2437 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 3865/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird

Die Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 31. Jänner 2024 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„I. Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte:

I.

Das aktuelle Regierungsprogramm (2020 bis 2024) sieht die Einführung der Fachärztin/des Facharztes für Allgemeinmedizin und Familienmedizin vor. Ziel dieser Ärztegesetz-Novelle ist die Schaffung der ärztegesetzlichen Grundlage für die Realisierung des Sonderfaches Allgemeinmedizin und Familienmedizin mit einer fünfjährigen fachärztlichen Ausbildung ab 1. Juni 2026.

Für die Gesamtumsetzung sind jedenfalls vier ärzterechtliche Regelwerke zu novellieren:

1.     Ärztegesetz 1998,

2.     Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung 2015 – ÄAO 2015,

3.     Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Ausbildung zur Ärztin für Allgemeinmedizin/zum Arzt für Allgemeinmedizin und zur Fachärztin/zum Facharzt, sowie über die Ausgestaltung und Form der Rasterzeugnisse, Prüfungszertifikate und Ausbildungsbücher (KEF und RZ-V 2015),

4.     Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Prüfung zum Arzt für Allgemeinmedizin und die Facharztprüfung – PO 2015.

Die Definition des Aufgabengebietes des neuen Sonderfaches Allgemeinmedizin und Familienmedizin hat in der ÄAO 2015 zu erfolgen.

Das Aufgabengebiet des Sonderfaches Allgemeinmedizin und Familienmedizin soll die primäre Gesundheitsversorgung, insbesondere die ganzheitliche, kontinuierliche und koordinative medizinische Betreuung des gesamten menschlichen Lebensbereiches, umfassen. Im Wesentlichen soll die diesbezügliche Gesundheitsförderung, Krankheitserkennung und Krankenbehandlung einschließlich der Einleitung von Rehabilitations- und Mobilisationsmaßnahmen aller Personen, unabhängig von Alter, Geschlecht und Art der Gesundheitsstörung, unter Berücksichtigung des Umfelds der Person, der Familie, der Gemeinschaft und deren Kultur beinhaltet sein.

Der Titel des nunmehr vorgeschlagenen Sonderfaches ‚Allgemeinmedizin und Familienmedizin‘ mit dem Zusatz ‚Familienmedizin‘ wurde entsprechend aktueller internationaler Empfehlungen und Definitionen, angelehnt an die zentrale Primärversorgungsrolle im Sinne der ganzheitlichen, kontinuierlichen und koordinativen medizinischen Betreuung des gesamten menschlichen Lebensbereiches gewählt.

Die Eckpfeiler der Sonderfach-Grundausbildung (Dauer 33 Monate) und Sonderfach-Schwerpunktausbildung (Dauer 18 Monate) sind im ÄrzteG 1998 zu regeln.

Zur näheren Konkretisierung der Ausbildungsinhalte ist auf Grundlage der novellierten ÄAO 2015 die Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Ausbildung zur Ärztin für Allgemeinmedizin/zum Arzt für Allgemeinmedizin und zur Fachärztin/zum Facharzt, sowie über die Ausgestaltung und Form der Rasterzeugnisse, Prüfungszertifikate und Ausbildungsbücher (KEF und RZ-V 2015) zu novellieren.

Zur Umstellung der bisherigen Prüfung zum Arzt/zur Ärztin für Allgemeinmedizin auf eine fachärztliche Prüfung für das Sonderfach ist die Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Prüfung zum Arzt für Allgemeinmedizin und die Facharztprüfung – PO 2015 entsprechend zu novellieren.

II.

Bereits in der Zielsteuerungs-Periode 2013 bis 2016 wurde eine Projektgruppe zur Thematik Attraktivierung der Allgemeinmedizin etabliert, mit dem Ziel einer Konkretisierung der Fragestellungen hinsichtlich der universitären sowie postpromotionellen Ausbildung, des Berufsbilds und der Berufsausübung sowie der Verbesserung des Prestiges und Ansehens.

