571 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Unterrichtsausschusses

über die Regierungsvorlage (479 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Bildungsdokumentationsgesetz 2020 erlassen wird und das Schulpflichtgesetz 1985, das Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, das Hochschulgesetz 2005, das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz, das Universitätsgesetz 2002, das IQS-Gesetz sowie das Anerkennungs- und Bewertungsgesetz geändert werden

Mit dem vorliegenden Entwurf des Bundesgesetzes über die Dokumentation im Bildungswesen (Bildungsdokumentationsgesetz 2020 – BilDokG 2020) soll eine klare legistische Trennung der Verarbeitung von schülerinnen- und schülerbezogenen Daten (personenbezogene Daten und sonstige Informationen) von jenen der Studierenden vorgenommen werden. Gemeinsame bzw. allgemeine Bestimmungen sollen im 1. Abschnitt geregelt werden. Der 2. Abschnitt soll die Verarbeitung der Daten der Schülerinnen und Schüler festlegen. Dieser Abschnitt soll so aufgebaut sein, dass zuerst die Datensätze abgebildet werden, die auf Schulstandortebene erhoben, verarbeitet und übermittelt werden (lokale Evidenzen), dann jene zwischen den Schulen im Datenverbund zu verarbeitenden Daten und zuletzt die Daten, die auf Bundesebene benötigt werden. Der 3. Abschnitt soll sich ausschließlich auf Studierende von postsekundären Bildungseinrichtungen gemäß § 2 Z 4 beziehen. Der Aufbau soll dem vorherigen Abschnitt entsprechen. Zweck dieser Gliederung ist einerseits die damit einhergehende Transparenz und andererseits die Übersichtlichkeit für die Rechtsanwenderin oder den Rechtsanwender.

Ebenso diesem Zweck dienend soll eine neue Gliederung der Begriffsbestimmungen hinsichtlich der Bildungseinrichtungen vorgenommen werden. Im Vergleich zur bisherigen Rechtslage sollen neue Begriffe aufgenommen werden, um den Anforderungen angesichts der zentralen Neuerungen gerecht zu werden.

Abschließend sollen die zu verarbeitenden oder zu übermittelnden Daten in den Anlagen aufgelistet werden. Im Sinne der Grundsätze der Zweckbindung und Datenminimierung (Art. 5 Abs. 1 lit. b und c der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1 (im Folgenden: DSGVO)) und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (§ 1 Abs. 2 Datenschutzgesetz – DSG, BGBl. I Nr. 165/1999) sollen nur personenbezogene Daten verarbeitet werden, die zur Erreichung eines Ziels unbedingt erforderlich sind. Folgend den Grundsätzen der Art. 5 und 6 Abs. 1 lit. c und e DSGVO sollen die in diesem Bundesgesetz angeführten Datenkategorien nur für Zwecke verarbeitet werden, die in den einschlägigen schul- und hochschulrechtlichen Normen geregelt sind. Die zu verwendenden Daten sollen den zuvor genannten Zwecken dienen und deren Verarbeitung das gelindeste Mittel zur Erreichung des Zieles darstellen. Soweit in den Anlagen besondere Kategorien personenbezogener Daten gemäß Art. 9 DSGVO aufgezählt sind, ist sichergestellt, dass in den einschlägigen Materiengesetzen, aus denen die Notwendigkeit der Verarbeitung resultiert, eine entsprechende Berücksichtigung des öffentlichen Interesses hervorgeht, wie zB hinsichtlich der Erstsprache(n) und der im Alltag gebrauchten Sprache(n), welche der Zurverfügungstellung der Lehrpersonen und der Förderung im muttersprachlichen Unterricht („muttersprachlich“ im Sinne der Erstsprache) dienen.

Die weitreichendste Änderung im Bereich der Bildungsdokumentation soll die Umstellung von der Sozialversicherungsnummer als primärem Datum zur Identifikation des Individuums auf das bereichsspezifische Personenkennzeichen (bPK) darstellen. Der Datenschutzrat sprach sich wiederholt ablehnend zur Verwendung der Sozialversicherungsnummer für Bereiche, die nicht der Ingerenz der Sozialversicherung unterliegen – quasi als „Personenkennzeichen“ – aus (zB 2010 in einer Stellungnahme zu GZ BKA-817.246/0004-DSR/2010 ua.). Gemäß der E Government-Strategie des Bundes ist bei der Ausarbeitung von Regelungsvorhaben zukünftig auf die Verwendung der Sozialversicherungsnummer zu verzichten und stattdessen die Verwendung von bPK vorzusehen. Dieser Strategie soll nun entsprochen werden. Davon ausgenommen soll auf Schulstandortebene der Bereich der Schülerinnen- und Schülerunfallversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z 3 lit. h und i des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, sein. BPK sind gemäß § 13 Abs. 1 des E Government-Gesetzes – E-GovG, BGBI. 1 Nr. 10/2004, durch nicht umkehrbare Ableitungen aus der Stammzahl der betroffenen natürlichen Person von der Stammzahlenregisterbehörde zu bilden. Damit handelt es sich bei dem bPK um eine Pseudonymisierung gemäß Art. 4 Z 5 DSGVO. Diese Bestimmung definiert „Pseudonymisierung“ als „Verarbeitung personenbezogener Daten in einer Weise, dass die personenbezogenen Daten ohne Hinzuziehung zusätzlicher Informationen nicht mehr einer spezifischen betroffenen Person zugeordnet werden können, sofern diese zusätzlichen Informationen gesondert aufbewahrt werden und technischen und organisatorischen Maßnahmen unterliegen, die gewährleisten, dass die personenbezogenen Daten nicht einer identifizierten oder identifizierbaren Person zugewiesen werden“. Das bPK wird aus der Stammzahl abgeleitet, die wiederum stark verschlüsselt aus der ZMR-Zahl (Zentrales Melderegister) abgeleitet wird. Die Stammzahl wird jeder natürlichen Person, die in Österreich gemeldet ist, zugeordnet.

Die Ableitung des bPK aus dieser darf nicht rückführbar und nicht umkehrbar sein, das heißt, sie kann auf die Stammzahl nicht zurückgerechnet werden. Die Pseudonymisierung stellt damit eine Maßnahme dar, die geeignet ist, das Risiko für betroffene Personen zu senken (Erwägungsgrund 28). Die Datensätze werden somit für die meisten Verantwortlichen wie anonymisierte Daten erscheinen, umso mehr bei stärkerem Aggregationsgrad der Daten. Da es aber nicht gänzlich auszuschließen ist, dass das bPK von einzelnen Verantwortlichen auch in Datenanwendungen gespeichert wird, die zusätzlich auch andere Identifikationsdaten enthalten, wird das bPK trotz seiner „Schutzfunktion“ als personenbezogenes Datum gewertet und unterliegt damit den datenschutzrechtlichen Bestimmungen (Datenminimierung, Zweckbindung, Rechtmäßigkeit, Richtigkeit etc.).

Um der DSGVO zu entsprechen, soll eine allgemeine Löschfrist im Datenverbund der Schulen determiniert werden. Derzeit werden für den Bereich der postsekundären Bildungseinrichtungen einheitliche Aufbewahrungs- und Löschfristen vom BMBWF gemeinsam mit den postsekundären Bildungseinrichtungen erarbeitet. Diese sollen, sobald Ergebnisse vorliegen, durch eine Novellierung in dieses Bundesgesetz integriert werden.

Weitere Eckpunkte des vorliegenden Entwurfs sollen einerseits die Normierung der Datenverarbeitungen hinsichtlich der abschließenden Prüfungen, Externistenprüfungen, die einer abschließenden Prüfung entsprechen, sowie der Berufsreifeprüfung und andererseits der Datenverarbeitungen hinsichtlich der Kompetenzerhebungen sein. Einem Grundsatz der DSGVO folgend sollen Datenerhebungen,  verarbeitungen und -übermittlungen für die Rechtsanwenderin oder den Rechtsanwender transparent erfolgen. Dies soll im gegenständlichen Vorhaben umgesetzt werden.

Aufgrund der damit verbundenen zahlreichen, insbesondere in formaler Hinsicht, notwendigen Änderungen wird von einer Novellierung des Bildungsdokumentationsgesetzes, BGBl. I Nr. 12/2002, abgesehen und ein neues Bildungsdokumentationsgesetz 2020 erlassen, welches das Bildungsdokumentationsgesetz, BGBl. I Nr. 12/2002, in der Fassung BGBl. I Nr. 86/2019, ersetzt. Dies macht redaktionelle Anpassungen in folgenden Gesetzen, in denen auf das Bildungsdokumentationsgesetz, BGBl. I Nr. 12/2002, verwiesen wird, erforderlich:

-              Schulpflichtgesetz 1985 (Art. 2 des Entwurfs),

-              Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz (Art. 3 des Entwurfs),

-              Hochschulgesetz 2005 (Art. 4 des Entwurfs),

-              Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz (Art. 5 des Entwurfs),

-              Universitätsgesetz 2002 (Art. 6 des Entwurfs),

-              IQS-Gesetz (Art. 7 des Entwurfs) und

-              Anerkennungs- und Bewertungsgesetz (Art. 8 des Entwurfs).

Hinsichtlich der weiteren Schwerpunkte des vorliegenden Entwurfs wird auf den besonderen Teil der Erläuterungen verwiesen.

 

Der Unterrichtsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 02. Dezember 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Sibylle Hamann die Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Katharina Kucharowits, Fiona Fiedler, BEd, Mag. Eva Blimlinger, Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, und Mag. Thomas Drozda sowie der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, G, dagegen: S, N) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (479 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2020 12 02

                           Mag. Sibylle Hamann                                                 Mag. Dr. Rudolf Taschner

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann