2650 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP
Bericht
des Verkehrsausschusses
über die Regierungsvorlage (2501 der Beilagen): Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) betreffend den elektronischen Frachtbrief
Das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) betreffend den elektronischen Frachtbrief vom 20. Februar 2008 zielt darauf ab, die CMR (Abkürzung des französischen Titels Convention relative au contrat de transport international de marchandises par route) um die Möglichkeit der Ausstellung eines elektronischen Frachtbriefs zu ergänzen und regelt, welche Anforderungen zu erfüllen sind, damit ein elektronischer Frachtbrief dieselbe Beweiskraft hat und dieselben Wirkungen entfaltet, wie ein Frachtbrief in Papierform.
Bei der CMR handelt es sich um ein multilaterales völkerrechtliches Übereinkommen zur Vereinheitlichung der zivilrechtlichen Vorschriften im internationalen Straßengütertransport. Das Übereinkommen wurde 1956 in Genf abgeschlossen, von Österreich 1960 ratifiziert und ist 1961 in Kraft getreten (BGBl. Nr. 138/1961).
Nach Art. 4 der CMR wird der Beförderungsvertrag in einem Frachtbrief festgehalten. Zwar berührt das Fehlen oder die Mangelhaftigkeit eines Frachtbriefs weder den Bestand noch die Gültigkeit des Beförderungsvertrags, doch ist ein Frachtbrief Voraussetzung für das Erreichen bestimmter Rechtsfolgen nach der CMR (vgl. zB Art. 12 Abs. 1 iVm Abs. 5 lit. a, Art. 24, Art. 26 CMR). Beim CMR-Frachtbrief handelt es sich grundsätzlich um ein Papierdokument. Dies ergibt sich einerseits aus der Entstehungszeit des Übereinkommens (vgl. Jesser-Huß in MüKoHGB5, CMR Art. 5 Rz. 13) und andererseits aus einzelnen Bestimmungen der CMR. So werden in Art. 5 CMR drei zu unterzeichnende Ausfertigungen genannt, denen verschiedene Funktionen zukommen.
In der Transportpraxis erfolgte eine zunehmende Entwicklung weg von papiergebundenen Transportdokumenten hin zum elektronischen Datenaustausch (vgl. Jesser-Huß in MüKoHGB5, CMR Art. 5 Rz. 15). Dieser Umstand wurde bei der Konzeption bzw. Revision verschiedener transportrechtlicher Übereinkommen berücksichtigt. Um die Jahrtausendwende wurden daher für die Verkehrsträger Eisenbahn, Flugzeug und Binnenschiff in den einschlägigen internationalen Übereinkommen Bestimmungen (Art. 6 § 9 CIM, Art. 4 Abs. 2 MÜ, Art. 1 Nr. 8 CMNI) für den Einsatz elektronischer Frachtbriefe aufgenommen (vgl. Teutsch in Thume (Hrsg.), CMR-Kommentar3, Art. 5 Rz. 17).
Nachdem das Sekretariat der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) 2002 im Rahmen eines Vermerks (Anhang zum Dokument A/CN.9/WG.IV/WP.94, Abs. 86 bis 104) Bestimmungen der CMR identifiziert hatte, die der Verwendung elektronischer Kommunikationsmittel entgegenstehen, wurde nach Verhandlungen im Rahmen der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) im Jahr 2008 das Zusatzprotokoll betreffend den elektronischen Frachtbrief (die sogenannte „e-CMR“) abgeschlossen. Österreich hat das Zusatzprotokoll weder unterzeichnet noch ratifiziert. Gemäß seinem Art. 7 steht das Zusatzprotokoll Vertragsparteien der CMR, die Mitgliedstaaten der UNECE sind, zum Beitritt offen, wobei der Beitritt durch Hinterlegung einer Urkunde beim Generalsekretär der Vereinten Nationen erfolgt.
Die Akzeptanz des Zusatzprotokolls zeigt sich anhand von mittlerweile bereits 34 Vertragsstaaten (zum aktuellen Stand siehe https://treaties.un.org/pages/ViewDetails.aspx?src=TREATY&mtdsg_no=XI-B-11-b&chapter=11&clang=_en). Zu diesen gehören neben der überwiegenden Anzahl der Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch die Schweiz, das Vereinigte Königreich sowie eine Reihe von osteuropäischen und zentralasiatischen Staaten. Insgesamt haben bereits mehr als die Hälfte der CMR-Vertragsstaaten auch das Zusatzprotokoll ratifiziert bzw. sind diesem beigetreten.
Auch in Österreich wurde die Bedeutung des Zusatzprotokolls für die Transportwirtschaft von verschiedenen Akteuren bekräftigt und für eine Anpassung des geltenden Rechtsrahmens plädiert. Auf Unionsebene wurde zudem die Verordnung (EU) Nr. 2020/1056 über elektronische Frachtbeförderungsinformationen, ABl. Nr. L 249 vom 31.07.2020 S. 33 (im Folgenden: eFTI-VO), erlassen, die Behörden ab 30 Monate nach Inkrafttreten des ersten delegierten Rechtsakts oder Durchführungsrechtsakts (Art. 5 Abs. 1 eFTI-VO) dazu verpflichtet, über zertifizierte Plattformen übermittelte digitale Frachtdokumente der betroffenen Unternehmen zu akzeptieren.
Vor dem Hintergrund der fortschreitenden Digitalisierung und der Ziele der genannten Verordnung, Verwaltungsaufwand zu vermindern, Kosten einzusparen und negative Umwelteinflüsse zu verringern (dazu insbesondere ErwGr. 3 eFTI-VO), erscheint auch eine Anpassung der Rahmenbedingungen im Zivilrechtsbereich angezeigt, um nunmehr einen Gleichklang zwischen den Bereichen Unternehmer–Behörde und Unternehmer–Unternehmer herzustellen. Dies soll durch den Beitritt zum Zusatzprotokoll geschehen. Ein Festhalten an der bestehenden Rechtslage würde den durch die eFTI-VO verfolgten Zielen entgegenstehen.
Während der Einsatz elektronischer Frachtdokumente unter der aktuellen Rechtslage nur unter Inkaufnahme von Rechtsunsicherheit erfolgen kann, schaffen die Bestimmungen des Zusatzprotokolls einen Rahmen, der es Unternehmern ermöglicht, mit digitalen Dokumenten auf zivilrechtlicher Ebene dieselbe Beweiskraft und dieselben Wirkungen zu erreichen, wie dies mit papiergebundenen Frachtdokumenten der Fall ist. Dies trägt den Entwicklungen der Praxis Rechnung, bietet Unternehmern einen Anreiz dafür, freiwillig zusätzliche Prozesse zu digitalisieren und ermöglicht dadurch auch eine Einsparung von Papier.
Da diese Ziele durch einen Beitritt Österreichs zum Zusatzprotokoll vergleichsweise einfach erreicht werden können, sollte Österreich nunmehr seinen Beitritt erklären.
Der gegenständliche Staatsvertrag hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat.
Der Staatsvertrag hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG nicht erforderlich ist.
Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.
Der Staatsvertrag ist in englischer und französischer Sprache authentisch. Dem Nationalrat werden gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 3 B-VG die authentische englische und französische Sprachfassung sowie die Übersetzung in die deutsche Sprache vorgelegt.
Der Verkehrsausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 19. Juni 2024 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer der Abgeordnete Christian Hafenecker, MA sowie die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA und der Ausschussobmann Abgeordneter Alois Stöger, diplômé.
Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.
Der Verkehrsausschuss vertritt weiters einstimmig die Auffassung, dass die Bestimmungen des Staatsvertrages zur unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich ausreichend determiniert sind, sodass sich eine Beschlussfassung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:
Der Abschluss des Staatsvertrages: Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) betreffend den elektronischen Frachtbrief (2501 der Beilagen) wird gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG genehmigt.
Wien, 2024 06 19
Rebecca Kirchbaumer Alois Stöger, diplômé
Berichterstattung Obmann