392 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 891/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Freiheitliches COVID-19-Maßnahmenpaket

Die Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 23. September 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Aktuell trifft die COVID-19-Krise, hervorgerufen durch unverhältnismäßige und zum Teil rechts- und verfassungswidrige Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung, auf eine anhaltende Migrationskrise in unserem Land. Von der Arbeitsmarktlage bis zum Mindestsicherungsbezug reiht sich Baustelle um Baustelle einer verfehlten Regierungspolitik aneinander.

Hohe Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit

Die aktuellen Zahlen des Arbeitsministeriums bilden als Resultat der COVID-19-Maßnahmen der schwarz-grünen Bundesregierung eine hohe Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit ab. Mit 7. September 2020 waren rund 400.000 Arbeitnehmer in Kurzarbeit. Ende August 2020 befanden sich rund
423.000 Personen in der Arbeitslosigkeit und in Schulungen des Arbeitsmarktservice. Noch vor der in den Herbst- und Wintermonaten traditionell hohen Arbeitslosigkeit sind also bereits jetzt 823.000 Personen ohne tatsächliche Beschäftigung. Die saisonale Herbst- und Winterarbeitslosigkeit und neue
COVID-19-Maßnahmen der Bundesregierung, die sich in einer Sammelgesetznovelle finden, werden die Arbeitslosenzahlen und die Kurzarbeit wieder auf die Spitzenwerte von April 2020, d.h. rund
571.000 Arbeitslose und 1.350.000 Personen in Kurzarbeit bringen.

Langzeitarbeitslosigkeit durch COVID-19-Maßnahmen setzt sich fort

Die krisenbedingte Arbeitslosigkeit wurde erst zu gut einem Drittel abgebaut. Daher verfestigt sie sich, seit dem Frühjahr 2020 nahm die Langzeitbeschäftigungslosigkeit markant zu. Diese Entwicklung ist besorgniserregend, zumal die Zahl der langzeitbeschäftigungslosen Arbeitslosen bereits nahe ihrem Höchstwert von 2016 liegt und die Krise noch nicht überwunden ist. (WIFO vom 11. September 2020)

Ausländerarbeitslosigkeit in COVID-19-Zeiten extrem hoch

Dazu kommt, dass die Ausländerarbeitslosigkeit in COVID-19-Zeiten explodiert ist. Im Durchschnitt ist die Ausländerarbeitslosigkeit also um nicht weniger als 52 Prozent angestiegen.

März 2020: +61 %

April 2020: +67 %

Mai 2020: +60 %

Juni 2020: +51 %

Juli 2020: +42 %

August 2020: +36 %

Ausländische Staatsangehörige waren von den Auswirkungen der Corona-Krise auf den Arbeitsmarkt besonders betroffen. So stieg zur Hochphase der Krise die Arbeitslosigkeit bei Ausländern um 74,2 % (gegenüber +48,8 % bei Inländern). Die Arbeitslosenquote der Ausländer erhöhte sich infolge der Corona-Krise auf 20,9 % (gegenüber 11 % im Vorjahr), die der Inländer auf 10,5 % (gegenüber 6,3 % im Vorjahr).

Im Juli 2020 hatte sich die Lage leicht entspannt. 129.419 Ausländer/innen waren arbeitslos gemeldet, das entspricht einem Plus von 57 % zum Vorjahresmonat (Inländer: +34,4 %). Unter den Arbeitslosen bzw. in Schulung befindlichen Personen befanden sich im Juli 2020 auch 35.790 Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte (+18,4 % gegenüber dem Vorjahresmonat).

Saisonale Herbst- und Winterarbeitslosigkeit und neue COVID-19-Maßnahmen werden den Anstieg der Ausländerarbeitslosigkeit wieder deutlich über 60 Prozent bringen.

Mindestsicherung ist ein El Dorado für Migranten

Im Kalenderjahr 2019 gab es in Österreich in Summe 285.200 BMS-Bezieher. Im Vergleich zum Vorjahr sind dies um 23.000 oder 7,5 % weniger.

Wie schon im Jahr 2018 lebten 2019 ca. 60 % der Bezieher in Wien. An zweiter Stelle lag Niederösterreich mit einem Anteil der Bezieher von Mindestsicherung von 8,6 %.

In Österreich ohne Wien (andere Berechnungsgrundlage) waren 50 % der BMS-Bezieher ausländische Staatsangehörige (57.100). In Wien waren es 74.100 oder 55 %. 32 % der Mindestsicherungsbezieher in Österreich waren Asylberechtigte. (Quelle Integrationsbericht 2020)

Im Zusammenhang mit diesen Herausforderungen braucht es einen Politikwechsel in unserem Land. Und dieser Politikwechsel hat sowohl auf die COVID-19-Krise als auch die Migrationskrise zu reagieren. Folgende Punkte sind dabei unmittelbar durch gesetzliche Maßnahmen umzusetzen:

1)     Eine rechtlich verbindliche Grundlage, dass allen beim Arbeitsmarktservice als arbeitslos registrierten Personen der Bezug der aktuellen Leistung um die Dauer der Krise, mindestens jedoch bis zum 31. Mai 2021 verlängert wird und zusätzlich ein ‚COVID-19-Ausgleich‘ für Arbeitslose in Form eines 30-prozentigen Zuschlages zu allen Arbeitslosenversicherungsleistungen rückwirkend mit 15. März 2020 gewährt wird. Dieser Zuschlag soll über die Finanzämter, bei denen alle Daten der Erwerbstätigen vorhanden sind, automatisch – also ohne formale AntragsteIlung – ausgezahlt werden (70 Prozent Netto-Ersatzrate).

2)     Ein Maßnahmenpaket gegen die sektorale Arbeitslosigkeit in Österreich als Konsequenz der COVID-19-Krise. Dieses Maßnahmenpaket soll sektorale Zuzugsbeschränkungen auf dem Arbeitsmarkt für Nicht-EU-Bürger und EU-Bürger nach Maßgabe von Alter, Ausbildungsniveau, besonderen Bedürfnissen und gesundheitlichen Einschränkungen, bisheriger Berufstätigkeit, angestrebter Berufstätigkeit und branchenspezifischer kurz-, mittel- und langfristiger
Konjunktur- und Arbeitsmarktprognose beinhalten. Insbesondere sollen im Zuge dieser Maßnahmen auch die negativen Auswirkungen der COVID-19-Krise für den Arbeitsmarkt nachhaltig korrigiert werden.

3)     Den Ausschluss und damit die Verhinderung einer arbeitnehmerfeindlichen Homeoffice-Regelung im neuen COVID-19-Arbeitsrecht (Arbeitszeit, Arbeitnehmerschutz, Lohn und Gehalt usw.)

4)     Eine Verdoppelung der Familienbeihilfe bis zum vollendeten 14. Lebensjahr des Kindes für jene Monate, in denen die Betreuungseinrichtungen wie Schulen, elementarpädagogische Einrichtungen und Horte wegen COVID-19 geschlossen waren bzw. sind. Die Auszahlung hat unverzüglich zu erfolgen.

5)     Einen Rechtsanspruch auf die Gewährung von Sonderbetreuungszeiten für Eltern und Angehörige von Kindern und betreuungspflichten Personen durch den Arbeitgeber und eine 100-prozentige Übernahme der Kosten durch die Republik Österreich für den Zeitraum der COVID-19-Krise.

6)     Die Ausstellung von Österreich-Gutscheinen im Wert von insgesamt 1.000 Euro an jeden österreichischen Staatsbürger, die bis 31. Dezember 2020 nur bei heimischen und in Österreich steuerpflichtigen Betrieben eingelöst werden können.

7)     Ein Maßnahmenpaket zu einem Preismonitoring und einem Inflationsstopp in COVID-19-Zeiten.

8)     Die sofortige Umsetzung des § 10 des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes in allen nicht durch das
VfGH-Erkenntnis (G 164/2019) behobenen Teilen auf Länderebene und die verfassungskonforme Regelung der
degressiven Staffelung für Kinderzuschläge, des Arbeitsqualifizierungsbonus und der Sozialhilfe-Statistik zur Verhinderung des Zuzugs von Migranten in unseren Sozialstaat.

9)     Die Einführung eines an die aktuelle Situation angepassten ‚Blum-Bonus‘, der einen monatlichen Zuschuss für die gesamte Lehrzeit für Lehrlinge garantiert.

10)   Die Auflösung der Rücklagen der Wirtschaftskammern, um mit diesen Mitteln die heimischen Unternehmen zur Bewältigung der COVID-19-Krise unmittelbar zu unterstützen.

11)   Die Einrichtung eines COVID-19-Unterstützungsfonds insbesondere für Arbeitnehmer mit Familien, die durch Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit in Folge von COVID-19 in Not geraten sind.

12)   Die Auflösung von 11/12 der Rücklagen 2019 der Arbeiterkammer für die Dotierung dieses
COVID-19-Unterstützungsfonds.

13)   Voller Entschädigungsanspruch für alle Betriebe, die durch das Betretungsverbot betroffen sind oder waren, in der Höhe des Betrags, den diese erhalten hätten, wenn ihr Betrieb auf Grundlage des EpidemieG geschlossen worden wäre.

14)   Abwicklung sämtlicher Fonds über die Finanzämter.

15)   Sofortige antragslose Akontozahlung durch die Finanzämter an alle Unternehmer, die sämtliche in Folge der COVID-19-Maßnahmen entstandene Kosten, die laufenden Fixkosten zu 100 Prozent sowie die Einnahmenausfälle und einen entsprechenden Unternehmerlohn abdeckt mit anschließender Ex-post-Prüfung und Kontrolle durch die Finanzämter.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 6. Oktober 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch die Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Mag. Gerald Loacker, Mag. Klaus Fürlinger, Mag. Markus Koza, Tanja Graf, Rebecca Kirchbaumer, Christoph Zarits, Peter Wurm sowie die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend
Mag. (FH) Christine Aschbacher und der Ausschussobmann Abgeordneter Josef Muchitsch.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Stimmenmehrheit
(für den Antrag: F, dagegen: V, S, G, N).

 

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2020 10 06

                           Mag. Klaus Fürlinger                                                           Josef Muchitsch

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann