2302 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht und Antrag

des Verfassungsausschusses

über den Entwurf einer Änderung des Bundesgesetzes über die Rückgabe von Kunstgegenständen und sonstigem beweglichem Kulturgut aus den österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen und aus dem sonstigen Bundeseigentum (Kunstrückgabegesetz – KRG)

Im Zuge seiner Beratungen über den Initiativantrag (3537/A) der Abgeordneten Mag. Martin Engelberg, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus und das Bundesgesetz über die Einrichtung des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich geändert werden, hat der Verfassungsausschuss am 20. November 2023 auf Antrag der Abgeordneten Mag. Martin Engelberg und Mag. Eva Blimlinger einstimmig beschlossen, dem Nationalrat gemäß § 27 Abs. 1 Geschäftsordnungsgesetz einen Selbständigen Antrag vorzulegen, der eine Novelle zum Kunstrückgabegesetz – KRG zum Gegenstand hat.

Dieser Antrag war wie folgt begründet:

Zu § 4b samt Überschrift (Z 1):

Mit § 4b wird eine gesetzliche Grundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zweck der Erfüllung der durch dieses Bundesgesetz übertragenen Aufgaben sowie zum Zweck der Rückgabe von Kunstgegenständen und sonstigem beweglichen Kulturgut geschaffen.

Die in Abs. 1 genannten Organe sind im Zuge der Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Bundesgesetz jeweils Verantwortlicher im Sinne des Art. 4 Z 7 der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (im Folgenden: DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 04.05.2016 S. 1, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 74 vom 04.03.2021 S. 35. Diese Verantwortlichen sind jeweils dazu ermächtigt, die erforderlichen Verarbeitungen (vgl. Art. 4 Z 2 DSGVO) personenbezogener Daten (vgl. Art. 4 Z 1 DSGVO) bzw. besonderer Kategorien personenbezogener Daten (vgl. Art. 9 Abs. 1 DSGVO) vorzunehmen. Die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten ist auf der Grundlage des Unionsrechts oder des Rechts eines Mitgliedstaats, das in angemessenem Verhältnis zu dem verfolgten Ziel steht, den Wesensgehalt des Rechts auf Datenschutz wahrt und angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Grundrechte und Interessen der betroffenen Person vorsieht, aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses erforderlich (vgl. Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO). Von diesem Bundesgesetz oder im Zusammenhang mit der jeweiligen Rückgabe von Kunstgegenständen und sonstigem beweglichen Kulturgut betroffene Personen können insbesondere Erbberechtigte sowie deren Angehörige und Vertretungen sein.

Abs. 1 ermächtigt die nach diesem Bundesgesetz datenschutzrechtlich Verantwortlichen jeweils, von Behörden und sonstigen Einrichtungen, die Daten verarbeiten, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Bundesgesetz erforderlich sind, Daten anzufordern. Im Rahmen der Feststellung der ursprünglichen Eigentümer bzw. Eigentümerinnen zu übereignender Kunstgegenstände bzw. sonstiger beweglicher Kulturgüter bzw. deren Rechtsnachfolger bzw. Rechtsnachfolgerinnen von Todes wegen sind die datenschutzrechtlich Verantwortlichen nach diesem Bundesgesetz insbesondere auf die Übermittlung personenbezogener Daten von folgenden Behörden bzw. Einrichtungen angewiesen:

                 • andere Ministerien samt deren nachgeordnete Dienststellen (insbesondere Botschaften, General- und Honorarkonsulate, Österreichisches Staatsarchiv, Finanzämter, Schulen, Landes- bzw. Bezirksgerichte)

                 • andere Gebietskörperschaften sowie deren Behörden und Einrichtungen (insbesondere Standesämter, Meldeämter, Einwanderungsämter, Landes- bzw. Stadtarchive, Friedhofsverwaltungen)

                 • Universitäten

                 • Religionsgemeinschaften und Kirchen

                 • Sozialversicherungsträger

                 • Selbstverwaltungskörper

                 • Krankenanstalten, Pflege- und Altenheime

                 • Unterstützungsvereine sowie Exilverbände

Abs. 2 ermächtigt die datenschutzrechtlich Verantwortlichen nach diesem Bundesgesetz, personenbezogene Daten einschließlich besonderer Kategorien personenbezogener Daten einander sowie Dritten zum Zweck der Erfüllung der durch dieses Bundesgesetz übertragenen Aufgaben sowie zum Zweck der Rückgabe von Kunstgegenständen und sonstigem beweglichen Kulturgut an die damaligen Eigentümer bzw. Eigentümerinnen oder an deren Rechtsnachfolger bzw. Rechtsnachfolgerinnen von Todes wegen zu übermitteln. Dritte im Sinne dieser Bestimmung sind insbesondere die österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen des Bundes sowie sonstige nationale und internationale Museen bzw. Sammlungen sowie Besitzer:innen beziehungsweise Eigentümer:innen der Kunstgegenstände oder des sonstigen beweglichen Kulturguts. Die Bundesministerin bzw. der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport im Rahmen der Aufgaben des Beirats (§ 3) sowie der Kommission für Provenienzforschung (§ 4a) berät regelmäßig auf Anfrage andere Institutionen sowie Museen bzw. Sammlungen im Zusammenhang mit der Rückgabe von deren Kunstgegenständen und sonstigem beweglichen Kulturgut. In diesem Zusammenhang ist die Datenverarbeitung sowie Übermittlung auch an Dritte vorzusehen.

Der Nationalfonds der Republik Österreich hat die gesetzliche Aufgabe, als Anlaufstelle für alle Opfer des Nationalsozialismus und ihre Nachfahren in verschiedenen Anliegen unterstützend und beratend zu wirken (vgl. § 2a Abs. 1 Z 6 des Bundesgesetzes über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, BGBl. Nr. 432/1995). Aufgrund seiner umfassenden Sachkunde wird in Abs. 2 vorgesehen, dass der Nationalfonds in den Verfahren zur Rückgabe von Kunstgegenständen und von sonstigem beweglichen Kulturgut aus den österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen, wozu auch die Sammlungen der Bundesimmobilienverwaltung zählen, und aus dem sonstigen unmittelbaren Bundeseigentum als Sachverständiger beigezogen werden kann und von den zuständigen Organen Einsicht in die Unterlagen beim Nationalfonds genommen werden kann, sofern dies erforderlich erscheint.

Besondere Kategorien personenbezogener Daten dürfen gemäß Abs. 2 jeweils nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß übermittelt werden. Eine Übermittlung besonderer Kategorien personenbezogener Daten ist dann unbedingt erforderlich, wenn zur Wahrnehmung der Aufgaben nach diesem Bundesgesetz beziehungsweise zur Erreichung des jeweiligen Zwecks mit der Übermittlung sonstiger personenbezogener Daten nicht das Auslangen gefunden werden kann.

Abs. 3 hält fest, dass die im Rahmen der Erfüllung der Aufgaben nach diesem Bundesgesetz verarbeiteten Daten Archivalien gemäß § 25 DMSG sind. Daraus folgt, dass es sich bei diesen Daten somit um Archivgut im Sinne des § 2 Z 3 des Bundesgesetzes über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes – Bundesarchivgesetz, BGBl. I Nr. 162/1999 handelt und somit eine Archivierung vorzusehen ist.

Die Archivwürdigkeit ergibt sich insbesondere aus der Tatsache, dass eine möglichst vollständige Darstellung von Provenienzen seit 1933 mitsamt den seit 1945 erfolgten Restitutionen bzw. Restitutionsbemühungen unabdingbar für den Vollzug dieses Bundesgesetzes ist. So ist die Archivierung der umfassenden Dokumentationen sämtlicher Übereignungen des Bundes nach diesem Bundesgesetz und damit auch der in diesen Dokumentationen enthaltenen (personenbezogenen) Daten essenziell für künftige Restitutionsentscheidungen und Übereignungen.

Im Hinblick auf die vorgesehene Archivierung wird daher unter anderem auf Art. 17 Abs. 3 lit. b DSGVO hingewiesen, wonach die Regelungen zum Recht auf Löschung nicht gelten, soweit die Verarbeitung erforderlich ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, die die Verarbeitung nach dem Recht der Union oder der Mitgliedstaaten, dem der Verantwortliche unterliegt, erfordert, oder zur Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde.

Zu § 6 Z 2 (Z 2):

Die Neueinfügung des § 4b erfordert eine entsprechende Erweiterung der Vollzugsklausel.

Zu § 7 samt Überschrift (Z 3):

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten.“

 

In der Debatte ergriffen die Abgeordneten Mag. Martin Engelberg, Ing. Reinhold Einwallner, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Mag. Eva Blimlinger, Sabine Schatz und Dr. Susanne Fürst das Wort.

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger gewählt.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2023 11 20

                            Mag. Eva Blimlinger                                                     Mag. Jörg Leichtfried

                                  Berichterstattung                                                                          Obmann