2622 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Antrag 4123/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Genossenschaftsgesetz, das Vereinsgesetz, das Firmenbuchgesetz, das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997, das Genossenschaftsinsolvenzgesetz, das Genossenschaftsverschmelzungsgesetz, das Genossenschaftsspaltungsgesetz und das Unternehmensgesetzbuch geändert werden (Genossenschaftsrechts-Änderungsgesetz 2024 – GenRÄG 2024)

Die Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 13. Juni 2024 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Allgemeiner Teil

Die Bundesregierung bekennt sich im Regierungsprogramm 2020 bis 2024 zur Stärkung wirtschaftlicher Kooperationsmodelle in der Rechtsform der Genossenschaft. Genossenschaften sollen als nachhaltige und krisenfeste Unternehmensform in den unterschiedlichsten Wirtschaftsbereichen gestärkt werden. Dadurch sollen kleine und mittelständische Unternehmen in den Regionen im Wettbewerb, z. B. durch gemeinsame Projekte der Digitalisierung, unterstützt und lokale und nationale Initiativen im Bereich des kooperativen Wirtschaftens und der Sharing Economy als Alternative zu den Angeboten internationaler Konzerne gegründet und etabliert werden. Ziel ist es, die kommunale Infrastruktur in den ländlichen Regionen unter Einbeziehung von bürgerlichem Engagement sowie die Versorgungssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger durch Kooperationen insbesondere im Bereich Gesundheit, Pflege und Energie auszubauen und abzusichern.

Ziel des Vorschlags ist es daher, das Genossenschaftsrecht zu modernisieren und die Rechtsform der Genossenschaft für das Wirtschaftsleben attraktiver zu gestalten. Zu diesem Zweck soll die Nachschusspflicht der Mitglieder einer Genossenschaft mit beschränkter Haftung flexibler gestaltbar werden. Künftig soll es möglich sein, die Nachschusspflicht im Genossenschaftsvertrag nicht nur mit einem höheren Betrag festzulegen, sondern auch einzuschränken oder ganz auszuschließen. Die Möglichkeit der Herabsetzung der Nachschusspflicht soll auch bestehenden Genossenschaften offenstehen. Gleichzeitig soll die Rechtsform der Genossenschaft mit unbeschränkter Haftung – der keine praktische Bedeutung mehr zukommt – gänzlich entfallen.

Außerdem soll eine Möglichkeit der identitätswahrenden Umwandlung von Vereinen in Genossenschaften geschaffen werden. In Österreich sind viele Körperschaften, die als ideelle Vereine nach dem Vereinsgesetz 2002 organisiert sind, unter anderem auch unternehmerisch tätig. Bei wachsendem Umfang ihrer unternehmerischen Tätigkeit erweist sich die Rechtsform des Vereins, dessen Strukturen eher auf die Verfolgung ideeller Ziele zugeschnitten sind, mehr und mehr als ungeeignet (beispielsweise gibt es weder einen Aufsichtsrat noch Arbeitnehmer:innenmitbestimmung, keine Verpflichtung zur jährlichen Mitgliederversammlung, keine Eintragung im Firmenbuch und keine Prüfung durch einen Revisionsverband). Der Hauptzweck eines ideellen Vereins darf nicht auf Gewinn gerichtet sein; erwirtschaftete Gewinne sind im Sinne des Vereinszwecks zu verwenden und dürfen nicht an die Mitglieder ausgeschüttet werden. Die bei Gründung gewählte Rechtsform des Vereins entspricht damit oft nicht mehr den aktuellen Anforderungen. Für diese unternehmerischen Tätigkeiten wäre die Rechtsform der Genossenschaft, deren Zweck auf die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder gerichtet ist und bei der die unternehmerische Tätigkeit auch im Zentrum stehen kann, besser geeignet. Für die Ausgliederung der wirtschaftlichen Tätigkeit aus einem Verein besteht derzeit nur die Möglichkeit der Einzelrechtsnachfolge. Mit dem gegenständlichen Vorschlag soll eine gesellschaftsrechtliche Basis für Umstrukturierungen von Vereinen in Genossenschaften geschaffen werden. Es soll jedem Verein die identitätswahrende Umwandlung in eine Genossenschaft ermöglicht werden; bislang besteht diese Möglichkeit nur für Revisionsverbände.

Schließlich erfolgen redaktionelle Änderungen im GenIG, GenVerschmG, GenSpaltG und UGB.

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung der vorgeschlagenen gesetzlichen Regelungen beruht auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Zivilrechtswesen einschließlich des wirtschaftlichen Assoziationswesens) sowie auf Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG (Vereins- und Versammlungsrecht).

Besonderer Teil

Artikel 1

Änderung des Genossenschaftsgesetzes

Zu Z 1, 8 und 11 (§§ 2, 86a):

Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sollen künftig nur noch mit beschränkter Haftung ihrer Mitglieder errichtet werden können (§ 2 Abs. 1 GenG).

Der Genossenschaft mit unbeschränkter Haftung kommt keine praktische Bedeutung zu; im Firmenbuch findet sich keine solche Genossenschaft. Diese Kategorie der Genossenschaften sowie die dafür bestehenden besonderen Bestimmungen sind somit praktisch obsolet geworden und sollen daher aufgehoben werden.

Auch die besondere Kategorie der Genossenschaften mit Geschäftsanteilshaftung in § 86a GenG soll aufgehoben werden, denn die Genossenschaft mit völligem Ausschluss der Nachschusspflicht ist, wie der neue § 76 GenG deutlich zeigt (siehe Erläuterungen zu § 76 GenG), nur eine Spielart der Genossenschaft mit beschränkter Haftung. Nachdem nunmehr allen Genossenschaften mit beschränkter Haftung der Ausschluss der Nachschusspflicht gestattet wird, verliert § 2 Abs. 3 jegliche Bedeutung und kann ersatzlos aufgehoben werden.

Bei dieser Gelegenheit soll auch § 2 Abs. 2 GenG neu formuliert werden. Bei der Genossenschaft besteht – anders als etwa bei der Kommanditistenhaftung – keine Außenhaftung. Forderungen der Gläubiger:innen können nicht direkt gegen die Mitglieder geltend gemacht werden. Die im Gesetz derzeit genannte solidarische Haftung der Mitglieder ist daher irreführend. Lediglich im Insolvenz- oder Liquidationsfall bestehen die vertraglich vereinbarte Nachschusspflicht und wechselseitige Ausfallshaftung.

Zu Z 2, 3 und 9 (§§ 5, 6 und 76):

§ 76 GenG regelt die Deckungspflicht der Mitglieder einer mit beschränkter Haftung errichteten Genossenschaft. Danach haftet derzeit jedes Mitglied im Konkurs- oder Liquidationsfall für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft – insofern der Gesellschaftsvertrag nicht einen höheren Haftungsbetrag festsetzt – nicht nur mit seinen Geschäftsanteilen, sondern auch noch mit einem weiteren Betrag in der Höhe desselben (Dellinger in Dellinger, GenG2 § 76 Rz 3).

Diese ‚Nachschusspflicht‘ der Mitglieder soll nun flexibler gestaltbar werden. Künftig soll es möglich sein, die Deckungspflicht im Genossenschaftsvertrag nicht nur mit einem höheren Betrag festzulegen, sondern auch einzuschränken oder ganz auszuschließen. Auch bestehenden Genossenschaften soll die Möglichkeit der Herabsetzung der Haftung offenstehen; dabei wird § 33a GenG zu beachten sein.

Entsprechend der Änderung der §§ 2 und 76 GenG wird auch § 5 Z 12 GenG angepasst, der den Umfang der Haftung als zwingenden Satzungsbestandteil normiert. Schweigt der Genossenschaftsvertrag darüber, so kommt die Grundregel des § 76 GenG zur Anwendung. Auch § 6 Abs. 2 Z 6 GenG, der die Veröffentlichung bestimmter Teile des im Firmenbuch eingetragenen Genossenschaftsvertrags regelt, wird entsprechend angepasst.

Durch die Einschränkung der Kategorien von Genossenschaften auf die Genossenschaft mit beschränkter Haftung ist in Übereinstimmung mit der bisherigen Lehre (zB Dellinger/Schellner, RWZ 2019, 105 [107 FN 13]) auch klargestellt, dass Verschmelzungen und Spaltungen unter Genossenschaften mit beschränkter Haftung möglich sind, gleich ob die Haftung über das dispositiv geltende Maß erhöht oder beschränkt oder ausgeschlossen ist (vgl. auch schon die Erläuterungen zum GenSpaltG, ErläutRV 254 BlgNR 26. GP 2).

Zu Z 10 (§ 78):

Dem neu gefassten § 76 GenG entsprechend wird der veraltete Begriff ‚Deckungspflicht‘ durch den modernen Begriff ‚Nachschusspflicht‘ ersetzt, ohne dass es hier zu einer inhaltlichen Änderung kommt.

Zu Z 4 und 5 (§§ 33, 33a):

Die §§ 33 und 33a GenG werden im Hinblick darauf angepasst, dass es künftig nur noch Genossenschaften mit beschränkter Haftung gibt. Ein ‚Wechsel der Haftungsart‘, wie er derzeit vorgesehen ist, kommt daher nicht mehr in Betracht. Neben der Herabsetzung der Haftung soll aber auch deren Erhöhung weiterhin möglich sein.

Der zweite Halbsatz des ersten Satzes in § 33 Abs. 3 GenG, in dem das erforderliche Präsenzquorum geregelt wird, ist insoweit missverständlich, als er sich noch auf die nicht mehr geltende Fassung des (richtig) § 32 GenG bezieht, der für den Fall der Beschlussunfähigkeit der Generalversammlung die Einberufung einer zweiten Versammlung vorsah, welche ohne Rücksicht auf die Zahl der anwesenden oder vertretenen Mitglieder beschlussfähig war. Seit dem BGBl. I Nr. 81/1974 ist in § 32 jedoch für den Fall der Beschlussunfähigkeit statt der Einberufung einer ‚zweiten‘ Generalversammlung die Einhaltung einer ‚Wartestunde‘ vorgesehen (durch BGBl. I Nr. 2006/104 verkürzt auf eine halbe Stunde). Dies gilt auch für das erhöhte Präsenzquorum in § 33 Abs. 3 zweiter Halbsatz GenG. Der veraltete Hinweis auf ‚den erstmaligen Zusammentritte der Generalversammlung (§ 31)‘ kann daher entfallen.

Zu Z 6 (§ 40):

Die in § 40 Abs. 1 GenG immer noch erwähnte Auflösung der Genossenschaft durch die Verwaltungsbehörde gibt es seit der Aufhebung der §§ 37 bis 39 durch BGBl. I Nr. 2006/104 nicht mehr. § 40 ist demnach entsprechend anzupassen.

Zu Z 7 (II. Hauptstück (§§ 53 bis 60):

Da der Genossenschaft mit unbeschränkter Haftung keine praktische Bedeutung zukommt, sollen die diese betreffenden besonderen Bestimmungen aufgehoben werden (siehe auch die Erläuterungen zu § 2 GenG).

Zu Z 12 bis Z 14 (V. Hauptstück, § 91a, VI. Hauptstück):

Viele Vereine in Österreich sind auch unternehmerisch tätig. Da die vereinsrechtlichen Strukturen aber eher auf die Verfolgung bloß ideeller Zwecke zugeschnitten sind, gerät diese Rechtsform bei wachsendem Umfang des unternehmerischen Handelns oftmals an ihre Grenzen. So gibt es im Verein – unabhängig von der Zahl der Mitarbeiter – beispielsweise keinen verpflichtenden Aufsichtsrat, keine Arbeitnehmermitbestimmung, keine Verpflichtung, jährlich eine Mitgliederversammlung abzuhalten, und keine Pflicht zur Firmenbucheintragung. Außerdem fehlt die bei Genossenschaften gegebene Prüfung und Beratung durch einen darauf spezialisierten Revisionsverband.

Schon mit dem Genossenschaftsspaltungsgesetz wurde im Genossenschaftsrevisionsgesetz die Möglichkeit geschaffen, als Vereine eingerichtete Revisionsverbände in Genossenschaften umzuwandeln. In Fortführung dieser Regelung soll nun eine entsprechende Umwandlungsmöglichkeit für alle Vereine in Österreich geschaffen werden. In Deutschland ist eine Umwandlung von Vereinen in Genossenschaften bereits seit 1995 möglich und hat sich durchaus bewährt (vgl. § 272 deutsches Umwandlungsgesetz). Es soll daher nun eine allgemeine gesetzliche Möglichkeit zur identitätswahrenden Umwandlung von Vereinen in Genossenschaften vorgesehen werden.

