2384 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Umweltausschusses

über den Antrag 3731/A(E) der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Johannes Schmuckenschlager, Michael Bernhard, Walter Rauch, Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eintreten für Ausbaustopp des 2. Blocks und Stilllegung des 1. Blocks des Atomkraftwerkes Krško

Die Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Johannes Schmuckenschlager, Michael Bernhard, Walter Rauch, Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 23. November 2023 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Das in Slowenien liegende Atomkraftwerk Krško ist seit 1981 in Betrieb und befindet sich ca. 260 Kilometer südlich von Wien. Kroatien ist zur Hälfte Miteigentümer. Die behördliche Aufsicht erfolgt ausschließlich durch die slowenische Nuklearaufsicht (SNSA) und hat offene Fragen bei der zuletzt durchgeführten UVP nicht beantwortet.

Der Ausbau des Atomkraftwerkes Krško um weitere Reaktorblöcke wird seit Jahren thematisiert, obwohl es bei dem bestehenden Reaktor regelmäßig zu gefährlichen Zwischenfällen kommt. Gleichzeitig zeigt die lange Liste an Störfällen, veröffentlicht von Global 2000, dass der Reaktor auch im normalen täglichen Betrieb mit technischen Problemen zu kämpfen hat.[1] Zuletzt führte am 4. Oktober ein Leck im Primärkreislauf der Anlage zu einer Abschaltung des Atomkraftwerkes.[2] Statt eine unabhängige Überprüfung der Anlage und ihres Erdbeben-Risikos durchzuführen, wurde die Betriebsgenehmigung sogar um 20 Jahre verlängert. Durch das Ausbleiben einer unabhängigen Prüfung ist daher eine Stilllegung des mehr als 40 Jahre alten Reaktorblockes die einzige Option, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten.

Stattdessen wird der Ausbau des Standortes mit allen Mitteln forciert. 2021 erteilte das slowenische Infrastrukturministerium die energierechtliche Genehmigung für den Bau des zweiten Blocks des AKWs Krško. Es sollen nun weitere Verfahren, wie das Raumordnungsverfahren sowie das UVP-Verfahren folgen. Die Investoren des Reaktorausbaues, GEN Energy, wollen mit dem 2. Block bereits frühzeitig 2038 ans Netz gehen. Der Verfahrensablauf droht aber nicht unabhängig und auf Sicherheitsüberprüfungen abgestellt zu sein. Ganz im Gegenteil - die staatlichen Aufsichtsbehörden scheinen die Durchsetzung der Unternehmung um jeden Preis vorantreiben zu wollen. Dafür hat die slowenische Regierung Anfang September eine Sonderkommission eingesetzt, um zu untersuchen, wie der Ausbau der Anlage beschleunigt und kosteneffizienter gestaltet werden kann.

Der weitere Reaktorblock hätte unglaubliche Kosten in Höhe von mehr als zehn Milliarden Euro. Daneben sind vor allen Dingen die Gesundheitsgefährdungen der ansässigen slowenischen und europäischen Bevölkerung in den Nachbarstaaten bislang unberücksichtigt geblieben.

Der Standort des AKWs liegt in einer tektonisch und seismisch aktiven Zone. Schon 2004 wurde durch das österreichische Umweltbundesamt im Zuge seismologischer Untersuchungen darauf hingewiesen, dass Bauweise und Technik des AKW Krško nicht für das tatsächliche Erdbebenrisiko am Standort ausgelegt sind.[3] Seit 2004 wurden zudem weitere aktive Störungen in AKW-Nähe entdeckt, von denen sogar ein noch größeres Risiko ausgeht. Das schwere Erdbeben vom 29. Dezember 2020 im Raum Kroatien und Slowenien mit einer Stärke von 6,4 hat deutlich die erschreckenden Gefahren einer Nuklearkatastrophe mitten in Europa unterstrichen. Das Epizentrum lag nur 85 km vom AKW Krško entfernt. Das Aufeinandertreffen der adriatischen und europäischen Platte führt zu aktiven Störungen und relativ häufigen schweren Erdbeben. Einige Beispiele dafür sind die Erdbeben von Idrija 1511 (Stärke 6,8), Krško 1628 (Stärke 5,0), Medvednica 1880 (Stärke 6,5), Ljubljana 1895 (Stärke 6,1), Medvednica 1905 (Stärke 5,6), Medvednica 1906 (Stärke 6,1), Brežice 1917 (Stärke 5,7) und Bovec 1998 (Stärke 5,7).

Eine Erdbebengefährdungsanalyse (Probabilistic Seismic Hazard Assessment, PSHA) für den Ausbau sollte bis Ende des Jahres 2023 fertiggestellt werden. Fraglich ist jedoch, ob dem österreichischen Anliegen, dass bei der Prüfung dieser Analyse auch internationale Expertinnen und Experten eingebunden werden sollen, Rechnung getragen wird.

Der Krieg in der Ukraine hat gezeigt, wie rasch auch zivile Atomanlagen eine zusätzliche Bedrohung werden können. Beim UVP Verfahren zur Betriebsverlängerung des bestehenden Blockes blieb die Frage, wie die Anlage gegen terroristische Bedrohungen oder im Kriegsfall geschützt werden kann, unbeantwortet. Dies ist jedoch eine Frage der europäischen Sicherheit, da ein entsprechender Unfall weitreichende Konsequenzen hätte.“

 

Der Umweltausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 5. Dezember 2023 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Ing. Martin Litschauer der Abgeordnete Robert Laimer sowie die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA und der Ausschussobmann Abgeordneter Lukas Hammer.

 

Bei der Abstimmung wurde der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Johannes Schmuckenschlager, Michael Bernhard, Walter Rauch, Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen einstimmig beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Umweltausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2023 12 05

                         Ing. Martin Litschauer                                                         Lukas Hammer

                                  Berichterstattung                                                                          Obmann



[1] Global 2000: https://www.global2000.at/akw-krsko

[2] Der Standard: Aus von Sloweniens AKW Krško nach präventiver Abschaltung gefordert (6. Oktober 2023); https://www.derstandard.at/story/3000000190115/sloweniens-akw-kr353ko-pr228ventiv-abgeschaltet-forderungen-nach-aus

[3] Umweltbundesamt: Fact Finding Workshop on the active Tectonics of the Krško Region (2016); https://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/publikationen/REP0612.pdf