2360 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über die Regierungsvorlage (2316 der Beilagen): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit

Im Interesse der in Österreich lebenden Menschen sind die Vertragsparteien Bund und Länder einerseits sowie die Sozialversicherung andererseits als gleichberechtigte Partner übereingekommen, das eingerichtete partnerschaftliche Zielsteuerungssystem zur Steuerung von Struktur, Organisation und Finanzierung der österreichischen Gesundheitsversorgung fortzuführen. Damit soll sichergestellt werden, dass sich mittels vereinbarter Ausgabenobergrenzen die öffentlichen Gesundheitsausgaben gleichlaufend zum nominellen Wirtschaftswachstum entwickeln. Es wird damit ein wesentlicher Beitrag zur Erfüllung des Österreichischen Stabilitätspakts geleistet. Vor dem Hintergrund der bestehenden Zuständigkeiten verfolgt die nunmehr vorliegende Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit daher das Ziel, durch moderne Formen einer vertraglich abgestützten Staatsorganisation eine optimale Wirkungsorientierung sowie eine strategische und ergebnisorientierte Kooperation und Koordination bei der Erfüllung der jeweiligen Aufgaben zu erreichen. Es geht um eine den Interdependenzen entsprechende „Governance“ der Zuständigkeiten für die Gesundheitsversorgung, um die Entsprechung der Prinzipien Wirkungsorientierung, Verantwortlichkeit, Rechenschaftspflicht, Offenheit und Transparenz von Strukturen bzw. Prozessen und Fairness und um die Sicherstellung von sowohl qualitativ bestmöglichen Gesundheitsdienstleistungen als auch deren Finanzierung. Durch das vertragliche Prinzip Kooperation und Koordination sollen die organisatorischen und finanziellen Partikularinteressen der Systempartner überwunden werden. Dementsprechend wird das partnerschaftliche Zielsteuerungssystem, das eine bessere Abstimmung zwischen dem niedergelassenen Versorgungsbereich und den Krankenanstalten garantiert, weiterentwickelt und fortgeführt. Die Patientinnen und Patienten und ihre bestmögliche medizinische Behandlung stehen weiterhin im Mittelpunkt und nicht mehr die Institutionen. Das bedeutet eine weitere Stärkung des öffentlichen Gesundheitswesens, das sich in Österreich bewährt hat. Mit der nunmehr vereinbarten Fortführung der Zielsteuerung-Gesundheit wird ein Mechanismus beibehalten, der es sicherstellt, Ausgabensteigerungen in der Gesundheitsversorgung an das prognostizierte Wirtschaftswachstum heranzuführen, damit die kontinuierliche Weiterentwicklung des österreichischen Gesundheitssystems gewährleistet und dessen Finanzierung auch für kommende Generationen leistbar bleibt

Prinzipien und wesentliche Handlungsfelder der partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit

•       Für Patientinnen und Patienten wird der niederschwellige Zugang zur bedarfsgerechten Gesundheitsversorgung in Form der Stärkung der Sachleistung durch Forcierung der Digitalisierung im Gesundheitswesen gemäß dem Prinzip „digital vor ambulant vor stationär” sowie durch Ausbau der Versorgung im ambulanten und insbesondere niedergelassenen Bereich und die hohe Qualität der Gesundheitsversorgung langfristig gesichert und ausgebaut.

•       Auf- und Ausbau einer integrierten Versorgung von chronisch erkrankten Menschen.

•       Stärkere Berücksichtigung von Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen.

•       Die Organisation und Steuerungsmechanismen auf Bundes- und Landesebene werden nach dem Prinzip der Wirkungsorientierung weiterentwickelt, um insbesondere die Steuern und Beiträge der Bevölkerung besser zielgerichtet einsetzen zu können.

•       Sowohl Versorgungs- als auch Finanzziele werden festgelegt sowie das eingerichtete Monitoring weiterentwickelt und fortgeführt, um die Erreichung der Ziele messbar zu machen.

•       Aus den nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mitteln ergibt sich das Erfordernis, mittels dem Steuerungsinstrument der Ausgabenobergrenzen weiterhin maßvolle Wachstumsraten festzulegen, sodass in Verbindung mit der Umsetzung erforderlicher Strukturmaßnahmen sich der Anstieg der öffentlichen Gesundheitsausgaben (ohne Langzeitpflege) über die Periode bis 2028 am zu erwartenden nominellen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts zuzüglich eines Aufschlages insbesondere für die demografische Entwicklung und für die zusätzliche Inflation im Gesundheitswesen, der gegen Ende der Laufzeit abnimmt, orientiert.

•       Versorgung der Patientinnen und Patienten zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort mit optimaler medizinischer und pflegerischer Qualität.

•       Transparente, bevölkerungs- und patientenorientierte Qualität im Gesundheitswesen.

•       Verbesserung der Behandlungsprozesse insbesondere durch die Optimierung von Organisationsabläufen und der Kommunikation.

•       Zielgerichteter Ausbau von Gesundheitsförderung und Prävention.

Neue Strukturen im Dienst der Patientinnen und Patienten

•       Weitere Forcierung der Ambulantisierung bislang (akut-)stationärer Leistungen sowie weitere Bündelung von selten und/oder spitzenmedizinisch erbrachten Leistungen zur Sicherstellung der Versorgungsqualität.

•       Ausbau neuer multiprofessioneller und interdisziplinärer Primärversorgungseinheiten sowie multiprofessioneller und interdisziplinärer Versorgungsformen in der ambulanten Fachversorgung im Bereich der Sachleistung unter anderem mit der Zielsetzung der Erhöhung des Anteils ambulanter Versorgungsstrukturen mit Öffnungszeiten zu Tagesrand- und Wochenendzeiten.

Finanzzielsteuerung: Gesicherte Finanzierung des Gesundheitssystems durch Wahrnehmung einer gemeinsamen Finanzverantwortung

•       Orientierung des Anstiegs der öffentlichen Gesundheitsausgaben an den mittelfristig prognostizierten Anstieg des nominellen BIP.

•       Weiteres finanzierbares Wachstum der Gesundheitsausgaben.

•       Festlegung von Ausgabenobergrenzen, die eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung und auch deren nachhaltige Finanzierung sicherstellen.

Umfassende Kontrolle und Schlichtungsverfahren

•       Bund, Länder und Sozialversicherung vereinbaren fixe Ziele und verpflichten sich zu einem laufenden Monitoring mit klar festgelegten Messgrößen und Zielwerten.

•       Die Monitoringberichte sind zu veröffentlichen.

•       Ein Sanktionsmechanismus wird in folgenden Fällen in Gang gesetzt:

           1. Im Zuge des Monitorings festgestellte Nicht-Erreichung von vereinbarten Zielen

           2. Verstoß gegen die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit, den Bundes Zielsteuerungsvertrag oder die Landes-Zielsteuerungsübereinkommen

           3. Nicht-Zustandekommen des Bundes-Zielsteuerungsvertrages oder der Landes Zielsteuerungsübereinkommen

•       Bei Streitigkeiten über Inhalte des Zielsteuerungsvertrages und der Landes Zielsteuerungsübereinkommen ist ein Schlichtungsverfahren vorgesehen.

Zielsteuerungsvertrag auf Bundesebene, mehrjährige Landes-Zielsteuerungsübereinkommen

Auf Grundlage der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit wird ein Zielsteuerungsvertrag auf Bundesebene ausgearbeitet. Basierend auf diesem Vertrag werden auf Landesebene in den Landes-Zielsteuererungskommissionen detaillierte mehrjährige Landes Zielsteuerungübereinkommen einvernehmlich erstellt und beschlossen.

Laufzeit dieser Vereinbarung Die Vereinbarung

Zielsteuerung-Gesundheit wird unbefristet abgeschlossen. Die Vertragsparteien verzichten bis 31. Dezember 2028 auf ihr Recht, die Vereinbarung zu kündigen.

Nach dem 31. Dezember 2028 kann diese Vereinbarung vom Bund oder mindestens sechs Ländern zum Jahresende unter Einhaltung einer neunmonatigen Kündigungsfrist gekündigt werden. Die Vereinbarung tritt außer Kraft, wenn

1.     die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens ohne vom Bund und den Ländern akzeptierte Nachfolgeregelung außer Kraft tritt oder

2.     die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Österreichischen Stabilitätspakt 2012 ohne vom Bund und den Ländern akzeptierte Nachfolgeregelung außer Kraft tritt.

Parallel zu dieser Vereinbarung wird eine neue Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens abgeschlossen, die ebenfalls ab dem 1. Jänner 2024 gilt.

Der Gesundheitsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 5. Dezember 2023 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneter Dr. Josef Smolle die Abgeordneten Peter Wurm, Ralph Schallmeiner, Henrike Brandstötter, Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß, Martina Diesner-Wais, Fiona Fiedler, BEd, Philip Kucher, Mag. Verena Nussbaum, Gabriele Heinisch-Hosek, Bedrana Ribo, MA, Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Mag. Gerald Hauser sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, G, dagegen: F, N) beschlossen,

dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieser Vereinbarung zu empfehlen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss der Vereinbarung gemäß Art. 15a B VG Zielsteuerung-Gesundheit (2316 der Beilagen) wird genehmigt.

Wien, 2023 12 05

                                Dr. Josef Smolle                                                         Mag. Gerhard Kaniak

                                  Berichterstattung                                                                          Obmann