2566 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Antrag 4031/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz geändert wird

Die Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 15. Mai 2024 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

Zu den Z 1 bis 12 (§ 8 Abs. 2 Z 2 lit. b und Abs. 3 Z 1, § 14 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Z 5, Abs. 3, Abs. 5 Z 1 und 2, Abs. 6, 7 und 8, § 16 Abs. 3 Z 2 und Abs. 5, § 19 Abs. 2 und 3, § 23 Abs. 1 erster und zweiter Satz, § 28, § 36 Abs. 2 Z 10 erster Satz und Z 15, § 37 Abs. 1 Z 2 und 3 und § 68):

Es handelt sich um redaktionelle Änderungen (insb. Anpassung der Ressortbezeichnung an das Bundesministeriengesetz 1986, BGBl. I Nr. 76, in der Fassung der Bundesministeriengesetz-Novelle 2024, BGBl. I Nr. 44/2024) bzw. sprachliche Berichtigungen.

Zu Z 13 (§ 70 Abs. 15):

Es handelt sich um die Inkrafttretensbestimmung.“

 

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 29. Mai 2024 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Eva Blimlinger die Abgeordneten Henrike Brandstötter, Mag. Harald Stefan, Mag. Corinna Scharzenberger und Mag. Christian Drobits sowie die Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M., die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien MMag. Dr. Susanne Raab und die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker und Mag. Eva Blimlinger einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Allgemeines:

1. Die Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 04.05.2016 S. 1, eröffnet den Mitgliedstaaten in ihrem Kapitel IX im Wege sogenannter ‚Öffnungsklauseln‘ einen erweiterten Gestaltungsspielraum hinsichtlich besonderer Verarbeitungssituationen.

Im Zusammenhang mit der Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit sieht Art. 85 DSGVO vor, dass die Mitgliedstaaten durch Rechtsvorschriften das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten gemäß der DSGVO mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, einschließlich der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken und zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken, in Einklang bringen. Für die Verarbeitung, die zu journalistischen Zwecken oder zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken erfolgt, sehen die Mitgliedstaaten Abweichungen oder Ausnahmen von Kapitel II (Grundsätze), Kapitel III (Rechte der betroffenen Person), Kapitel IV (Verantwortlicher und Auftragsverarbeiter), Kapitel V (Übermittlung personenbezogener Daten an Drittländer oder internationale Organisationen), Kapitel VI (unabhängige Aufsichtsbehörden), Kapitel VII (Zusammenarbeit und Kohärenz) und Kapitel IX (Vorschriften für besondere Verarbeitungssituationen) vor, wenn dies erforderlich ist, um das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit in Einklang zu bringen.

2. Die Durchführung des Art. 85 DSGVO erfolgte innerstaatlich in § 9 DSG, wobei für die Verarbeitung personenbezogener Daten zu journalistischen Zwecken einerseits und zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken andererseits unterschiedlich weitreichende Ausnahmen festgelegt wurden. Der geltende § 9 Abs. 1 DSG sieht für Datenverarbeitungen zu journalistischen Zwecken durch Medienunternehmen und Mediendienste umfassende Ausnahmen vom DSG sowie von allen in Art. 85 DSGVO genannten Teilen der DSGVO vor und ordnet an, dass die Datenschutzbehörde bei Ausübung ihrer Befugnisse gegenüber diesen den Schutz des Redaktionsgeheimnisses (§ 31 MedienG) zu beachten hat (sogenanntes ‚Medienprivileg‘).

3. Mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2022, G 287/2022 ua., hob der Verfassungsgerichtshof § 9 Abs. 1 DSG als verfassungswidrig auf. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes widerspricht der in § 9 Abs. 1 DSG normierte, absolute und gänzliche – und damit undifferenzierte – Ausschluss der Anwendung aller (einfachgesetzlichen) Regelungen des DSG sowie näher bezeichneter Kapitel der DSGVO auf näher definierte Datenverarbeitungen zu journalistischen Zwecken eines Medienunternehmens oder Mediendienstes dem in § 1 Abs. 2 DSG normierten Erfordernis, dass der Gesetzgeber das Interesse am Schutz personenbezogener Daten mit dem Interesse der Medieninhaber, Herausgeber, Medienmitarbeiter und Arbeitnehmer eines Medienunternehmens oder Mediendienstes (im Sinne des Mediengesetzes) im Rahmen ihrer journalistischen Tätigkeit sachgerecht abzuwägen hat.

In der Begründung dieses Erkenntnisses führt der Verfassungsgerichtshof einige Kriterien an, die der Gesetzgeber im Falle der – aus verfassungsrechtlicher Sicht gebotenen – Neuregelung zu beachten hat (Rn. 61-63):

‚[…] Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes gebietet […] das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, dass der Gesetzgeber von der Ermächtigung des bzw. dem Auftrag im Sinne des Art. 85 DSGVO Gebrauch macht und die Anwendbarkeit bestimmter datenschutzrechtlicher Bestimmungen, die mit den Besonderheiten der Ausübung journalistischer Tätigkeit nicht vereinbar sind, auf Datenverarbeitungen zu journalistischen Zwecken ausschließt. Die uneingeschränkte Anwendbarkeit sämtlicher datenschutzrechtlicher Bestimmungen auf Datenverarbeitungen zu journalistischen Zwecken durch Medienunternehmen und Mediendienste wäre nämlich geeignet, journalistische Tätigkeit in unverhältnismäßiger Weise zu behindern oder sogar zu verunmöglichen. Der Gesetzgeber ist aber gehalten, einen angemessenen, differenzierten Ausgleich zwischen den Interessen einzelner Personen auf Datenschutz auch gegenüber Medien und den durch Art. 10 EMRK geschützten Anforderungen journalistischer Tätigkeit vorzusehen.

Zu denken ist in diesem Zusammenhang etwa an Einschränkungen in personeller (wie derzeit in § 9 Abs. 1 DSG vorgesehen, zB hinsichtlich Medienunternehmen und Mediendiensten), zeitlicher (unter Umständen nur bis zur Veröffentlichung eines Berichtes) oder sachlicher (zB hinsichtlich bestimmter Datenverarbeitungen oder Betroffenenrechte) Hinsicht. Ebenso könnte der Gesetzgeber – als Ausgleich für den Ausschluss (bestimmter) datenschutzrechtlicher Bestimmungen – erhöhte Anforderungen an die interne Organisation, Dokumentation und technische Sicherung der verarbeiteten Daten vorsehen.

[…] Das Grundrecht auf Datenschutz gemäß Art. 1 [§ 1] Abs. 1 DSG erlaubt es aber nicht, dass der Gesetzgeber im Anwendungsbereich des Medienprivilegs kategorisch, dh. für die erfasste Tätigkeit zu journalistischen Zwecken schlechthin der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit den Vorrang vor dem Schutz personenbezogener Daten einräumt, indem er die Anwendbarkeit sämtlicher datenschutzrechtlicher Regelungen inhaltlicher und verfahrensrechtlicher Natur nach der DSGVO und dem Datenschutzgesetz im gesamten Umfang ausschließt. Die in § 9 Abs. 1 DSG angeordnete, kategorische Privilegierung eines Grundrechtes, nämlich des Rechtes auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit gegenüber dem Grundrecht auf Datenschutz entspricht nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben des § 1 DSG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB VfSlg. 16.986/2003, 18.643/2008, 19.892/2014, 20.012/2015, 20.356/2019, 20.359/2019).‘

4. Vor diesem Hintergrund soll das Medienprivileg in § 9 Abs. 1 DSG unter Berücksichtigung der Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes neu geregelt und differenzierter ausgestaltet werden.

Die Neuregelung ist dabei von folgenden grundlegenden Prinzipien und Zielsetzungen getragen:

●      Der Quellenschutz soll umfassend gewährleistet werden und das Redaktionsgeheimnis (§ 31 MedienG) unangetastet bleiben.

●      Investigativjournalismus soll nicht im Wege datenschutzrechtlicher Verpflichtungen bzw. der Durchsetzung datenschutzrechtlicher Betroffenenrechte unterlaufen werden.

●      Die ‚public watchdog‘-Funktion von Medien soll nicht beeinträchtigt werden.

●      Journalistische Tätigkeit dient einem gewichtigen öffentlichen Interesse – insbesondere auch dem Schutz des Grundrechts auf Informationsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger, das auch weitreichende und sensible Datenverarbeitungen erfordert und rechtfertigt. Im Ausgleich dazu soll der Schutz personenbezogener Daten durch die Geltung allgemeiner Verpflichtungen – insbesondere der datenschutzrechtlichen Verarbeitungsgrundsätze, von Verantwortlichen­pflichten im Vorfeld von Datenverarbeitungen sowie von Verpflichtungen im Hinblick auf die Datensicherheit – gewährleistet werden.

5. Im Zuge der Neuregelung des Medienprivilegs soll auch die bestehende Regelungslücke für – bislang nicht von § 9 DSG erfasste – journalistische Tätigkeit außerhalb von Medienunternehmen und Mediendiensten (einschließlich des sogenannten ‚Bürgerjournalismus‘), die nach der Rechtsprechung des EuGH ebenfalls von Art. 85 DSGVO erfasst ist (vgl. EuGH 16.12.2008, Rs. C‑73/07, Satakunnan Markkinapörssi und Satamedia, Rn. 56-62; EuGH 14.2.2019, Rs. C‑345/17, Buivids, Rn. 51 ff), geschlossen werden.

