2577 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie

über den Antrag 4073/A der Abgeordneten Christoph Stark, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Abmilderung von Krisenfolgen und zur Verbesserung der Marktbedingungen im Falle von marktbeherrschenden Energieversorgern erlassen wird

Die Abgeordneten Christoph Stark, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 16. Mai 2024 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Mit der gegenständlichen Gesetzesnovelle soll im Sinne der Abmilderung von Krisenfolgen die Schaffung einer an § 29 deutsches Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (dGWB) angelehnten Sonderbestimmung über den Missbrauch der Marktmacht für Energieversorgungsunternehmer den Wettbewerb auf den durch eine hohe Konzentration gekennzeichneten Strom- und Gasmärkten forcieren und insbesondere den Preismissbrauch verhindern. Anbietern von Elektrizität, Fernwärme und leitungsgebundenem Erdgas soll es verboten werden, Einkaufs- oder Verkaufspreise oder sonstige Geschäftsbedingungen zu fordern, die ungünstiger sind als diejenigen anderer Versorgungsunternehmer oder von Unternehmern auf vergleichbaren Märkten. Der Energieversorgungsunternehmer hat aber die Möglichkeit, zu beweisen, dass die Abweichung sachlich gerechtfertigt ist. Die Bestimmung wird mit 31. Dezember 2027 befristet.

Zu § 1:

Der heimische Strom- und Gasmarkt ist in weiten Teilen durch eine hohe Konzentration gekennzeichnet. Die von Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und E-Control eingerichtete Task Force Energie kommt in ihrem Zwischenbericht im Jahr 2023 zur Schlussfolgerung, dass der Wettbewerb am inländischen Energiemarkt im Krisenjahr 2022 quasi zum Erliegen gekommen sei (Taskforce Energie: Bundeswettbewerbsbehörde und E-Control präsentieren Zwischenbericht: BWB Bundeswett­bewerbs­behörde). § 1 des Gesetzes sieht daher ein Verbot für marktbeherrschende Energie­versorgungsunternehmer vor, Einkaufs- oder Verkaufspreise oder sonstige Geschäftsbedingungen zu fordern, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ergeben würden, wobei insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmern auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen sind. Dies liegt insbesondere dann vor, wenn die Unternehmen ungünstigere Preise oder Geschäftsbedingungen fordern als andere Versorgungsunternehmer oder Unternehmer auf vergleichbaren Märkten.

Mit der Bestimmung des Abs. 1 wird das generelle Missbrauchsverbot des § 5 Kartellgesetz 2005 konkretisiert und für diesen Tatbestand eine Beweislastumkehr vorgesehen. Alle materiell- und verfahrensrechtlichen Bestimmungen aus dem KartG und WettbewerbsG, die für den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gelten, kommen daher mit der Einschränkung betreffend der Antragsbefugnisse auf die Amtsparteien und den Regulator zur Anwendung einschließlich aller Bestimmungen zum Ermittlungsverfahren und zum Verfahren vor dem Kartellgericht sowie der jeweiligen Vollzugsbestimmungen in den betroffenen Gesetzen.

Nach der neuen Bestimmung hat der Unternehmer aber die Möglichkeit, zu beweisen, dass die Abweichung, also insbesondere das Verlangen höherer Preise, sachlich gerechtfertigt ist. Der Nachweis eines Marktmachtmissbrauchs durch einzelne Versorger ist im Strom- und aber auch im Gasbereich besonders schwierig, da die Beschaffungszeiträume für Versorger am Großhandelsmarkt sehr lang und die Preisvolatilitäten sehr hoch sind. Es ist daher sowohl schwer zwischen legitimen Strategien des Risikomanagements und verfehlten Einkaufsstrategien als auch zwischen dem Risiko angemessenen Renditen und unangemessenen Renditen zu unterscheiden. Eine Sonderbestimmung, wie die vorliegende kann nur einen engen Geltungsbereich haben, und erscheint im leitungsgebundenen Energiebereich, welcher zu den regulierten Sektoren gehört, aufgrund der beschriebenen besonderen Situation im Sinne der Abmilderung der Krisenfolgen als sachlich gerechtfertigt. Im Fall von Preisunterschieden auf vergleichbaren Märkten ist daher eine erhöhte Mitwirkungspflicht betreffend die sachliche Rechtfertigung der geforderten Einkaufs- oder Verkaufspreise oder sonstigen Geschäftsbedingungen ein angemessenes Mittel, welches für die Marktstruktur im Strom-und Gasmarkt sachlich adäquat ist. Aufgrund der besonderen Umstände auf den Gas-und Strommärkten ist eine Sonderregelung hinsichtlich der Verteilung der Beweislast jedenfalls angebracht.

Zudem nimmt die Bedeutung des Fernwärmesektors im Rahmen der Energiewende zu. Da Fernwärmenetze regional oder lokal begrenzt sind und für die angeschlossenen Kunden Alternativen entweder nur eingeschränkt oder nicht verfügbar sind, kommt den Fernwärmeversorgern regional eine Stellung mit Monopolcharakter zu. Dadurch kann auf den Fernwärmemärkten ein hohes Missbrauchspotential bestehen. Aus diesem Grund wird der Fernwärmesektor – wie auch in Deutschland seit dem Jahr 2022 – ebenfalls in den (zeitlich befristeten) Anwendungsbereich der Sonderbestimmung aufgenommen.

Die sachliche Rechtfertigung von bestimmten Preisen kann am leichtesten von den betroffenen Unternehmen erbracht werden. Die Bundeswettbewerbsbehörde, der Kartellanwalt und die E-Control sowie das Kartellgericht haben sicherzustellen, dass Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse von Unternehmern auf vergleichbaren Märkten gewahrt bleiben. Im Hinblick auf mögliche Änderungen der Wettbewerbssituation auf den Energiemärkten ist eine Befristung bis 31.12.2027 vorgesehen.“

 

Der Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 4. Juni 2024 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Christoph Stark die Abgeordneten Alois Schroll und Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer sowie die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA.

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf einstimmig beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2024 06 04

                                Christoph Stark                                                                 Peter Haubner

                                  Berichterstattung                                                                          Obmann