2443 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 3870/A der Abgeordneten Dr. Werner Saxinger, MSc, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (Berufskrankheiten-Modernisierungs-Gesetz)

Die Abgeordneten Dr. Werner Saxinger, MSc, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 31. Jänner 2024 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Allgemeiner Teil

Die bisher in Geltung stehende Berufskrankheitenliste ist eine historisch gewachsene Liste, die bei Ergänzung neuer Berufskrankheiten in der Regel um die entsprechenden Positionen erweitert wurde. Sie umfasst Erkrankungen, die in bestimmten Berufsgruppen bzw. bei bestimmten Expositionen deutlich häufiger auftreten als in der Normalbevölkerung. Für die Aufnahme einer Erkrankung in die Liste der Berufskrankheiten müssen folgende Kriterien erfüllt sein:

–      Es muss wissenschaftliche Evidenz eines kausalen Zusammenhangs zwischen der Art der Erkrankung und einer oder mehreren Expositionen gegeben sein.

–      Es muss in bestimmten Expositionen bzw. bei bestimmten Tätigkeiten eine entsprechend große Anzahl an Fällen aufgetreten sein.

–      Es muss eine klare Zuordnung zwischen Exposition und Zielorgan gegeben sein.

–      Es muss eine klare medizinische Diagnose gestellt werden können (Vollbeweis).

–      Die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer beruflichen Verursachung ist dann gegeben, wenn es wahrscheinlicher ist, dass eine Erkrankung durch die berufliche Tätigkeit als durch außerberufliche Faktoren verursacht wurde. Diese Voraussetzung für die Aufnahme in die Liste ist erfüllt, wenn durch wissenschaftliche Evidenz belegt ist, dass eine bestimmte Krankheit bei bestimmten beruflichen Expositionen mindestens doppelt so häufig auftritt wie in der Allgemeinbevölkerung (Verdoppelungsrisiko).

Bei einzelnen Berufskrankheiten kann eine Eingrenzung auf bestimmte Tätigkeiten bzw. Berufsgruppen erfolgen, wenn nur in diesen Gruppen bzw. bei diesen Tätigkeiten eine entsprechende wissenschaftliche Evidenz gegeben ist.

Zuletzt erfolgte eine Erweiterung der Berufskrankheitenliste basierend auf einer Einigung der Sozialpartner durch BGBl. I Nr. 123/2012.

Das Regierungsprogramm 2020-2024 sieht im Kapitel Arbeit unter dem Schlagwort Arbeitnehmerschutz die ‚Modernisierung der Berufskrankheitenliste‘ vor. Zur Umsetzung des Vorhabens wurde vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz eine Arbeitsgruppe unter Einbindung von Expertinnen und Experten der Unfallversicherungsträger (AUVA, BVAEB und SVS), der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin sowie der für Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerschutz und für das AGG (Grundlage für die Initiative ‚fit2work‘) zuständigen Sektionen des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft, mit dem Ziel einer zeitgemäßen Überarbeitung und Erweiterung der Berufskrankheitenliste, eingerichtet. Basierend auf den Ergebnissen dieser Arbeitsgruppe sollen die Neustrukturierung der Berufskrankheitenliste sowie die Ergänzung und Streichung einzelner Berufskrankheiten vorgenommen werden.

Besonderer Teil

Zu Z 1 (§ 177 Abs. 1 ASVG):

Die Bedingung zur Anerkennung von Hautkrankheiten als Berufskrankheit im § 177 Abs 1 (‚wenn und solange sie zur Aufgabe schädigender Tätigkeiten zwingen‘) wird zur einfacheren Handhabbarkeit der Berufskrankheitenliste in die Anlage 1 (Nr. 2.1.) verschoben. Wie bisher ist die Aufgabe der schädigenden Tätigkeit nicht erforderlich, wenn die Hautkrankheit eine Erscheinungsform einer Allgemeinerkrankung ist, die durch Aufnahme einer oder mehrerer der in der Anlage 1 angeführten schädigenden Stoffe in den Körper verursacht wurde (Anlage 1, Nr. 6. und 7.4.).

Zu Z 2 und 3 (§ 363 Abs. 1, 2, 4 und 5 ASVG):

Nach der derzeitigen Rechtslage sind Meldungen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten an den Unfallversicherungsträger ‚auf einem von diesem aufzulegenden Vordruck‘ vorzunehmen. Um die Meldequote zu erhöhen, soll § 363 ASVG dahin abgeändert werden, dass Meldungen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten vorrangig elektronisch übermittelt werden sollen. Dazu soll die Wortfolge ‚auf einem von diesem aufzulegenden Vordruck‘ in Abs. 1, 2 und 4 gestrichen werden und in Abs. 5 normiert werden, dass Meldungen ‚vorrangig mittels elektronischer Datenfernübertragung‘ zu erstatten sind. Die Erstattung von Meldungen in physischer Form (z.B. mittels eines Vordrucks) soll weiterhin möglich bleiben; die Meldung hat aber jedenfalls schriftlich zu erfolgen.

Zu Z 5 (Anlage 1 zum ASVG):

Mit dem vorliegenden Gesetzesvorhaben soll die Berufskrankheitenliste gänzlich neu strukturiert werden. Weiters soll dieser ein Inhaltsverzeichnis vorangestellt werden. Materiell-rechtliche Änderungen ergeben sich durch das Inhaltsverzeichnis sowie die Neustrukturierung nicht.

Die Schaffung von Gruppen von Berufskrankheiten soll wesentlich zur Übersichtlichkeit der Liste beitragen. Durch die bessere Lesbarkeit und einfachere Einordnung bzw. Auffindbarkeit von Erkrankungen in der Berufskrankheitenliste soll auch ein niederschwelliger Zugang und damit eine höhere Verbreitung in den unterschiedlichen Facharztgruppen erreicht werden.

Die Bedingung zur Anerkennung von Hautkrankheiten als Berufskrankheit im § 177 Abs 1 (‚wenn und solange sie zur Aufgabe schädigender Tätigkeiten zwingen‘) sowie der Hinweis, dass die Aufgabe der schädigenden Tätigkeit nicht erforderlich ist, wenn die Hautkrankheit eine Erscheinungsform einer Allgemeinerkrankung ist, die durch Aufnahme einer oder mehrerer der in der Anlage 1 angeführten schädigenden Stoffe in den Körper verursacht wurde, wurden in die Anlage 1 zur einschlägigen Nr. 2.1. verschoben.

Folgende vier Krankheiten sollen neu in die Berufskrankheitenliste aufgenommen werden:

–      Hypothenar-/Thenar-Hammersyndrom

–      Fokale Dystonien bei Instrumentalmusikerinnen und -musikern

–      Plattenepithelkarzinom, aktinische Keratosen der Haut durch UV-Exposition

–      Ovarialkarzinom nach Asbest-Exposition

Diese Neuaufnahmen in die Berufskrankheitenliste erfolgen evidenzbasiert aufgrund einer umfassenden Prüfung der wissenschaftlichen Erkenntnisse und des allgemeinen Forschungsstandes durch die Arbeitsgruppe aus medizinischen Expertinnen und Experten. Dabei wurden unter anderem die Forschung zu den einzelnen Krankheiten in Österreich und Deutschland sowie die Erfahrungen aus der Praxis der Unfallversicherungsträger herangezogen. Weiters wurden die deutsche Berufskrankheitenliste samt den jeweiligen fachlichen Begründungen zu den einzelnen Berufskrankheiten und die Empfehlung (EU) 2022/2337 der Kommission vom 28. November 2022 über die Europäische Liste der Berufskrankheiten berücksichtigt.

Zur Verbesserung der Transparenz für Ärztinnen und Ärzte wurden bestimmte Krebserkrankungen unter ‚7. Maligne Erkrankungen“ gesondert gelistet. Um eine leistungsrechtliche Doppelerfassung zu verhindern, wurde bei der Nr. 7.2.2 ‚Bösartige Neubildungen des Blutes und der blutbildenden Organe durch ionisierende Strahlen“ der Klammerausdruck ‚(sofern die vorliegende Krankheit nicht bereits nach ‚5.3.1. Erkrankungen durch ionisierende Strahlen‘ gemeldet oder ein solches Verfahren von Amts wegen eingeleitet wurde)‘ sowie bei der Nr. 7.6.1. „Hepatozelluläres Karzinom bei Hepatitis B, C‘ der Klammerausdruck ‚(sofern Hepatitis B, C nicht bereits als ‚3.1. Infektionskrankheit‘ gemeldet oder ein solches Verfahren von Amts wegen eingeleitet wurde)‘ beigefügt. Aus diesem Grund sollen auch die unter ‚6. Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten‘ genannten Erkrankungen nicht zur Anwendung kommen, ‚sofern die Krankheit und der verursachende Stoff unter ‚7. Maligne Erkrankungen‘ angeführt sind‘. Wurde hinsichtlich einer unter ‚7. Maligne Erkrankungen‘ genannten Krankheit ‚bereits […] nach ‚6. Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten‘ betreffend den selben verursachenden Stoff ein Antrag gestellt oder ein Verfahren von Amts wegen eingeleitet‘ soll eine zusätzliche (doppelte) Erfassung unter ‚7. Maligne Erkrankungen“ nicht erfolgen. Entsprechende Hinweise wurden den jeweiligen Kapiteln vorangestellt.

Die bisherige lfd. Nr. 29 („Erkrankungen durch Thomasschlackenmehl“) soll mangels praktischer Relevanz gestrichen werden.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 14. Februar 2024 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Dr. Werner Saxinger, MSc, die Abgeordneten Rudolf Silvan und Mag. Markus Koza.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Werner Saxinger, MSc und Mag. Markus Koza einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Es soll auch im Rahmen des Berufskrankheiten-Modernisierungs-Gesetzes, wie bereits bei bisherigen Ergänzungen der Berufskrankheitenliste, eine entsprechende Übergangsregelung für jene Krankheiten vorgesehen werden, die auf Grund dieses Bundesgesetzes als Berufskrankheit gelten sollen. Da sich durch die Neustrukturierung der Berufskrankheitenliste keine materiell-rechtlichen Änderungen ergeben, betrifft dies ausschließlich die Neuaufnahmen in die Berufskrankheitenliste:

-       Hypothenar-/Thenar-Hammersyndrom (Lfd. Nr. 5.2.2)

-       Fokale Dystonien bei Instrumentalmusikerinnen und –musikern (Lfd. Nr. 5.2.3.)

-       Plattenepithelkarzinom, aktinische Keratosen der Haut durch UV-Exposition (Lfd. Nr. 7.4.2.)

-       Ovarialkarzinom nach Asbest-Exposition (Lfd. Nr. 7.7.1.).“

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Werner Saxinger, MSc und Mag. Markus Koza einstimmig beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2024 02 14

                      Dr. Werner Saxinger, MSc                                               Mag. Gerhard Kaniak

                                  Berichterstattung                                                                          Obmann