386 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten

über den Antrag 577/A(E) der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schluss mit dem diskriminierenden Erlass gegen intergeschlechtliche Menschen

Die Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 28. Mai 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention schützt die ‚geschlechtliche Identität und Selbstbestimmung‘ und ‚insbesondere Menschen mit alternativer Geschlechtsidentität vor einer fremdbestimmten Geschlechtszuweisung‘. Bezugnehmend auf diese zentrale internationale Verpflichtung hat der österreichische Verfassungsgerichtshof am 15. Juni 2018 in seinem Erkenntnis (G77/2017) entschieden, dass Menschen ein Recht auf adäquate Bezeichnung im Personenstandsregister haben. Dabei wurde insbesondere festgehalten, dass die eigenständige geschlechtliche Identität von intergeschlechtlichen Personen anzuerkennen ist. Sie sind vor einer fremdbestimmten Geschlechtszuweisung zu schützen. Anstelle einer Umsetzung des VfGH-Erkenntnisses wurden intergeschlechtliche Personen von der damaligen ÖVP-FPÖ-Regierung jedoch weiter diskriminiert. Aufgrund eines Erlasses des damaligen Innenministers Kickl vom 20.12.2018 darf der dritte Geschlechtseintrag nur erfolgen, wenn medizinische VdG-Boards (VdG = Variante der Geschlechtsentwicklung) das bestätigten. Dieser Schritt wurde entgegen aller Forderungen nach einem barrierefreien Zugang zum dritten Geschlechtseintrag gesetzt und wirkt gegen intergeschlechtliche Personen erneut pathologisierend, phänomenisierend und retraumatisierend.

Doch auch heute, zwei Jahre später, verteidigt Innenminister Nehammer weiter den diskriminierenden Kickl-Erlass gegen intergeschlechtliche Menschen und schreibt diesen unhaltbaren Zustand weiter fort. Den Betroffenen und dem österreichischen Rechtsstaat ist dieses Vorgehen nicht weiter zumutbar.

Innenminister Nehammer ist daher dringend aufgefordert, diesen Erlass aufzuheben und endlich einen rechtssicheren, dem VfGH Erkenntnis entsprechenden Rechtszugang zum Geschlechtseintrag ‚inter/divers‘ zu ermöglichen. Der Geschlechtseintrag muss sich auch in Österreich nach der gelebten Realität der einzelnen Menschen richten – egal, ob diese männlich, weiblich oder ‚inter/divers‘ sind. Die türkis-grüne Regierung muss diese Diskriminierungen umgehend beseitigen. Es geht dabei um Selbstbestimmung für intergeschlechtliche Menschen. Ihnen steht dieses Recht zu und es muss schnellstens umgesetzt werden!“

 

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 1. Oktober 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Sabine Schatz die Abgeordneten Ing. Josef Hechenberger,
Mag. Georg Bürstmayr sowie der Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Stimmenmehrheit
(für den Antrag: S, N, dagegen: V, F, G).


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2020 10 01

                                  Sabine Schatz                                                                 Karl Mahrer, BA

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann