Lehrlingen unterstützen können. Im Zuge eines z.B. mehrtägigen Aufenthalts von israelischen Schülerinnen bzw. Schülern in Österreich bzw. österreichischen Schülerinnen bzw. Schülern in Israel sollen Unterricht an der jeweiligen Gastschule, Besuche der jeweiligen Parlamente sowie von Gedenkstätten und Kultureinrichtungen auf dem Programm stehen. Bestehende Kooperationen, wie beispielsweise jene zwischen der Demokratiewerkstatt des österreichischen Parlaments und der Gedenkstätte Yad Vashem, können hier als Türöffner angesehen werden. Schülerinnen bzw. Schüler und Lehrlinge sollen zudem bei Familien untergebracht werden, um neben Bildungsinhalten auch kulturelle und familiäre Aspekte mitzunehmen. Bei der operativen Abwicklung dieses Programms soll auf die OeAD GmbH oder vergleichbare Institutionen zurückgegriffen werden.

Außerdem soll in Zukunft der Fonds sogenannte „Outreach-Programme“ unterstützen können, die Schülerinnen bzw. Schülern und Lehrlingen es ermöglichen sollen, die Lebenssituation der Nachkommen von Opfern des Nationalsozialismus, z.B. Angehörige der Volksgruppe der Roma und Sinti, näherzubringen.

Für diese neuen Unterstützungsprogramme (§ 2 Abs. 4 Z 1 bis 4) sind die notwendigen zusätzlichen Mittel für den Nationalfonds im Bundesfinanzgesetz bereitzustellen.

Zu Z 2 (§ 2 Abs. 5 bis 8) und Z 10 (§ 4 Abs. 1 Z 2):

§ 2 Abs. 5 und 6 sollen sicherstellen, dass das Verfahren zur Unterstützung betreffend Abs. 3 und 4 niederschwellig und transparent abläuft. Darüber hinaus soll durch eine Berichtspflicht der unterstützten Personen – mit Ausnahme der Leistung eines Beitrags betreffend Grabgebühren – bzw. Institutionen dem Fonds ermöglicht werden, strukturiert seine Förderpraxis zu evaluieren und gegebenfalls anzupassen. Die Evaluierung ist in den Jahresbericht gemäß § 4 Abs. 7 aufzunehmen. Die Evaluierung ist vom Kuratorium unter Zuhilfenahme des Vorstandes (§ 6 Abs. 1) durchzuführen. Um zu verhindern, dass es zu keiner überbordenden Berichtspflicht kommt, wird der Umfang der zu erstellenden Berichte von der Höhe der ausbezahlten Unterstützung abhängen. Näheres kann in den Richtlinien (§ 2 Abs. 7) geregelt werden.

§ 2 Abs. 7 neu entspricht im Wesentlichen dem ehemaligen § 2 Abs. 3 und bildet in Zusammenschau mit § 4 Abs. 1 Z 2 die Möglichkeit, dass das Kuratorium mittels Richtlinien nähere Vorschriften betreffend Geldleistungen erlassen kann. Im neuen Abs. 8 wird festgelegt, dass das Komitee eine inhaltliche Schwerpunktsetzung dem Kuratorium für die Unterstützungen gemäß Abs. 3 empfiehlt. Um auszuschließen, dass § 2 Abs. 8 in ein Spannungsverhältnis zur Verfassungsbestimmung des § 4 Abs. 1 Z 2 gerät, soll § 4 Abs. 1 Z 2 inhaltsgleich neu erlassen werden (vgl. die Judikatur des VfGH zur gleichzeitigen Beschlussfassung von einfachgesetzlichen Bestimmungen mit Verfassungsnormen).

Es zeigt sich vor allem in der Wissenschaft und Forschung, dass die Bildung von inhaltlichen Schwerpunkten zu einem breiteren Zugang und zu vertieften Arbeiten führt. Schwerpunkte haben den Vorteil, dass sie multi- und transdisziplinäre Zugänge ermöglichen. Das bedeutet, dass Forschende aus verschiedenen wissenschaftlichen und künstlerischen Disziplinen mit Praktikern und Praktikerinnen aber auch mit der Zivilbevölkerung zusammenarbeiten. Dadurch wird es möglich Themen in einem größeren Rahmen sowohl wissenschaftlich und wissenschaftlich-künstlerisch zu bearbeiten und gleichzeitig, Transfer- und Vermittlungs-formen und -formate zu erarbeiten, die insbesondere im Bereich Forschung über den Nationalsozialismus, aber auch der Nachgeschichte von besonderer Bedeutung sind. Das Komitee soll daher ein- oder mehrjährige Projektschwerpunkte vorschlagen; das Kuratorium entscheidet über die Schwerpunktsetzung in Ausübung seiner Richtlinienkompetenz (§ 4 Abs. 1 Z 2). Die Schwerpunktsetzung ist ausschließlich bei der Unterstützung von Projekten gemäß § 2 Abs. 3 zu berücksichtigen.

Zu Z 3 (§ 2a Abs. 1 Z 5):

Diese Bestimmung ist neu zu fassen, zumal die österreichische Ausstellung in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau fertiggestellt ist. Die bisherige Ausstellung soll im Parlamentsarchiv verwahrt werden. Diese Bestimmung tritt erst mit. 1. Dezember 2027 in Kraft (§ 8 Abs. 7).

Zu Z 4 (§ 2a Abs. 1 Z 7):

Lit. b soll dahingehend erweitert werden, dass die Sammlung und Dokumentation von lebensgeschichtlichen Zeugnissen nicht nur von Opfern des Nationalsozialismus, sondern auch von deren Familien Aufgabe des Fonds sein soll.

Um die Kooperation des Fonds mit nationalen und internationalen Organisationen, Gedenk- und Forschungseinrichtungen hervorzuheben, soll gemäß lit. e in Zukunft der Fonds bei der Förderung und Verbreitung von Wissen um den Nationalsozialismus, seine Folgen und das Schicksal seiner Opfer sowie die Wahrung des Andenkens an die Opfer zur Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Organisationen und Einrichtungen, die im Bereich der Erforschung und Verbreitung von Wissen um den Nationalsozialismus, seine Nachgeschichte und Folgen und das Schicksal seiner Opfer sowie der Wahrung des Andenkens an die Opfer und diesbezüglicher Präventionsarbeit (z.B. „erinnern.at“) sowie Einrichtungen des primären, sekundären und tertiären Bildungsbereiches angehalten sein.

Zu Z 5 (§ 2a Abs. 1 Z 9 bis 12):

Der laufende Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen nationalen und internationalen Organisationen und Einrichtungen, die im Bereich der Verbreitung von Wissen um den Nationalsozialismus, seine Nachgeschichte und Folgen und das Schicksal seiner Opfer sowie der Wahrung des Andenkens an die Opfer und diesbezüglicher Präventionsarbeit tätig sind, soll gefördert und vertieft werden. Zu diesem Zweck soll der Nationalfonds eine entsprechende Plattform zur Verfügung stellen.

Seitens des Fonds gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 bis 3 unterstützten Personen sollen verpflichtet sein, schriftliche Berichte zu übermitteln (vgl. § 2 Abs. 4 und 5). Die Aufgabe zur Entgegennahme dieser Berichte soll daher auch in § 2a aufgenommen werden. Diese Berichte soll die bzw. der Vorsitzende des Kuratoriums in den Berichten an den Hauptausschuss des Nationalrates gemäß § 4 Abs. 7 entsprechend berücksichtigen.

Schließlich soll sich der Fonds der Planung, Errichtung und Instandhaltung einer Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus aus den Reihen der Roma und Sinti annehmen.“

Zu Z 6 (§ 2a Abs. 5 bis 7):

Der einzigartige Aktenbestand des Nationalfonds soll – auch im Sinne seiner Erhaltung und Nutzbarmachung für die Forschung – möglichst bald digitalisiert werden. Die Akten unterliegen dem Bundesarchivgesetz und werden daher entsprechend zu archivieren sein; dies soll – gestützt auf § 3 Abs. 4 Nationalfondsgesetz – in Zusammenarbeit mit der Parlamentsdirektion erfolgen. Die Nutzung der Aktenbestände nach erfolgter Archivierung richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes. Sollen die Aktenbestände aber schon vor ihrer Archivierung für Forschungszwecke genutzt werden können, bedarf es aus datenschutzrechtlichen Gründen – sofern nicht die Einwilligung der betroffenen Personen vorliegt – einer gesetzlichen Grundlage (Art. 9 Abs. 2 DSGVO). Eine solche Rechtsgrundlage wird nun mit Abs. 5 geschaffen. Diese Bestimmung schafft einen Ausgleich zwischen dem Interesse von Wissenschaft und Forschung an der Nutzung des Aktenbestandes und den schutzwürdigen Interessen der Opfer des Nationalsozialismus und deren Nachkommen.

Zur Information der Öffentlichkeit über die Wahrnehmung seiner vielfältigen Aufgaben und zum Zweck einer Bewusstseinsbildung auf diesem Gebiet soll der Nationalfonds jährlich eine Konferenz abhalten. An dieser sollen sich all jene Organisationen und Einrichtungen beteiligen, die in Österreich im Bereich der Verbreitung von Wissen um den Nationalsozialismus, seine Nachgeschichte und Folgen und das Schicksal seiner Opfer sowie der Wahrung des Andenkens an die Opfer und diesbezüglicher Präventionsarbeit tätig sind.

Zu Z 7 und 8 (§ 2e Abs. 7 und 8):

Im Rahmen des Festaktes im Parlament zur Verleihung des Simon-Wiesenthal-Preises soll der bzw. die Vorsitzende des Kuratoriums auf Vorschlag der Simon-Wiesenthal-Preis-Jury künftig natürliche Personen für ihr besonderes zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus und für die Aufklärung über den Holocaust sowie Zeitzeuginnen bzw. Zeitzeugen des nationalsozialistischen Terrorregimes in besonderer Form würdigen können. Die derart gewürdigten Personen sollen auch in das – bislang die Preisträger des Simon-Wiesenthal-Preises umfassende – Verzeichnis aufgenommen werden, das auf der Website des Nationalfonds veröffentlicht ist.

Zu Z 9 (§ 3 Abs. 1):

Im Hinblick auf die Einrichtung eines Vorstandes anstelle der Generalsekretärin bzw. des Generalsekretärs (§ 6) ist die Regelung betreffend die Organe des Fonds entsprechend angepasst neu zu erlassen. Die Einrichtung eines Zweipersonenvorstandes ändert nichts an der Zuständigkeit der Organe des Fonds und deren Zusammenwirken im Verhältnis zur bisherigen Rechtslage.

Zu Z 11 und 13 (§ 4 Abs. 1 Z 9 und § 6):

Der Nationalfonds verantwortet nicht nur wesentliche budgetäre Mittel des Bundes, sondern widmet sich den Opfern des Nationalsozialismus und ihren Nachkommen – er trägt damit eine für die Republik Österreich zentrale Aufgabe. Im Sinne eines modernen Corporate Governance sollen auf operativer Ebene zwei gleichberechtigte und gesamtverantwortliche Vorstandsmitglieder tätig sein.

Aufgabe des Vorstandes – wie bislang der Generalsekretärin – soll es sein, die Vorsitzende bzw. den Vorsitzenden des Kuratoriums bei der Verwaltung des Fonds zu unterstützen und die Beschlüsse und Entscheidungen des Kuratoriums und des Komitees vorzubereiten (Abs. 1) sowie die Verbindung zwischen Österreich und den im Ausland lebenden Opfern des Nationalsozialismus zu pflegen (Abs. 8). In diesem Zusammenhang ist auch auf die Evaluierungen gemäß § 2 Abs. 5 und 8 hinzuweisen, die vom Vorstand vorbereitet und vom Kuratorium durchgeführt werden.

Die zwei Mitglieder des Vorstandes sollen von der Präsidentin bzw. vom Präsidenten des Nationalrates für die Dauer von fünf Jahren bestellt werden und bis zur Bestellung neuer Mitglieder im Amt bleiben. Das Bestellungsverfahren ist folgendermaßen im Detail ausgestaltet (§ 4 Abs. 1 Z 9 und § 6 Abs. 3): Der Präsident des Nationalrates führt ein öffentliches Ausschreibungsverfahren durch. Die den Ausschreibungskriterien entsprechenden Kandidatinnen und Kandidaten werden vom Kuratoriumsvorsitzenden zu einer Anhörung im Kuratorium eingeladen. Daraufhin beschließt das Kuratrium, welche Kandidatinnen bzw. Kandidaten für die Bestellung als jeweilige Vorstandsmitglieder empfohlen werden, wobei das Kuratrium eine Reihung vornehmen kann. Auf Grundlage dieser Empfehlung schlägt der Präsident des Nationalrates dem Hauptausschuss vor, welche Personen er beabsichtigt, als Vorstandsmitglieder zu bestellen. Der Hauptausschuss erteilt diesem Vorschlag in Anwesenheit von mindestens der Hälfte seiner Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen seine Zustimmung, woraufhin der Präsident des Nationalrates die Vorstandsmitglieder bestellen kann. Wiederbestellungen von Mitgliedern des Vorstandes sollen zulässig sein, wobei dasselbe Verfahren anzuwenden ist. Angesichts der bisherigen Verdienste von Generalsekretärin Hannah Lessing steht außer Streit, dass sie weiterhin Teil des neuen Vorstands sein soll (vgl. § 8 Abs. 8).

Um Interessenkonflikte zu vermeiden, wird normiert, dass Vorstandsmitglieder nicht Mitglieder der Bundesregierung, Staatssekretäre, Mitglieder einer Landesregierung, Mitglieder des Nationalrats, des Bundesrats oder eines sonstigen allgemeinen Vertretungskörpers und Funktionäre einer politischen Partei sein dürfen, wobei dies auch für Personen gilt, die eine dieser Funktionen in den letzten vier Jahren ausgeübt haben.

Bei der Aufgabenerfüllung soll der Vorstand einvernehmlich vorgehen. Die beiden Mitglieder können nur gemeinsam tätig werden. Im Falle eines mangelnden Konsenses zwischen den Mitgliedern des Vorstandes entscheidet der Vorsitzende des Kuratoriums. Innerhalb des Vorstandes sollen sie ihre Aufgaben aufteilen (Aufgabenverteilung gemäß Abs. 5).

Die Organisation des Fonds wird mittels Geschäftseinteilung vorgenommen (Abs. 6). Diese wird vom Vorstand erstellt, vor Beschlussfassung durch den Vorstand vom Vorsitzenden des Kuratoriums genehmigt und vor Beschlussfassung dem Kuratorium zur Kenntnis gebracht.

In die operative Arbeit des Vorstandes soll das Kuratorium künftig intensiver eingebunden werden (Abs. 7): Der Vorstand soll dem Kuratorium daher fortan quartalsweise jeweils im Vorhinein über geplante Maßnahmen und jeweils im Nachhinein über durchgeführte Maßnahmen zu berichten haben. Im Zuge dieser Berichtspflicht sind dabei z.B. Verwaltungs- und Reisekosten aufzuschlüsseln, zu begründen und im Falle von Auslandsaufenthalten mit inhaltlichen Kurzberichten zu ergänzen, um die Arbeit des Nationalfonds transparent und nachvollziehbar darstellen zu können. Den Mitgliedern des Kuratoriums soll in der Folge Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben sein (Abs. 4). Darüber hinaus können einzelne Kuratoriumsmitglieder Vorschläge betreffend Maßnahmen dem Vorstand übermitteln.

In Abs. 8 wird klargestellt, dass es auch Aufgabe des Vorstandes ist, die Verbindung zwischen Österreich mit den Nachfahren der im Ausland lebenden Opfern des Nationalsozialismus zu pflegen.

Zu Z 12 (§ 5):

Projekte und deren Umsetzung werden angesichts der Schnelllebigkeit unserer Zeit zunehmend komplexer und in ihrer Ausarbeitung bzw. Ausprägung vielfältiger. Es ist zentral, eine zeitgemäße, wissenschaftliche Prüfung für die Bewertung der Unterstützungswürdigkeit sicherzustellen. Das Komitee des Fonds soll daher um Expertinnen und Experten ergänzt werden. Das Kuratorium soll künftig gemäß § 2 Abs. 8 inhaltliche Schwerpunkte für die Aufgabenwahrnehmung des Nationalfonds setzen können. Das erweiterte Komitee soll das Kuratorium bei dieser Aufgabe durch die Erstellung von Vorschlägen unterstützen.

Das Komitee soll um vier Mitglieder erweitert werden, wobei eine Person von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, zwei Personen von der Österreichischen Universitätenkonferenz (uniko) und eine Person vom österreichischen Nationalkomitee des International Council of Museums (ICOM) entsandt werden sollen.

Diese Mitglieder des Komitees sollen in Zukunft für die Dauer von fünf Jahren bestellt sein und bis zur Bestellung neuer Mitglieder im Amt bleiben. Eine einmalige Wiederbestellung soll zulässig sein. Für die anderen Mitgliedern des Komitees soll sich nichts im Verhältnis zur geltenden Rechtslage ändern.

Das Komitee legt eine Geschäftsordnung fest, die insbesondere die Einberufung, den Ablauf, die mögliche Teilnahme Dritter, die Protokollierung von Sitzungen, die Möglichkeit, Sitzungen als Telefon- oder Videokonferenz abzuhalten, sowie die Möglichkeit der Stimmrechts-übertragung zu regeln hat. Beschlüsse sollen vom Beirat nur dann gefasst werden können, wenn zumindest die Hälfte der Mitglieder anwesend sind. Ein gültiger Beschluss setzt die Zustimmung von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder voraus, wobei eine Stimmenthaltung nicht vorgesehen ist.

Abs. 4 umschreibt die neue Aufgabe des Komitees. So soll das Komitee Empfehlungen für die inhaltliche Schwerpunktsetzung erarbeiten, die vom Kuratorium in Ausübung der Richtlinienkompetenz festgelegt werden.

Zu Z 14 (§ 7a Abs. 1):

Durch die Einfügung der Wortfolge „bei Behörden und anderen öffentlichen Einrichtungen Einsicht in Unterlagen zu nehmen“ soll sichergestellt werden, dass der Fonds auch Zugriff auf Unterlagen hat, die bereits den Bundesarchivregeln unterliegen, soweit dies zur Erfüllung der dem Fonds gesetzlich übertragenen Aufgaben erforderlich ist.

Zu Z 15 (§ 8 Abs. 7 und 8):

Diese Bestimmungen regeln das Inkrafttreten. Darüber hinaus wird klargestellt, dass die derzeitige Generalsekretärin ex lege Mitglied des neuen Vorstandes ist. Bis zur Bestellung des zweiten Vorstandsmitgliedes hat sie die Aufgaben des Vorstandes allein wahrzunehmen. Schließlich wird der Betrag in § 2 Abs. 4 Z 1 valorisiert.

Zu Artikel 2 (Änderung des Bundesgesetzes über die Einrichtung des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich):

Zu Z 1 und 4 (§ 1 Abs. 1 und § 6 Abs. 1):

Der Fonds soll nicht wie ursprünglich vorgesehen 20 Jahre, sondern 40 Jahre Bestand haben.

Zu Z 2 (§ 3 Abs. 2 erster Satz):

Um die Sanierung jüdischer Friedhöfe voranzutreiben und sicherzustellen, dass alle zur Verfügung stehenden Mittel der öffentlichen Hand eingesetzt werden können, soll der Ko-Finanzierungsanteil der Israelitischen Kultusgemeinde als Friedhofseigentümerin bzw. der diesbezüglich beauftragten Dritten ab dem Jahr 2024 mindestens auf ein Viertel der Zuwendungen des Bundes reduziert werden.

Zu Z 3 (§ 4 Abs. 1):

Im Hinblick auf die Neuerlassung der Regelung betreffend die Organe des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus (vgl. Art. 1 Z 9) soll auch die Regelung betreffend die Organe des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich, die derzeit weitgehend an die Organe des Nationalfonds anknüpft, neu erlassen und dabei auf die entsprechenden Besonderheiten Rücksicht genommen werden.“

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Martin Engelberg und Mag. Eva Blimlinger einstimmig beschlossen.

 

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer gewählt.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2023 11 20

                       Mag. Friedrich Ofenauer                                                 Mag. Jörg Leichtfried

                                  Berichterstattung                                                                          Obmann