Zu diesem Zweck soll mit § 9 Abs. 1a DSG ein spezielles Privileg für journalistische Tätigkeit außerhalb von Medienunternehmen und Mediendiensten geschaffen werden. Allerdings sollen in diesem Bereich – unter Berücksichtigung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen ‚institutionellem Journalismus‘ und sonstiger journalistischer Tätigkeit (einschließlich ‚Bürgerjournalismus‘) – die Ausnahmen und Abweichungen von der DSGVO und dem DSG nicht im gleichen Ausmaß verankert werden, wie dies für Medienunternehmen und Mediendienste der Fall ist.

Diese Differenzierung soll einerseits der besonderen Funktion von Medienunternehmen und Mediendiensten als ‚public watchdog‘ in einer demokratischen Gesellschaft und andererseits ihrem höheren Organisations- und Professionalisierungsgrad Rechnung tragen: Medienunternehmen und Mediendienste müssen über ein gewisses Mindestmaß an unternehmerischer Struktur verfügen und insbesondere eine Redaktion in organisatorischer und Medienmitarbeiter in personeller Hinsicht aufweisen (vgl. die Gesetzesmaterialien zum MedienG ErlRV 784 BlgNR XXII. GP 5; OGH, RIS-Justiz RS0129847). Vor diesem Hintergrund ist von Medienunternehmen und Mediendiensten im Rahmen einer Durchschnittsbetrachtung die Gewährleistung des Schutzes personenbezogener Daten im Rahmen ihrer journalistischen Tätigkeit – sowohl in materieller Hinsicht, was die Durchführung einer grundrechtlichen Interessenabwägung zwischen Meinungsäußerungs‑ und Informationsfreiheit einerseits und Datenschutz bzw. Persönlichkeitsschutz andererseits betrifft, als auch in organisatorischer und technischer Hinsicht – eher zu erwarten als von Einzelpersonen, die sich außerhalb eines solchen institutionellen journalistischen Umfelds betätigen. Insbesondere im sehr weiten und heterogenen Bereich des ‚Bürgerjournalismus‘ ist das Risiko eines Ungleichgewichts zulasten des Schutzes personenbezogener Daten generell als höher einzuschätzen als im Bereich der Medienunternehmen und Mediendienste (vgl. in diesem Sinn auch EGMR 16.6.2015 [GK], Nr. 64569/09, Delfi AS gg. Estland, Z 133).

Zu den Z 1 und 2 sowie 5 bis 12 (§ 8 Abs. 2 Z 2 lit. b und Abs. 3 Z 1, § 14 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Z 5, Abs. 3, Abs. 5 Z 1 und 2, Abs. 6, 7 und 8, § 16 Abs. 3 Z 2 und Abs. 5, § 19 Abs. 2 und 3, § 23 Abs. 1 erster und zweiter Satz, § 28, § 36 Abs. 2 Z 10 erster Satz und Z 15, § 37 Abs. 1 Z 2 und 3 und § 68):

Es handelt sich um redaktionelle Änderungen (insb. Anpassung der Ressortbezeichnung an das Bundesministeriengesetz 1986, BGBl. I Nr. 76, in der Fassung der Bundesministeriengesetz-Novelle 2024, BGBl. I Nr. 44/2024) bzw. sprachliche Berichtigungen.

Zu Z 3 (§ 9 Abs. 1):

1. Der persönliche Anwendungsbereich des Medienprivilegs soll weitgehend unverändert beibehalten werden und nur die journalistische Tätigkeit im Rahmen von Medienunternehmen und Mediendiensten erfassen. Eine solche Einschränkung in personeller Hinsicht wurde vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 2022, G 287/2022 ua., als mögliche Ausgestaltungsvariante genannt, um einen angemessenen, differenzierten Ausgleich zwischen den Interessen einzelner Personen auf Datenschutz und den durch Art. 10 EMRK geschützten Anforderungen journalistischer Tätigkeit vorzusehen (s. VfGH Rn. 62). Die (wie schon bisher) von Abs. 1 nicht erfasste journalistische Tätigkeit außerhalb von Medienunternehmen und Mediendiensten (einschließlich des sogenannten ‚Bürgerjournalismus‘) soll in einem neuen Abs. 1a geregelt werden.

Zur Abgrenzung des persönlichen Anwendungsbereichs des Medienprivilegs soll Abs. 1 zunächst an etablierte Begriffe des Mediengesetzes (MedienG) anknüpfen. Der Begriff des ‚Medienmitarbeiters‘ im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 11 MedienG umfasst nicht nur Angestellte, sondern auch freie Dienstnehmer von Medienunternehmen und Mediendiensten, soweit diese die journalistische Tätigkeit ‚ständig und nicht bloß als wirtschaftlich unbedeutende Nebenbeschäftigung‘ ausüben. Da eine ausschließliche Anknüpfung an das Beschäftigungsausmaß und die wirtschaftlichen Bedeutung der Tätigkeit von (freien) Mitarbeitern im vorliegenden Zusammenhang sachlich nicht gerechtfertigt erscheint, sollen darüber hinaus auch sonstige Personen (dh. solche, die die journalistische Tätigkeit nicht ständig oder bloß als wirtschaftlich unbedeutende Nebentätigkeit ausüben und deshalb nicht unter den Begriff des Medienmitarbeiters fallen; selbständige Journalisten, Gastkommentatoren, Experten, Volontäre, Praktikanten, Sendungsmacher) in den persönlichen Anwendungsbereich des Medienprivilegs aufgenommen werden, wenn sie an der inhaltlichen Gestaltung eines Mediums oder der inhaltlichen Gestaltung der Mitteilungen eines Mediendienstes journalistisch mitwirken und in einem Vertragsverhältnis zum Medienunternehmen oder Mediendienst stehen. Durch die Voraussetzung der vertraglichen Anbindung (Werkvertrag, freier Dienstvertrag, Rahmenvertrag udgl.) an ein Medienunternehmen oder einen Mediendienst soll wiederum sichergestellt werden, dass die journalistische Tätigkeit in eine institutionelle und organisatorische Struktur eingebettet ist, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung eine gewisse Gewähr für Datensicherheit und die Einhaltung von Datenschutzgrundsätzen bieten kann.

2. Im Sinne der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes, wonach der Gesetzgeber gehalten ist, ‚einen angemessenen, differenzierten Ausgleich zwischen den Interessen einzelner Personen auf Datenschutz auch gegenüber Medien und den durch Art. 10 EMRK geschützten Anforderungen journalistischer Tätigkeit vorzusehen‘ (VfGH 14.12.2022, G 287/2022 ua., Rn. 61), soll die Neuregelung deutlich differenzierter ausgestaltet werden als die bisherige, vom Verfassungsgerichtshof für verfassungswidrig erachtete Pauschalausnahme von weiten Teilen der DSGVO und des (einfachgesetzlichen Teils des) Datenschutzgesetzes. Die in Abs. 1 vorgesehenen Ausnahmen beruhen daher auf einer Abwägung der gegenläufigen grundrechtlichen Interessen im Hinblick auf einzelne Regelungen bzw. Regelungsbereiche. Dieser Abwägung liegen im Wesentlichen folgende Grundsatzüberlegungen zugrunde:

2.1. Der Schutz der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit im Rahmen journalistischer Tätigkeit und die Wahrnehmung der ‚public watchdog‘-Funktion von Medien erfordern umfassende Datenverarbeitungen. Den in den Anwendungsbereich des Medienprivilegs fallenden Verantwortlichen soll daher in materieller Hinsicht weitreichender Spielraum zur Verarbeitung personenbezogener Daten eingeräumt werden.

2.2. Die datenschutzrechtlichen Betroffenenrechte (Information, Auskunft, Berichtigung, Löschung, Einschränkung der Verarbeitung, Widerspruch) sind zentrale Elemente der DSGVO und für die Durchsetzung des Grundrechts auf Datenschutz von grundlegender Bedeutung. Gleichzeitig kann die Durchsetzung datenschutzrechtlicher Betroffenenrechte, wie insbesondere der Informationspflicht sowie des Auskunfts- und des Löschungsrechts, journalistische Tätigkeit erheblich beeinträchtigen. Dies gilt vor allem – aber nicht nur – für den Zeitraum bis zur Veröffentlichung eines Berichts. Um investigative Recherchen nicht zu gefährden und die journalistische Tätigkeit nicht zu behindern, sollen daher weitreichende Einschränkungen der datenschutzrechtlichen Betroffenenrechte vorgesehen werden bzw. den Verantwortlichen zur Verfügung stehen, wobei – im Sinne der Anregung des Verfassungsgerichtshofes (siehe VfGH 14.12.2022, G 287/2022 ua., Rn. 62) – zwischen dem Zeitraum vor und nach der Veröffentlichung eines Berichts differenziert werden soll.

2.3. Hingegen sollen jene Verpflichtungen des Verantwortlichen im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten, die ihrem Wesen nach die journalistische Tätigkeit nicht spezifisch beeinträchtigen, zur Wahrung der Datenschutzinteressen betroffener Personen auch im Anwendungsbereich des Medienprivilegs eingehalten werden müssen. Dementsprechend sollen Regelungen im Zusammenhang mit den allgemeinen Verpflichtungen des Verantwortlichen, insbesondere hinsichtlich der Datensicherheit, anwendbar bleiben. Die diesbezüglichen Regelungen der DSGVO bieten Verantwortlichen im Sinne des der DSGVO zugrundeliegenden risikobasierten Ansatzes ausreichende Flexibilität und können branchenintern mit dem Instrument der Verhaltensregeln (Art. 40 DSGVO) näher präzisiert werden, um den besonderen Bedürfnissen der journalistischen Tätigkeit in diesem Zusammenhang Rechnung zu tragen.

Zu Z 1:

Nach § 31 Abs. 1 MedienG haben Medieninhaber, Herausgeber, Medienmitarbeiter und Arbeitnehmer eines Medienunternehmens oder Mediendienstes das Recht, in einem Strafverfahren oder sonst in einem Verfahren vor Gericht oder einer Verwaltungsbehörde als Zeugen die Beantwortung von Fragen zu verweigern, die die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmannes von Beiträgen und Unterlagen oder die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen betreffen; Abs. 2 sieht ein diesbezügliches Umgehungsverbot vor.

Dieser medienrechtliche Schutz des Redaktionsgeheimnisses für Zeugen in einem Verfahren vor Gericht oder einer Verwaltungsbehörde soll im Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 im Hinblick auf die nach der DSGVO bestehenden Verpflichtungen des Verantwortlichen erweitert werden:

Zunächst soll das Redaktionsgeheimnis (einschließlich des in § 31 Abs. 2 MedienG verankerten Umgehungsverbots) auch unmittelbar gegenüber der betroffenen Person gelten, sodass der Verantwortliche nicht dazu verpflichtet ist, dem Quellenschutz unterliegende Informationen offenzulegen (‚datenschutzrechtliches Redaktionsgeheimnis‘). Damit soll eine allfällige schadenersatzrechtliche Haftung von Verantwortlichen wegen Verletzung materieller Offenlegungspflichten gegenüber der betroffenen Person, insbesondere im Hinblick auf das Recht auf Auskunft über ‚alle verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten‘ nach Art. 15 Abs. 1 lit. g DSGVO, von vornherein ausgeschlossen werden, zumal bereits eine drohende Haftung geeignet erscheint, die Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit (unmittelbar oder im Wege eines ‚chilling effects‘) zu beeinträchtigen. Verantwortliche können sich gegenüber der betroffenen Person in jeder Situation auf das datenschutzrechtliche Redaktionsgeheimnis berufen; soweit die DSGVO der betroffenen Person Ansprüche einräumt, denen das datenschutzrechtliche Redaktionsgeheimnis unmittelbar entgegenstehen kann (insbesondere die Verpflichtung zur Offenlegung wesentlicher Teile der Vereinbarung zwischen gemeinsam Verantwortlichen nach Art. 26 Abs. 2 zweiter Satz DSGVO, gegenenfalls auch die Meldung über eine Datenschutzverletzung), wird in den betreffenden Regelungen in den Z 8 und 9 ausdrücklich auf das datenschutzrechtliche Redaktionsgeheimnis Bezug genommen.

Für Zivilverfahren ist die sinngemäße Anordnung des § 321 ZPO angeordnet, weil hier im Anschluss an § 31 MedienG ein Aussageverweigerungsrecht, aber keine berufliche Verschwiegenheitspflicht festgelegt wird. Nach der einschlägigen Kommentierung von Frauenberger in Fasching/Konecny3 § 321 ZPO Rz 17 mwN fällt der journalistische Berufsschutz gemäß § 31 Abs. 1 MedienG nicht unter die von § 321 Abs. 1 Z 3 ZPO erfassten Verschwiegenheitspflichten, weil er bloß eine Berechtigung und keine Verpflichtung schafft, was für eine direkte Einordnung unter § 321 Abs. 1 Z 3 ZPO erforderlich wäre. § 31 MedienG schafft damit ein neben § 321 ZPO bestehendes Aussageverweigerungsrecht und begründet bei Inanspruchnahme ein – insoweit mit den in § 321 Abs. 1 ZPO geregelten Aussageverweigerungsrechten gleich zu behandelndes – Beweismittelverbot. Auch das hier geregelte Aussageverweigerungsrecht zum Schutz des datenschutzrechtlichen Redaktionsgeheimnisses soll gleichermaßen neben die nach § 321 ZPO bestehenden Aussageverweigerungsrechte treten. Das Entschlagungsrecht nach § 9 Abs. 1 Z 1 kann daher im Zivilverfahren in der gleichen Art und unter den gleichen Voraussetzungen wie die Entschlagungsrechte nach § 321 ZPO und nach § 31 MedienG ausgeübt werden.

 

Darüber hinaus soll das Redaktionsgeheimnis nach § 31 MedienG im Anwendungsbereich des Medienprivilegs in Verfahren vor Gerichten und Behörden, die Angelegenheiten des Datenschutzes zum Gegenstand haben (dazu zählen insbesondere Beschwerdeverfahren nach Art. 77 DSGVO, gerichtliche Verfahren nach Art. 79 DSGVO und amtswegige Prüfverfahren sowie diesbezügliche Rechtsmittelverfahren) nicht nur von Zeugen, sondern auch von sonst Verfahrensbeteiligten (etwa dem Verantwortlichen als Beschwerdegegner in einem datenschutzrechtlichen Beschwerdeverfahren vor der Datenschutzbehörde) in Anspruch genommen werden können. Damit werden auch die Mitwirkungspflichten des Verantwortlichen in diesen Verfahren begrenzt.

Schließlich soll mit dem letzten Satz ausdrücklich klargestellt werden, dass die Datenschutzbehörde das Redaktionsgeheimnis im Sinne der Z 1 zweiter Satz auch im Rahmen der Ausübung ihrer – teils unionsrechtlich geregelten – Befugnisse (s. insbesondere § 22 DSG und Art. 58 DSGVO) vollumfänglich zu beachten hat.

Zu Z 2:

Journalistische Tätigkeit dient der Meinungsäußerungsfreiheit und insbesondere der Informationsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger und damit einem grundrechtlich durch Art. 10 EMRK und Art. 11 GRC geschützten, legitimen Interesse. In diesem Sinn ist zu berücksichtigen, dass das Medienprivileg nicht nur dem Schutz der journalistischen Tätigkeit selbst, sondern vor allem auch dem Schutz des Grundrechts auf Informationsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger dient. Vor diesem Hintergrund sollen Verantwortliche personenbezogene Daten im Anwendungsbereich des Medienprivilegs grundsätzlich verarbeiten dürfen, soweit dies für journalistische Zwecke erfolgt. Explizit klargestellt wird dies auch für besondere Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Art. 9 Abs. 1 DSGVO sowie personenbezogene Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten und damit zusammenhängende Sicherungsmaßregeln im Sinne des Art. 10 DSGVO (sogenannte ‚strafrechtsrelevante Daten‘).

Nach Art. 85 DSGVO hat der Gesetzgeber zu entscheiden, welche Abweichungen (hier von Kapitel II der DSGVO) erforderlich sind, um das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit in Einklang zu bringen. Die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten, einschließlich besonderer Kategorien personenbezogener und strafrechtsrelevanter Daten, ist für journalistische Tätigkeit notwendig. Zum Beispiel kann es erforderlich sein, für einen Bericht über eskalierende Demonstrationen, bei denen es zu Körperverletzungen kam oder für eine Recherche im Bereich von Gewerkschaften, besondere Kategorien personenbezogener Daten zu verarbeiten.

In Bezug auf strafrechtsrelevante Daten im Sinne des Art. 10 DSGVO handelt es sich um eine ausdrückliche Ermächtigung zur Verarbeitung im Sinne des § 4 Abs. 3 Z 1 DSG. Anwendbar bleiben soll die Anordnung in Art. 10 letzter Satz DSGVO, wonach ein umfassendes Register strafrechtlicher Verurteilungen nur unter behördlicher Aufsicht geführt werden darf. Damit soll das staatliche Monopol im Hinblick auf die Führung des Strafregisters sichergestellt werden. Die Zulässigkeit der punktuellen Verarbeitung strafrechtsrelevanter Daten im Rahmen der journalistischen Tätigkeit wird dadurch nicht eingeschränkt, die Schaffung eines ‚Parallelstrafregisters‘ wäre jedoch unzulässig.

In seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 2022, G 287/2022 ua., führt der Verfassungsgerichtshof aus, dass ‚das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit [gebietet], dass der Gesetzgeber von der Ermächtigung des bzw. dem Auftrag im Sinne des Art. 85 DSGVO Gebrauch macht und die Anwendbarkeit bestimmter datenschutzrechtlicher Bestimmungen, die mit den Besonderheiten der Ausübung journalistischer Tätigkeit nicht vereinbar sind, auf Datenverarbeitungen zu journalistischen Zwecken ausschließt‘ (Rn. 61). Diesem Auftrag des Art. 85 DSGVO soll nachgekommen werden, indem die notwendige Interessenabwägung im Sinne des § 1 Abs. 2 DSG im Gesetz vorgenommen wird. Mit einer Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung soll die notwendige Rechtssicherheit für Verantwortliche hergestellt werden. Eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit in jedem Einzelfall durch die Verantwortlichen und in weiterer Folge allenfalls durch die Aufsichtsbehörde und Gerichte führt hingegen potentiell dazu, dass journalistische Tätigkeit unverhältnismäßig eingeschränkt wird, womit die ‚public watchdog‘-Funktion der Medien gefährdet werden und sogenannte ‚chilling effects‘ eintreten könnten. Daher wird mit einer eigenen Rechtsgrundlage für Verarbeitungen, die für journalistische Zwecke erfolgen, eine gesetzliche Interessenabwägung zugunsten der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit iSd § 1 Abs 2 DSG vorgenommen und entspricht dies gleichzeitig dem Gebot des gelindesten Mittels. Der Verantwortliche muss lediglich prüfen, ob die Verarbeitung für seine Tätigkeit erforderlich ist, also den Rahmen des Journalismus nicht überschreitet und auf das absolut Notwendige beschränkt ist.

Die Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten nach Art. 5 DSGVO bleiben (nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 Z 3) unberührt.

Die präzisierenden Sonderbestimmungen des Datenschutzgesetzes über die Bildverarbeitung (§ 12) sollen im Anwendungsbereich des Medienprivilegs nicht zur Anwendung gelangen, sodass auch Bildverarbeitungen zu journalistischen Zwecken unmittelbar auf Z 2 gestützt werden können. Die zugehörigen Vorschriften über die Kennzeichnung in § 13 sind nicht auf die besonderen Bedürfnisse journalistischer Tätigkeit abgestimmt und sollen daher ebenfalls nicht zur Anwendung gelangen. Dies gilt zB für Bildaufnahmen zahlreicher Teilnehmenden von Demonstrationen.

Zu Z 3:

Die in Art. 5 DSGVO verankerten Grundsätze der Datenverarbeitung (Abs. 1 lit. a: Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz; lit. b: Zweckbindung; lit. c: Datenminimierung; lit. d: Richtigkeit; lit. e: Speicherbegrenzung; lit. f: Integrität und Vertraulichkeit; Abs. 2: Rechenschaftspflicht) sind ein zentrales Element der DSGVO. Ihr flexibler und zweckbezogener Charakter ermöglicht deren Einhaltung weitgehend ohne Beeinträchtigung des Schutzes der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit, ohne dass es spezieller Ausnahmen oder Abweichungen bedarf.

Für Zwecke journalistischer Tätigkeit ist es etwa typischerweise erforderlich, umfangreiche Verarbeitungen personenbezogener Daten – zB im Rahmen einer Recherche – vorzunehmen, ohne dass diese Daten später notwendigerweise vollständig in die Berichterstattung einfließen. Darüber hinaus kann es erforderlich sein, personenbezogene Daten über einen längeren Zeitraum aufzubewahren. Vor diesem Hintergrund sind die Grundsätze der Datenminimierung und der Speicherbegrenzung (Art. 5 Abs. 1 lit. c und e DSGVO) im Anwendungsbereich des Medienprivilegs von vornherein großzügig auszulegen, ohne dass es einer spezifischen Ausnahme oder Einschränkung bedarf.

Auch im Hinblick auf die Grundsätze der Zweckbindung, der Richtigkeit und der Integrität und Vertraulichkeit (Art. 5 Abs. 1 lit. b, d und f DSGVO) ergeben sich im Zusammenhang mit journalistischer Tätigkeit keine spezifischen Interessenkonflikte, die eine abstrakte Einschränkung dieser allgemeinen Grundsätze zum Schutz der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit erforderlich machen würden. Der Begriff der ‚Richtigkeit‘ ist stets kontextbezogen zu verstehen und damit vorliegend insbesondere unter Berücksichtigung journalistischer Sorgfaltsmaßstäbe; bei der Wiedergabe von Aussagen Dritter im Rahmen journalistischer Tätigkeit bezieht sich der datenschutzrechtliche Grundsatz der Richtigkeit beispielsweise nicht unmittelbar auf den inhaltlichen Wahrheitsgehalt dieser Aussage, sondern auf deren korrekte Wiedergabe. Spezifische Einschränkungen sollen jedoch im Bereich der Betroffenenrechte vorgesehen werden (siehe dazu die Z 4, 5 und 6).

Hingegen besteht in Bezug auf den Grundsatz der Rechtmäßigkeit, der Verarbeitung nach Treu und Glauben und der Transparenz (Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO) ein potentielles Spannungsverhältnis mit dem Aspekt der Transparenz: Insbesondere während laufender Recherchen wird es zur Hintanhaltung von Beeinträchtigungen der journalistischen Tätigkeit regelmäßig erforderlich sein, die Nachvollziehbarkeit einer Datenverarbeitung für die betroffene Person einzuschränken. Diesem Umstand wird durch Z 3 explizit – zugunsten der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit – Rechnung getragen. Nähere Regelungen zur Einschränkung der Transparenz von Datenverarbeitungen im Rahmen journalistischer Tätigkeit finden sich insbesondere in den Z 4 (Entfall der Informationspflicht), Z 5 (Einschränkung des Auskunftsrechts), Z 7 (Verfahren zur indirekten Geltendmachung der Betroffenenrechte) und Z 8 (Offenlegung der Vereinbarung zwischen gemeinsam Verantwortlichen); derartige spezifische Einschränkungen gehen der allgemeinen Einschränkung des Transparenzgrundsatzes vor. Im Hinblick auf den Aspekt der Rechtmäßigkeit wird mit Z 2 eine klare, tragfähige und umfassende Rechtsgrundlage für journalistische Tätigkeit geschaffen (siehe dazu die Erläuterungen zu Z 2), sodass es keiner Einschränkung bedarf. Der Aspekt der Verarbeitung nach Treu und Glauben gebietet im Zusammenhang mit der Ausübung journalistischer Tätigkeit insbesondere die Einhaltung journalistischer Sorgfaltsmaßstäbe; eine Einschränkung dieses Grundsatzes ist nicht erforderlich.

Zu Z 4:

Die Informationspflicht (Art. 13 und 14 DSGVO) ist Ausfluss der Grundsätze einer fairen und transparenten Verarbeitung und dient grundsätzlich dazu, betroffenen Personen die Existenz und den Zweck eines Verarbeitungsvorgangs aktiv zur Kenntnis zu bringen (vgl. Erwägungsgrund 60 der DSGVO). Eine solche Information kann jedoch während laufender Recherchen die journalistische Tätigkeit erheblich beeinträchtigen. Gleichzeitig bestehen mit der journalistischen Sorgfaltspflicht (§ 29 MedienG) branchenspezifische Standards, die auch eine Information der betroffenen Person einschließen können (vgl. in diesem Zusammenhang etwa OGH, RIS-Justiz RS0108415). Schließlich ist mit der Veröffentlichung eines Berichts eine gewisse Publizitätswirkung verbunden, die der betroffenen Person Kenntnis vom Umstand der Datenverarbeitung verschafft und ihr ermöglicht, im Wege des Auskunftsrechts die näheren Umstände der Datenverarbeitung in Erfahrung zu bringen.

Vor diesem Hintergrund soll im Sinne einer auf gesetzlicher Ebene vorweggenommenen Interessenabwägung zugunsten der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit – korrespondierend zur in Z 3 vorgesehenen allgemeinen Anpassung des Transparenzgrundsatzes – die in Art. 13 und 14 DSGVO vorgesehene Informationspflicht zur Gänze ausgeschlossen werden. Aus denselben Gründen soll zudem das Widerspruchsrecht (Art. 21 DSGVO) ausgeschlossen werden. Da vorliegend das Widerspruchsrecht im Zusammenhang mit Direktwerbung (Art. 21 Abs. 2 DSGVO) sowie im Zusammenhang mit wissenschaftlichen oder historischen Forschungszwecken oder statistischen Zwecken (Art. 21 Abs. 6 DSGVO) nicht einschlägig sind, ist es ausreichend, den Ausschluss auf das Widerspruchsrecht im Zusammenhang mit auf Art. 6 Abs. 1 lit. e und f DSGVO gestützte Datenverarbeitungen (Art. 21 Abs. 1 DSGVO) zu beschränken.

Z 4 stützt sich unmittelbar auf Art. 85 DSGVO, weshalb vorliegend von den strengen Vorgaben des Art. 23 DSGVO abgewichen werden kann.

Zu Z 5:

1. Die Offenlegung von Rechercheinhalten im Rahmen des Auskunftsrechts (Art. 15 DSGVO) gegenüber betroffenen Personen kann Investigativjournalismus ins Leere laufen lassen. Vor diesem Hintergrund sollen in Z 5 weitreichende Einschränkungen des Auskunftsrechts vorgesehen bzw. dem Verantwortlichen ermöglicht werden. Es handelt sich dabei um eine spezifischere Maßnahme zur in Z 3 vorgesehenen allgemeinen Anpassung des Transparenzgrundsatzes, die den Geheimhaltungsinteressen im Zusammenhang mit der journalistischen Tätigkeit, insbesondere bis zur Veröffentlichung eines Berichts, Rechnung tragen soll.

In der Phase vor Veröffentlichung eines Berichts soll das Auskunftsrecht zur Gänze ausgeschlossen werden, um die zum Schutz einer freien Berichterstattung regelmäßig notwendige Geheimhaltung journalistischer Recherchen nicht zu unterlaufen. In dieser besonders sensiblen Phase wird dem Schutz der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit – für einen begrenzten Zeitraum – Vorrang gegenüber den Interessen der betroffenen Person eingeräumt. Voraussetzung ist, dass die betreffende Verarbeitung (ausschließlich) auf eine bestimmte zukünftige Berichterstattung abzielt (‚noch keine Veröffentlichung erfolgt ist‘).

In der Phase nach Veröffentlichung eines Berichts verändert sich die Gewichtung der gegenläufigen Interessen des Datenschutzes und der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit insoweit, als mit der Veröffentlichung der Verarbeitungszweck (zumindest teilweise) erfüllt ist und allfällige Geheimhaltungsinteressen in Bezug auf die journalistische Tätigkeit in den Hintergrund treten. Gleichzeitig gewinnen die Interessen der betroffenen Person am Schutz ihrer personenbezogenen Daten sowie an der Durchsetzung ihrer Betroffenenrechte aufgrund der Publizität der verarbeiteten Daten erheblich an Gewicht (vgl. in diesem Sinn auch die Regelungen über den Persönlichkeitsschutz im Zusammenhang mit Veröffentlichungen in den §§ 6 ff MedienG). Dem Auskunftsrecht kommt dabei eine besonders zentrale Funktion zu, weil die Kenntnis der Existenz und Umstände einer Datenverarbeitung notwendige Voraussetzung für die Durchsetzung weiterer Betroffenenrechte (wie insbesondere des Berichtigungs- oder Löschungsrechts in jenen Bereichen, die nicht dem Persönlichkeitsschutz des MedienG unterliegen) ist. Dementsprechend soll nach der Veröffentlichung eines Berichts das Auskunftsrecht nicht zur Gänze entfallen. Um zu verhindern, dass Medienunternehmen und Mediendienste durch koordinierte ‚Massenanfragen‘ vieler unterschiedlicher Personen gezielt ‚lahmgelegt‘ und damit bei der Ausübung ihrer ‚public watchdog‘-Funktion massiv behindert werden können, soll das Auskunftsrecht jedoch an zusätzliche Voraussetzungen, nämlich die konkrete Bezeichnung jener Veröffentlichung(en), auf die sich das Auskunftsersuchen bezieht, sowie die Begründung der individuellen Betroffenheit der betroffenen Person, geknüpft werden. Die reine Behauptung, betroffen zu sein, ohne weitere Angaben zur tatsächlichen Betroffenheit, ist nicht ausreichend. Darüber hinaus sollen Verantwortliche – abweichend von Art. 12 Abs. 5 erster Satz DSGVO – berechtigt sein, für die Bearbeitung eines Auskunftsersuchens ein Entgelt in Höhe von 9 Euro zu verlangen. Der Verantwortliche soll nur dann tätig werden müssen, wenn diese Voraussetzungen (zusätzlich zu den allgemeinen Voraussetzungen der DSGVO) erfüllt sind und die betroffene Person die Bezahlung des Entgelts nachgewiesen hat. Die allgemein nach Art. 12 Abs. 5 DSGVO bestehende Möglichkeit, im Falle einer offenkundig unbegründeten oder – insbesondere im Fall häufiger Wiederholung – exzessiven Geltendmachung von Betroffenenrechten entweder ein angemessenes Entgelt unter Berücksichtigung der Verwaltungskosten zu verlangen oder sich zu weigern, tätig zu werden, wird dadurch nicht eingeschränkt, sondern vielmehr ergänzt.

Auch im Falle zulässiger Auskunftsbegehren soll Verantwortlichen die Möglichkeit zur Verweigerung der Auskunft im Hinblick auf die dem Bericht zugrundeliegenden (oder darin enthaltenen) personenbezogenen Daten zur Verfügung stehen, soweit dies zum Schutz des in Z 1 erster Satz verankerten (horizontal und absolut geltenden) datenschutzrechtlichen Redaktionsgeheimnisses erfolgt oder sonst (auf Grundlage einer Interessenabwägung im Einzelfall) zum Schutz der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit erforderlich und verhältnismäßig ist. Dies gilt insbesondere für journalistische Recherchen und deren Ergebnisse, soweit diese für eine weitere journalistische Tätigkeit verwendet werden sollen (‚serielle‘ Berichterstattung).

Durch die gewählte Formulierung wird klargestellt, dass sich Verantwortliche direkt auf § 9 Abs 1 Z 1 (‚Datenschutzrechtliches Redaktionsgeheimnis‘) berufen können und hierbei keine Abwägung im Einzelfall durch den Verantwortlichen oder die Behörde bzw. Gericht vorzunehmen ist. Der Verantwortliche muss daher bei einem Auskunftsbegehren keine Informationen offenlegen, die dem Schutz des Redaktionsgeheimnisses unterliegen.

Diese Differenzierung zwischen der Phase vor und nach der Veröffentlichung eines Berichts entspricht auch der Anregung des Verfassungsgerichtshofes, Einschränkungen in zeitlicher Hinsicht, anknüpfend an die Veröffentlichung eines Berichts, vorzusehen (siehe VfGH 14.12.2022, G 287/2022 ua., Rn. 62).

Die Unterscheidung zwischen der Phase vor und jener nach Veröffentlichung eines Berichts kann in der Praxis Abgrenzungsfragen aufwerfen. Dies gilt sowohl für die Verarbeitung personenbezogener Daten einer betroffenen Person zu unterschiedlichen Berichtsthemen als auch für die ‚serielle‘ Berichterstattung über eine Thematik. Im erstgenannten Fall sollen nur solche personenbezogenen Daten als ‚Grundlage‘ der Veröffentlichung anzusehen sein, die einen Zusammenhang zum Gegenstand der betreffenden Veröffentlichung aufweisen. Im zweitgenannten Fall ist für jene Daten, die bereits Grundlage einer Veröffentlichung waren (auch dies kann fallbezogen nur Teile des Recherchematerials zu einer betroffenen Person umfassen), der Rechtfertigungsgrund für die Vollausnahme vom Auskunftsrecht – nämlich eine gänzliche Geheimhaltung der Recherchetätigkeit – nicht mehr gegeben; in diesen Fällen sollen Einschränkungen auf Basis einer Einzelfallabwägung erfolgen können. In diesem Zusammenhang wird anerkannt, dass in der Praxis ‚nach der Veröffentlichung‘ zugleich ‚vor der Veröffentlichung‘ sein kann, das heißt, dass sich die Berichterstattung über eine Thematik über einen längeren Zeitraum erstrecken kann. Insbesondere soll daher sichergestellt werden, dass die Auskunft über personenbezogene Daten, die auch als Grundlage für weitere Veröffentlichungen dienen sollen, weiterhin eingeschränkt werden kann.

Das Auskunftsrecht gilt überdies nur im Umfang der betreffenden Datenverarbeitung; es bildet keine eigenständige Rechtsgrundlage für Datenverarbeitungen, sondern soll lediglich der betroffenen Person die Durchsetzung ihrer Rechte in Bezug auf eine bereits vorgenommene Datenverarbeitung ermöglichen. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass mit dem Auskunftsrecht nicht die erstmalige Auswertung personenbezogener Daten, über die der Verantwortliche (zB in Form eines Datenträgers mit umfassendem Datenmaterial oder einer Videoaufzeichnung von zahlreichen Teilnehmenden einer Demonstration) verfügt, die ihm aber inhaltlich noch nicht zur Kenntnis gelangt sind, erzwungen werden kann (vgl. zum Auskunftsrecht nach dem DSG 2000 hinsichtlich nicht ausgewerteter Bildaufzeichnungen VwGH 29.10.2014, 2013/01/0127, sowie die ständige Rechtsprechung der Datenschutzkommission, zB DSK 5.12.2008, K121.385/0007-DSK/2008).

2. Gegenstand des Auskunftsrechts nach Art. 15 DSGVO ist einerseits die Bestätigung, ob personenbezogene Daten verarbeitet werden, und andererseits die Auskunft über die personenbezogenen Daten selbst sowie weitere, in Art. 15 Abs. 1 lit. a bis h und Abs. 2 DSGVO näher genannte Informationen. Um den besonderen Erfordernissen hinsichtlich des datenschutzrechtlichen Redaktionsgeheimnisses sowie des Quellenschutzes gerecht zu werden, wird anerkannt, dass unter Umständen bereits die Bestätigung, dass personenbezogene Daten verarbeitet werden, laufende Recherchen oder den Quellenschutz gefährden kann. Um dies zu verhindern, sollen Verantwortliche im Falle einer Auskunftsverweigerung bei der Beantwortung des Auskunftsersuchens nicht verpflichtet sein, gegenüber der betroffenen Person offenzulegen, ob ihre personenbezogenen Daten verarbeitet werden, soweit dadurch der Zweck der Auskunftsverweigerung unterlaufen würde. Dies kann insbesondere in Form einer ‚neutralen‘ Beantwortung von Auskunftsersuchen erfolgen, die offenlässt, ob personenbezogene Daten verarbeitet werden (etwa ‚Es werden keine dem Auskunftsrecht unterliegenden personenbezogenen Daten verarbeitet.‘). Die Regelung orientiert sich im Kern an § 44 Abs. 3 zweiter Satz DSG, der eine ähnliche Einschränkungsmöglichkeit (sogenannte ‚neither confirm nor deny‘-Antwort) im Strafverfolgungsbereich vorsieht, um beispielsweise laufende Ermittlungen nicht zu gefährden.

3. Eine Auskunftserteilung mittels Kopie wäre im vorliegenden Zusammenhang – insbesondere im Hinblick auf die in Z 5 vorgesehenen weitreichenden Einschränkungen des Auskunftsrechts – regelmäßig unzweckmäßig. Das Recht auf Kopie (Art. 15 Abs. 3 DSGVO) soll daher generell ausgeschlossen werden, sodass Verantwortliche jedenfalls nicht verpflichtet sind, Auskünfte nach Art. 15 DSGVO in dieser Form zu erteilen.

Z 5 stützt sich unmittelbar auf Art. 85 DSGVO, weshalb vorliegend von den strengen Vorgaben des Art. 23 DSGVO abgewichen werden kann.

Zu Z 6:

Im Zeitraum vor Veröffentlichung eines Berichts kann die Durchsetzung der Betroffenenrechte auf Berichtigung, Löschung und Einschränkung der Verarbeitung die journalistische Tätigkeit erheblich beeinträchtigen; außerdem könnte dadurch der in Z 5 vorgesehene Ausschluss des Auskunftsrechts (Art. 15 DSGVO) vor Veröffentlichung eines Berichts unterlaufen werden. Vor diesem Hintergrund sollen in dieser Phase auch die Betroffenenrechte auf Berichtigung, Löschung und Einschränkung der Verarbeitung zur Gänze ausgeschlossen werden. Voraussetzung ist – wie auch beim Ausschluss des Auskunftsrechts nach Z 5 –, dass die betreffende Verarbeitung (ausschließlich) auf eine bestimmte zukünftige Berichterstattung abzielt (‚noch keine Veröffentlichung erfolgt ist‘).

Im Zusammenhang mit Veröffentlichungen in Medien sieht der Dritte Abschnitt des Mediengesetzes besondere Vorschriften über den Persönlichkeitsschutz, insbesondere Entschädigungs- und Gegendarstellungsansprüche, vor. Die diesen mediengesetzlichen Vorschriften zugrundeliegende Interessenabwägung zwischen Persönlichkeitsschutz und Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit soll nicht durch die datenschutzrechtlichen Betroffenenrechte auf Berichtigung, Löschung und Einschränkung der Verarbeitung unterlaufen oder modifiziert werden. Vor diesem Hintergrund soll die Anwendung der Art. 16, 17 und 18 DSGVO auch in Bezug auf personenbezogene Daten, die Gegenstand einer Veröffentlichung in einem Medium im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 MedienG sind und für die der Dritte Abschnitt des Mediengesetzes spezifische Rechtsbehelfe vorsieht, generell ausgeschlossen werden; gegen derartige Veröffentlichungen sollen auch weiterhin nur die im Dritten Abschnitt des Mediengesetzes vorgesehenen Rechtsbehelfe unter den dort geregelten Voraussetzungen zur Verfügung stehen. Der gänzliche Entfall der genannten datenschutzrechtlichen Betroffenenrechte wird im Zusammenhang mit Veröffentlichungen durch den speziellen medienrechtlichen Persönlichkeitsschutz ausgeglichen. Darüber hinaus soll die Anwendung der Art. 16, 17 und 18 DSGVO ausgeschlossen werden, soweit ein konkurrierender Anspruch der betroffenen Person wegen Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte nach bürgerlichem Recht besteht; auch hier soll den bestehenden persönlichkeitsrechtlichen Ansprüchen (insbesondere nach den §§ 20 und 1330 ABGB sowie § 78 des Urheberrechtsgesetzes) der Vorrang gegenüber den genannten datenschutzrechtlichen Betroffenenrechten eingeräumt werden.

Nach der Veröffentlichung eines Berichts ist die journalistische Recherche bzw. Verarbeitung personenbezogener Daten, die nicht unmittelbar Gegenstand der Veröffentlichung sind, vom medienrechtlichen Persönlichkeitsschutz nicht umfasst. Auch in diesem Bereich, in dem kein materienspezifisches Surrogat für die datenschutzrechtlichen Betroffenenrechte auf Berichtigung, Löschung und Einschränkung der Verarbeitung besteht und diese damit grundsätzlich anwendbar sind, erscheinen zum Schutz der journalistischen Tätigkeit weitreichende Möglichkeiten zur gänzlichen oder teilweisen Verweigerung der Berichtigung, Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung geboten.

Für das Löschungsrecht besteht mit Art. 17 Abs. 3 lit. a DSGVO bereits eine generelle Ausnahme, soweit die Verarbeitung zur Ausübung des Rechts auf Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit erforderlich ist, sodass es keiner zusätzlichen Einschränkung bedarf. Für das Recht auf Berichtigung und das Recht auf Einschränkung der Verarbeitung sehen die Art. 16 und 18 DSGVO keine vergleichbaren Ausnahmen vor, weshalb Z 6 zweiter Satz eine – auf das erforderliche und verhältnismäßige Ausmaß begrenzte – Einschränkung vorsieht. Diese Einschränkung umfasst all jene Fälle im Anwendungsbereich des Abs. 1, die unter keine der Ausnahmen in Z 6 erster Satz fallen.

Da die Richtigkeit verarbeiteter Daten stets kontextbezogen zu beurteilen ist (siehe bereits die Erläuterungen zu Z 3), ist im vorliegenden Zusammenhang zu berücksichtigen, dass auch objektiv unrichtige personenbezogene Daten, die im Zuge der Recherche für einen veröffentlichten Bericht verarbeitet wurden, nicht notwendigerweise einem Berichtigungsanspruch zugänglich sind. So kann beispielsweise die korrekte Aufzeichnung einer inhaltlich unwahren Aussage eines Dritten nicht im Wege eines Berichtigungsanspruchs ‚korrigiert‘ werden. Dasselbe gilt für die Aufbewahrung erhaltener Dokumente oder veröffentlichter Beiträge in journalistischen Archiven.

Z 6 stützt sich unmittelbar auf Art. 85 DSGVO, weshalb vorliegend von den strengen Vorgaben des Art. 23 DSGVO abgewichen werden kann.

Zu Z 7:

Z 7 soll betroffenen Personen in Fällen einer Einschränkung ihrer Betroffenenrechte gemäß Z 5 dritter Satz oder Z 6 zweiter Satz oder Art. 17 Abs. 3 DSGVO ermöglichen, deren Rechtmäßigkeit durch die Datenschutzbehörde überprüfen zu lassen. Um Verantwortlichen in diesem Verfahren zur indirekten Ausübung der Betroffenenrechte (‚In Camera‘-Verfahren) keine unverhältnismäßigen Nachweispflichten, die in einem Spannungsverhältnis zum Schutz der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit und insbesondere des Redaktionsgeheimnisses stehen könnten, aufzuerlegen, sollen Verantwortliche lediglich zur Glaubhaftmachung des Vorliegens der Voraussetzungen der Z 5 dritter Satz bzw. Z 6 zweiter Satz bzw. des Art. 17 Abs. 3 DSGVO verpflichtet sein. Im Übrigen gilt auch in diesem Verfahren der in Z 1 iVm § 31 MedienG verankerte Schutz des Redaktionsgeheimnisses, sodass der Verantwortliche auch gegenüber der Datenschutzbehörde keine dem Redaktionsgeheimnis unterliegenden Informationen offenlegen muss. Dies kann auch dann relevant sein, wenn aus den offengelegten Informationen indirekte Rückschlüsse auf deren Herkunft gezogen werden können (zB wenn die verarbeiteten personenbezogenen Daten nur aus einem bestimmten, nur einem eingeschränkten Personenkreis zur Verfügung stehenden Schriftstück stammen können, sodass mit der Offenlegung dieses Schriftstücks oder von Informationen daraus auch die Offenlegung der Quelle drohen würde). In diesem Zusammenhang muss lediglich glaubhaft gemacht werden, dass sich der geltend gemachte Anspruch auf Informationen richtet, die abstrakt dem Redaktionsgeheimnis unterliegen; eine Offenlegung konkreter Daten ist nicht erforderlich.

Die betroffene Person soll im Falle einer rechtmäßigen Einschränkung nur über das Ergebnis der Prüfung informiert werden, aber keine näheren Informationen über die Einschränkung erhalten. Somit müsste zB in Verfahren betreffend die Verweigerung einer Auskunft nicht einmal offengelegt werden, ob personenbezogene Daten verarbeitet werden, damit der Zweck der Beschränkung nicht unterlaufen werden kann. Gelangt die Datenschutzbehörde zum Ergebnis, dass die Beschränkung unzulässig war, hat sie – auch im Hinblick auf das Rechtsschutzbedürfnis der betroffenen Person – gegebenenfalls auch weitere Informationen zur Verfügung zu stellen, den Verantwortlichen anzuweisen, bestimmte Auskünfte zu erteilen usw. Mit diesem in Anlehnung an das vergleichbare Verfahren zur indirekten Geltendmachung von Betroffenenrechten im Strafverfolgungsbereich (§ 42 Abs. 8 und 9 DSG) konzipierten Rechtsschutzverfahren sollen – unter größtmöglichem Schutz der Geheimhaltungsinteressen des Verantwortlichen – die Rechtsschutzinteressen der betroffenen Personen gewahrt werden. In der Folge kann die betroffene Person auch eine gerichtliche Überprüfung der Entscheidung der Datenschutzbehörde durch das Bundesverwaltungsgericht erwirken (wobei auch hier die bloße Glaubhaftmachung des Vorliegens der Voraussetzungen der Z 5 dritter Satz bzw. Z 6 zweiter Satz bzw. des Art. 17 Abs. 3 DSGVO ausreicht).

Zu Z 8:

In bestimmten Fällen kann eine Offenlegung von gemeinsam Verantwortlichen, die gemeinsam personenbezogene Daten zu journalistischen Zwecken verarbeiten, die journalistische Tätigkeit unverhältnismäßig beeinträchtigen. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn von mehreren gemeinsam Verantwortlichen nicht alle in den Anwendungsbereich des Medienprivilegs fallen. In solchen Fällen soll es möglich sein, die in Art. 26 Abs. 2 zweiter Satz DSGVO vorgesehene Offenlegung gegenüber der betroffenen Person zum Schutz des datenschutzrechtlichen Redaktionsgeheimnisses, sowie soweit dies sonst zum Schutz der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit erforderlich und verhältnismäßig ist, einzuschränken. Um zu vermeiden, dass diese Einschränkungsmöglichkeit bei einer gemeinsamen Verarbeitung durch Verantwortliche, die nur teilweise dem Schutz des Abs. 1 unterliegen, unterlaufen wird, soll diese Einschränkungsmöglichkeit nicht nur Verantwortlichen im Sinne des Abs. 1 erster Satz, sondern auch anderen Verantwortlichen, die gemeinsam mit diesen personenbezogene Daten zu den in Abs. 1 erster Satz genannten Zwecken verarbeiten, zur Verfügung stehen.

Zu Z 9:

Mit der Meldung einer Datenschutzverletzung (‚data breach notification‘) werden gegebenenfalls geheime Recherchetätigkeiten offengelegt, wodurch die journalistische Tätigkeit beeinträchtigt werden kann. Vor diesem Hintergrund soll die Verpflichtung zur Meldung einer Datenschutzverletzung an die Aufsichtsbehörde (Art. 33 DSGVO) nur bestehen, wenn die Datenschutzverletzung voraussichtlich ein hohes Risiko für die persönlichen Rechte und Freiheiten natürlicher Personen zur Folge hat. Damit wird die in Art. 33 DSGVO vorgesehene Schwelle für die Meldepflicht an die Datenschutzbehörde (voraussichtlich Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen) auf die in Art. 34 DSGVO für die Meldepflicht an betroffene Personen vorgesehene Schwelle (voraussichtlich hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen) angehoben.

Eine Meldung der Datenschutzverletzung an die betroffene Person (Art. 34 DSGVO) soll zudem nur nach Maßgabe einer entsprechenden Anordnung der Aufsichtsbehörde verpflichtend sein. Die Datenschutzbehörde hat dies aufgrund einer an sie erfolgten Meldung und unter Berücksichtigung der Ausschlussgründe des Art. 34 Abs. 3 DSGVO zu prüfen; die Benachrichtigung der betroffenen Person ist demnach insbesondere dann nicht erforderlich, wenn der Verantwortliche geeignete technische und organisatorische Sicherheitsvorkehrungen getroffen und angewandt hat, aufgrund nachfolgender Maßnahmen kein hohes Risiko (mehr) besteht oder die Benachrichtigung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre. Mit dieser Übertragung der Einschätzung hinsichtlich der Erforderlichkeit einer Meldung an die betroffene Person auf die Datenschutzbehörde soll höhere Rechtssicherheit für Verantwortliche geschaffen werden, um die potentielle Beeinträchtigung geheimer Recherchen durch gegebenenfalls nicht erforderliche (Vorsichts-)Meldungen möglichst zu reduzieren.

Diese Abweichungen von den Art. 33 und 34 DSGVO sollen weitestmöglichen Schutz der journalistischen Tätigkeit gewährleisten, aber auch die berechtigten Interessen betroffener Personen dahingehend berücksichtigen, zumindest in jenen Fällen, in denen ein hohes Risiko für ihre Rechte und Freiheiten besteht, Abhilfemaßnahmen ergreifen zu können. In einem solchen Fall sollen die Interessen der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit hinter jene der betroffenen Person auch dann zurücktreten, wenn dadurch die journalistische Tätigkeit erheblich beeinträchtigt wird: Da es in der Ingerenz des Verantwortlichen liegt, angemessene technische und organisatorische Maßnahmen zur Hintanhaltung von Datenschutzverletzungen zu treffen und damit das Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen von vornherein zu vermindern, erschiene es unsachlich, die betroffene Person im Falle einer Datenschutzverletzung (gegebenenfalls sogar aufgrund von Versäumnissen des Verantwortlichen), die zu einem hohen Risiko für die betroffene Person führt, einseitig mit den negativen Konsequenzen zu belasten.

Aufgrund des – im Anwendungsbereich des Medienprivilegs auch gegenüber betroffenen Personen geltenden – (datenschutzrechtlichen) Redaktionsgeheimnisses ist der Verantwortliche im Rahmen der Meldung einer Datenschutzverletzung jedoch niemals verpflichtet, Informationen offenzulegen, die dem Schutz des (datenschutzrechtlichen) Redaktionsgeheimnisses unterliegen (§ 31 MedienG iVm § 9 Abs. 1 Z 1 DSG). In einem solchen Fall muss zwar die Datenschutzverletzung gemeldet, vom (datenschutzrechtlichen) Redaktionsgeheimnis geschützte Informationen müssen aber nicht in die Meldung aufgenommen werden.

Zu Z 10:

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis angeregt, dass der Gesetzgeber – als Ausgleich für den Ausschluss (bestimmter) datenschutzrechtlicher Bestimmungen – erhöhte Anforderungen an die interne Organisation, Dokumentation und technische Sicherung der verarbeiteten Daten vorsehen könnte (siehe VfGH 14.12.2022, G 287/2022 ua., Rn. 62). In diesem Zusammenhang kommt dem Datenschutzbeauftragten, dem nach Art. 39 DSGVO umfassende Beratungs- und Überprüfungsaufgaben obliegen, eine wichtige Funktion zu. Gleichzeitig könnte eine uneingeschränkte Einsichtsmöglichkeit des Datenschutzbeauftragten allerdings – insbesondere im Hinblick auf die in Art. 38 Abs. 3 letzter Satz DSGVO vorgesehene Berichterstattung gegenüber der höchsten Managementebene des Verantwortlichen – als Kontrollinstrument gegenüber Redaktionen wahrgenommen werden. Vor diesem Hintergrund soll eine Einschränkung des Zugangs des Datenschutzbeauftragten zu personenbezogenen Daten, die zu journalistischen Zwecken verarbeitet werden, ermöglicht werden.

Zu Z 11:

Im Sinne des Grundansatzes, dass im Anwendungsbereich des Medienprivilegs weitreichender Spielraum zur Verarbeitung personenbezogener Daten geschaffen werden soll, sollen die strengen Vorschriften des Kapitel V der DSGVO für die Übermittlung personenbezogener Daten an Drittländer und internationale Organisationen nicht verpflichtend einzuhalten sein. Verantwortliche und Auftragsverarbeiter sollen lediglich durch geeignete Maßnahmen im Ergebnis sicherstellen müssen, dass die Rechte und Freiheiten der betroffenen Person im Falle einer solchen Übermittlung nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden. Diese Voraussetzung wird bei einer (diesfalls: freiwilligen) Einhaltung der Vorgaben des Kapitel V der DSGVO jedenfalls als erfüllt anzusehen sein (dh. Verantwortliche und Auftragsverarbeiter im Anwendungsbereich des Medienprivilegs sind gegenüber anderen Verantwortlichen und Auftragsverarbeitern nicht benachteiligt), kann aber auch durch andere Maßnahmen sichergestellt werden. Die Regelung folgt damit in Bezug auf den Verantwortlichen dem risikobasierten Ansatz der DSGVO: Im Sinne des Art. 24 DSGVO, auf den hier ausdrücklich Bezug genommen wird, soll es dem Verantwortlichen obliegen, angemessene Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen und zur Einhaltung der (sonstigen) Vorschriften der DSGVO zu treffen. Allfällige branchenspezifische Standards sollen in diesem Zusammenhang insbesondere im Wege von Verhaltensregeln im Sinne des Art. 40 DSGVO geschaffen werden können (siehe dazu die Anmerkungen zu Z 12).

Zu Z 12:

Art. 40 Abs. 2 DSGVO ermöglicht Verbänden und anderen Vereinigungen, die Kategorien von Verantwortlichen oder Auftragsverarbeitern vertreten, die Ausarbeitung sektorspezifischer Verhaltensregeln, mit denen die wirksame Anwendung der DSGVO erleichtert werden soll. Durch dieses Instrument können die Vorschriften der DSGVO im Wege der Festlegung von ‚best practice‘-Modellen und Standards durch Vertreter der betreffenden Branche näher präzisiert werden. Z 12 soll dieses bereits aufgrund des Art. 40 DSGVO bestehende Instrument der Verhaltensregeln auch auf Einschränkungen von Betroffenenrechten nach den Z 5 und 6 sowie geeignete Maßnahmen im Zusammenhang mit Datenübermittlungen an Drittländer und internationale Organisationen im Sinne der Z 11 erweitern.

Verhaltensregeln iSd Art. 40 DSGVO bzw. deren Änderung bedürfen der Genehmigung durch die Datenschutzbehörde (Art. 40 Abs. 5 DSGVO). Um sicherzustellen, dass den Besonderheiten journalistischer Tätigkeit und den branchenspezifischen Bedürfnissen zum Schutz der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit angemessen Rechnung getragen wird, soll im Verfahren nach Art. 40 Abs. 5 DSGVO auch eine Stellungnahme der KommAustria eingeholt werden, sodass auch deren Fachexpertise Eingang in das Verfahren findet. Eine Bindungswirkung soll dieser Stellungnahme der KommAustria jedoch nicht zukommen.

