Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Gemäß dem Beschluss der Bundesregierung vom 22. August 2018 (sh. Pkt. 23 des Beschl. Prot. Nr. 25) wurde am 13. September 2018 von Österreich das Übereinkommen zwischen den Parteien der Konvention über die polizeiliche Zusammenarbeit in Südosteuropa über den automatisierten Austausch von DNA-, daktyloskopischen und Fahrzeugregisterdaten (nachstehend als „Übereinkommen“ bezeichnet) und das entsprechende Durchführungsübereinkommen im Rang eines Regierungsübereinkommens iS von lit. a) der Entschließung des Bundespräsidenten vom 31. Dezember 1920, BGBl. Nr. 49/1921, unterzeichnet.

Ziel des auch von der Republik Albanien, der Republik Bulgarien, der Republik Mazedonien[1], der Republik Moldau, Montenegro, Rumänien, der Republik Serbien und Ungarn unterfertigten Übereinkommens ist die Verstärkung der grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit bei Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit im Hinblick auf die Verhinderung, Verfolgung und Aufklärung von Straftaten. Dabei soll das bereits im EU-Rahmen bestehende und erfolgreiche System des automatisierten Austauschs von DNA-, daktyloskopischen und Fahrzeugregisterdaten auf die Westbalkanstaaten erweitert, sowie dieser Informationsaustausch im Wege zentraler nationaler Kontaktstellen vereinfacht und beschleunigt werden.

Am 10. Oktober 2019 eröffnete die Europäische Kommission durch ein Aufforderungsschreiben (C(2019)7215 final) ein Vertragsverletzungsverfahren (Nr. 2019/2251) gegen Österreich, Bulgarien, Rumänien und Ungarn (jene EU-Mitgliedstaaten, die das Übereinkommen unterzeichnet haben). Die Europäische Kommission führte darin aus, dass im Übereinkommen nicht ausdrücklich festgeschrieben werde, dass zwischen den EU-Mitgliedstaaten das Unionsrecht Vorrang vor den Regelungen des Übereinkommens hat, und dass die EU-Mitgliedstaaten keine Angemessenheitsbeschlüsse über das Datenschutzniveau in Drittstaaten treffen dürfen. Zur Klarstellung sollten laut Kommission zwei entsprechende Absätze in das Übereinkommen aufgenommen werden.

Um die Bedenken der Europäischen Kommission auszuräumen, wurde aufgrund des Beschlusses der Bundesregierung vom 13. Mai 2020 (sh. Pkt. 7 des Beschl. Prot. Nr. 18) das vorliegende Protokoll zur Änderung des Übereinkommens zwischen den Parteien der Konvention über die polizeiliche Zusammenarbeit in Südosteuropa über den automatisierten Austausch von DNA-, daktyloskopischen und Fahrzeugregisterdaten (nachstehend als „Protokoll“ bezeichnet) verhandelt und aufgrund des Beschlusses der Bundesregierung vom 2. Juni 2021 (sh. Pkt. 8 des Beschl. Prot. Nr. 62) am 10. November 2021 von Österreich unterzeichnet.

Das Protokoll hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Protokolls im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Protokoll keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Die Kompetenz des Bundes zur Gesetzgebung ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 2 B-VG (äußere Angelegenheiten).

Besonderer Teil

Zur Präambel

Die Präambel hält fest, dass durch das Protokoll Klarstellungen zum Vorrang des Rechtes der Europäischen Union für die EU-Mitgliedstaaten und die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Kommission, Angemessenheitsbeschlüsse über das Datenschutzniveau in Drittstaaten anzunehmen, erfolgen sollen.

Zu Artikel 1 (Änderung des Artikel 12 – Datenschutzniveau)

In Artikel 12 des Übereinkommens wird nunmehr zusätzlich festgehalten, dass durch das Übereinkommen keine – nach EU-Recht der Europäischen Kommission vorbehaltenen – Angemessenheitsbeschlüsse über das Datenschutzniveau eines Drittstaates im Sinne der Richtlinie (EU) 2016/680[2] vorgenommen werden.

Zu Artikel 2 (Änderung des Artikel 22 – Verhältnis zu anderen internationalen Übereinkommen)

In Artikel 22 des Übereinkommens wird nunmehr ausdrücklich festgehalten, dass jene Parteien, die EU-Mitgliedsstaaten sind, in ihren wechselseitigen Beziehungen EU-Recht anwenden, insoweit EU-Bestimmungen zur Regelung des konkreten Sachverhaltes bestehen.

Zu Artikel 3

Das Protokoll kann durch jede Vertragspartei der Konvention über die polizeiliche Zusammenarbeit in Südosteuropa, BGBl. III Nr. 152/2011, (nachstehend als „Polizeikooperationskonvention“ bezeichnet) unterzeichnet werden. Die Ratifikation, Annahme oder Genehmigung des Protokolls ist zwingend an die vorherige oder gleichzeitige Ratifikation, Annahme, Genehmigung oder den vorherigen oder gleichzeitigen Beitritt zum Übereinkommen geknüpft. Zwischen der Unterzeichnung des Protokolls und dessen Inkrafttreten können Vertragsparteien der Polizeikooperationskonvention für Südosteuropa das Übereinkommen nur ratifizieren, annehmen oder genehmigen bzw. ihm beitreten, wenn sie gleichzeitig das Protokoll ratifizieren, annehmen oder genehmigen. Dem kommt Österreich durch die gleichzeitige Ratifikation des Übereinkommens und des Protokolls nach. Die Abgabe von Vorbehalten zum Protokoll ist nicht zulässig.

Zu Artikel 4

Das Protokoll tritt am sechzigsten Tag nach Hinterlegung der letzten Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde all jener Staaten, die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Protokolls bereits Vertragsparteien des Übereinkommens waren, in Kraft. Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Protokolls waren Albanien, Montenegro, Moldau, Nordmazedonien und Serbien Vertragsparteien des Übereinkommens. Für die nachfolgenden Unterzeichner tritt das Protokoll ebenfalls am sechzigsten Tag nach Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde in Kraft. Bis zum Inkrafttreten des Protokolls können die Artikel 1 und 2 des Protokolls vorläufig angewendet werden. Es ist beabsichtigt, dass auch Österreich bei der Ratifikation eine entsprechende Erklärung zur vorläufigen Anwendung abgibt.

Sobald das Protokoll in Kraft getreten ist, hat der Depositär den durch das Protokoll geänderten, konsolidierten Text des Übereinkommens an alle Vertragsparteien der Polizeikooperationskonvention auszusenden. Ab dem Inkrafttreten des Protokolls kann eine Vertragspartei der Polizeikooperationskonvention nur mehr Partei des Übereinkommens in seiner geänderten Fassung werden.



[1] Zwischenzeitlich erfolgte die Umbenennung in „Republik Nordmazedonien“.

 

[2] Richtlinie (EU) 2016/680 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI, ABl. L 119 vom 04.05.2016 S. 89.