Der umgekehrte Vorgang – also die Umwandlung einer Genossenschaft in einen Verein – ist einerseits für die Praxis weniger bedeutsam und andererseits durchaus nicht unproblematisch, da damit ein Wechsel aus dem stärker durchregulierten Genossenschaftsrecht in das wesentlich liberalere Vereinsrecht – einschließlich des Wechsels des Registers (vom Firmenbuch in das Vereinsregister) – verbunden wäre (vgl. auch ErläutRV 254 der Beilagen XXVI. GP S 9).

Das bisherige V. Hauptstück des GenG, das unter der Überschrift ‚Schlussbestimmungen‘ den Übergang von historischen Vereinen auf Genossenschaften regelt und darüber hinaus allgemeine Übergangs- und Schlussbestimmungen enthält, wird geteilt, in ein mit § 90 beginnendes V. Hauptstück ‚Umwandlung von Vereinen in Genossenschaften‘ und ein mit § 94a beginnendes neues VI. Hauptstück ‚Schlussbestimmungen‘.

Der hier vorgeschlagene § 91a GenG (Umwandlung eines Vereins in eine Genossenschaft) entspricht in weiten Teilen § 19a GenRevG. Er ermöglicht allen Vereinen die identitätswahrende Umwandlung in eine Genossenschaft. Damit bleibt der Rechtsträger erhalten, er wechselt nur das rechtliche Kleid. Die bisherigen Rechtsbeziehungen bleiben demgemäß bestehen, ohne dass es dazu der Regelung einer Gesamtrechtsnachfolge bedürfte. Für steuerliche Zwecke liegt eine rein formwechselnde Umwandlung vor, für die sich bereits nach allgemeinem Steuerrecht keine ertrag-, verkehr- oder umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen ergeben. Als solche ist die Umwandlung eines Vereins in eine Genossenschaft nach Maßgabe von § 91a GenG auch nicht vom UmgrStG erfasst. Kommt es anlässlich der formwechselnden Umwandlung steuerlich zu einem Wechsel der Gewinnermittlung, sind die diesbezüglichen allgemeinen ertragsteuerlichen Regelungen zu beachten.

Die Umwandlung eines Vereins in eine Genossenschaft setzt einen Umwandlungsbeschluss der Mitgliederversammlung des Vereins voraus (vgl. § 5 Abs. 2 VerG). Sofern in den Vereinsstatuten keine höheren Anforderungen gestellt werden, bedarf der Umwandlungsbeschluss jener Mehrheit, die auch für die freiwillige Auflösung des bisherigen Vereins erforderlich wäre (vgl. § 3 Abs. 2 Z 11 und § 28 Abs. 1 VerG). Im Umwandlungsbeschluss sind die Firma und die weiteren zur Durchführung der Umwandlung erforderlichen Änderungen der Statuten festzusetzen. Der Beschluss hat damit alle Inhalte aufzuweisen, die für einen Genossenschaftsvertrag erforderlich sind, welcher an die Stelle der bisherigen Vereinsstatuten tritt.

Während das Vereinsvermögen den Vereinsmitgliedern nicht anteilsmäßig zugeordnet ist und ihnen auch im Fall einer freiwilligen Auflösung des Vereins nur aufgrund einer entsprechenden Bestimmung in den Statuten und in sehr beschränktem Ausmaß zufließen darf (vgl. § 30 Abs. 2 letzter Satz VerG), müssen für die Mitglieder der zukünftigen Genossenschaft Geschäftsanteile vorgesehen werden. Diesbezüglich sieht Abs. 3 eine Zuteilung nach Köpfen, also entsprechend der Gesamtanzahl der bisherigen Vereinsmitglieder, vor. Diese Geschäftsanteile dürfen insgesamt weder höher sein als das aktuelle Eigenkapital des Vereins noch die Summe der von den Mitgliedern jeweils an den Verein in Form von Einmalzahlungen geleisteten Einlagen überschreiten; für Zwecke des § 91a Abs. 3 sollen daher von den Vereinsmitgliedern entrichtete Mitgliedsbeiträge keine Berücksichtigung im Einlagenbegriff finden. Es werden daher in den meisten Fällen im Zuge der Umwandlung Einmalzahlungen zu vereinbaren und zu leisten sein, deren Höhe im Umwandlungsbeschluss aufzunehmen ist.

Ergibt sich ein Mehrbetrag des Eigenkapitals des Vereins über die Summe der von den Vereinsmitgliedern geleisteten Einlagen, so ist dieser in eine gebundene Rücklage einzustellen. Diese Rücklage kann – nach dem Vorbild des § 229 Abs. 7 UGB – nur zum Ausgleich eines ansonsten auszuweisenden Bilanzverlustes aufgelöst werden. Nach § 22 Abs. 4 GenG gelten die ergänzenden Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Dritten Buches des UGB – und damit die Regelungen zur Bilanzierung – nur für Genossenschaften, die mindestens zwei der in § 221 Abs. 1 UGB bezeichneten Merkmale überschreiten, also mittelgroße und große Genossenschaften, sowie für Genossenschaften von öffentlichem Interesse im Sinn des § 189a Z 1 lit. a und lit. d UGB (siehe auch die Erläuterungen zu § 22 Abs. 4 GenG). Andere Genossenschaften haben diese Bestimmung sinngemäß anzuwenden.

Den Mitgliedern steht daher auch für den Fall ihres späteren Ausscheidens aus der Genossenschaft oder der Auflösung derselben höchstens der so bemessene Geschäftsanteil zu. Um dies sicherzustellen, hat die Satzung nach Abs. 4 zwei unabdingbare – das heißt auch später im Genossenschaftsvertrag nicht änderbare – Bestimmungen zu enthalten (Z 2 und Z 3): Einerseits ist vorzusehen, dass ein Mitglied im Fall seines Ausscheidens keinen Anspruch an den Reservefonds und an das sonst vorhandene Vermögen der Genossenschaft hat (§ 79 Abs. 2 GenG). Andererseits muss für den Fall der Auflösung der Genossenschaft vorgesehen werden, dass ein nach Deckung der Schulden der Genossenschaft sowie der Geschäftsanteile der Genossenschafter:innen allenfalls noch vorhandener Überschuss in sinngemäßer Anwendung des § 30 Abs. 2 Satz 3 VerG verwendet wird. Das allenfalls verbleibende Vermögen wird daher, soweit dies möglich und erlaubt ist, dem in der Satzung bestimmten Zweck oder verwandten Zwecken, sonst Zwecken der Sozialhilfe zuzuführen sein. Des Weiteren sieht Abs. 4 zur Vermeidung von unerwünschten Gestaltungen vor, dass im Falle der Umwandlung eines abgabenrechtlich begünstigten Vereins das von diesem Verein entsprechend seinen Statuten aufgebrachte Vermögen weiterhin zweckgebunden durch die Genossenschaft eingesetzt werden muss (Z 1); dabei ist die Regelung betreffend die Vermögensbindung gemäß § 39 Abs. 1 Z 5 BAO zu beachten.

Die identitätswahrende Umwandlung wird gemäß Abs. 5 zu jenem Zeitpunkt wirksam, in dem die Genossenschaft im Firmenbuch eingetragen wird, wobei der Anmeldung zum Firmenbuch eine schriftliche Erklärung des Revisionsverbandes über die Zusicherung der Aufnahme in einen Revisionsverband (§ 24 GenRevG) oder der gerichtliche Beschluss über die Befreiung von der Verbandspflicht (§ 26 GenRevG) anzuschließen ist. Außerdem ist eine Bestätigung des:der Abschlussprüfers:Abschlussprüferin oder des:der Rechnungsprüfers:Rechnungsprüferin des Vereins oder einer:eines nach den Regeln über die Genossenschaftsrevision bestellte:n Revisorin:Revisors betreffend die Deckung der auszugebenden Geschäftsanteile vorzulegen. Zur Beurteilung dieser Frage wird einerseits der letzte Rechnungsabschluss maßgeblich sein, andererseits werden aber auch die seit der Vereinsgründung durch die Mitglieder geleisteten Einlagen zu berücksichtigen sein.

Damit die Umwandlung eines Vereins in eine Genossenschaft auch im Vereinsregister ersichtlich ist, ist der Eintragungsbeschluss gemäß Abs. 6 auch der Vereinsbehörde zuzustellen. Die Umwandlung wird durch den zweiten Satz des Abs. 6 einer freiwilligen Auflösung des Vereins nach §§ 27, 28 VerG gleichgestellt, wobei die entsprechende Eintragung bloß deklarative Wirkung hat.

In Abs. 7 ist eine Verständigungspflicht des Vorstands gegenüber den Mitgliedern der nunmehrigen Genossenschaft vorgesehen. Außerdem haben jene Mitglieder, die der Umwandlung nicht aktiv zugestimmt haben, ein besonderes Austrittsrecht (vgl. dazu auch § 9 Abs. 1 Z 1 GenSpaltG). Durch Satz drei (die ‚Mitgliedschaft […] gilt mit dem Zeitpunkt der Eintragung der Genossenschaft in das Firmenbuch als beendet‘) ist sichergestellt, dass die rechtzeitig austretenden Mitglieder die Chance haben, die Entstehung einer sie sonst auch als bloße Kurzzeitmitglieder einer Genossenschaft nach § 76 GenG treffenden Nachschusspflicht mit dreijähriger Nachhaftung gemäß § 78 GenG zu vermeiden. Die von § 10 Abs. 1 GenSpaltG abweichende Formulierung ergibt sich daraus, dass hier kein neuer Rechtsträger entsteht, sondern sich nur die Rechtsform identitätswahrend ändert. Daher kann die Mitgliedschaft nur als im Zeitpunkt der Rechtsformumwandlung als beendet (und nicht wie in § 10 Abs. 1 GenSpaltG als ‚nicht erworben‘) gelten (Erläut RV BlgNR 26. GP. S 9, 10).

Zu Z 15 (§ 94n):

Die Bestimmung regelt das Inkrafttreten. Eine Übergangsbestimmung für Genossenschaften mit unbeschränkter Haftung ist nicht erforderlich, weil aktuell keine solche Genossenschaft im Firmenbuch eingetragen ist.

Artikel 2

Änderung des Vereinsgesetzes

Zu Z 1 (§ 30a):

Ein Verein kann gemäß § 91a GenG in eine Genossenschaft umgewandelt werden (siehe auch die Erläuterungen zu § 91a GenG). Handelt es sich bei dem Verein um einen anerkannten Revisionsverband, so hat eine allfällige Umwandlung gemäß § 19a GenRevG zu erfolgen.

Nach dem Vorbild des § 195 dUmwG beträgt die Frist für die Klage gegen den Umwandlungsbeschluss einen Monat. Damit soll rasch Rechtssicherheit für die Genossenschaft geschaffen werden, die nicht mit einer langfristigen Unsicherheit einer möglichen Beschlussanfechtung belastet werden soll.

Die Umwandlung eines Vereins in eine Genossenschaft ist auch für das Vereinsregister relevant. Damit die Vereinsbehörde tätig werden kann, ist ihr der Eintragungsbeschluss zuzustellen (§ 30a Abs. 3 VerG; § 91a Abs. 5 GenG). Da die als Konsequenz naheliegende (bloße) Löschung aus dem Vereinsregister im VerG nicht vorgesehen ist, wird die Umwandlung einer freiwilligen Auflösung des Vereins nach §§ 27, 28 VerG gleichgestellt (§ 30a Abs. 3 dritter Satz VerG; § 91a Abs. 5 zweiter Satz GenG), wobei die entsprechende Eintragung bloß deklarative Wirkung hat. Das Datum der Firmenbucheintragung ist daher für die Eintragung im Vereinsregister maßgeblich.

Zu Z 2 (§ 33):

Die Bestimmung regelt das Inkrafttreten.

Artikel 3

Änderung des Firmenbuchgesetzes

Zu Z 1 (§ 6 Abs. 1 Z 6):

Siehe die Erläuterungen zu § 5 Genossenschaftsrevisionsgesetz.

Zu Z 2 (§ 6 Abs. 1a):

Ziel des vorgeschlagenen § 6 Abs. 1a FBG ist es, nützliche Informationen aus dem Vereinsregister in das Firmenbuch zu übernehmen. Insbesondere die ehemalige ZVR-Zahl ist von Bedeutung, weil es im Vereinsregister auch historische Eintragungen gibt, die erst zehn Jahre nach Ende der Rechtsfähigkeit des Vereins endgültig gelöscht werden (vgl § 16 Abs. 2 und 3 VereinsG).

Zu Z 3 (§ 43):

Die Bestimmung regelt das Inkrafttreten.

Artikel 4

Änderung des Genossenschaftsrevisionsgesetzes

Zu Z 1 (§ 5):

Gemäß § 1 GenRevG ist bei allen Genossenschaften mindestens jedes zweite Jahr eine Gebarungsprüfung durch eine:n Revisor:in durchzuführen. Bei mittelgroßen und großen Genossenschaften und allen aufsichtsratspflichtigen Genossenschaften ist die Revision jährlich durchzuführen. Nach § 5 Abs. 5 GenRevG hat die Genossenschaft die Durchführung der Revision und die Zeit, während welcher sie vorgenommen wurde, zur Eintragung ins Firmenbuch anzumelden. Nach § 6 Abs. 1 Z 6 FBG ist bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften die Durchführung der Revision und die Zeit, während welcher sie vorgenommen wurde im Firmenbuch einzutragen.

Diese Verpflichtung besteht unabhängig vom Umfang der Rechnungslegung. Bei kleinen Ge-nossenschaften, die keinen Jahresabschluss zu erstellen haben, bleibt es bei der Anmeldung der durchgeführten Revision zur Eintragung ins Firmenbuch. Mittelgroße und große Genossenschaften sind dagegen den Kapitalgesellschaften hinsichtlich der Rechnungslegung – von aus dem genossenschaftlichen Revisionsrecht herrührenden Abweichungen abgesehen – gleichgestellt. Sie unterliegen den Vorschriften des UGB über Prüfung, Offenlegung, Veröffentlichung und Zwangsstrafen nach den §§ 268 bis 283 UGB. Sie haben daher ohnehin den Jahresabschluss zum Firmenbuch einzureichen. Für diese Fälle besteht kein wesentlicher Mehrwert in der Information über die Durchführung der Revision. Bei diesen soll daher künftig auf die Eintragung nach § 6 Abs. 1 Z 6 FBG verzichtet werden.

Diese Möglichkeit soll auch verbandszugehörigen kleinen Genossenschaften eingeräumt werden, denn bei diesen ist durch den Revisionsverband gewährleistet, dass die Revision zeitgerecht durchgeführt wird, ohne dass sich das Firmenbuchgericht darum kümmern muss.

Dagegen bleibt die ebenfalls in § 6 Abs. 1 Z 6 FBG vorgesehene Eintragung des Tages der Einreichung eines Mängelberichts weiterhin für alle Genossenschaften bestehen.

Zu Z 2 (§ 32):

Die Bestimmung regelt das Inkrafttreten.

Artikel 5

Änderung des Genossenschaftsinsolvenzgesetzes

Zu Z 1 bis 4 (§§ 1, 3):

Der Genossenschaft mit unbeschränkter Haftung kommt keine praktische Bedeutung mehr zu; künftig sollen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften nur noch mit beschränkter Haftung ihrer Mitglieder errichtet werden können (siehe Erläuterungen § 2 Abs. 1 GenG).

In § 1 Abs. 1 und 2 kann daher der Hinweis auf Genossenschaften mit unbeschränkter Haftung entfallen.

Auch die Verweise in § 3 Abs. 2 und Abs. 4 sind entsprechend anzupassen.

Zu Z 5 (§ 18):

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten.

Artikel 6

Änderung des Genossenschaftsverschmelzungsgesetzes

Zu Z 1 bis 3 (§§ 1, 8, 10):

In § 1 Abs. 1 GenVerschmG kann der Hinweis auf die Notwendigkeit der gleichen Haftungsart bei Verschmelzung zweier Genossenschaften entfallen.

Ebenso entfallen kann die Einschränkung auf Genossenschaften mit beschränkter Haftung in § 8 Abs. 2 Z 2 GenVerschmG sowie in § 10 Abs. 3 GenVerschmG, da es künftig nur noch Genossenschaften dieser Haftungsart geben wird.

Zu Z 4 (§ 18a):

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten.

Artikel 7

Änderung des Genossenschaftsspaltungsgesetzes

Zu Z 1 (§ 1 Abs. 3 erster Satz):

In § 1 Abs. 3 GenSpaltG kann bei Spaltung einer Genossenschaft das Erfordernis der gleichen Haftungsart der neuen bzw. übernehmenden und der übertragenden Genossenschaft entfallen.

