460 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 986/A der Abgeordneten Tanja Graf, Mag. Markus Koza, Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden, sowie

über den Antrag 904/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird

Antrag 986/A

Die Abgeordneten Tanja Graf, Mag. Markus Koza, Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen haben den Initiativantrag 986/A am 5. November 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Zu Artikel 1:

Mit der vorgeschlagenen Änderung im § 1503 Abs. 15 ABGB wird in Folge der COVID-19 Krisensituation und der dazu getroffenen gesetzlichen Maßnahmen vorgesehen, dass die mit
BGBl. I Nr. 153/2017 getroffene Angleichung der Kündigungsfristen der Arbeiter an jene der Angestellten um ein halbes Jahr verschoben wird und erst mit 1. Juli 2021 in Kraft treten soll und auf Kündigungen Anwendung findet, die nach dem 30. Juni 2021 ausgesprochen werden.

Zu Artikel 2:

Die Sonderbetreuungszeit wurde zuletzt mit BGBl. I Nr. 107/2020 für den Zeitraum von 1.10.2020 bis 28.2.2021 verlängert. Diese mit Novelle BGBl. I Nr. 107/2020 getroffene Regelung gilt für den Oktober 2020; dies wird in Z 2 klargestellt.

Mit der vorliegenden Änderung soll die Sonderbetreuungszeit im Zeitraum zwischen 1.11.2020 und 9.7.2021 (dem Ende des Schuljahres 2020/2021) als Rechtsanspruch des Arbeitnehmers gestaltet werden, wobei der Anspruch bis zu 4 Wochen insgesamt beträgt. Gleichzeitig wird der Ersatzanspruch des Arbeitgebers auf 100% des fortgezahlten Entgelts, gedeckelt mit der Höchstbeitragsgrundlage, festgesetzt.

Diese Regelung ist unabhängig von den bisherigen Regelungen zur Sonderbetreuungszeit, d.h. bisher
(im Frühjahr, in den Sommerferien oder im Oktober 2020) gewährte Zeiten einer Sonderbetreuungszeit sind nicht anzurechnen.

Die Sonderbetreuungszeit gilt für die bereits bisher erfassten Betreuungssituationen; neu hinzu kommt auch der Fall, wenn ein Kind behördlich abgesondert wird. Der Anspruch auf Sonderbetreuungszeit besteht hier in den Fällen, in denen die Absonderung lediglich wegen eines Krankheits- oder Ansteckungsverdachts erfolgt. Bei einer Absonderung eines erkrankten Kindes kann der Arbeitnehmer den Anspruch auf Sonderbetreuungszeit dann geltend machen, wenn kein Pflegefreistellungsanspruch mehr besteht.

Der Anspruch auf Sonderbetreuungszeit kann in Teilen geltend gemacht werden, auch tage- oder halbtageweise. Die Dauer wird vom jeweiligen Anlass abhängen. Insgesamt aber ist im Zeitraum von November 2020 bis zum Ende des Schuljahres 2020/2021 der Anspruch mit 4 Wochen begrenzt.

Der Anspruch des Arbeitgebers auf Vergütung ist gegenüber der Buchhaltungsagentur gegeben, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Für die nähere Abwicklung des Vergütungsanspruchs einschließlich der erforderlichen Nachweise ergehen Richtlinien des BMAFJ.

Mit diesen Neuerungen beim Modell der Sonderbetreuungszeit sollen Familien, persönliche Angehörige und insbesondere Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher im Zuge der weiter anhaltenden
COVID-19-Pandemie unterstützt werden.

Die Finanzierung der Vergütungen des Bundes nach § 18b Abs. 1 AVRAG erfolgt mit Budgetmitteln aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds nach dem COVID-19-FondsG.“

 

Antrag 904/A

Die Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen haben den Initiativantrag 904/A am 7. Oktober 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Es ist unabdingbar, dass für berufstätige Personen im Falle einer Epidemie/Pandemie die Möglichkeit geschaffen wird, sich um Betreuungspflichten zu kümmern. Schulschließungen können jederzeit wieder drohen, ebenso wie die Aussetzung des Unterrichts oder die Schließung von Einrichtungen zur Betreuung von Menschen mit Behinderungen oder von Tagesbetreuungsstätten für Pflegebedürftige. Ganz zu schweigen von der jederzeit drohenden Maßnahme, Kindergartenkinder zu Hause betreuen zu müssen, weil der Kindergarten schließt oder die Gruppen extrem verkleinert werden. Großeltern, sofern überhaupt vorhanden, können in diesem konkreten Pandemiefall von Covid-19 nicht einspringen, da sie die Hauptrisikogruppe darstellen.

Es geht aber nicht nur um Kinderbetreuung oder Betreuung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen. Auch der gemeinsame Haushalt mit einem schwererkrankten Angehörigen
(z.B. Krebserkrankte) stellt eine Herausforderung in diesem Pandemiefall dar. Deshalb sollen auch ArbeitnehmerInnen, die mit einem schwererkrankten Angehörigen im gemeinsamen Haushalt leben, diese Sonderbetreuungszeit in Anspruch nehmen können, denn es kann nicht sein, dass sich Menschen zwischen der Gesundheit ihrer Angehörigen und dem eigenen Arbeitsplatz entscheiden müssen.

Die bestehende Sonderbetreuungszeitregelung bedeutet enorme Unsicherheit für ArbeitnehmerInnen, die notwendige Betreuungspflichten wahrnehmen müssen. Der Arbeitgeber entscheidet alleine, ob der oder die ArbeitnehmerIn diese Sonderbetreuungszeit in Anspruch nehmen kann. Auch für die ArbeitgeberInnen ist diese Regelung, gerade in einer wirtschaftlich so schwierigen Zeit, eine Herausforderung, da sie nur die Hälfte der Kosten ersetzt bekommen. Daher ist es erforderlich, einen Rechtsanspruch für ArbeitnehmerInnen zu normieren und sowohl einen Entgeltfortzahlungsanspruch für die betroffenen ArbeitnehmerInnen als auch einen vollen Ersatzanspruch für ArbeitgeberInnen festzulegen.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Initiativanträge 986/A und 904/A in seiner Sitzung am 11. November 2020 in Verhandlung genommen. Als Berichterstatterin zum Initiativantrag 986/A fungierte Abgeordnete Mag. Maria Smodics-Neumann. Zum Initiativantrag 904/A erstattete
Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum den Bericht. An der Debatte beteiligten sich außer den beiden Berichterstatterinnen die Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Barbara Neßler, Fiona Fiedler, BEd,
Gabriele Heinisch-Hosek, Dr. Dagmar Belakowitsch, Laurenz Pöttinger, Ralph Schallmeiner, Mag. Christian Drobits sowie die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend
Mag. (FH) Christine Aschbacher und der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Gabriele Heinisch-Hosek einen Abänderungsantrag zum Initiativantrag 986/A der Abgeordneten Tanja Graf, Mag. Markus Koza, Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Art. 1: Änderung des Allgemeines bürgerlichen Gesetzbuches

Der Aufschub der Angleichung der Kündigungsfristen der Arbeiter an jene der Angestellten um ein halbes Jahr soll auch für die Land- und Forstwirtschaft gelten. Diese Angleichung wurde jedoch nicht in allen Landarbeitsordnungen nachvollzogen, sodass sich der Aufschub nur auf jene Landarbeitsordnungen beziehen kann, in denen die Angleichung erfolgt ist.

Zu Art. 2: Änderung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes

Die Aufrechterhaltung der Wirtschaft, insbesondere der kritischen Infrastruktur, ist in Zeiten der weiter anhaltenden Pandemie von besonderer Bedeutung. Daher soll wie im Frühjahr 2020 auch während weiterführender Schulschließungen eine alternative Kinderbetreuung soweit als möglich, sichergestellt werden.

Da ein Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit nur im Falle einer notwendigen Betreuung gebührt, muss ein Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin wie bisher alle zumutbaren Vorkehrungen treffen, damit es zu keiner Arbeitsverhinderung kommt. Nur dort wo es keine alternativen Kinderbetreuungsmöglichkeiten gibt, um die sich der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin bemühen muss, gebührt ein Anspruch auf Sonderbetreuungszeit.“

 

Bei der Abstimmung wurde der im Initiativantrag 986/A enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Gabriele Heinisch-Hosek mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, F, G, dagegen: N) beschlossen.

 

Der Initiativantrag 904/A gilt als miterledigt.

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Mag. Maria Smodics-Neumann gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2020 11 11

                  Mag. Maria Smodics-Neumann                                                August Wöginger

                                  Berichterstatterin                                                                Obmannstellvertreter