2685 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP
Bericht
des Finanzausschusses
über den Antrag 4120/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bewertungsgesetz 1955, das Bodenschätzungsgesetz 1970 und das Grundsteuergesetz 1955 geändert werden
Die Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 13. Juni 2024 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:
Als Ergebnis aus dem ‚Bericht – Rollierende Bewertung gemäß § 20e BewG 1955‘ (Grundlage: Vortrag an den Ministerrat GZ: BMBW360.006/0003-V/5/2018fg, vom 23. Februar 2022), erarbeitet gemeinsam durch eine ExpertInnengruppe des BMF, BMK und BML, sollen die näheren Umstände des mit BGBl. I Nr. 45/2022 eingeführten ‚rollierenden Verfahrens‘ festgehalten werden. Das Verfahren zur Aktualisierung der Einheitswerte des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens für Stichtage ab 1. Jänner 2032 soll durch Anpassungen der betroffenen Gesetze nunmehr präzisiert werden. Zu diesem Zweck sollen in einer eigenständigen Anlage die jeweiligen Parameter (Indizes) genauer definiert werden.
Weiters soll nun die Aktualisierung der für die Bodenschätzung unterstellten klimatischen Verhältnisse, entsprechend den derzeitigen wissenschaftlichen Standards, in kürzeren Abständen aktualisiert werden.
Zu Artikel 1 (Änderung des Bewertungsgesetzes 1955)
Zu Z 1 (§ 20e):
Es soll rechtsverbindlich festgelegt werden, dass die Primärindizes und die Sekundärindizes sowie die für die Ermittlung der Indizes erforderlichen Daten jährlich im Bericht zur Entwicklung und Situation in der Landwirtschaft gemäß § 9 Landwirtschaftsgesetz 1992, dem ‚Grünen Bericht‘, ausgewiesen werden. Das erscheint deshalb sinnvoll, da Informationen rund um die Thematik ‚Einheitswert und davon abgeleitete Abgaben‘ schon derzeit im Grünen Bericht enthalten sind. Zur Sicherstellung eines nachhaltigen Vollzugs ist es jedoch erforderlich, zusätzlich bestimmte Auswertungen zu definieren und deren jährliche Ausweisung im Grünen Bericht festzulegen. Im Anschluss an die Veröffentlichung des Berichts soll durch den Bundesminister für Finanzen für die Primärindizes und die Sekundärindizes ein Durchschnitt der letzten 10 Jahre errechnet und diese binnen acht Wochen ab Vorlage des Grünen Berichts an den Nationalrat übermittelt werden. Liegen diese Durchschnittswerte sowohl beim Primär- als auch beim Sekundärindex mehr als 20 % über oder unter den bisherigen Wertverhältnissen, sollen diese anzupassen sein. Dies geschieht dadurch, dass die bisherigen Bewertungsgrundlagen für die betroffenen Unterarten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens außer Kraft treten und neu kundgemacht bzw. mit neuen Kundmachungen ergänzt werden müssen. Diese Neukundmachung ist eine Maßnahme, welche unter den derzeitigen § 43 zu subsumieren ist. Entsprechend dieser Bestimmung darf der Bundesminister für Finanzen erst dann eine rechtsverbindliche Entscheidung über neue Bewertungsgrundlagen treffen, wenn er über ausreichende Informationen verfügt, zu deren Gewinnung er zwingend den Bewertungsbeirat einzubeziehen hat (VfGH 11.12.1982, V 30/82 a.A).
Der Grüne Bericht ist gemäß § 9 Abs. 1 Landwirtschaftsgesetz 1992 bis 15. September des Folgejahres vorzulegen. Somit wird die Veröffentlichung der Durchschnittswerte in der ersten Novemberhälfte vorliegen. Um eine entsprechende Beratung und qualifizierte Vorbereitung zu ermöglichen, soll eine allenfalls erforderliche Neukundmachung der jeweiligen Bewertungsgrundlage erst im darauffolgenden Kalenderjahr erfolgen. Diese Neukundmachung hat bei Über- bzw. Unterschreitung des Abweichungsprozentsatzes in jedem Falle zu erfolgen. Für den Fall, dass die Beratungen im Bewertungsbeirat ergeben, dass einzelne Bewertungsgrundlagen (Richtlinien, Vergleichsbetriebe u.Ä.) unverändert bleiben können, sind diese dennoch (ganz oder zum Teil unverändert) kundzumachen. Sollten die Beratungen im Bewertungsbeirat ergeben, dass neue Richtlinien als Ergänzung erforderlich sind, sind auch diese kundzumachen. Mit der Neukundmachung im folgenden Kalenderjahr geht einher, dass ein neuer Einheitswertbescheid erst zu Beginn des zweifolgenden Jahres ergehen kann.
Dazu soll in Abs. 4 das Institut der Neufeststellung geschaffen werden. Diese Neufeststellung wirkt wie eine Hauptfeststellung, sie ist jedoch beschränkt auf die von der neu kundgemachten Bewertungsgrundlage betroffenen wirtschaftlichen Einheiten. Betroffen ist dabei jeweils die gesamte wirtschaftliche Einheit, auch wenn diese nur in Teilbereichen von der neu kundgemachten Bewertungsgrundlage betroffen ist.
Beispiel 1:
Eine wirtschaftliche Einheit besteht aus landwirtschaftlichem und weinbaulichem
Vermögen. Für das Weinbauvermögen ändern sich die
Bewertungsgrundlagen. Für die gesamte wirtschaftliche Einheit ergeht ein
Einheitswertbescheid, der auch das landwirtschaftliche Vermögen neu
feststellt. Dabei wird das Weinbauvermögen anhand der neuen
Bewertungsgrundlagen festgestellt, während für das
landwirtschaftliche Vermögen die unveränderten Bewertungsgrundlagen
gelten. Es besteht jedoch die Möglichkeit Veränderungen
tatsächlicher Verhältnisse zu berücksichtigen, die im Rahmen
einer Wertfort-schreibung mangels Überschreiten der
Wertfortschreibungsgrenzen nicht berücksichtigt werden könnten.
Beispiel 2:
In dem am 15. September 2032 dem Nationalrat übermittelten
Grünen Bericht betreffend das Jahr 2031 werden für das
landwirtschaftliche Vermögen der Nettobetriebsüberschuss und für
das Weinbauvermögen der Beitrag der Einkünfte aus dem
Weinbauvermögen ausgewiesen. Der errechnete 5-Jahres-Durchschnitt dieser
Parameter ergibt, dass im Vergleich zum Bezugszeitpunkt
01. Jänner 2023 eine Abweichung von jeweils 21% vorliegt. Der
Bundesminister für Finanzen hat für das Weinbauvermögen neue
Bewertungsgrundlagen zum 1.1.2034 rechtsverbindlich kundzumachen. Für
diese findet das Verfahren gemäß §§ 43 und 44 Anwendung
und der Bewertungsbeirat ist einzuberufen und hat zu beraten. Für alle
Betriebe, deren Einheitsbescheid auch Elemente des Weinbauvermögens
enthalten, wird zum 1. Jänner 2034 ein neuer Einheitswertbescheid
erstellt und übermittelt (=Neufeststellung). Für diese
Neufeststellung gibt es keine Bagatellgrenzen, eine Neufeststellung erfolgt
selbst dann, wenn sich für den konkreten Betrieb gar keine
wertmäßige Änderung des Einheitswertes ergibt.
Zu Z 2, 3 und 5 (§§ 22, 23 und 44):
Nachdem in § 20e Abs. 4 die Neufeststellung eingeführt wird, die eine Wirkung wie eine Hauptfeststellung hat bzw. an deren Stelle tritt, ist es erforderlich, die entsprechenden Bezugnahmen anzupassen.
Zu Z 4 (§ 41 Abs. 1 und 4):
Hinsichtlich der Mitglieder des Bewertungsbeirates sollen auch fachkundige Mitglieder anerkannter Forschungsstellen durch die Universitäten Konferenz (beispielsweise der Universität für Bodenkultur oder einer Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft) sowie die Statistik Austria namhaft gemacht werden müssen. Zusätzlich soll die bisher in der Geschäftsordnung geregelte Praxis, wonach der Vorsitzende ermächtigt wird, zu einzelnen Beratungsgegenständen temporär Experten beizuziehen, gesetzlich verankert und auch erweitert werden. Demnach soll es nicht mehr im Ermessen des Vorsitzenden stehen in bestimmten Fällen Experten beizuziehen, sondern er soll vielmehr dazu verpflichtet sein, wenn die in der neuen Ziffer 4 genannten Experten temporär nicht dem Bewertungsbeirat angehören.
Eine Besonderheit besteht bei Überschreitung des Index gemäß § 20e. Sobald aufgrund der zeitgleichen Überschreitung zumindest eines Primärindex und zumindest eines entsprechenden Sekundärindex Neufeststellungen notwendig werden, ist auch eine Aktualisierung der maßgebenden Bewertungsgrundlagen erforderlich. Dies sind jedoch Maßnahmen, zu denen gemäß § 43 vorher der Bewertungsbeirat zu hören ist. Um den Mitgliedern des Bewertungsbeirates auch die Daten, welche die Veränderungen der Ertragsfähigkeit ausdrücken, zugängig zu machen, sollen bei Beratungen über die Aktualisierung der Bewertungsgrundlagen temporär Personen beigezogen werden, welche über entsprechende Expertise verfügen. Es sollen dies diejenigen Personen sein, die mit der Erstellung des Grünen Bericht und der darin ausgewiesenen Daten vertraut sind. Diese Personen sollen den Beiratsmitgliedern diese Daten sowie weitere, im Gesetz aufgezählten Detailauswertungen erläutern und auch zur Verfügung stellen. Hinsichtlich der Datenweitergabe soll diese Bestimmung einerseits die gemäß Datenschutzgrundverordnung notwendige gesetzliche Ermächtigung sein und anderseits eine lex specialis gegenüber den in anderen Gesetzen allfällig enthaltenen Beschränkungen einer Informations- und Datenweitergabe darstellen.
Zu Z 6,7 und 8 (§ 47 Abs. 1, § 48 Abs. 6 und §49 Abs. 4):
Parallel zur landwirtschaftlichen Abteilung des Bewertungsbeirates soll auch in der forstwirtschaftlichen Abteilung, der Weinbauabteilung und der gärtnerischen Abteilung eine bestimmte Anzahl von fachkundigen Mitgliedern in Vorschlag gebracht werden.
Zu Z 9 (§ 86 Abs. 20 und 21):
In der Inkrafttretensbestimmung soll klargestellt werden, dass der Anwendungsbereich der Präzisierung des ‚rollierenden Verfahrens‘ zum 1. Jänner 2032 anwendbar werden soll. Die Ausweisung der Parameter im Grünen Bericht soll jedoch schon früher erfolgen, sodass zum 1. Jänner 2032 eine entsprechende Datengrundlage zur Verfügung steht. Da dafür die Sicherstellung der Datengrundlage erforderlich ist, soll die erste Ausweisung der in der Anlage festgelegten Parameter erst im Jahre 2027 erfolgen. Damit würde für den 1. Jänner 2032 zumindest ein fünfjähriger Durchschnitt vorliegen. Die Übergangsbestimmung sieht außerdem vor, dass bis zum Vorliegen einer zehnjährigen Datenreihe ein entsprechend kürzerer Betrachtungszeitraum zur Anwendung gelangt.
Betreffend die Zusammensetzung des Bewertungsbeirates soll sichergestellt werden, dass kein Mitglied aufgrund dieses Bundesgesetzes aus dem Bewertungsbeirat ausscheidet. Somit ist auch gesetzlich klargestellt, dass der Beirat in seiner Zusammensetzung im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes jederzeit arbeitsfähig ist. Ergänzend soll lediglich der Vorsitzende verpflichtet werden, dass solange Experten, welche Angehörige einer anerkannten Forschungsstelle noch nicht dauerhaft ernannt sind, derartige Personen zu rechtsgültigen Beratungen zwingend beizuziehen sind.
Zu Z 10 (Anlage zu § 20e Abs. 2):
Die Untergliederung der angeführten Indizes orientiert sich an den Unterarten des land-und forstwirtschaftlichen Vermögens gemäß § 29. Die darin genannten Größen (Nettobetriebsüberschuss bzw. Produktionswert) sind nach dem jeweiligen ‚Stand der Technik‘ zu verstehen. Dieser wird durch die maßgebenden Statistikverordnungen der Europäischen Union (z.B. zu landwirtschaftlichen Gesamtrechnung in der Gemeinschaft) in der jeweils gültigen Fassung repräsentiert. Gleichzeitig normiert die Anlage die Verpflichtung im Grünen Bericht diese Daten auszuweisen. Diese werden derzeit aus freiwillig buchführenden Betrieben gewonnen, die in einer statistisch validen Anzahl im Verhältnis zu den Gesamtbetrieben stehen muss. § 9 Abs. 4 Landwirtschaftsgesetz sind diese in einer repräsentativen Auswahl und Gruppierung zusammenzustellen und sollen 2 % der vom durch den Standardoutput definierten Auswahlrahmen erfassten Betriebe nicht unterschreiten. Das sind derzeit jeweils um die 100 Testbetriebe pro Sparte. Soweit es in einer Sparte nur eine geringe Anzahl von Gesamtbetrieben gibt, kann mit weniger als 100 Testbetrieben, die jedoch mehr als 2% der Gesamtbetriebe ausmachen müssen, das Auslangen gefunden werden.
Zu Artikel 2 (Änderung des Bodenschätzungsgesetzes 1970)
Zu Z 1 (§ 2 Abs. 3a):
Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft wird in der Klimawissenschaft derzeit von Zeitabschnitten zwischen 10 und 15 Jahren ausgegangen, in welchem klimatologische Verhältnisse evaluiert werden sollten, wenn Klimadaten aufgrund des Klimawandels aktuell bleiben sollen. In Abwägung einer erforderlichen Aktualität einerseits und einem damit im Zusammenhang stehenden vernünftigen Verwaltungsaufwand, soll für Überprüfung der klimatischen Verhältnisse die obere Grenze, nämlich ein 15-jähriger Zyklus normiert werden. Damit wird innerhalb des 30-jährigen Überprüfungszeitraumes der Musterstücke, der Grundlagen der Bodenschätzung, ein verkürzte und nur auf die klimatischen Verhältnisse beschränkten Zwischenüberprüfung eingeschoben. Die aktualisierten Werte sollen sodann im Zuge einer bundesweiten Auflage auf all jene landwirtschaftlich genutzten Flächen umgelegt werden, die keine Musterstücke sind. Nachdem aufgrund der geltenden Rechtslage (§ 2 Abs. 5 BoSchätzG) eine Aktualisierung der für die Bodenschätzung relevanten klimatischen Verhältnisse im Jahr 2027 vorgesehen ist, würde diese Neuregelung erstmals im Jahr 2042 schlagend. Vorbereitungsarbeiten werden zwei bis drei Jahre vorher beginnen müssen.
Zu Z 2 und 3 (§ 4 Abs. 1 und § 17 Abs. 13):
Gleichlautend mit Bewertungsbeirat soll auch im Bundesschätzungsbeirat sichergestellt werden, dass diesem auch Angehörige einer anerkannten Forschungsstelle angehören. Dabei soll ebenso kein Mitglied aus dem Beirat ausscheiden müssen, jedoch soll der Vorsitzende verpflichtet werden, Angehörige einer anerkannten Forschungsstelle solange als ‚temporäre Experten‘ beizuziehen, solange diese nicht dauerhaft ernannt sind oder ernannt werden können.
Zu Artikel 3 (Änderung des Grundsteuergesetzes 1955)
Für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen soll an die Stelle einer Hauptfeststellung eine Neufeststellung treten. Eine solche Neufeststellung findet allerdings nur für jene Betriebe statt, die aufgrund der allgemeinen Darstellungen im Grünen Bericht auch von nachhaltigen und wesentlichen Veränderungen der Ertragsfähigkeit betroffen sind. Dies hat jedoch zur Folge, dass dann hinsichtlich der Festsetzung der Grundsteuer dann so wie bei einer Hauptfeststellung vorzugehen ist. Die Änderungen im Grundsteuergesetz sollen dem Rechnung tragen.“
Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 27. Juni 2024 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Ing. Klaus Lindinger, BSc die Abgeordneten Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Maximilian Linder, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Maximilian Lercher und Mag. Gerhard Kaniak sowie der Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.
Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, G, dagegen: S, F, N) beschlossen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2024 06 27
Ing. Klaus Lindinger, BSc Karlheinz Kopf
Berichterstattung Obmann