Zu Z 2 (§ 2 Abs. 1 Z 4):

Nach § 2 Abs. 1 Z 4 GenSpaltG ist im Spaltungsplan darauf hinzuweisen, dass ein Aufgebotsverfahren gemäß § 33a Abs. 1 GenG unterbleiben kann. Ein Hinweis im Spaltungsplan ist jedoch nicht notwendig, wenn es zu keiner Kapitalherabsetzung kommt. Dies soll nun klargestellt werden.

Zu Z 3 (§ 7 Abs. 1):

Die in § 7 geregelte Vorbereitung der Beschlussfassung orientiert sich eng an § 7 SpaltG (ErläutRV 254 BlgNr 26. GP 4). Durch § 7 Abs. 1 zweiter Satz sollen die Mitglieder, die Gläubiger und der Betriebsrat in der spätestens einen Monat vor dem Tag der Beschlussfassung erscheinenden Veröffentlichung auf ihr Recht auf Erteilung einer kostenlosen Abschrift der wichtigsten Unterlagen hingewiesen werden, wie dies auch in § 7 SpaltG vorgesehen ist. Der Verweis auch auf § 7 Abs. 5 GenSpaltG, der die Auflegung von Unterlagen in der Generalversammlung regelt, beruht auf einem Redaktionsversehen und soll daher gestrichen werden.

Zu Z 4 (§ 8 Abs. 4):

§ 8 Abs. 4 GenSpaltG ist § 8 Abs. 4 SpaltG nachgebildet. Anders als nach § 8 Abs. 3 SpaltG sieht § 8 Abs. 3 GenSpaltG jedoch nicht die Möglichkeit vor, nachträgliche Zustimmungserklärungen von Gesellschaftern, die gegen den Beschluss gestimmt haben oder an der Abstimmung nicht beteiligt waren, zu berücksichtigen. Maßgeblich sind ausschließlich die in der Generalversammlung abgegebenen Stimmen, weshalb der versehentliche Hinweis auf Zustimmungserklärungen in § 8 Abs. 4 GenSpaltG entfallen kann.

Zu Z 5 (§ 25):

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten.

Artikel 8

Änderung des Unternehmensgesetzbuches

Zu Z 1 (§ 14):

Künftig sollen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften nur noch mit beschränkter Haftung ihrer Mitglieder errichtet werden können (siehe Erläuterungen § 2 Abs. 1 GenG). Der in § 14 Abs. 1 UGB vorgesehene Verweis auf die Art der Haftung in den Geschäftsbriefen und Bestellscheinen der Genossenschaft kann daher entfallen.

Zu Z 2 (§ 32):

Durch das Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz – ErwSchAG, BGB.l I Nr. 58/2018, wurde § 32 UGB dahingehend geändert, dass nach dem Gesetzeswortlaut der Genehmigungsvorbehalt (arg. ‚dieser‘) einzutragen ist (früher: der Sachwalter). Da aus dem Firmenbuch die Vertretungsverhältnisse unmittelbar ersichtlich sein sollen, sollte auch nach der neuen Rechtslage der bestellte Erwachsenenvertreter oder die bestellte Erwachsenenvertreterin namentlich eingetragen werden; dies ergibt sich auch bereits aus § 32 Abs. 3 UGB, der auch für den Fall des Abs. 1 eine Musterzeichnung der einzutragenden Person verlangt.

Zu Z 3 und 4 (§ 906):

Die in §§ 906 ff UGB enthaltenen Inkrafttretens- und sonstigen Schlussbestimmungen wurden direkt dem UGB angefügt und somit unsystematisch dem 11. Abschnitt (‚Verjährung‘) des Fünften Buchs (‚Seehandel‘) einverleibt. Dies soll durch Schaffung eines Sechsten Buchs (‚Schlussbestimmungen‘) bereinigt werden.

§ 906 Abs. 55 regelt das Inkrafttreten.“

 

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 18. Juni 2024 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Peter Haubner die Abgeordneten Dr. Elisabeth Götze, Mag. Philipp Schrangl, Dr. Harald Troch und Dr. Johannes Margreiter sowie die Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M..

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf einstimmig beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2024 06 18

                                 Peter Haubner                                                       Mag. Michaela Steinacker

                                  Berichterstattung                                                                           Obfrau