568 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 782/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zum österreichischen Gesundheitssystem nach COVID-19

Die Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 9. Juli 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Aktuelle Medienberichte berichten über weitreichende Folgen für das österreichische Gesundheitssystem in Folge der COVID-19-Krise:

CoV: Klagen über fehlende Behandlungen

Viele Patientinnen und Patienten in Wien beklagen, dass sie wegen des Coronavirus in den Ordinationen wie auch Spitälern nicht behandelt worden seien und sich ihr Zustand dadurch verschlechtert hätte. Bei Patientenanwältin Sigrid Pilz häufen sich deshalb Beschwerden.

Auch jetzt, wo die Spitalsambulanzen wieder öffnen, sei die Situation noch immer nicht eindeutig, kritisierte Patientenanwältin Sigrid Pilz. So hat sich diese Woche unter anderem ein Diabetiker bei ihr gemeldet, der eine nicht heilende Wunde am Fuß hat und weggeschickt wurde. ‚Das hat mich veranlasst, dort sofort zu intervenieren, denn diese Dinge dürfen nicht sein, denn wenn jemand eine unversorgte diabetische Wunde hat, dann kann das leicht in einer Amputation münden.‘

KAV will Operationsrückstau abarbeiten

Dieser Fall sei keine Seltenheit. Viele würden beklagen, dass sich ihr Zustand verschlechtert habe, weil sie wegen des Coronavirus nicht behandelt oder Untersuchungen nicht durchgeführt worden seien. ‚Wir gehen in jedem einzelnen Fall der Sache nach, ob es hier nachweislich gesundheitliche Nachteile gibt‘, sagte die Patientenanwältin. Der Krankenanstaltenverbund versicherte, den Rückstau an Operationen und Untersuchungen zügig abzuarbeiten.

Wichtig sei laut Pilz, die Angst bei den Personen abzubauen, denn es gebe auch Fälle, wo Personen aus Furcht vor dem Coronavirus keinen Arzt aufgesucht hätten. ‚Eine ältere Dame wollte nicht einmal die mobilen Dienste ins Haus lassen aus Angst. Die Pflegekräfte wissen, dass wenn die Frau nicht versorgt wird, ist das Risiko größer als ein allfälliges Infektionsrisiko durch das Coronavirus.‘ (ORF Wien 22. Mai 2020)

Auswirkungen der Coronakrise auf die Österreichische Gesundheitskasse

Starker Einbruch der Beitragseinnahmen durch Rekordarbeitslosigkeit

Wien (OTS) - Die durch die Coronavirus-Pandemie bedingte Rekordarbeitslosigkeit im April 2020 macht sich auch in den Finanzen der Sozialversicherungsträger bemerkbar. Die Vorschreibungen für die Beiträge sind im Vergleich zum Vorjahr um 5,31 Prozent gesunken, es werden um 187,8 Millionen Euro weniger als im April des Vorjahres eingenommen.

Im Voranschlag für 2020 hat die ÖGK im Jahresdurchschnitt noch mit einer Steigerung um 4,2 % im Vergleich zum Vorjahr gerechnet. Das bedeutet gegenüber dem budgetierten Wert ein Minus von 335 Millionen Euro. Der Anteil der ÖGK beträgt dabei rund 19 Prozent.

Der starke Einbruch hängt vor allem mit dem Shutdown zusammen. Zusätzlich verstärkt wird der Effekt der sinkenden Beitragseinnahmen durch die automatische Stundung von nicht geleisteten Beitragseinnahmen der Unternehmen in Österreich. Die ausstehenden Beitragseinnahmen summieren sich im Jahr 2020 insgesamt bereits auf mehr als 2,5 Mrd. Euro.

Aufgrund der Lockerungen der Bestimmungen durch die Bundesregierung rechnet die ÖGK mit einer Entspannung für Mai, da es bereits wieder mehr Anmeldungen gibt als im Vormonat. (APA 26. Mai 2020)

Ärztekammer: ÖGK droht an Hauptaufgabe zu scheitern

Teilweise Entschädigungen in Darlehensform sind zu wenig, um die niedergelassene Infrastruktur zu sichern, betont die Österreichische Ärztekammer.

Wien (OTS) – ‚Die Coronakrise hat die strukturellen Schwächen der Österreichischen Gesundheitskasse schonungslos offen gelegt‘, kommentiert Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, die jüngsten Medienberichte um die wirtschaftliche Situation der ÖGK. Nun droht die ÖGK bei ihrer Hauptaufgabe, der Versorgungssicherung, zu scheitern. Denn eines ist sicher: ‚Den Ärzten 80 Prozent der Vorjahreseinnahmen als rückzahlbares Darlehen zu acontieren, wird nicht reichen, um sicherzustellen, dass die niedergelassene Infrastruktur auch bei einer möglichen zweiten Welle an Coronavirus-Infektionen ihre Versorgungsleistung aufrechterhalten kann‘, betont Steinhart. Wie ÖGK-Vizeobmann Andreas Huss richtig festgestellt hat, sind die Patientenkontakte während der Krise bedingt durch die Pandemievorschriften teilweise auf ein Minimum gesunken. ‚Das bedeutet für Ärztinnen und Ärzte teilweise existenzbedrohende Situationen‘, unterstreicht Steinhart: ‚Man darf ja auch die Funktion der Ärzte als Arbeitgeber nicht vergessen – über 25.000 Jobs hängen am niedergelassenen Bereich. Dieser ganze Bereich muss aufgefangen werden, das steht außer Frage. Ohne Geld auszugeben, wird das nicht funktionieren.‘

Kassenärztinnen und -ärzte haben zu über 90 Prozent ihre Ordinationen während der Krise offengehalten, um die wohnortnahe Versorgung in Notfällen zu garantieren und damit die dringend notwendige Entlastung der Spitäler zu ermöglichen. ‚All das haben unsere Ärztinnen und Ärzte trotz Gefährdung ihrer persönlichen Gesundheit und unter wegen des kassenseitig verstärkten Mangels an Schutzausrüstung zusätzlich verschärften Bedingungen verlässlich erfüllt. Auch wenn diesen bewundernswerten Einsatz ein Leistungskatalog nicht abbilden kann, muss diese Leistung ohne Wenn und Aber honoriert werden‘, so Steinhart.

Rasche finanzielle Sicherstellung für alle niedergelassenen Ärzte

‚Während die Patientenkontakte gesunken sind, sind die Kosten zu mehr als 100% weitergelaufen‘, sagt Thomas Szekeres, Präsident der Österreichischen Ärztekammer. Gearbeitet wird noch immer unter sehr erschwerten Rahmenbedingungen. ‚Wir bedanken uns bei den niedergelassenen Ärzten für die Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung. Sollte sich die Situation verschärfen, werden sich aber viele der niedergelassenen Ärzte es sich nicht leisten können, ihre Angestellten und den Betrieb weiter zu finanzieren. Daher müssen ÖGK und Regierung eine rasche finanzielle Sicherstellung für alle niedergelassenen Ärzte leisten, um die Gesundheitsversorgung zu garantieren‘, fordert Szekeres.

Dachverbandschef Peter Lehner hat erst kürzlich öffentlich ‚volle Unterstützung‘ beim Bund für die Ärzte bei ihrer Forderung nach vollem Verlustausgleich versprochen. ‚Wir gehen davon aus, dass das auch die Stoßrichtung der ÖGK sein wird‘, sagt Steinhart. (APA 9. Mai 2020)

Insgesamt ist das österreichische Gesundheitssystem durch COVID-19-Maßnahmen an seine finanziellen, personellen und organisatorischen Grenzen angelangt. Darüber hinaus sind auch dringend notwendige Reformschritte im österreichischen Gesundheitssystem nicht eingeleitet worden und mit der Umsetzung des Regierungsprogramms ist noch gar nicht begonnen worden. Auch das aktuell vorgelegte Gesundheitsbudget unter der UG 24 des Bundesfinanzgesetzes 2020 (BFG-2020) bietet keine finanzielle Grundlage, um die Folgen von COVID-19, deren finanziellen, personellen und organisatorischen Konsequenzen und den seit Regierungsantritt bestehenden Reformstau zu überwinden.

Deshalb braucht es für das österreichische Gesundheitssystem dringend ein Maßnahmenpaket, das die Folgen der COVID-19-Krise beseitigt, auf die finanziellen, personellen und organisatorischen Konsequenzen reagiert und den seit Regierungsantritt bestehenden Reformstau auflöst.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 6. November 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Peter Wurm die Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Rosa Ecker, MBA, Mag. Gerald Loacker, Ralph Schallmeiner, Mag. Verena Nussbaum, Dr. Werner Saxinger, MSc und Philip Kucher sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak. Anschließend wurden die Verhandlungen vertagt.

In seiner Sitzung am 1. Dezember 2020 hat der Gesundheitsausschuss den gegenständlichen Entschließungsantrag erneut in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Ralph Schallmeiner, Mag. Gerald Loacker, Philip Kucher, Dr. Josef Smolle, Ing. Markus Vogl, Dr. Werner Saxinger, MSc und Dr. Dagmar Belakowitsch sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit (für den Antrag: S, F, N, dagegen: V, G).

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Ralph Schallmeiner gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2020 12 01

                             Ralph Schallmeiner                                                      Mag. Gerhard Kaniak

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann