383 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten

über die Regierungsvorlage (360 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Kennzeichnung von Schusswaffen und wesentlichen Bestandteilen von Schusswaffen (Schusswaffenkennzeichnungsgesetz – SchKG) erlassen und das EU­Polizeikooperationsgesetz geändert wird

1. Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Mit dieser Novelle sollen das Schusswaffenkennzeichnungsgesetz (SchKG) erlassen sowie das EU­Polizeikooperationsgesetz (EU-PolKG) geändert werden.

Durch die vom Rat und Europäischen Parlament beschlossene Richtlinie (EU) 2017/853 zur Änderung der Richtlinie 91/477/EWG über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen, ABl. Nr. L 137 vom 24.05.2017 S. 22 (im Folgenden: Waffenrichtlinie), ergeben sich nicht bloß weitgehende Änderungen in Bezug auf die Kategorisierung von Schusswaffen, sondern auch eine umfassende Kennzeichnungspflicht von Schusswaffen und wesentlichen Bestandteilen von Schusswaffen. Erklärtes Ziel der Waffenrichtlinie ist es, die missbräuchliche Verwendung von Schusswaffen für kriminelle Zwecke zu bekämpfen (vgl. ErwGr 6). Die gemäß Art. 4 vorzusehende Pflicht zur lesbaren, dauerhaften und eindeutigen Kennzeichnung, die eine Nachverfolgung von Schusswaffen und wesentlichen Bestandteilen von Schusswaffen bis zu ihrem Hersteller oder Importeur zulässt, ist ein adäquates Mittel zur Erreichung dieses Ziels.

Mit dem neuen SchKG sollen in Artikel 1 entsprechend den Vorgaben der Waffenrichtlinie zum einen die zur Kennzeichnung verpflichteten Akteure, der Zeitpunkt, zu dem die Kennzeichnung spätestens vorgenommen werden soll sowie der notwendige Inhalt der Kennzeichnung von Schusswaffen und wesentlichen Bestandteilen vorgesehen werden. Zum anderen soll die Möglichkeit geschaffen werden, die Kennzeichnung von Schusswaffen und wesentlichen Bestandteilen von Schusswaffen gegen angemessenes Entgelt von einem hierfür qualifizierten Gewerbetreibenden durchführen zu lassen.

Um den Eingriff in bestehende Rechtspositionen möglichst gering zu halten, wurde ein umfassendes Übergangsregime geschaffen. Die Kennzeichnungsvorgaben im Sinne des SchKG für Schusswaffen oder wesentliche Bestandteile, die zwischen dem 14. September 2018 und dem Inkrafttreten des SchKG in das Bundesgebiet eingeführt, verbracht oder im Bundesgebiet hergestellt wurden, sollen als erfüllt gelten, sofern sie den Bestimmungen des Übereinkommens über die gegenseitige Anerkennung von Beschusszeichen für Handfeuerwaffen vom 1. Juli 1969 (C.I.P.-Übereinkommen) entsprechen. Schusswaffen oder wesentliche Bestandteile, die bereits vor dem 14. September 2018 im Besitz von Endverbrauchern standen, sollen – abgesehen von einer Weitergabe gemäß § 1 Abs. 2 letzter Satz SchKG – keiner Kennzeichnungspflicht unterliegen. Entsprechendes soll auch für Waffenhändler gelten, die Schusswaffen oder wesentliche Bestandteile bereits vor 14. September 2018 im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit im Lagerbestand vorrätig und im Waffenhandelsbuch eingetragen haben sowie diese nach Inkrafttreten des SchKG in Verkehr bringen. Im Ergebnis wird eine Kennzeichnungspflicht für Endverbraucher für Schusswaffen oder wesentlichen Bestandteile in der Regel nur dann entstehen, wenn diese nach Inkrafttreten des SchKG aus einem Drittstaat in das Bundesgebiet eingeführt werden.

Die konkreten technischen Anforderungen, die durch die Durchführungsrichtlinie (EU) 2019/68 zur Festlegung technischer Spezifikationen für die Kennzeichnung von Feuerwaffen und deren wesentlichen Bestandteilen gemäß der Richtlinie 91/477/EWG des Rates über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen, ABl. Nr. L 15 vom 17.01.2019 S. 18 (im Folgenden: Durchführungsrichtlinie), festgelegt wurden, sollen in der korrespondierenden Schusswaffenkennzeichnungsverordnung (SchKV) Eingang finden. Die hierfür erforderliche Verordnungsermächtigung des Bundesministers für Inneres soll im vorgeschlagenen Entwurf geschaffen werden.

Zur besseren Lesbarkeit und im Einklang mit der Formulierung in § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 sowie § 3 Abs. 1 Z 1 sollen sämtliche Ausführungen in den erläuternden Bemerkungen, die die Europäische Union bzw. deren Mitgliedstaaten betreffen, auch die Vertragsstaaten des EWR und die Schweiz umfassen.

In Artikel 2 (Änderung des EU-Polizeikooperationsgesetzes) des vorliegenden Entwurfs sollen durch die Novellierung des EU-PolKG die notwendigen legistischen Anpassungen aufgrund der Verordnung (EU) 2019/1896 über die Europäische Grenz- und Küstenwache und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 1052/2013 und (EU) 2016/1624, ABl. Nr. L 295/1 vom 14.11.2019 S. 1, (im Folgenden Frontex-VO) vorgenommen werden.

Bereits vor Inkrafttreten der Frontex-VO wurden zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Durchführung von Grenzkontroll- und Rückkehraufgaben Teammitglieder gemäß der zuvor in Kraft befindlichen Verordnung (EU) 2016/1624 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. September 2016 über die Europäische Grenz- und Küstenwache und zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 863/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates und der Entscheidung des Rates 2005/267/EG (im Folgenden Verordnung (EU) 2016/1624) eingesetzt. Bei diesen Teammitgliedern handelte es sich um Mitglieder der europäischen Grenz- und Küstenwacheteams, welche sich aus Grenzschutzbeamten und sonstigen Fachkräften der teilnehmenden Mitgliedstaaten – somit um Personal, welches von den teilnehmenden Mitgliedstaaten an die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache (im Folgenden Frontex) entsendet bzw. abgeordnet wurde – zusammensetzten. Sofern für die vorgesehenen Aufgaben und Befugnisse auch die Ausübung von Exekutivbefugnissen erforderlich waren, handelte es sich bei dem entsendeten Personal um Organe von Sicherheitsbehörden der Mitgliedstaaten, welchen entsprechende Exekutivbefugnisse zukamen. Diese Teammitglieder unterliegen als Organe von Sicherheitsbehörden anderer Mitgliedstaaten im Zuge eines Einsatzes innerhalb des Bundesgebiets Österreichs dem Anwendungsbereich des EU-PolKG.

Durch die Frontex-VO wird Frontex nunmehr mit eigenem Personal, dem sogenannten Statutspersonal, ausgestattet. Dabei handelt es sich um unmittelbar von Frontex beschäftigtes Personal, welches künftig ab 1. Jänner 2021 auch als Teammitglieder für eine gemeinsame Aktion (sogenannte „Joint Operations“) im Sinne der Frontex-VO in einem Mitgliedstaat eingesetzt werden soll. Da das Statutspersonal jedoch derzeit nicht vom Anwendungsbereich des EU-PolKG erfasst ist, da es sich nicht um Organe von Sicherheitsbehörden anderer Mitgliedstaaten handelt, sind zur Gewährleistung der in der Frontex-VO enthaltenen Vorgaben die erforderlichen Adaptierungen vorzunehmen.

2. Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung eines diesem Entwurf entsprechenden Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 7 („Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit“; „Waffen-, Munitions- und Sprengmittelwesen, Schießwesen“) B-VG.

 

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 1. Oktober 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Hermann Gahr die Abgeordneten Ing. Reinhold Einwallner, Dietmar Keck, Mag. Hannes Amesbauer, BA sowie der Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, G, N, dagegen: F) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (360 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2020 10 01

                                 Hermann Gahr                                                               Karl Mahrer, BA

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann