2419 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP
Bericht
des Verfassungsausschusses
über den Antrag 3821/A der Abgeordneten Eva-Maria Himmelbauer, BSc, Süleyman Zorba, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz und das Telekommunikationsgesetz 2021 geändert werden
Die Abgeordneten Eva-Maria Himmelbauer, BSc, Süleyman Zorba, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 15. Dezember 2023 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„Künstliche Intelligenz bezeichnet eine Reihe von Technologien, die sich rasant entwickeln und zu vielfältigem Nutzen für Wirtschaft und Gesellschaft über das gesamte Spektrum industrieller und gesellschaftlicher Aktivitäten hinweg beitragen können. Durch die Optimierung der Abläufe, der Ressourcenzuweisung und der Personalisierung digitaler Lösungen kann die Verwendung künstlicher Intelligenz den Unternehmen wesentliche Wettbewerbsvorteile verschaffen und in verschiedensten Bereichen Verbesserungen bewirken. Gleichzeitig kann künstliche Intelligenz je nach den Umständen ihrer konkreten Anwendung und Nutzung Risiken mit sich bringen und öffentliche Interessen und Rechte beeinträchtigen. Künstliche Intelligenz wird folglich in ganz unterschiedlichen Lebensbereichen mitunter drastische Veränderungen herbeiführen. Es gilt daher, diese Entwicklungen aufmerksam zu beobachten und sich auf die Herausforderungen rechtzeitig vorzubereiten. Mit dem aktuell auf europäischer Ebene Gegenstand von Verhandlungen bildenden Gesetz zur Festlegung harmonisierter Vorschriften für künstliche Intelligenz (kurz AI-Act) setzt die Europäische Union einen wichtigen Schritt, dass die in der EU verwendeten KI-Systeme sicher sind, das geltende Recht in Bezug auf die Grundrechte und die Werte der Union gewahrt und Rechtssicherheit im Hinblick auf die Förderung von Investitionen sowie eine Erleichterung der Marktentwicklung für rechtskonforme, sichere und vertrauenswürdige KI-Anwendungen bewirkt wird.
KI-Anwendungen leisten einen wichtigen Beitrag, um die Zukunftsfähigkeit von Gesellschaft und Wirtschaft in einer modernen und vernetzten Zeit zu sichern. Es ist daher sinnvoll, Maßnahmen zur Einführung und Nutzung von Künstlicher Intelligenz zu koordinieren, Orientierung zu geben, Beratung in Bezug auf KI-Systeme anzubieten und für die diesbezügliche Kommunikation mit den Akteuren Vorsorge zu treffen.
Aus diesem Grund wird gemäß § 17 Abs. 8 im Zusammenhalt mit den weiteren Bestimmungen in § 20c und in § 194a TKG 2021 vorgesehen, die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, die schon derzeit im Sinne der Konvergenz mit ihren beiden Fachbereichen (Telekommunikation und Post sowie Medien) als Kompetenzzentrum fungiert, gesetzlich auch mit der Funktion einer KI Servicestelle zu betrauen.
Zu Artikel 1 (Änderung des KommAustria-Gesetzes):
Der bisherigen Systematik und dem wegen der gemeinsamen Verantwortung der Geschäftsführer einschlägigen Vorbild in § 17 Abs. 7 folgend enthält die Regelung in § 17 Abs. 8 nur die grundsätzliche Aufgabenzuweisung (vgl die Paragrafenüberschrift), während die inhaltlichen Vorgaben für die Tätigkeit in § 20c und in § 194a TKG 2021 verankert sind. Aus denselben systematischen Überlegungen wurden auch die Regelungen zur Festlegung der Finanzierung nicht in § 17 aufgenommen, sondern – so wie bei den Vorbildern des § 20 Abs. 1 oder § 20a Abs. 2 – in der die konkreten Aufgaben beschreibenden Bestimmung des neuen § 20c.
Auf diesem Weg sollen – finanziert ausschließlich aus Mitteln des Bundes – insbesondere Beratungsleistungen gegenüber den verschiedenen Akteuren aus Wirtschaft und Politik genauso wie gegenüber den zuständigen Behörden unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rahmenbedingungen und Weisungszusammenhänge erbracht werden können, um für einen damit verbundenen Kompetenzaufbau beim Inverkehrbringen oder bei der Inbetriebnahme von KI Anwendungen zu sorgen.
Für die Frage der Aufsicht bei der Tätigkeit nach § 20c spielt die neue Regelung in § 18 Abs. 3a eine zentrale Rolle. Bei § 18 Abs. 3a Z 1 und 2 handelt es sich um eine auf die Erfordernisse der Aufgabenstellung im Bereich der KI abgestimmte Spezialregelung nach dem Vorbild des geltenden Abs. 3. Es bedarf nämlich konsequenterweise – wenn die RTR-GmbH auch Beratungsleistungen für öffentlich-rechtliche Rechtsträger erbringen soll – auch bei Fragen im Zusammenhang mit der Regulierung elektronischer Medien der Sicherstellung der Unabhängigkeit der mit der Regulierung im Bereich elektronischer Medien eingerichteten Regulierungsbehörde. Daher bildet Z 1 die Grundlage dafür, dass die RTR-GmbH, sobald medienregulierungsrelevante Themenbereiche betroffen sind, nur der Aufsicht und den Weisungen der KommAustria unterworfen ist, während sie bei den Aufgaben und Aktivitäten, die keinen unmittelbaren Zusammenhang zu Regulierungsfragen aufweisen, wie schon derzeit im Bereich der Vergabe von Medien-Förderungen gemäß Abs. 3a Z 2 der Aufsicht des Bundeskanzlers unterworfen ist. Den abstrakten Tätigkeitsbereich im Medienbereich beschreibt § 20c Abs. 3. Die Regelung der Aufsicht nach § 18 Abs. 3a Z 3 folgt jener nach Abs. 3 Z 3. Auch der letzte Satz in § 18 Abs. 3a ist im Sinne der Transparenz bewusst dem § 18 Abs. 3 nachgebildet.
Die Änderung in § 19 bewirkt, dass die Aktivitäten im Rahmen der KI-Servicestelle Gegenstand des Tätigkeitsberichts sein müssen.
Die Anordnung in § 20c Abs. 2 sichert, dass die RTR-GmbH für die Bereitstellung eines vielfältigen Informationsangebots zum Thema KI sorgt und als Servicestelle für Initiativen in diesem Bereich fungieren kann. Dazu zählt etwa auch im Wege eines Informationsportals die Sammlung und Bereitstellung geeigneter Informationsquellen in diversen Formaten in einem auf der Website zugänglichen Verzeichnis und das Angebot von Orientierungshilfen betreffend den Einsatz von KI für Marktteilnehmer und Technologieanbieter.
§ 20c Abs. 3 umfasst eine katalogartige Aufzählung der Tätigkeitsfelder der RTR-GmbH im Fachbereich Medien.
Die Regelung in § 20c Abs. 4 setzt das dem Ministerratsbeschluss Nr. 70/22 vom 20. September 2023 zugrundeliegende Verständnis für die Sensibilität der Ausgestaltung des Organisationsgefüges wörtlich um. Diesem Ministerratsbeschluss zufolge muss von der RTR-GmbH im Fachbereich Telekomunikation ‚bei Fragen der Medien und Meinungsvielfalt sowie medienpolitischen Fragen in Zusammenhang mit KI‘ das ‚schriftliche Einvernehmen mit der RTR GmbH, Fachbereich Medien hergestellt‘ werden. Für die Beurteilung der Frage, ob eines der genannten Themenfelder berührt ist, ist ein objektiver Maßstab zugrunde zu legen.
§ 20c Abs. 5 sichert ab, dass die unabhängige Aufgabenbesorgung durch die für Fragen der KI im Medienbereich zuständige Behörde nicht durch andere Einflussverhältnisse im Bereich der Servicestelle konterkariert wird. So stellt es etwa einen Anwendungsfall (iVm § 20c Abs. 3) dar, wenn sich die Beratung und Information der RTR auf die Verwendung von KI bei der Erstellung von ‚redaktionellen‘ Inhalten für Radio- und TV (On Demand)-Angebote bezieht. Auch der Beitrag zur Entwicklung von Verhaltenskodizes und Standards für den Einsatz von KI im Mediensektor oder die Vermittlung von Ad-hoc Informationen für die Öffentlichkeit und die Teilnehmer des Medienmarktes in ‚akuten‘ Anlassfällen von durch KI veranlassten Fake News und Desinformation sowie des Missbrauchs von KI, welche die Integrität der Medien beeinträchtigen können, zählen hierzu.
§ 20c Abs. 6 bis 8 tragen dem Anliegen Rechnung, dass zur Verstärkung des Sachverstands bzw. zur Beratung und zum Austausch mit der RTR-GmbH ein Beirat, dh. ein Gremium von Fachleuten, die den Veränderungs- oder Innovationsprozess in den durch KI aufgeworfenen Fragen gegenüber der RTR-GmbH beratend begleiten können, geschaffen wird.
Mit der Anordnung in § 20c Abs. 9 wird die finanzielle Ausstattung festgelegt. Die Mittel stammen aus dem Bundeshaushalt. Konsequenterweise regelt Abs. 9 weiters wie schon für das Kompetenzzentrum im Bereich der Konvergenz zwischen Telekommunikation und Medien durch den Verweis auf § 20 Abs. 6, dass die Geschäftsführer dem Aufsichtsrat jährlich eine gemeinsame Jahresplanung für die im Rahmen der Servicestelle durchzuführenden Tätigkeiten vorzulegen haben. Diese ist vom Aufsichtsrat insbesondere auf die Einhaltung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu prüfen. Die Geschäftsführer haben dem Aufsichtsrat auch regelmäßig über die Durchführung der Tätigkeiten im Rahmen des Kompetenzzentrums zu berichten. Für die Bestimmungen über die Berichterstattung an Bundeskanzler und Bundesminister für Finanzen wurde bei den Regelungen in § 34 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 Anleihe genommen. Gleiches gilt für die Valorisierungsbestimmung.
Im Einvernehmen zwischen dem Bundeskanzler und dem Bundesminister für Finanzen ist eine Geschäftsordnung für die Servicestelle zu errichten. Die für die Tätigkeit der Servicestelle nach dieser Bestimmung anfallenden Kosten für den Fachbereich Telekommunikation und Post (500 000 Euro) sind vom Bundeszuschuss gemäß § 34 KOG abgedeckt. Die Regelung in § 46 dient der Verdeutlichung, dass der Bundesminister für Finanzen (Euro 500 000,-) und der Bundeskanzler (Euro 200 000,-) für die Bereitstellung der zur Finanzierung erforderlichen Mittel das Einvernehmen herzustellen haben.
Zu Artikel 2 (Änderung des TKG 2021):
Mit der nach § 17 Abs. 8 KOG eingerichteten KI Servicestelle bei der RTR-GmbH können bereits jetzt wichtige Voraussetzungen geschaffen werden, um die positiven Chancen von KI nutzbar zu machen. Weiters bietet eine Servicestelle die Möglichkeit, strukturiert und verständlich KI zu erklären und den verantwortungsvollen Zugang im Umgang mit dieser neuen Technologie zu unterstützen.
Es kommt dadurch nicht zu einem Vorgriff auf die dann mit der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung harmonisierter Vorschriften für künstliche Intelligenz (Gesetz über Künstliche Intelligenz – ‚AI Act‘) und zur Änderung bestimmter Rechtsakte der Union einzurichtende Behörde, sondern bietet vielmehr eine gute Ausgangsbasis für die dann noch zu vertiefende gesetzliche Verankerung einer nach Verabschiedung des AI Acts umzusetzenden Behördenstruktur.
§ 194a Abs. 1 regelt die Aufgaben dieser Servicestelle im Fachbereich Telekommunikation und Post.
Da somit die Servicestellenfunktion zu den Aufgaben der RTR-GmbH zählt, ist sie unter der Verantwortung des Geschäftsführers des Fachbereiches für Telekommunikation und Post wahrzunehmen (§ 17 Abs. 4 KommAustria-Gesetz - KOG). KI zählt auch zu den Themen, die im Kompetenzzentrum nach § 20 KOG unter den dort genannten Voraussetzungen behandelt werden können.
Abs. 2 setzt das dem Ministerratsbeschluss Nr. 70/22 vom 20. September 2023 zugrundeliegende Verständnis für die Sensibilität der Ausgestaltung des Organisationsgefüges wörtlich um. Diesem Ministerratsbeschluss zufolge muss von der RTR-GmbH im Fachbereich Telekomunikation ‚bei Fragen der Medien und Meinungsvielfalt sowie medienpolitischen Fragen in Zusammenhang mit KI‘ das ‚schriftliche Einvernehmen mit der RTR GmbH, Fachbereich Medien hergestellt‘ werden.“
Der Verfassungsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 22. Jänner 2024 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Eva-Maria Himmelbauer, BSc die Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Mag. Harald Stefan sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Florian Tursky, MBA MSc.
Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, G, dagegen: S, F, N) beschlossen.
Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2024 01 22
Mag. Michaela Steinacker Mag. Jörg Leichtfried
Berichterstattung Obmann