561 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 1118/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz geändert wird

Die Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 20. November 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Durch die Setzung eines Beistrichs nach dem Wort ‚bedarf‘ im § 24c Abs. 4 wird ein redaktioneller Fehler behoben.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 1. Dezember 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Dr. Werner Saxinger, MSc der Abgeordnete Ing. Markus Vogl sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Ralph Schallmeiner, Gabriela Schwarz, Kolleginnen und Kollegen einen gesamtändernden Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Z 1 (§ 6 Abs. 4):

Der Wortlaut des derzeit in Geltung stehenden § 6 Abs. 4 betreffend die Sanitätseinrichtungen des Bundesheeres erscheint im Lichte der sanitätslogistischen Abläufe zu eng gefasst und soll analog dem vorgeschlagenen Abs. 4c angepasst werden. Mit der Beschaffung, der Lagerung und dem Transport der suchtmittelhaltigen Arzneimittel bis zur Anwendung durch die Sanitätsdienststelle sind andere als Sanitätseinrichtungen betraut, welche somit ebenfalls Suchtmittel erwerben und besitzen. Um die tatsächlichen logistischen Abläufe im militärischen Bereich mit der gesetzlichen Ausnahmebestimmung abzudecken, wird der Abs. 4 entsprechend angepasst.

Zu Z 2 (§ 6 Abs. 4c und 4d):

Bundesweit sind 14 Polizeianhaltezentren für den Vollzug von Verwaltungsverwahrungs- und Verwaltungsstrafhaft, von StPO-Verwahrungshaft (vor Überstellung in eine Justizanstalt) sowie von Schubhaft eingerichtet. Zudem sind das Anhaltezentrum Vordernberg sowie die Familienunterkunft Wien Zinnergasse zum ausschließlichen Vollzug von Schubhaft eingerichtet. Im Jahr 2019 wurden in diesen Einrichtungen insgesamt 20.037 Personen aufgenommen, für welche eine den allgemein üblichen Standards entsprechende medizinische Versorgung zu gewährleisten war. Auch und gerade im Hinblick auf die große Zahl an Personen in Anhaltezentren, die Suchtmittel missbrauchen bzw. an diese gewöhnt sind, ist eine analoge Regelung im Suchtmittelgesetz (SMG), wie sie seit Jahren für den Strafvollzug besteht, für eine effiziente und ökonomische Versorgung der angehaltenen Personen mit suchtmittelhaltigen Arzneimitteln erforderlich.

Weiters soll auch Gebietskörperschaften der Erwerb, die Verarbeitung und der Besitz von Suchtmitteln ohne entsprechendes Bewilligungsverfahren ermöglicht werden, wenn sie diese für die Erfüllung der gesetzlich vorgesehenen Aufgaben der Tierseuchenbekämpfung benötigen. Die rasche Schaffung eines solchen Titels zum Erwerb und Besitz sowie zur Verarbeitung von Suchtmitteln durch Gebietskörperschaften zur Tierseuchenbekämpfung erscheint im Hinblick auf die Bekämpfung der auch in Österreich drohenden Afrikanischen Schweinepest angezeigt.

Die Afrikanische Schweinepest ist eine viral bedingte, hoch kontagiöse Tierseuche der Wild- und Hausschweine. Obwohl die Afrikanische Schweinepest in zahlreichen europäischen Staaten bereits festgestellt (Belgien, Bulgarien, Moldawien, Rumänien, Russland, Serbien, Slowakei, Tschechische Republik, Ukraine, Ungarn) wurde, ist diese Tierseuche in Österreich bisher noch nicht aufgetreten. Die Gefahr einer Einschleppung der Afrikanische Schweinepest nach Österreich wird jedoch von der AGES-IVET als sehr hoch eingestuft.

Bei Verdacht oder Feststellung dieser Tierseuche sieht § 5 der Afrikanische Schweinepest-Verordnung in Verbindung mit § 25 des Tierseuchengesetzes, BGBl. I Nr. 37/2018, die Tötung seuchenkranker oder seuchenverdächtiger Tiere vor.

Gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 des Rates vom 24. September 2009 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung sind bei der Tötung und damit zusammenhängenden Tätigkeiten, Tiere von jedem vermeidbaren Schmerz, Stress und Leiden zu verschonen. Die Tötung mittels Injektion ist gemäß leg. cit. zulässig, wobei das Herbeiführen der Wahrnehmungs- und Empfindungslosigkeit mit anschließendem Tod durch die Injektion von zugelassenen Tierarzneispezialitäten (z.B. eines Pentobarbitals) zu erfolgen hat.

Um eine tierschutzgerechte Tötung vornehmen zu können, muss aus veterinärfachlicher Sicht zum Beispiel bei der Tötung trächtiger Tiere auch auf psychotrope Stoffe zurückgegriffen werden können. Die Schaffung eines suchtmittelrechtlichen Titels zum Erwerb und Besitz sowie zur Verarbeitung von Suchtmitteln im § 6 SMG für Gebietskörperschaften, die diese zur Tierseuchenbekämpfung benötigen, erscheint angezeigt.

