427 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Unterrichtsausschusses

über die Regierungsvorlage (344 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz und das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert werden

Aufgrund der Bestimmung über die zeitliche Befristung von Schulversuchen soll ein Pflichtgegenstand Ethik für alle Schülerinnen und Schüler, die keinen Religionsunterricht besuchen, eingeführt werden. Die Schulversuche sollen damit in das Regelschulwesen übernommen werden.

Die Orientierung an religiösen Werten verbindet den staatlichen Bildungsauftrag mit Religion und Religionsgemeinschaften. Diese Verbindung ist Ausdruck der Kooperation des Staates mit den Kirchen und Religionsgesellschaften und steht im Zusammenhang mit Art. 17 StGG und Art. 9 EMRK. Für Schülerinnen und Schüler ohne religiöses Bekenntnis findet sich eine vergleichbare Zielbestimmung in der Wendung „moralischen (…) Werten orientiert“. Für Angehörige gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften erfolgt die Umsetzung des verfassungsrechtlichen Zieles durch den Religionsunterricht gemäß Religionsunterrichtsgesetz, BGBl. Nr. 190/1949. Alle in Österreich gesetzlich anerkannten Kirchen oder Religionsgesellschaften verfügen über eine religiös geprägte und mit den Werten unseres grundrechtsbasierenden Verfassungsstaates vereinbare Ethik, die geeignet ist, den Schülerinnen und Schülern die Kompetenzen, Kenntnisse und Fähigkeiten in einem religiösen Kontext zu vermitteln. Die Grenzen des Inhaltes des Religionsunterrichts ergeben sich dabei aus den Zielen der staatsbürgerlichen Erziehung. Diese Ziele der staatsbürgerlichen Erziehung werden bestimmt durch Staatsziele in einzelnen Verfassungsgesetzen, insbesondere das Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung (BVG BGBl. Nr. 152/1955), die immerwährende Neutralität (BVG, BGBl. Nr. 211/1955), die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung (BVG BGBl. I Nr. 111/2013) sowie die Grundwerte und Aufgaben der österreichischen Schule.

Grundwerte der österreichischen Schule sind gemäß Art. 14 Abs. 5a B-VG Demokratie, Humanität, Solidarität, Friede, Gerechtigkeit, Offenheit, Toleranz und partnerschaftliches Zusammenwirken von Schülern, Lehrpersonen und Eltern.

Für Schülerinnen und Schüler, die an keinem Religionsunterricht teilnehmen, besteht derzeit kein solches Bildungsangebot. Schülerinnen und Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, erhalten daher keine Bildung im gleichen Ausmaß, wie Teilnehmende am Religionsunterricht, unabhängig davon ob es sich um Personen ohne religiöses Bekenntnis, Anhänger religiöser Bekenntnisgemeinschaften oder vom Religionsunterricht Abgemeldete handelt. Dies soll durch die vorliegende Novelle geändert werden.

Der Ethikunterricht soll Schülerinnen und Schüler zu selbstständiger Reflexion im Hinblick auf Wege gelingender Lebensgestaltung befähigen, ihnen Orientierungshilfen geben und sie zur fundierten Auseinandersetzung mit den Grundfragen des Lebens anleiten.

In der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen philosophischen, weltanschaulichen, kulturellen und religiösen Traditionen und Menschenbildern soll der Ethikunterricht einen Beitrag zur individuellen Persönlichkeitsentwicklung leisten. Hierbei soll die Bereitschaft gestärkt werden, Verantwortung für das eigene Leben und das Zusammenleben mit anderen in sozialen, ökologischen, ökonomischen, politischen und kulturellen Verhältnissen zu übernehmen. Der Ethikunterricht soll die Jugendlichen bestärken, eigene Krisenerfahrungen aufzugreifen und sich im autonomen Handeln als selbstwirksam zu erfahren.

 

Der Unterrichtsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 22. Oktober 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten MMMag. Gertraud Salzmann die Abgeordneten Mag. Sibylle Hamann, Mag. Martina Künsberg Sarre, Nurten Yılmaz, Hermann Brückl, MA, Mag. Dr. Sonja Hammerschmid und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, G , dagegen: S, N) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (344 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2020 10 22

                   MMMag. Gertraud Salzmann                                         Mag. Dr. Rudolf Taschner

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann