454 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 947/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pensionsreform im Sinne der Folgegenerationen

Die Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 14. Oktober 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Budgetdienst zeigt enorme langfristige Kosten der Pensionswahlgeschenke auf

Die Budgetdienststudie zu den teuren Pensionswahlgeschenken zwischen 2017 und 2019 hat die enormen langfristigen Kosten dieser Beschlüsse aufgezeigt[1]. Besonders kostspielig sind dabei die abschlagsfreie Frühpension und die Aufhebung der Wartefrist für die erste Pensionserhöhung. Auch für 2021 wird es eine Pensionserhöhung über der Inflation geben, obwohl Pensionisten von der Krise finanziell überhaupt nicht betroffen sind.

Laufende Kritik des Chefs der Alterssicherungskommission an der Pensionspolitik

Der Chef der Alterssicherungskommission, Walter Pöltner, hat die abschlagsfreie Frühpension bereits in den letzten Monaten des Öfteren massiv kritisiert[2]. Zahlen aus dem Sozialministerium untermauern diese Kritik. So hat die abschlagsfreie Frühpension den Gender-Pension-Gap von 51% (2019) auf 67% (2020) erhöht, da fast ausschließlich Männer mit ohnehin schon hohen Pensionen (2900 Euro mal 14) von der abschlagsfreien Frühpension profitieren[3]. Zudem hat Pöltner vor kurzem gemahnt, dass die laufenden außerordentlichen Pensionserhöhungen über der Inflation das Versicherungsprinzip aushebeln[4].

Forderung der Wirtschaftsforschungsinstitute nach einer Pensionsreform

Auch der IHS-Chef Kocher sieht die außerordentliche Pensionsanpassung problematisch und hat darüber hinaus eine Pensionsreform gefordert[5]. Ähnlich sieht es der WIFO-Chef Badelt, der die teuren Pensionswahlgeschenke schon mehrfach kritisiert hat[6]. Dieser Kritik schließen sich auch regelmäßig Pensionsexperte Marin, die Industriellenvereinigung und die Agenda Austria an.

Kritik der Kammern an der teuren Pensionspolitik und am sozial wenig treffsicheren Pensionsanpassungsgesetz 2021

Überraschenderweise gehen auch die Kammern immer mehr auf Distanz zur kostspieligen Pensionspolitik. So hat die Wirtschaftskammer sehr deutlich die abschlagsfreie Frühpension, die Abschaffung der Wartefrist für die erste Pensionserhöhung, die Bauernpensionsgeschenke und die außerordentlichen Pensionsanpassungen kritisiert[7]. Auch die Arbeiterkammer sieht das geplante Pensionsanpassungsgesetz 2021 kritisch, da die soziale Treffsicherheit dadurch nur mangelhaft gegeben ist. Sinnvoller ist es hier, lediglich die Ausgleichszulage zu erhöhen, wovon vor allem altersarmutsgefährdete Frauen mit kleinen Pensionen profitieren würden[8]. Denn bei der Gewährung der Ausgleichszulage geht eine Bedürftigkeitsprüfung voraus, bei der derzeit von knapp einer Million Pensionist_innen unter 1000 EUR (x14) Pension nur etwa 200.000 als ausgleichszulageberechtigt eingestuft werden. Die restlichen 800.000 sind entweder Auslandspensionist_innen oder Pensionist_innen mit entsprechenden Vermögen/Nebeneinkünften bzw. Pensionist_innen von Ehepartnern mit entsprechend hohem (Pensions-)Einkommen.

Schlussfolgerung aus der Kritik

Um eine nachhaltige Finanzierung des Pensionssystems und das Versicherungsprinzip gewährleisten zu können, müssen zunächst die abschlagsfreie Frühpension und die Aufhebung der Wartefrist für die erste Pensionserhöhung zurückgenommen werden. Zudem muss die  außerordentliche Pensionserhöhung über der Inflation 2021 zumindest auf die 200.000 Ausgleichszulagenbezieher_innen beschränkt werden, wodurch der Fokus der außerordentlichen Pensionserhöhung auf altersarmutsgefährdete Pensionist_innen, vor allem Frauen, gerichtet werden würde. In der längerfristigen Betrachtung ist das automatische Pensionsbeitragssplitting die wichtigste kostenneutrale Maßnahme, um die Frauenaltersarmut zu reduzieren. Danach müssen weitere Schritte gesetzt werden, welche laufende politische Eingriffe in das Pensionssystem reduzieren. Hier kann etwa die schwedische Pensionsautomatik Vorbild sein.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 11. November 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Gerald Loacker die Abgeordneten Mag. Ernst Gödl,
Mag. Markus Koza, Barbara Neßler, Dr. Dagmar Belakowitsch, Norbert Sieber, Bettina Zopf,
Mag. Verena Nussbaum, Fiona Fiedler, BEd, Dietmar Keck, Peter Wurm, Ing. Markus Vogl,
Gabriele Heinisch-Hosek und August Wöginger.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Stimmenmehrheit
(für den Antrag: N, dagegen: V, S, F, G).

 

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Mag. Markus Koza gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2020 11 11

                             Mag. Markus Koza                                                           August Wöginger

                                   Berichterstatter                                                                  Obmannstellvertreter



[1] https://www.parlament.gv.at/PAKT/BUDG/ANFRAGEN/PENSIONSBESCHLUESSE/index.shtml

[2] https://www.derstandard.at/story/2000110800687/neuer-chef-der-pensionskommission-kritisiert-politik-scharf

[3] https://orf.at/stories/3181387/

[4] https://kurier.at/politik/inland/hoehere-pensionen-ihs-chef-kocher-skeptisch/401049337

[5] https://www.diepresse.com/5875107/ihs-chef-es-wird-eine-pensionsreform-geben-mussen?from=rss

[6] https://www.kleinezeitung.at/wirtschaft/5712871/Pressestunde_WifoChef-kritisiert-Wahlgeschenke

[7] https://news.wko.at/news/oesterreich/2020-08-31-SPIK.html?utm_source=mailworx&utm_medium=email&utm
_content=link+bezeichnung&utm_campaign=spik+2020-08-31+-+created%3a+20200831+-+sent%3a+20200831
&utm_term=n%2fa#1

[8] https://www.diepresse.com/5875107/ihs-chef-es-wird-eine-pensionsreform-geben-mussen?from=rss