In weiterer Folge wurde im Jahr 2021 von der Kommission für die ärztliche Ausbildung eine spezielle Unterarbeitsgruppe (UAG) ‚Fachärztin/Facharzt für Allgemeinmedizin‘ eingesetzt, unter Beteiligung der relevanten Stakeholder, nämlich Vertreterinnen/Vertreter der Länder, der Rechtsträger der Krankenanstalten, der Österreichischen Ärztekammer und der Sozialversicherung. Hier wurden die wesentlichen Themen dieses neuen Sonderfaches einschließlich der Analyse der Umfeld- und Struktur-Veränderungen erarbeitet. Grundsätzlich wurde übereingekommen, dass die Einführung einer Fachärztin/eines Facharztes für Allgemeinmedizin und Familienmedizin eine Ausbildung in der Dauer von zumindest fünf Jahren erfordert. Weiteres wurden die Inhalte der Ausbildung in den jeweiligen Sonderfachgebieten einschließlich der Dauer der Ausbildung im Fach Allgemeinmedizin und Familienmedizin von insgesamt 24 Monaten (Lehrpraxis, Lehrgruppenpraxis, Primärversorgungseinrichtungen, Erstversorgungseinrichtungen) erarbeitet.

Die Fachärztin/der Facharzt für Allgemeinmedizin und Familienmedizin soll die erste Anlaufstelle für sämtliche gesundheitliche Anliegen sein und dabei die Stärkung der Gesundheitskompetenz der/des Einzelnen sowie von spezifischen Populationsgruppen, insbesondere durch gesundheitsfördernde Aktivitäten, Beratung und Aufklärung unter Berücksichtigung des jeweiligen epidemiologischen Hintergrundes unterstützen.

Wesentlich sind die Zusammenarbeit und Koordination mit Fachärztinnen/Fachärzten anderer Sonderfächer, mit Vertreterinnen/Vertretern anderer Wissenschaften, Angehöriger anderer Gesundheitsberufe und Sozialberufe (oder eines anderen Berufes) und mit Einrichtungen im Gesundheitswesen, insbesondere Krankenanstalten bzw. Kuranstalten sowie die federführende Koordination zwischen den Versorgungsebenen, das Zusammenführen und Bewerten/Einschätzen bzw. Umsetzen aller Ergebnisse.

Verhältnismäßigkeitsprüfung:

Durch die vorgeschlagenen Regelungen wird der Zugang zu den und die Ausübung des ärztlichen Berufes gegenüber den bestehenden Regelungen nicht beschränkt, sodass keine Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß dem Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Gesetz, BGBl. I Nr. 67/2021, in Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/958, durchzuführen ist.

Kompetenzgrundlage:

Die Novelle stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG (‚Einrichtungen beruflicher Vertretungen, soweit sie sich auf das ganze Bundesgebiet erstrecken‘), Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG (‚Gesundheitswesen‘) sowie auf Art. 11 Abs. 1 Z 2 B-VG (‚berufliche Vertretungen, soweit sie nicht unter Art. 10 fallen‘).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

II. Besonderer Teil

Zu § 1, § 3 Abs. 1 und 4, § 4 Abs. 3 Z 2 und Abs. 6, § 5 Z 1 bis 3, § 5a Abs. 1 bis 3 und 6, die Überschrift zu § 6a, § 6a Abs. 1 und 6, § 6b Abs. 2, § 8, die Überschrift zu § 10, § 10 Abs. 5, 9, 11 und 13, § 11 Abs. 1 bis 5, 8 und 9, § 12 Abs. 1 und Abs. 2 Z 5, § 12a Abs. 1 und Abs. 2 Z 5 und Z 7, § 12a Abs. 4 und Abs. 7, § 13 Abs. 1, § 13 Abs. 2 Z 1, 2 und 7, § 13 Abs. 5 bis 8, § 13a Abs. 2 Z 7, § 13a Abs. 3, die Überschrift zu § 13c, § 13c Abs. 1, Abs. 3, Abs. 6 bis 9. § 13e Abs. 1 und 8 Z 1, § 24 Abs. 1 Z 2 und 3, § 24 Abs. 1 Z 8, § 24 Abs. 2, § 26 Abs. 1, § 27a Abs. 3, § 27b Abs. 3, § 84 Abs. 1, § 94 Abs. 1, § 117b Abs. 2 Z 6, § 117c Abs. 2 Z 2, Entfall des § 128 Abs. 5 Z 1, § 128a Abs. 5 Z 2 und 3, § 249 Abs. 2:

Es handelt sich um allgemeine, auch genderneutrale, redaktionelle und besondere, auf die Implementierung des neuen Sonderfachs Allgemeinmedizin und Familienmedizin bezogene, Anpassungen unter Berücksichtigung der Gemeinschaftsrechtskonformität sowie der Ärztegesetz-Novelle, BGBl. I Nr. 191/2023.

Zu §§ 7 und 257 samt Überschriften:

In § 7 wird die Gesamtdauer der Ausbildung in Allgemeinmedizin und Familienmedizin von fünf Jahren festgelegt. Auf neun Monate Basisausbildung folgen 51 Monate fachärztliche Ausbildung. Festgelegt wird die Struktur der fachärztlichen Ausbildung mit Sonderfach-Grundausbildung und Sonderfach-Schwerpunktausbildung mit der jeweils entsprechenden Dauer.

Anzumerken ist, dass durch die Übergangsbestimmung (§ 257) ein stufenförmiger Ausbau der Dauer der Ausbildung in der Sonderfach-Schwerpunktausbildung über mehrere Jahre erfolgt.

Im Rahmen der Sonderfach-Grundausbildung ist die sechsmonatige Ausbildung in Allgemeinmedizin und Familienmedizin in Lehrpraxen, Lehrgruppenpraxen, Lehrambulatorien oder auch an einer Zentralen Ambulanten Erstversorgung (ZAE) gemäß § 6 Abs. 7 Z 6 KAKuG zu absolvieren.

Die ZAE als Akut-Ambulanzen zur Erstversorgung von Akut- und Notfallpatienten einschließlich basaler Unfallchirurgie, deren Leistungsspektrum auf den Umfang der allgemeinmedizinischen Versorgung beschränkt ist, eignet sich für die praktische Ausbildung in Allgemeinmedizin und Familienmedizin im Rahmen der Sonderfach-Grundausbildung vergleichbar den Lehrpraxen, Lehrgruppenpraxen oder Lehrambulatorien.

Die weiteren Ausbildungsinhalte der Sonderfach-Grundausbildung sollen wie bisher auf Ausbildungsstellen an anerkannten Ausbildungsstätten gemäß § 9 absolviert werden. Für die weiteren Sonderfächer gemäß § 7 Abs. 1 lit. c soll in der ÄAO 2015 bis zur Dauer von insgesamt höchstens sechs Monaten die Absolvierung auch in Lehrpraxen, Lehrgruppenpraxen oder in Lehrambulatorien eröffnet werden. Die Sonderfach-Schwerpunktausbildung in Allgemeinmedizin und Familienmedizin ist jedenfalls in Lehrpraxen, Lehrgruppenpraxen oder Lehrambulatorien zu absolvieren.

Hinzuweisen ist auf die Übergangsbestimmung des § 257, wonach zur Sicherstellung der ausreichenden Anzahl an Ausbildungsverantwortlichen für die fachärztliche Ausbildung bisherige Ärztinnen/Ärzte für Allgemeinmedizin auch als Ausbildungsverantwortliche für die fachärztliche Ausbildung gelten sollen.

Zu § 9 samt Überschrift und § 10 Abs. 4b Z 2:

§ 9 normiert die Anerkennung der Ausbildungsstätten für die Ausbildung zur Fachärztin/zum Facharzt für Allgemeinmedizin und Familienmedizin vergleichbar den bestehenden Regelungen für (bisherige) fachärztliche Ausbildungsstätten. Hervorzuheben ist die Anerkennung der Zentralen Ambulanten Erstversorgung (ZAE) gemäß § 6 Abs. 7 Z 6 KAKuG für die sechsmonatige Ausbildung in Allgemeinmedizin und Familienmedizin im Rahmen der Sonderfach-Grundausbildung.

§ 9 Abs. 3b Z 2 und § 10 Abs. 4b Z 2 berücksichtigen für die Festlegung der Anzahl von Ausbildungsstellen, dass die Leistungszahlen für alle fachärztlichen Ausbildungen (Allgemeinmedizin und Familienmedizin sowie andere Sonderfächer) gleichermaßen entsprechend zur Erfüllung der Richtzahlen gewährleistet sind.

Zu § 11a Abs. 3 und § 14 Abs. 1:

Diese ergänzenden Formulierungen sollen die in der Spezialisierungsverordnung der Österreichischen Ärztekammer getroffenen Regelungen absichern. Weiters sollen durch eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage in § 14 auch Anrechnungsmöglichkeiten von gleichwertigen ärztlichen Tätigkeiten in Bezug auf den Erwerb von Spezialisierungen sowie von gleichwertigen Tätigkeiten aus dem Klinisch-Praktischen Jahr insbesondere auf die Basisausbildung abgesichert werden. Gerade die Anrechnungsmöglichkeiten aus dem Klinisch-Praktischen Jahr sollen Redundanzen, die sich mit Inhalten der Basisausbildung ergeben könnten, vermeiden und auch eine Verkürzung der Ausbildungszeit ohne Qualitätsverlust ermöglichen.

Zu § 12 Abs. 2 Z 7, § 12 Abs. 6 und § 12a Abs. 2 Z 7:

Die bisherige Beschränkung der Beschäftigung nur einer Turnusärztin/eines Turnusarztes auf ein Planstellen-Vollzeitäquivalent soll dahingehend erweitert werden, dass auch zwei entsprechend teilzeitbeschäftige Turnusärztinnen/Turnusärzte im Ausmaß eines Planstellen-Vollzeitäquivalents beschäftigt werden dürfen. Das soll der vermehrt, bereits nach geltendem Recht in Anspruch genommenen, Teilzeitbeschäftigung Rechnung tragen und der besseren Nutzung der Ausbildungskapazität dienen. Weiters sollen im Sinne der Attraktivierung der Lehr(-gruppen-)praxen nunmehr drei Jahre Berufserfahrung der Ausbildungsverantwortlichen ausreichend sein.

Zu § 13a Abs. 2 Z 13:

Die Regelung soll die parallele Datenerfassung hinsichtlich der Ausbildungsstellen in Ausbildungseinrichtungen sowohl für die vorübergehend weiterbestehende Ausbildung zur Ärztin/zum Arzt für Allgemeinmedizin (Z 13) als auch die zu etablierende Ausbildung zur Fachärztin/zum Facharzt für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (Z 7) sicherstellen.

Zu § 72 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 2, der Schlussteil zu § 72 Abs. 1, 75b Abs. 2 Z 1 lit. c, § 84 Abs. 2, § 120, § 126 Abs. 1 und 6, 129 Abs. 1, § 129 Abs. 3 Z 1 und 2, § 129 Abs. 4 Z 2:

Die Änderungsvorschläge dienen der kammerrechtlichen Berücksichtigung der zukünftigen Fachärztinnen/Fachärzte für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, die aufgrund der gleichgelagerten Tätigkeit gemeinsam mit den Ärztinnen/Ärzten für Allgemeinmedizin in den bestehenden Organen der Ärztekammern in den Bundesländern und der Österreichischen Ärztekammer vertreten sein sollen.

In diesem Zusammenhang soll auf Ebene der Österreichischen Ärztekammer die ‚Bundessektion Ärzte für Allgemeinmedizin und approbierte Ärzte‘ die Bezeichnung ‚Bundessektion für Allgemeinmedizin und Familienmedizin‘ erhalten.

Die Adaptierung des § 120 soll sicherstellen, dass der Österreichischen Ärztekammer zusätzlich zu den in § 120 ausdrücklich genannten Organen die Einrichtung weiterer Organe ermöglicht wird. Damit soll auch die schon bestehende Spezialisierungskommission abgesichert werden.

Zu § 196:

Im Rahmen der Grundsatzbestimmung des § 196 ÄrzteG 1998 sollen bei der Bedarfsplanung der zukünftig erforderlichen Zahl an ‚allgemeinmedizinischen‘ Ausbildungsstellen auch jene für Fachärztinnen/Fachärzten für Allgemeinmedizin und Familienmedizin berücksichtigt werden.

Zu § 235 Abs. 3:

Obwohl die Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung 2006 2015 von der Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung 2015 abgelöst wurde, werden weiterhin unterschiedliche Ausbildungen sowie Additivfächer gemäß der Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung 2006 angefangen und absolviert. Es wäre daher gesetzlich klarzustellen, bis wann längsten Ausbildungen gemäß der Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung 2006 abzuschließen sind. Diese Frist ist nicht verlängerbar. Personen, die bis 31. Mai 2015 eine Ausbildung gemäß den Bestimmungen der ÄAO 2006 begonnen haben, können unter Anrechnung bereits absolvierter Ausbildungsinhalte in die Ausbildung der ÄAO 2015 übertreten.

Zu § 250:

Laut Auskunft der Österreichischen Ärztekammer haben mit Stand 12.10.2023 insgesamt 895 Ärztinnen und Ärzte eine Tätigkeit gemäß § 36b Abs. 1 ÄrzteG 1998 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 16/2020 aufgenommen und entsprechend gemeldet. 106 Personen haben mehrere Tätigkeiten bekannt gegeben und weshalb insgesamt 1001 Meldungen aufscheinen. Diese Zahl setzt sich zusammen aus: 467 Turnusärzt:innen, 242 ausschließlich im Ausland berufsberechtigte Ärzt:innen, 171 pensionierte Ärzt:innen, 26 Nostrifikant:innen und 95 Absolvent:innen eines Studiums der Humanmedizin in Österreich. Bisher wurde eine solche Tätigkeit der Österreichischen Ärztekammer bloß gemeldet.

Im Hinblick auf die Ermöglichung des Verbleibens von bereits seit mehreren Jahren im Gesundheitssystem etablierten ausschließlich im Ausland berufsberechtigten Ärzt:innen, etwa aus Krisengebieten geflohene Ärzt:innen, soll nunmehr eine mit § 89 Abs. 9 und 10 GuKG vergleichbare Regelung geschaffen werden. Während für die Nostrifikation der einjährigen Ausbildung zur Pflegeassistenz zwei Jahre gesetzlich gewährt werden, wäre es verhältnismäßig für die Nostrifikation des sechsjährigen Studiums der Humanmedizin sowie der daran anschließenden Ausbildung vier Jahre vorzusehen. Dies insbesondere daher da die Dauer von Nostrifikationsverfahren vom jeweiligen Fach und der Universität bzw. Fakultät abhängt, wobei laut Studien die Gesamtdauer der Verfahren von der Stellung den Nostrifizierungsantrag bis zum Antrag auf Eintragung in die Ärzteliste zwischen zwei und 69 Monate beträgt (vgl. Gächter, Tschank, Tomić-Schwingenschlögl, Pruscha (2020) Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen als Ärztin/Arzt und Zahnärztin/Zahnarzt in Österreich, S. 49).

Sobald neben den weiteren Voraussetzungen insbesondere die erforderliche Sprachprüfung bestanden und die Nostrifikation abschließend erledigt worden sind, können die Betroffenen nach entsprechender Anmeldung in die Ärzteliste (§ 27 Abs. 2) die Berechtigung zur selbstständigen ärztlichen Berufsausübung erlangen.

Zu 8. Hauptstück mit §§ 255 bis 263:

Die §§ 253 bis 261 enthalten die Schlussbestimmungen dieser Ärztegesetz-Novelle, die zwecks Ermöglichung der Gliederung mit Überschriften zu den einzelnen Paragraphen die Einfügung eines 8. Hauptstücks erfordern.

Zu § 255:

§ 255 ermöglicht es, die erforderlichen (Änderungen von) Verordnungen zur Konkretisierung und Umsetzung der Ausbildungsinhalte für die fachärztliche Ausbildung im Sonderfach Allgemeinmedizin und Familienmedizin samt fachärztlicher Prüfung bereits vor Kundmachung dieser Ärztegesetz-Novelle zu erlassen. Sie dürfen frühestens mit 1. Juni 2026 in Kraft gesetzt werden.

Dies betrifft folgende Verordnungen:

1.     Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung 2015 (ÄAO 2015), BGBl. II Nr. 147/2015 in der Fassung BGBl. II Nr. 129/2023,

2.     Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Ausbildung zur Ärztin für Allgemeinmedizin/zum Arzt für Allgemeinmedizin und zur Fachärztin/zum Facharzt, sowie über die Ausgestaltung und Form der Rasterzeugnisse, Prüfungszertifikate und Ausbildungsbücher (KEF und RZ-V 2015) und

3.     Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Prüfung zum Arzt für Allgemeinmedizin und die Facharztprüfung – PO 2015.

Zu § 256:

§ 256 legt den Beginn der Ausbildung zur Fachärztin/zum Facharzt für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, beginnend mit der Basisausbildung gemäß § 6a, frühestens ab 01. Juni 2026 fest.

Zu § 257:

Diese Regelung legt in vier Stufen die Erhöhung der Dauer der Ausbildung in Allgemeinmedizin und Familienmedizin im Rahmen der Sonderfach-Schwerpunktausbildung (SFS) fest. Diese soll im Endausbau gemäß § 7 Abs. 1 Z 7 insgesamt 18 Monate umfassen.

Abhängig vom Zeitpunkt des Beginns der Basisausbildung gemäß § 6a soll die Sonderfach-Schwerpunktausbildung in verkürzter Dauer zu absolvieren sein:

1.     sechs Monate bei einem Beginn ab dem 1. Juni 2026 bis zum 31. Mai 2027,

2.     neun Monate bei einem Beginn ab dem 1. Juni 2027 bis zum 31. Mai 2028,

3.     zwölf Monate bei einem Beginn ab dem 1. Juni 2028 bis zum 31. Mai 2029,

4.     15 Monate bei einem Beginn ab dem 1. Juni 2029 bis zum 31. Mai 2030.

Zu § 258:

Die Absolvierung der fachärztlichen Prüfung für das Sonderfach Allgemeinmedizin und Familienmedizin ist von der Österreichischen Ärztekammer spätestens ein Jahr nach dem frühesten Beginn der fachärztlichen Ausbildung im Sonderfach Allgemeinmedizin und Familienmedizin zu ermöglichen.

Diese Regelung ist für Turnusärztinnen/Turnusärzte gedacht, die ab 1. Juni 2026 die Möglichkeit des Umstiegs in die neue fachärztliche Ausbildung nutzen wollen sowie für jene Personen, die zur Erlangung der Berechtigung zur Führung der Bezeichnung ‚Fachärztin für Allgemeinmedizin und Familienmedizin‘ die Facharztprüfung absolvieren wollen.

Abs. 2 berücksichtigt auch den Sondertatbestand des § 4 Abs. 6 ÄrzteG 1998, wonach Personen gemäß § 4 Abs. 5 ÄrzteG 1998 anstelle des regulären Nachweises der fachlichen Qualifikation der Zugang zur ärztlichen Prüfung ermöglicht wird.

Zu § 259:

Zur Sicherstellung der ausreichenden Anzahl an Ausbildungsverantwortlichen für die fachärztliche Ausbildung gelten bisherige Ärztinnen/Ärzte für Allgemeinmedizin mit Aus- oder Weiterbildungsverantwortung auch als Ausbildungsverantwortliche für die fachärztliche Ausbildung.

Zu § 260:

Die Regelung soll die Wahlmöglichkeit eröffnen, jene vor dem 01. Juni 2026 begonnenen Ausbildungen zur Ärztin/zum Arzt für Allgemeinmedizin entweder nach derzeit geltendem Recht abzuschließen oder in die neue fachärztliche Ausbildung überzutreten.

Zu § 261:

Die Regelung stellt die notwendige Übergangbestimmung für Ausbildungseinrichtungen dar.

Gemäß Abs. 1 sollen bisherige anerkannte Ausbildungseinrichtungen samt Ausbildungsstellen für die Ausbildung zur Ärztin/zum Arzt für Allgemeinmedizin weiterhin die Ausbildungsberechtigung behalten.

Gemäß Abs. 2 sind dafür die derzeit geltenden Bestimmungen des ÄrzteG 1998 anzuwenden.

Für den Bereich der Ausbildungsstellenverwaltung enthält § 13a des Entwurfs entsprechende Regelungen zur weiterführenden Erfassung.

Zur Sicherstellung der ausreichenden Anzahl an Ausbildungseinrichtungen für die fachärztliche Ausbildung sollen gemäß Abs. 3 die bisherigen für die Ausbildung zu Ärztinnen/Ärzten für Allgemeinmedizin anerkannten Ausbildungseinrichtungen bis zum 31. Mai 2029 auch als Ausbildungseinrichtungen für die fachärztliche Ausbildung herangezogen werden können, sofern bis längstens 31. Mai 2027 eine Anerkennung für die fachärztliche Ausbildung beantragt wird. So besteht ein ausreichender Zeitraum für die Neubeantragung der entsprechenden Ausbildungsbewilligungen und deren Anerkennung.

Zu § 262:

§ 262 sieht die Übergangsbestimmung zum Erwerb der Bezeichnung Fachärztin/Facharzt für Allgemeinmedizin und Familienmedizin vor.

Erfasst werden soll ein möglichst breiter Personenkreis, der den ärztlichen Beruf als Fachärztin/Facharzt für Allgemeinmedizin und Familienmedizin auch tatsächlich auszuüben beabsichtigt. Daher sollen gemäß Abs. 1 sowohl Personen, die in die Ärzteliste als Ärztinnen/Ärzte für Allgemeinmedizin eingetragen sind, als auch auf Personen abgestellt werden, die über die erforderlichen Nachweise in der Qualifikation für Allgemeinmedizin verfügen.

Wesentlich ist eine ausreichende kurative allgemeinärztliche Tätigkeit, die in Abs. 2 ausgeführt wird.

Gefordert wird insbesondere eine zumindest insgesamt 24-monatige selbständige oder unselbständige Berufsausübung im Bereich der Grundversorgung (Primärversorgung) im Rahmen des Aufgabengebietes des Sonderfaches Allgemeinmedizin und Familienmedizin, jedenfalls aber Krankheitserkennung und Krankenbehandlung. Daher können auch von Turnusärztinnen/Turnusärzte absolvierte Ausbildungszeiten in Allgemeinmedizin in Lehrpraxen, Lehrgruppenpraxen, Lehrambulatorien oder Einrichtungen, die der medizinischen Erstversorgung dienen, verwertet werden.

Verwertbar im Sinne des Abs. 2 sollen auch Zeiten der Verwendung als Stationsärztin/Stationsarzt mit entsprechendem Tätigkeitsprofil sowie Vertretungstätigkeiten in Ordinationen bei Ärztinnen/Ärzten für Allgemeinmedizin sein. Um die tatsächliche Absicht der Berufsausübung glaubhaft zu machen, sieht Abs. 2 außerdem die Bedingung vor, dass ein gewisser Anteil der bisherigen allgemeinärztlichen Tätigkeit in einem zeitlichen Naheverhältnis zum gewünschten Erwerb der Fachärztin- / Facharztbezeichnung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin steht.

Um möglichst alle einschlägigen Sachverhalte zu erfassen, sieht Abs. 4 eine Verordnungsermächtigung zur näheren Regelung vor.

Anstelle des (vollständigen) Tätigkeitsnachweises gemäß Abs. 2 eröffnet Abs. 3 die Absolvierung der fachärztlichen Prüfung für das Sonderfach Allgemeinmedizin und Familienmedizin.

Gemäß Abs. 5 soll die Österreichische Ärztekammer über eine Berechtigung gemäß Abs. 1 im Rahmen eines Verfahrens gemäß § 27 ÄrzteG 1998 entscheiden.

Gemäß Art. 102 Abs. 1 B-VG können in Angelegenheiten, die nicht in Art. 102 Abs. 2 B-VG genannt sind, auch Bundesbehörden mit der Vollziehung in Weisungsunterworfenheit unter die Landeshauptfrau/den Landeshauptmann betraut werden. Allerdings dürfen Bundesgesetze, die eine solche Zuständigkeitsübertragung vornehmen, nur mit Zustimmung der beteiligten Länder kundgemacht werden (vgl. VfGH 13.03.2019, G 242/2018 ua). Da die Zustimmung der Länder für Verfahren gemäß § 27 Abs. 1 ÄrzteG 1998 bereits erteilt worden ist, wird eine neuerliche Zustimmung der Länder gemäß Art. 102 Abs. 1 B-VG nicht für notwendig erachtet.

Zu § 263:

Die Bestimmungen im Zusammenhang mit der Einführung des Sonderfaches Allgemeinmedizin und Familienmedizin sollen gemäß Abs. 2 mit 1. Juni 2026 in Kraft treten.“

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 14. Februar 2024 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Ralph Schallmeiner die Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Fiona Fiedler, BEd und Philip Kucher sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak.

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf einstimmig beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2024 02 14

                             Ralph Schallmeiner                                                      Mag. Gerhard Kaniak

                                  Berichterstattung                                                                          Obmann