389 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Menschenrechte

über den Antrag 901/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Initiativen der Bundesregierung auf EU-Ebene zur Erhöhung des niedrigen Strafmündigkeitsalters in zahlreichen Staaten außerhalb Europas

Die Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 23. September 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

Laut einer kürzlich veröffentlichten globalen Studie über Kinder in Unfreiheit sind weltweit mehr als 7 Millionen Kinder ihrer persönlichen Freiheit beraubt: in Straf-, Untersuchungs-, Polizei- oder Schubhaft befinden sich Kinder in Unfreiheit.

Die UN-Kinderrechtskonvention lässt den Freiheitsentzug bei Kindern nur als letztes Mittel zu, wenn alle Alternativen ausgeschöpft sind. Laut Artikel 37 darf ‚Festnahme, Freiheitsentziehung oder Freiheitsstrafe [...] bei einem Kind im Einklang mit dem Gesetz nur als letztes Mittel und für die kürzeste angemessene Zeit angewendet werden‘.

Die Mitgliedstaaten der UN-Kinderrechtskonvention verpflichten sich außerdem unter Artikel 40 Paragraf 3, eigene spezifisch für Kinder eingerichtete Verfahren und Einrichtungen zu schaffen sowie ein Mindestalter festzulegen, ‚das ein Kind erreicht haben muss, um als strafmündig angesehen zu werden‘.

In der Allgemeinen Anmerkung Nr. 24, eine Auslegung der UN-Kinderrechtskonvention, gab der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes die Empfehlung an die Mitgliedsstaaten ab, als Mindestalter für die Strafmündigkeit eine nicht unter dem vollendeten 14. Lebensjahr liegende Altersgrenze festzulegen.[1]

Eine niedrigere Altersgrenze ist nach Auffassung des Ausschusses nicht vertretbar. Hingegen werden Staaten dazu ermutigt, eine Altersgrenze festzulegen, die höher als 14 Jahre ist. Obwohl 196 Staaten weltweit die UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert haben, liegt das Strafmündigkeitsalter in vielen Staaten immer noch deutlich unter dem international vertretbaren Alter von 14 Jahren, wie etwa in Kuwait, Thailand oder Nigeria.

Im Rahmen seiner Initiativen im VN-Menschenrechtsrat und der VN-Generalversammlung tritt Österreich für die Stärkung der Menschenrechte im Bereich der Justiz und des Strafvollzugs ein. Österreich hat sein Engagement im Rahmen der überregionalen Zusammenarbeit als Mitglied des VN-Menschenrechtsrates 2019 bis 2021 weiter verstärkt. In den Verhandlungen über die von Österreich eingebrachten Resolutionsinitiativen wird auch regelmäßig die Problematik des Strafmündigkeitsalters thematisiert. Österreich wird seine diesbezüglichen Bemühungen auch bei der 75. VN-Generalversammlung im Herbst 2020 fortsetzen.

Angesichts der Tatsache, dass das niedrige Strafmündigkeitsalter in zahlreichen Staaten trotz Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention deutlich unter der aus menschenrechtlicher Sicht vertretbaren Altersgrenze liegt, sind konkrete Schritte gefordert.

 

Der Ausschuss für Menschenrechte hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 1. Oktober 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler die Abgeordneten Barbara Neßler, Petra Bayr, MA MLS, Mag. Agnes Sirkka Prammer und Mag. Christian Drobits.

 

Bei der Abstimmung wurde der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen mit Stimmenmehrheit (für den Antrag: V, S, G, N, dagegen: F) beschlossen.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Menschenrechte somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2020 10 01

                             Dr. Gudrun Kugler                                                   Dr. Nikolaus Scherak, MA

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann



[1] GENERAL COMMENT No. 10 (2007) - Children’s rights in juvenile justice, COMMITTEE ON THE RIGHTS OF THE CHILD, 15 January-2 February 2007 / CRC/C/GC/10.