2691 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über die Regierungsvorlage (2591 der Beilagen): Übereinkommen (Nr. 190) über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt und

über den Antrag 2665/A(E) der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend der Ratifizierung der ILO Konvention 190 gegen Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt

Regierungsvorlage 2591 der Beilagen

Das Übereinkommen (Nr. 190) über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt, 2019, hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Übereinkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Übereinkommen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Das Übereinkommen (Nr. 190) über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt, 2019, zielt auf die Verhinderung und Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt ab. Konkret verlangt es etwa ein gesetzliches Verbot von Gewalt und Belästigung, die Annahme einer umfassenden Strategie, um Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt und Belästigung umzusetzen, Sanktionen und die Einrichtung von oder Stärkung bestehender Durchsetzungs- und Überwachungsmechanismen. Auch sollen Opfer Zugang zu Abhilfemaßnahmen und zur Unterstützung haben sowie wirksame Vorkehrungen für die Aufsicht und Untersuchung in Fällen von Gewalt und Belästigung, durch Arbeitsaufsichtsbehörden oder andere zuständige Stellen, sichergestellt werden. Das Übereinkommen schützt alle Personen, die einer Beschäftigung nachgehen, unter anderem auch Freiwillige, Praktikantinnen bzw. Praktikanten, jedoch auch Arbeitssuchende oder Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber als natürliche Personen. Es gilt für alle Orte, an denen Arbeit verrichtet wird, und darüber hinaus beispielsweise auch für Orte, an denen Pausen abgehalten oder Ausbildungen und arbeitsbezogene gesellschaftliche Aktivitäten stattfinden, weiters in zur Verfügung gestellten Unterkünften sowie auf dem Weg zur und von der Arbeit. Zudem umfasst das Übereinkommen Gewalt und Belästigung, die im Zusammenhang mit Dritten vorkommen können.

Die Empfehlung (Nr. 206) betreffend die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt, 2019, schlägt weitere, jene des Übereinkommens ergänzende Maßnahmen in den Bereichen Schutz und Prävention, Durchsetzung, Abhilfemaßnahmen und Unterstützung sowie Leitlinien, Schulungen und Sensibilisierung vor.

Auf Grund von Art. 5 Abs. 1 lit. b des von Österreich ratifizierten IAO-Übereinkommens (Nr. 144) über dreigliedrige Beratungen zur Förderung der Durchführung internationaler Arbeitsnormen, 1976 (BGBl. Nr. 238/1979) sind die Vorschläge im Zusammenhang mit der Vorlage von IAO-Übereinkommen und IAO-Empfehlungen mit den maßgebenden Verbänden der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu beraten.

Die Präsidentinnen und Präsidenten der Bundesarbeitskammer, des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, der Wirtschaftskammer Österreich sowie der Landwirtschaftskammer Österreich befürworteten in einem gemeinsamen Brief vom 2. März 2023 die Ratifikation des gegenständlichen Übereinkommens. Die Industriellenvereinigung befürwortete die Ratifikation nicht.

Die Konformität mit EU-Recht ist gegeben. Am 25. März 2024 wurde ein Beschluss des Rates der Europäischen Union angenommen, der die EU-Mitgliedsstaaten einlädt, das Übereinkommen zu ratifizieren.

Eine Gegenüberstellung mit der nationalen Rechtslage und Praxis zeigt, dass auf nationaler Ebene kein Anpassungsbedarf besteht; auch gibt es zu den wesentlichen Vorschlägen der Empfehlung entsprechende Umsetzungsmaßnahmen.

Der gegenständliche Staatsvertrag hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat.

Der Staatsvertrag hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich nicht zugänglich, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG erforderlich ist.

Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG ist erforderlich, da Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.

Antrag 2665/A(E)

Die Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 23. Juni 2022 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Weltweit, aber auch in Österreich werden Arbeitnehmer*innen belästigt, beleidigt, gedemütigt, bespuckt, beschimpft, tätlich angegriffen, gemobbt, bedroht oder erpresst. Die Lage hat sich während der Corona-Pandemie weiter verschärft, insbesondere in den systemrelevanten Berufen, wie etwa für Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegebereich, im Lebensmitteleinzelhandel und im Transportwesen.

Im Juni 2019 wurde erstmals das internationale Recht auf eine Arbeitswelt ohne Gewalt und Belästigung verankert. Das Übereinkommen Nr. 190 und die damit zusammenhängende Empfehlung Nr. 206 wurde auf der Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) beschlossen.

Abhängig Beschäftigte unabhängig von ihrem Vertragsstatus, Praktikant*innen und Arbeitssuchende sollen während der Arbeit, aber auch in Umkleideeinrichtungen und auf dem Arbeitsweg geschützt werden.

Das ILO-Übereinkommen Nr. 190 sieht eine Reihe an Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten vor, die es ratifiziert haben. Die Mitgliedstaaten müssen ein gesetzliches Verbot von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt in ihrer Rechtsordnung festschreiben. Sie müssen außerdem eine umfassende Strategie zu deren Verhinderung und Bekämpfung umsetzen. Auch eine Unterstützung der Betroffenen für den Zugang zu Gerichten muss vorgesehen werden. Darüber hinaus müssen Leitlinien, Ressourcen und Schulungen bereitgestellt und Sensibilisierungskampagnen durchgeführt werden.

Arbeitgeber müssen Verantwortung dafür übernehmen, ihre Beschäftigten vor Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt zu schützen und diese zu verhindern. In Beratung mit den Arbeitnehmer*innen und ihren Vertreter*innen sollen Arbeitgeber*innen Regelungen im Zusammenhang mit Gewalt und Belästigung annehmen und umsetzen.

Das Übereinkommen muss durch die Staaten ratifiziert werden, um für sie völkerrechtlich verbindlich zu werden.

Bis dato haben 13 Mitgliedstaaten der ILO das Übereinkommen Nr. 190 ratifiziert, darunter Griechenland, Italien und Großbritannien. In Deutschland ist die Ratifikation Teil des Koalitionsvertrages. Außerhalb Europas haben etwa bereits Somalia und Namibia das Übereinkommen ratifiziert.

Österreich hat auf der ILO-Konferenz 2019 für dieses Übereinkommen gestimmt, seitdem aber keine weiteren Schritte unternommen.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Staatsvertrag in 2591 der Beilagen und den Entschließungsantrag 2665/A(E) in seiner Sitzung am 27. Juni 2024 unter einem erstmals in Verhandlung genommen.

Als Berichterstatterin für den Staatsvertrag in 2591 der Beilagen fungierte die Abgeordnete Bettina Zopf.

Als Berichterstatterin für den Entschließungsantrag 2665/A(E) fungierte die Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek.

An der sich daran anschließenden Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Bettina Zopf, Gabriele Heinisch-Hosek, Mag. Gerald Loacker und Mag. Markus Koza sowie der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher.

 

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales vertritt weiters einstimmig die Auffassung, dass dieser Staatsvertrag der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich nicht zugänglich ist und daher eine Beschlussfassung des Nationalrates im Sinne des Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG erforderlich ist.

 

Der Entschließungsantrag 2665/A(E) gilt als miterledigt.

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Bettina Zopf gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

1.     Der Abschluss des Staatsvertrages: Übereinkommen (Nr. 190) über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt (2591 der Beilagen) wird gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG genehmigt.

2.     Dieser Staatsvertrag ist im Sinne des Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen.

Wien, 2024 06 27

                                   Bettina Zopf                                                                   Josef Muchitsch

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann