2641 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP
Bericht
des Ausschusses für innere Angelegenheiten
über die Regierungsvorlage (2562 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Serbien über die Zusammenarbeit beim Katastrophenschutz
Im Bereich der internationalen Katastrophenhilfe hat Österreich in den letzten Jahren mehrmals Unterstützung für Serbien geleistet. Österreich erachtet es als äußerst wichtig, diesen Themenbereich auf eine bilaterale gesetzliche Grundlage zu stellen. Durch den Abschluss eines Katastrophenhilfeabkommens mit Serbien entsteht eine Rechtsgrundlage für rasche und unbürokratische Hilfeleistung im Katastrophenfall. In der Vergangenheit bewährten sich derartige Abkommen sehr. Österreich hat bisher nicht nur mit allen Nachbarländern, außer Italien, sondern auch mit weiteren Staaten, wie etwa Albanien, Jordanien, Kroatien, Marokko, Moldau und der Russischen Föderation Abkommen über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen und schweren Unglücksfällen abgeschlossen. Daher liegt der Abschluss eines derartigen Abkommens auch mit Serbien im Interesse Österreichs, nicht zuletzt da Serbien ein wichtiger Partnerstaat Österreichs in der internationalen Zusammenarbeit ist.
Am 7. Oktober 2020 wurde die Zustimmung des Ministerrats zur Aufnahme von Verhandlungen mit Serbien (sh. Pkt. 7 des Beschl.Prot. Nr. 33) erteilt. Nach eingehender schriftlicher Korrespondenz und Überprüfung serbischer Änderungsvorschläge einigten sich beide Seiten im März 2021 auf den Abkommenstext. Die Unterzeichnung des Abkommens wurde am 14. April 2021 im Ministerrat genehmigt (sh. Pkt. 12 des Beschl.Prot. Nr. 55) und am 29. April 2021 in Belgrad durchgeführt.
Das Abkommen regelt die Zusammenarbeit der Republik Österreich und der Republik Serbien zur Vorbeugung möglicher und zur Bekämpfung eingetretener Katastrophen, insbesondere durch die Festlegung der Ansprechstellen, die Erleichterung des Grenzübertritts von Personen im Dienste der Katastrophenbekämpfung sowie der Ein- und Ausfuhr von Hilfsgütern und Ausrüstungsgegenständen, die Regelung von Schadensfällen, den grundsätzlichen Verzicht auf gegenseitige Kostenerstattung als auch die Verstärkung des einschlägigen wissenschaftlich-technischen Informationsaustausches und die Durchführung gemeinsamer Übungen zur Vorbereitung auf den Ernstfall.
Österreich und Serbien legen fest, dass die Hilfeleistung für den jeweils ersuchenden Staat kostenlos erfolgt. Ausgangspunkt für die Beurteilung der innerstaatlichen Kostenfrage ist die Tatsache, dass jede Hilfeleistung und jeder Einsatz grundsätzlich freiwillig erbracht wird (Art. 1). Dies gilt sowohl für die Zusage von Hilfeleistungen durch die zuständigen österreichischen Behörden gegenüber Serbien, als auch für die Bereitschaft österreichischer Stellen an einem Hilfseinsatz in Serbien mitzuwirken.
Die aus der Durchführung des Abkommens innerstaatlich entstehenden Kosten lassen sich in Hinblick auf die Unvorhersehbarkeit des Eintritts einer Katastrophe und des damit verbundenen Schadensausmaßes nicht beziffern. Soweit solche Kosten anfallen, sind sie aus dem veranschlagten Budget des jeweils zuständigen Ressorts zu decken.
Innerstaatlich zuständige und über geeignete Personal- und Sachressourcen verfügende Rechtsträger können auf Ersuchen des Bundesministers für Inneres österreichische Hilfskräfte zur Durchführung von Hilfsaktionen im Ausland zur Verfügung stellen. Einem Hilfeersuchen Serbiens wird der Bundesminister für Inneres nur dann entsprechen können, wenn seitens der maßgeblichen Trägerorganisationen (z. B. Feuerwehren und deren Verbände, Österreichisches Rotes Kreuz, Arbeiter-Samariterbund, Rettungsflugorganisationen) sowie der hierfür politisch und rechtlich Verantwortlichen die Bereitschaft besteht, diese Hilfeleistungen zu erbringen.
Für österreichische staatliche Stellen besteht somit keine rechtliche Möglichkeit, unmittelbar auf Grund dieses Abkommens andere Rechtsträger zur Teilnahme an Hilfseinsätzen zu verpflichten. Dies gilt insbesondere für die Beziehungen zwischen Bund und Ländern. Eine unmittelbare Entsendung von Hilfskräften durch den Bundesminister für Inneres ist nur in jenen Fällen möglich, in denen die entsendende Behörde auf Grund österreichischer Rechtsvorschriften über eigene Hilfskräfte verfügt. Die Zusage von Hilfeleistungen im konkreten Anlassfall setzt voraus, dass die Tragung der mit dem Hilfseinsatz verbundenen Kosten im Vorhinein geklärt wird.
Bei konkreten Rettungs- und Hilfsmaßnahmen, die wegen des freiwilligen Charakters auf Grund einer vorausgehenden ausdrücklichen politischen Entscheidung der in Art. 5 Abs. 1 genannten zuständigen Behörden erfolgen, ist in jedem Fall mit Kosten zu rechnen, deren Höhe je nach den zugrunde gelegten Szenarien variiert. In der hier erforderlichen politischen Entscheidung werden sich die zuständigen Behörden auch mit der Frage der Aufbringung notwendiger finanzieller Mittel auseinandersetzen müssen.
Für die Tragung der Kosten der auf österreichischem Staatsgebiet von serbischen Organisationen erbrachten Hilfseinsätze gilt der Kostentragungsgrundsatz gemäß § 2 F-VG 1948. Dies bedeutet, dass die auf Grund dieses Vertrages den Körperschaften erwachsenden Entschädigungs- oder Ersatzkosten sowie die Kosten bestimmter Unterstützungsleistungen (etwa gemäß Art. 14) von jener Gebietskörperschaft zu tragen sind, in deren Vollziehungsbereich die konkret gesetzte Maßnahme zur Bekämpfung der Katastrophe im Einzelfall fällt.
Das Abkommen hat folgende Regelungsschwerpunkte:
– Festlegung von zuständigen Behörden für die Stellung und Entgegennahme von Hilfeersuchen,
– Festlegung von Art und Umfang der Hilfeleistung im Einzelfall,
– Erleichterung des Grenzübertritts für Ausrüstungsgegenstände und Hilfsgüter,
– Einsatz von Luft- und Wasserfahrzeugen für Hilfseinsätze,
– Koordination und Gesamtleitung der Rettungs- und Hilfsmaßnahmen durch Behörden des Empfangsstaats,
– Regelung der Einsatzkosten,
– Regelung des Schadenersatzes und der Entschädigung,
– Ergreifung aller notwendigen Maßnahmen durch die zuständigen Behörden zur Gewährleistung sicherer Informations- und Kommunikationsverbindungen zu den Hilfsmannschaften am Einsatzort,
– demonstrative Aufzählung weiterer Formen zwischenstaatlicher Zusammenarbeit (etwa Experten- und Informationsaustausch).
Durch dieses Abkommen wird rasch und unbürokratisch Hilfeleistung ermöglicht. Dieses Prinzip gilt auch für den Ausgleich jener Schäden, die während eines Einsatzes rechtmäßig oder rechtswidrig zugefügt wurden. Ziel ist, Einsätze nicht durch langwierige, nachträgliche Abrechnungen zu erschweren. Vielmehr sollen freiwillige Helferinnen und Helfer, die für den ersuchenden Staat und dessen Angehörige Leib, Leben, Gesundheit und Arbeitsfähigkeit riskieren, vor Ansprüchen des Empfangsstaats oder Dritter geschützt werden (Art. 15).
Das Abkommen hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Abkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Abkommen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.
Der gegenständliche Staatsvertrag hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat.
Der Staatsvertrag hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG nicht erforderlich ist.
Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG ist erforderlich, da Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.
Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 19. Juni 2024 in Verhandlung genommen. Im Anschluss an die Berichterstattung ergriff der Berichterstatter Abgeordneter Andreas Minnich auch in der Debatte das Wort.
Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:
Der Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Serbien über die Zusammenarbeit beim Katastrophenschutz (2562 der Beilagen) wird gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG genehmigt.
Wien, 2024 06 19
Andreas Minnich Dr. Christian Stocker
Berichterstattung Obmann