2361 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

Berichtigte Fassung vom 11.12.2023

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über die Regierungsvorlage (2317 der Beilagen): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens sowie

über den Antrag 548/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Veröffentlichung der KH-Qualitätsindikatoren (A-IQI) auf KH-Standortebene sowie

über den Antrag 2914/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung strukturierter Versorgungsprogramme

Regierungsvorlage 2317 der Beilagen

Die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, BGBl. I Nr. 98/2017, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 198/2022, tritt mit 31. Dezember 2023 außer Kraft. Für die Jahre 2024 bis 2028 wurde ein neuer Finanzausgleich abgeschlossen.

Zur Umsetzung des Finanzausgleiches für die Jahre 2024 bis 2028 ist der Abschluss einer Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens unter Berücksichtigung der Erfordernisse der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit erforderlich. Die bisherige Finanzierungssystematik bleibt grundsätzlich unverändert aufrecht.

Inhaltliche Schwerpunkte dieser Vereinbarung in wechselseitiger Übereinstimmung mit der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit und unter besonderer Berücksichtigung der Patientenorientierung sind insbesondere:

1.     Regionen- und sektorenübergreifende Planung, Steuerung und Sicherstellung einer gesamthaften Finanzierung des gesamten Gesundheitswesens,

2.     Sicherstellung und Verbesserung der Qualität, der Effizienz und der Effektivität der Gesundheits-versorgung,

3.     Förderung und Stärkung des Transplantationswesens und der Gesundheitsförderung sowie der ambulanten Versorgung, insbesondere der Primärversorgung,

4.     Steigerung der Digitalisierung im österreichischen Gesundheitswesen unter anderem durch Auf- und Ausbau der öffentlichen Gesundheitstelematik-Infrastruktur,

5.     Optimierung der Patientenströme und -wege nach dem Prinzip „digital vor ambulant vor stationär“ zur Versorgung der Bevölkerung am „Best Point of Service“,

6.     Sicherstellung von ausreichend und entsprechend qualifiziertem Personal im öffentlichen Gesundheitssystem,

7.     Gewährleistung einer bedarfsgerechten Versorgung mit Arzneimitteln inkl. Sicherstellung von bundesweit einheitlich festgelegten Regelungen zum Einsatz von innovativen bzw. hochpreisigen Arzneimitteln,

8.     Umsetzung der verpflichtenden bundesweiten einheitlichen Diagnosencodierung,

9.     die Verbesserung des Nahtstellenmanagements zwischen den verschiedenen Leistungserbringern,

10.   die Forcierung gesundheitsökonomischer Ansätze,

11.   bei der gemeinsamen Steuerung und Weiterentwicklung des österreichischen Gesundheitswesens ist der Grundsatz zu beachten, dass die für die Planung zuständigen Entscheidungsträger auch für die Finanzierung verantwortlich sein müssen und dass zwischen den Gesundheitssektoren das Prinzip „Geld folgt Leistung“ gilt.

 

Antrag 548/A(E)

Die Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 26. Mai 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Regierungsprogramm zu Behandlungsqualität und Transparenz

Im Regierungsprogramm 2017-2022 stand noch, dass es bezüglich Behandlungen und Operationen mehr Transparenz geben soll. Dieses Ziel wurde auch im aktuellen Regierungsprogramm niedergeschrieben: ‚Transparenz und Qualität ausbauen: Für Patientenentscheidungen relevante Informationen sollen niederschwellig zugänglich sein‘.  Das ist zu begrüßen, da in den A-IQI-Berichten keine Standort-bezogenen Werte veröffentlicht werden. Auch aus den Aufenthaltszahlen von www.kliniksuche.at lässt sich nur sehr indirekt auf die Behandlungsqualität in den einzelnen Spitälern schließen.

Schweiz: Mut zur Qualitäts-Transparenz

Die IQIs (Inpatient Quality-Indicators; Spitalsstationäre Qualitätsindikatoren) sind ein Vorzeigeprojekt des Gesundheitsministeriums bzw. der Spitäler. Es umfasst derzeit mehr als 100 Qualitätsindikatoren. Innerhalb der Spitäler schafft man mit den QIs Benchmarks für Ärzt_innen, die sich dadurch besser bewusst werden, wo Verbesserungspotential besteht. Die QI-Ergebnisse werden zudem in Form von sogenannten Peer-Reviews (regionale Qualitätsbesprechungen einer entsprechenden Fachärztegruppe) besprochen. Außerhalb der Spitäler bekommt die Bevölkerung durch die standortbezogene Veröffentlichung der QIs Info darüber, wo die beste Behandlungsqualität geboten wird. Das Gesundheitsministerium veröffentlicht die QIs laufend in über 1800-seitigen Qualitätsberichten. Zusätzlich kann man auf der Homepage des Gesundheitsministeriums mit Hilfe eines Vergleichssystems benutzerfreundlich die QI-Ergebnisse einzelner Krankenhäuser miteinander vergleichen. Das Gesundheitsministerium schreibt, dass es anfänglich von vielen Spitälern Widerstände gegeben hat, die QI auf Krankenhausebene zu veröffentlichen, mittlerweile ist die Veröffentlichung aber allgemein anerkannt. Alles in allem ein voller Erfolg des Gesundheitsministeriums und des gesamten Gesundheitssystems. Zumindest des Schweizer Gesundheitsministeriums und des Schweizer Gesundheitssystems…

Österreich: A-IQI-Berichte werden nicht auf KH-Standortebene veröffentlicht

Bezogen auf Österreich verschließt man sich nach wie vor gegenüber einer transparenten Qualitätsberichterstattung. Die A-IQI-Berichte sind aus Patient_innensicht unbrauchbar. Peer-Reviews sind zwar groß im Kommen und sehr hilfreich für die Qualitätsarbeit in den Spitälern, aber aus Sicht der Patient_innen ist uns die Schweiz weit voraus. So werden im A-IQI-Qualitätsbericht der Bundes-Zielsteuerungskommission QI nur in Form von Bundesdurchschnittswerten angeführt. Als Zusatzinformation bekommt man lediglich die Anzahl der Standorte, an denen es “statistische Auffälligkeiten” (Qualitätsprobleme) gibt. Diese Vorgehensweise schafft aber eher Verunsicherung, weil man nicht weiß, um welche Standorte es sich dabei handelt. Vereinfacht lautet die zynische Aussage der Bundes-Zielsteuerungskommission derzeit: ‚Es gibt an einigen Standorten Qualitätsprobleme, wir wissen sogar wo, aber wir sagen es euch nicht!‘

Schnellstmögliche Veröffentlichung der A-IQI-Qualitätsindikatoren auf KH-Standortebene

Mittlerweile wurden acht A-IQI-Berichte veröffentlicht. Dabei sollte genug Erfahrung gesammelt worden sein, um die Berichte auch auf Standortebene zu veröffentlichen. Deshalb sollen die Qualitätsindikatoren schnellstmöglich in Absprache mit der Bundes-Zielsteuerungskommission auf Standortebene veröffentlicht werden.“

 

Antrag 2914/A(E)

Die Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 15. November 2022 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Österreich schneidet im internationalen Vergleich bei der Behandlung von chronischen Krankheiten nicht sonderlich gut ab. Schon 2007 haben die Versicherungsträger deshalb Konzepte entwickelt, wie eine strukturierte Versorgung für Patient:innen ermöglicht werden kann[1]. Im Verlauf der Jahre wurde mit ‚Therapie aktiv‘ für Diabetes ein Pilotprogramm entwickelt, rund ein Viertel der Diabetiker:innen ist laut aktuellen Daten in dieser strukturierten Behandlung[2]. Noch ist damit zwar keine enorme Verbesserung der Gesundheitsdaten erkennbar, für bestimmte Patient:innen wird damit das Management ihrer Erkrankung massiv erleichtert.

Aufgrund der positiven Ergebnisse über strukturierten Versorgungsprogramme - wie sie beispielsweise in Deutschland verfolgt wurden[3] - gibt es neben Diabetes beispielsweise auch für die strukturierte Versorgung von Demenz Pilotprojekte[4] und in vielen weiteren Bereichen, wie etwa in der Kardiologie[5] fordern ärztliche Fachgesellschaften weitere strukturierte Versorgungsprogramme.

Da auch das Gesundheitsministerium selbst sich im Rahmen des Budgets das Ziel setzt, die "Förderung, Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit der gesamten Bevölkerung unter besonderer Berücksichtigung von Infektionskrankheiten, chronischen und psychischen Erkrankungen"[6] zu fördern, steht besonders unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Ergebnisse außer Frage, dass die Anzahl der strukturierten Versorgungsprogramme massiv ausgebaut werden muss. Nicht nur zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Patientenoutcomes, sondern auch, da durch eine abgestimmte Vorgehensweise und bessere Versorgung im Gesundheitssystem und der gesamten Volkswirtschaft vermieden werden können - wie beispielsweise das IHS am Beispiel von Bluthochdruck berechnet hat[7]. Da hierfür klarerweise nicht eine einzelne Gesetzesbasis ausreichen würde, sondern abgestimmte Vorgehensweisen von Versicherungsträgern und Krankenhausbetreibern zur umfassenden Versorgung nötig wären, gilt es, die unterschiedlichen Stakeholder an einen Tisch zu bringen und Versorgungsprogramme einzurichten.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den Entschließungsantrag 548/A(E) in seiner Sitzung am 30. Juni 2020 erstmals in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneter Mag. Gerald Loacker die Abgeordneten Ralph Schallmeiner, Dr. Werner Saxinger, MSc, Philip Kucher und Ing. Markus Vogl. Im Anschluss wurden die Verhandlungen vertagt.

Den Entschließungsantrag 2914/A(E) hat der Gesundheitsausschuss erstmals in seiner Sitzung am 15. Februar 2023 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Fiona Fiedler, BEd die Abgeordneten Mario Lindner, Laurenz Pöttinger, Ralph Schallmeiner, Dr. Werner Saxinger, MSc und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak. Die Verhandlungen wurden vertagt.

Der Gesundheitsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 5. Dezember 2023 erstmals, sowie die Entschließungsanträge 548/A(E) und 2914/A(E) erneut in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter zur gegenständlichen Regierungsvorlage Abgeordneter Dr. Josef Smolle die Abgeordneten Peter Wurm, Ralph Schallmeiner, Henrike Brandstötter, Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß, Martina Diesner-Wais, Fiona Fiedler, BEd, Philip Kucher, Mag. Verena Nussbaum, Gabriele Heinisch-Hosek, Bedrana Ribo, MA, Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Mag. Gerald Hauser sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak.

 

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, G, N, dagegen: F) beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieser Vereinbarung zu empfehlen.

 

Damit gelten die Anträge 548/A(E) und 2914/(E) als miterledigt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens (2317 der Beilagen) wird genehmigt.

Wien, 2023 12 05

                                Dr. Josef Smolle                                                         Mag. Gerhard Kaniak

                                  Berichterstattung                                                                          Obmann



[1] https://www.sozialversicherung.at/cdscontent/load?contentid=10008.714205&version=1391184549

[2] https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:30c6be86-256d-4666-bbb4-e0fe045d14f8/Zielsteuerung-Gesundheit%20 -%20Monitoringbericht%202022.pdf

[3] https://www.aerztezeitung.de/Politik/Strukturierte-Versorgung-funktioniert-295172.html

[4] https://ausbildung.diakoniewerk.at/pilotprojekt-integrierte-versorgung-ivd

[5] https://www.tt.com/artikel/9989694/herzinsuffizienzpatienten-benoetigen-strukturierte-versorgung

[6] https://service.bmf.gv.at/Budget/Budgets/2023/bfg/teilhefte/UG24/UG24_Teilheft_2023.pdf

[7] https://irihs.ihs.ac.at/id/eprint/6213/3/ihs-report-2022-czypionka-et-al-kosten-hypercholesterinaemie-oesterreich. pdf