Zu Z 13:

Die Vorschriften in Kapitel VII der DSGVO regeln die Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbehörden nach der DSGVO in grenzüberschreitenden Verfahren. Um sicherzustellen, dass der im Wege des Medienprivilegs umfassend gewährleistete Schutz der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit nicht im Rahmen grenzüberschreitender Kooperations- und Kohärenzverfahren unterlaufen werden kann, soll die Anwendung des Kapitel VII der DSGVO zur Gänze ausgeschlossen werden. Darüber hinaus soll auch Art. 56 DSGVO, der die Zuständigkeit der federführenden Aufsichtsbehörde regelt (und insoweit die Schnittstelle zu Kapitel VII der DSGVO darstellt) nicht zur Anwendung gelangen. Die Zuständigkeit der Datenschutzbehörde ist damit gemäß Art. 55 Abs. 1 DSGVO auf die Erfüllung der Aufgaben und die Ausübung der Befugnisse nach der DSGVO im Hoheitsgebiet beschränkt.

Zu Z 4 (§ 9 Abs. 1a):

Der Begriff der journalistischen Tätigkeit im Sinne des Art. 85 DSGVO umfasst auch journalistische Tätigkeiten außerhalb von Mediendiensten und Medienunternehmen (vgl. EuGH 16.12.2008, Rs. C‑73/07, Satakunnan Markkinapörssi und Satamedia, Rn. 56-62; EuGH 14.2.2019, Rs. C‑345/17, Buivids, Rn. 51 ff; vgl. zur Bedeutung von ‚social watchdogs‘ im Hinblick auf Art. 10 EMRK auch EGMR 16.11.2021, Nr. 41055/12, Assotsiatsiya Ngo Golos ua. gg. Russland, Z 76; EGMR 28.11.2019, Österreichische Vereinigung zur Erhaltung, Stärkung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes gg. Österreich, Nr. 39534/07, Z 34; zu Bloggern und beliebten Nutzern sozialer Medien EGMR 8.11.2016 [GK], Nr. 18030/11, Magyar Helsinki Bizottság gg. Ungarn, Z 168). Dieser nicht vom Medienprivileg erfasste sogenannte ‚Bürgerjournalismus‘ unterlag bislang uneingeschränkt der DSGVO und dem DSG. Mit dem neuen § 9 Abs. 1a DSG soll diese Regelungslücke geschlossen werden.

Die in Abs. 1a vorgesehenen Ausnahmen und Abweichungen von der DSGVO sollen die wesentlichsten Kernelemente des Medienprivilegs, nämlich den erweiterten Schutz des (datenschutzrechtlichen) Redaktionsgeheimnisses (Z 1), die Anpassung des Transparenzgrundsatzes (Z 3) und die korrespondierende Ausnahme von der Informationspflicht und dem Widerspruchsrecht (Z 4) umfassen.

Um effektive Berichterstattung auch im Anwendungsbereich des Abs. 1a zu ermöglichen, soll die in Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO verankerte Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten zur Wahrung berechtigter Interessen (im vorliegenden Zusammenhang: Schutz der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit) auf die Verarbeitung personenbezogener Daten, aus denen politische Meinungen oder religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen hervorgehen (Art. 9 Abs. 1 DSGVO) sowie über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten oder damit zusammenhängende Sicherungsmaßregeln (Art. 10 DSGVO) erweitert werden. Die genannten personenbezogenen Daten unterliegen somit nicht den strengen Vorschriften in Art. 9 bzw. 10 DSGVO (mit Ausnahme der in Art. 10 letzter Satz DSGVO verankerten Einschränkung hinsichtlich umfassender Register strafrechtlicher Verurteilungen). Bei der (auch in Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO vorgesehenen) Interessenabwägung sind insbesondere die Grenzen der medienspezifischen zivil- und strafrechtlichen Vorschriften zum Schutz der Privatsphäre und zum Persönlichkeitsschutz (insbesondere im Dritten Abschnitt des MedienG, im Vierten und Fünften Abschnitt des Besonderen Teils sowie in den §§ 152, 282, 282a, 283 und 301 StGB, in den §§ 16, 43, 1328a und 1330 ABGB und in den §§ 77 und 78 UrhG) einzubeziehen; im Falle einer Verletzung derartiger Vorschriften wäre auch in datenschutzrechtlicher Hinsicht jedenfalls von überwiegenden Datenschutzinteressen der betroffenen Personen iSd Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO auszugehen.

Darüber hinaus sollen – wenngleich in weniger weitreichendem Umfang – auch die Betroffenenrechte auf Auskunft, Berichtigung, Löschung und Einschränkung der Verarbeitung eingeschränkt werden. Da die vorliegende Beschränkung sich unmittelbar auf Art. 85 DSGVO (und nicht Art. 23 DSGVO) stützt, ist die Anordnung der Anwendbarkeit des § 25 Abs. 3 mittels Verweises erforderlich. Auch solche Einschränkungen sollen in Verhaltensregeln gemäß Art. 40 Abs. 2 DSGVO gegebenenfalls näher präzisiert werden können. Im Verfahren zur Genehmigung der Verhaltensregeln bei der Datenschutzbehörde soll – wie auch im Rahmen des Medienprivilegs nach Abs. 1 Z 12 – eine Stellungnahme der KommAustria eingeholt werden. Um sicherzustellen, dass der in Abs. 1a gewährleistete Schutz der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit nicht im Rahmen grenzüberschreitender Kooperations- und Kohärenzverfahren unterlaufen werden kann (siehe bereits die Anmerkungen zu Abs. 1 Z 13), soll die in Abs. 1 Z 13 vorgesehene Ausnahme von Kapitel VII und Art. 56 DSGVO auch hier gelten.

Im Ergebnis soll damit gewährleistet werden, dass auch außerhalb von Medienunternehmen und Mediendiensten journalistische Recherchen betrieben werden können, ohne diese von Anfang an aktiv offenlegen zu müssen; auch der Schutz des Redaktionsgeheimnisses soll – sowohl gegenüber Behörden und Gerichten als auch gegenüber betroffenen Personen – umfassend verankert werden.

Die sonstigen weitreichenden Ausnahmen des Medienprivilegs sollen hingegen zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit – und im Sinne der Anregung des Verfassungsgerichtshofes, das Medienprivileg in persönlicher Hinsicht einzuschränken (vgl. VfGH 14.12.2022, G 287/2022 ua., Rn. 62) – Medienunternehmen und Mediendiensten, die in einer demokratischen Gesellschaft eine besondere Funktion als ‚public watchdog‘ wahrnehmen, vorbehalten bleiben: Im Bereich der Medienunternehmen und Mediendienste können der institutionelle Rahmen, der eine Redaktion sowie Mitarbeiter einschließt (vgl. die Gesetzesmaterialien zum MedienG ErlRV 784 BlgNR XXII. GP 5), branchenspezifische Sorgfaltsmaßstäbe (wie zB der Ehrenkodex für die österreichische Presse des österreichischen Presserates) sowie (auch im Interesse des Medienunternehmens- und Mediendienstes gelegene) technische und organisatorische Maßnahmen (Redaktionsstatuten, Sicherheitsvorkehrungen, journalistische Ausbildung udgl.), die auch zu einem gewissen Mindestmaß an Datenschutz beitragen, Ausnahmen von datenschutzrechtlichen Garantien zu einem gewissen Grad kompensieren. Im wesentlich breiteren, heterogeneren und schwerer abgrenzbaren Bereich des ‚Bürgerjournalismus‘ kann dies im Rahmen einer Durchschnittsbetrachtung nicht bzw. jedenfalls nicht im selben Ausmaß erwartet werden. Mit den im Medienprivileg vorgesehenen weitreichenden Privilegierungen (etwa Ermächtigung zur umfassenden Verarbeitung auch besonderer Kategorien personenbezogener Daten und strafrechtsrelevanter Daten oder umfassende Einschränkung von Betroffenenrechten, teils ohne Offenlegung gegenüber der betroffenen Person) wäre im Bereich des ‚Bürgerjournalismus‘ eine Vielzahl unverhältnismäßiger Eingriffe in die Rechte der betroffenen Personen zu befürchten (vgl. in diesem Sinn auch EGMR 16.6.2015 [GK], Nr. 64569/09, Delfi AS gg. Estland, Z 133).

Vor diesem Hintergrund sollen die in Abs. 1 Z 2 (Rechtsgrundlage), Z 8 (Einschränkung der Offenlegungspflicht im Zusammenhang mit gemeinsam Verantwortlichen), Z 9 (höhere Schwellen für die Meldepflicht von Datenschutzverletzungen) und Z 11 (Datenübermittlungen an Drittländer und internationale Organisationen) vorgesehenen, sehr weitreichenden Privilegierungen im Anwendungsbereich des Abs. 1a nicht in Anspruch genommen werden können. Ausnahmen von Abs. 1 Z 10 (Einsichtsrechte des Datenschutzbeauftragten) erscheinen im Bereich des ‚Bürgerjournalismus‘ nicht erforderlich und sollen dementsprechend nicht vorgesehen werden.

Abs. 1a stützt sich unmittelbar auf Art. 85 DSGVO, weshalb vorliegend von den strengen Vorgaben des Art. 23 DSGVO abgewichen werden kann.

Zu Z 15 (§ 70 Abs. 15):

Es handelt sich um die Inkrafttretensbestimmung. Im Hinblick auf den vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2022, G 287/2022 ua., festgelegten Inkrafttretenszeitpunkt der Aufhebung des geltenden § 9 Abs. 1 soll § 9 Abs. 1 und 1a mit 1. Juli 2024 in Kraft treten.“

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker und Mag. Eva Blimlinger mit Stimmenmehrheit (dafür: V, G, dagegen: S, F, N) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2024 05 29

                            Mag. Eva Blimlinger                                                  Mag. Michaela Steinacker

                                  Berichterstattung                                                                           Obfrau