Zu Z 3 (§ 6 Abs. 6):

§ 57 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) legt fest, an wen Hersteller, Depositeure und Arzneimittel-Großhändler grundsätzlich Arzneimittel abgeben dürfen. So dürfen gemäß § 57 Abs. 1 Z 6a AMG Arzneimittel-Großhändler an das Bundesministerium für Inneres (BMI), sowie die dem BMI nachgeordneten Behörden und Betreuungseinrichtungen zur Notfallversorgung, Vorsorge und Betreuung von Einsätzen, sofern diese die Arzneimittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen, abgeben. Gemäß § 57 Abs. 1 Z 5 lit. a AMG an Gebietskörperschaften im Zusammenhang mit Aufgaben der Impfprophylaxe oder zur Erfüllung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben der Seuchenbekämpfung.

Da es sich bei suchtmittelhaltigen Arzneimitteln um besondere Arzneimittel handelt, geht die Bestimmung des § 6 Abs. 6 SMG als lex specialis der allgemeinen Bestimmung (§ 57 AMG) vor. Das AMG selbst stellt im § 86 Abs. 4 Z 4 klar, dass das SMG durch die Bestimmungen im AMG nicht berührt wird. Für die Abgabe suchtmittelhaltiger Arzneimittel durch den Großhandel (i.S.d. § 6 Abs. 1 Z 1 SMG) ist demnach (ausschließlich) die Bestimmung des § 6 Abs. 6 SMG anzuwenden.

Demnach dürfen – nach geltender Rechtslage – Berechtigte gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 SMG Suchtmittel nur an die nach Abs. 1, 3, 4, 4a oder 4b Berechtigte sowie an öffentliche Apotheken und Anstaltsapotheken abgeben. Somit dürfen u. a. Einrichtungen und Behörden des Strafvollzugs vom Großhandel suchtmittelhaltige Arzneimittel beziehen, nicht jedoch das BMI und die dem BMI nachgeordneten Landespolizeidirektionen für die gesetzlich vorgesehene ärztliche Betreuung von in polizeilichen Anhaltezentren angehaltenen Personen oder an Gebietskörperschaften, die diese zur Tierseuchenbekämpfung benötigen. Durch die Ergänzung des § 6 Abs. 6 SMG um den neu geschaffenen Abs. 4c wird dem BMI und den dem BMI nachgeordneten Landespolizeidirektionen die Möglichkeit eröffnet, analog zu den Einrichtungen und Behörden des Strafvollzugs, suchtmittelhaltige Arzneimittel für die gesetzlich vorgesehene ärztliche Betreuung von in polizeilichen Anhaltezentren angehaltenen Personen vom Großhandel zu beziehen.

Durch den neu geschaffenen Abs. 4d und der damit einhergehenden Anpassung des Abs. 6 steht auch den Gebietskörperschaften, die suchtmittelhaltige Arzneimittel zur Tierseuchenbekämpfung benötigen, diese Möglichkeit offen.

Zu Z 4 (§ 24c Abs. 4):

Durch die Setzung eines Beistrichs nach dem Wort ‚bedarf‘ im § 24c Abs. 4 wird ein redaktioneller Fehler behoben.

Zu Z 5 (§ 47 Abs. 20):

Der im Rahmen des 2. COVID-19-Gesetzes geschaffene § 8a Abs. 1c eröffnet der substituierenden Ärztin / dem substituierenden Arzt die Möglichkeit, bei Patientinnen und Patienten, bei denen keine Hinweise für eine Mehrfachbehandlung vorliegen, eine Substitutions-Dauerverschreibung mit dem Vermerk ‚Vidierung nicht erforderlich‘ auszustellen. Sofern dieser Vermerk mit Unterschrift und Stampiglie der substituierenden Ärztin / des substituierenden Arztes versehen ist, ersetzt der Vermerk für die Dauer der notwendigen Entlastung des amtsärztlichen Dienstes im Zusammenhang mit der Ausbreitung von COVID-19 die Vidierung durch die Amtsärztin / den Amtsarzt. Ziel dieser Bestimmung ist zum einen der Schutz der Amtsärztinnen / Amtsärzte sowie der vielfach besonders vulnerablen Patientinnen / Patienten durch Reduktion der unmittelbaren physischen Kontakte (‚physical distancing‘), zum anderen eine Entlastung der Amtsärztinnen / Amtsärzte, welche im Rahmen der Eindämmung von COVID-19 und den damit einhergehenden Aufgabenstellungen besonders gefordert und teils erheblichen Mehrbelastungen ausgesetzt sind. Diese Bestimmung würde mit 31. Dezember 2020 außer Kraft treten. Sowohl der zur Beratung des Gesundheitsministers in Angelegenheiten der Substitutionsbehandlung eingesetzte Ausschuss für Qualität und Sicherheit in der Substitutionsbehandlung (§ 23k SV-Ausschuss) als auch das Bundesdrogenforum haben sich in ihren Sitzungen am 7. Oktober 2020 für die befristete Verlängerung dieser COVID-19-bedingten Ausnahmeregelung ausgesprochen, weshalb das Außerkrafttretensdatum auf 30. Juni 2021 verschoben werden soll.“

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf in der Fassung des oben erwähnten gesamtändernden Abänderungsantrages der Abgeordneten Ralph Schallmeiner, Gabriela Schwarz, Kolleginnen und Kollegen mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, G, N, dagegen: F) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2020 12 01

                      Dr. Werner Saxinger, MSc                                               Mag. Gerhard Kaniak

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann