636 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten

über das Volksbegehren "Asyl europagerecht umsetzen" (345 der Beilagen)

Die Unterstützer dieses Volksbegehrens haben die Einleitung eines Verfahrens für ein Volksbegehren mit folgendem Wortlaut beantragt:

„Volksbegehren ‚Asyl europagerecht umsetzen‘

Mangels Solidarität einiger EU-Mitgliedsstaaten im Asylbereich möge der Bundesgesetzgeber unverzüglich durch (verfassungs-)gesetzliche Maßnahmen folgende Rahmenbedingungen schaffen:

Jene Asyl-Kosten, die über Österreichs gerechten EU-Anteil hinausgehen, werden von den laufenden
EU-Beitragszahlungen zweckgebunden abgezogen, bis ein EU-weites solidarisches Asylwesen samt Asylfinanzausgleich und ein funktionierendes Management der EU-Außengrenzen eingerichtet sind.

Begründung:

Das Volksbegehren ‚ASYL europagerecht umsetzen‘ hat ein klares Ziel:

Europaweite Solidarität bei der Flüchtlingsbetreuung!

Bekannt ist, dass der Beschluss des EU-Parlaments über eine gerechte örtliche Verteilung von 120.000 Flüchtlingen auf alle 27 bzw. 28 EU-Länder (siehe Frankfurter Allgemeine 17.09.2015) bisher nicht funktioniert hat, weil mehrere EU-Länder die Aufnahme von Flüchtlingen praktisch verweigern, aber als EU Netto-Empfänger Milliarden Euro aus dem EU-Steuertopf kassieren.

 

Österreich ist mit ca. 1,35 Milliarden Euro pro Jahr einer der größten EU-Netto-Beitragszahler.

(siehe Europäische Kommission: EU-Haushalt 2018-Finanzbericht; Eurostat)

 

Daher muss eine faire Teilung der Kosten innerhalb der EU erfolgen:

Dieses Volksbegehren fordert einen gerechten und solidarischen ‚ASYL-Finanzausgleich‘ und ein funktionierendes Management der EU-Außengrenzen.

 

Als kleines Land stemmt Österreich seit Jahren einen hohen finanziellen und organisatorischen Aufwand für Administration des Asylwesens, Mindestsicherung, Familienbeihilfe, Karenzgeld, Unterkunft, Bildung, Sozial- und Gesundheitsleistungen, etc. (siehe derStandard 28.08.2017)

 

Keinesfalls ist dieses Volksbegehren gegen Flüchtlinge gerichtet:

Österreich hat korrekt die Genfer Flüchtlings-Konvention, die UNO-Menschenrechtskonvention sowie die EMRK (europäische Menschenrechtskonvention) eingehalten und muss diese auch strikt einhalten. Darauf kann unser Land stolz sein. Alle Flüchtlinge sollen in jeder Phase des Asylverfahrens eine menschenwürdige Betreuung und ein faires, rechtsstaatliches Verfahren samt der Möglichkeit des humanitären Bleiberechts in begründeten Sonderfällen erhalten.

 

Aber: Aus unsolidarischem Verhalten soll keinem Land ein Vorteil entstehen!

Mit diesem Volksbegehren fordern wir die in der EU-Vertrages verbriefte Solidarität aller
EU-Mitgliedsländer ein: Österreich soll diesen überproportionalen finanziellen Aufwand nicht weiter allein tragen müssen.

 

Aktuell ist die Flüchtlingssituation ‚entspannt‘, aber die Welt ist voller Krisenherde, und es wäre blauäugig, weitere Fluchtbewegungen nicht zu erwarten. Die Klimakatastrophe, die instabile geopolitische Lage, Hunger und Not können jederzeit die nächste menschliche Katastrophe an der
EU-Grenze, unseren Grenzen und in unserem Land auslösen.

 

Auch aus diesem Blickwinkel ist ein ASYL-Finanzausgleich sehr wichtig und sollte von der neuen
EU-Kommission 2019-2024 auf Initiative Österreichs rasch für die gesamte EU umgesetzt werden, um die humanitären Leistungsträger wie unser Land nicht weiter zu benachteiligen, sondern das Solidaritätsprinzip der EU zu leben.

 

2.

Als Bevollmächtigte wurden gemäß § 3 Abs. 3 des Volksbegehrengesetzes 1973 namhaft gemacht:

 

 

Vor- und Familienname

Beruf

Adresse

 

Bevollmächtigte(r)

 

Marcus HOHENECKER, Mag.

 

ohne Beschäftigung

 

Lederergasse 3/1/7

1080 Wien

 

1. Stellvertreter(in)

 

Anatolij VOLK

 

Pensionist

 

Negerlegasse 4/2/2

1020 Wien

 

2. Stellvertreter(in)

 

Werner BOLEK, Ing.

 

Unternehmens-berater

 

Schießstattgasse 7/1

2000 Stockerau

 

3. Stellvertreter(in)

 

Iris FRIEDRICH, Mag.

 

AHS Lehrerin

 

Heiligenstädterstraße 221/1

1190 Wien

 

4. Stellvertreter(in)

 

Josef Andreas BAUMGARTNER

 

Architekt

 

Heiligenstädterstraße 221/1

1190 Wien

 

3.

Die auf der Amtstafel des Bundesministeriums für Inneres sowie im Internet am 29. Juli 2020 kundgemachte Ermittlung und Feststellung der Bundeswahlbehörde, es läge ein Volksbegehren im Sinn des Art. 41 Abs. 2 B-VG vor, wurde gemäß § 16 Abs. 1 des Volksbegehrengesetzes innerhalb der vorgesehenen Frist von vier Wochen nach dem Tag der Verlautbarung von dem in Betracht kommenden Personenkreis nicht angefochten.


 

Bundeswahlbehörde

Zl. 2020-4.-451.092

 

Volksbegehren ‚Asyl europagerecht umsetzen‘

Gemäß § 14 des Volksbegehrengesetzes 2018 – VoBeG, BGBl. I Nr. 106/2016, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 24/2020, hat die Bundeswahlbehörde in ihrer Sitzung vom 29. Juli 2020 aufgrund der für dieses Volksbegehren gebildeten Datenverarbeitung folgendes Ergebnis der Eintragungen für das Volksbegehren ‚Asyl europagerecht umsetzen‘ festgestellt:

 

 

Gebiet

Stimmberechtigte

Anzahl der gültigen Eintragungen (inkl. Unterstützungs-erklärungen)

Stimm-beteiligung in %

 

 

 

Burgenland

232.935

 

3.793

 

1,63

 

 

 

 

Kärnten

436.133

 

6.793

 

1,56

 

 

 

 

Niederösterreich

1.291.779

 

26.398

 

2,04

 

 

 

 

Oberösterreich

1.102.458

 

24.082

 

2,18

 

 

 

 

Salzburg

394.531

 

7.897

 

2,00

 

 

 

 

Steiermark

961.987

 

17.691

 

1,84

 

 

 

 

Tirol

542.073

 

9.138

 

1,69

 

 

 

 

Vorarlberg

274.420

 

4.022

 

1,47

 

 

 

 

Wien

1.146.061

 

35.273

 

3,08

 

 

 

 

Österreich

6.382.377

 

135.087

 

2,12

 

 

 

Da somit mehr als 100 000 gültige Eintragungen von Stimmberechtigten ermittelt worden sind, hat die Bundeswahlbehörde festgestellt, dass ein Volksbegehren im Sinne des Art. 41 Abs. 2 B-VG vorliegt.

 

                                                Der Stellvertreter des Bundeswahlleiters:

                                                               SC Mag. Dr. Mathias Vogl


 

4.

Ergebnis inklusive Unterstützungserklärungen

 

Gebiet

Stimm-berechtigte

Unterstützungs-erklärungen

+ gültige

Eintragungen

Stimmbeteiligung inklusive Unterstützungs-erklärungen

gültige

Unterstützungserklärungen

gültige Eintragungen

 

Burgenland

232.935

 

3.793

 

1,63 %

 

2.454

 

1.339

 

 

Kärnten

436.133

 

6.793

 

1,56 %

 

4.449

 

2.344

 

 

Niederösterreich

1.291.779

 

26.398

 

2,04 %

 

16.713

 

9.685

 

 

Oberösterreich

1.102.458

 

24.082

 

2,18 %

 

14.334

 

9.748

 

 

Salzburg

394.531

 

7.897

 

2,00 %

 

3.847

 

4.050

 

 

Steiermark

961.987

 

17.691

 

1,84 %

 

11.396

 

6.295

 

 

Tirol

542.073

 

9.138

 

1,69 %

 

5.792

 

3.346

 

 

Vorarlberg

274.420

 

4.022

 

1,47 %

 

2.300

 

1.722

 

 

Wien

1.146.061

 

35.273

 

3,08 %

 

19.642

 

15.631

 

 

Österreich

6.382.377

 

135.087

 

2,12 %

 

80.927

 

54.160

 

 

Das Volksbegehren wurde von 135.087 Stimmberechtigten unterstützt (Anzahl der gültigen Eintragungen inkl. Unterstützungserklärungen). Die Bundeswahlbehörde hat in ihrer Sitzung vom 29. Juli 2020 festgestellt, dass ein Volksbegehren im Sinne des Art. 41 Abs. 2 B-VG vorliegt und dieses an den Nationalrat zur parlamentarischen Behandlung weitergeleitet.

 

Als Bevollmächtigter des Volksbegehrens wurde Mag. Marcus Hohenecker namhaft gemacht, die nominierten stellvertretenden Bevollmächtigten sind: Anatolij Volk, Ing. Werner Bolek,
Mag. Iris Friedrich und Josef Andreas Baumgartner. Das gegenständliche Volksbegehren wurde am 15. Oktober 2020 in der 58. Sitzung des Nationalrates in Erste Lesung genommen und dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur weiteren Behandlung zugewiesen.

 

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat das gegenständliche Volksbegehren in seiner Sitzung am 10. November 2020 erstmals in Verhandlung genommen. Gemäß § 37 Abs. 4 GOG-NR wurden der Bevollmächtigte und zwei von diesem nominierte Stellvertreter im Sinne des Volksbegehrensgesetzes beigezogen. Im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Andreas Minnich ergriff der Ausschussobmann Karl Mahrer das Wort. Anschließend wurden die Verhandlungen vertagt.

Am 22. Jänner 2021 hat der Ausschuss für innere Angelegenheiten das gegenständliche Volksbegehren erneut in Verhandlung genommen. Vor Beginn der Verhandlungen wurde einstimmig die Durchführung eines öffentlichen Hearings gemäß § 37a Abs. 1 Z 4 GOG-NR beschlossen, dem nach
§ 40 Abs. 1 GOG-NR einstimmig folgende Experten beigezogen wurden:
Univ. Prof. Dr. Mathias Czaika, Univ. Prof. Dr. Walter Obwexer, Mag. Wolfgang Taucher und
MMag. Valentin Wegerth, M.A.I.S.. Für das Volksbegehren nahmen der Bevollmächtigte
Mag. Marcus Hohenecker sowie seine Stellvertreter Anatolij Volk und Ing. Werner Bolek an der Sitzung teil.

Nach der einleitenden Stellungnahme des Bevollmächtigten und seiner Stellvertreter und den Statements der Experten Univ. Prof. Dr. Mathias Czaika und Mag. Wolfgang Taucher ergriffen die Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Dietmar Keck, Mag. Hannes Amesbauer, BA, Michel Reimon, MBA,
Dr. Stephanie Krisper, Andreas Minnich, Nurten Yılmaz, Dr. Dagmar Belakowitsch sowie die Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer das Wort. Die aufgeworfenen Fragen wurden von den Experten beantwortet.

Anschließend folgten die Statements der Experten MMag. Valentin Wegerth, M.A.I.S. und
Univ. Prof. Dr. Walter Obwexer sowie die darauffolgenden Wortmeldungen der Abgeordneten
Mag. Wolfgang Gerstl, Sabine Schatz, Philip Kucher, Mag. Philipp Schrangl, Michel Reimon, MBA, Dr. Stephanie Krisper, Mag. Friedrich Ofenauer, Ing. Reinhold Einwallner, Christian Ries und
Mag. Georg Bürstmayr. Die aufgeworfenen Fragen wurden wiederrum von den Experten beantwortet. Nach abschließenden Wortmeldungen der Stellvertreter des Bevollmächtigten folgte schließlich ein Statement des Bundesministers für Inneres Karl Nehammer, MSc.

 

Der Bevollmächtigte des Volksbegehrens im Sinne des § 3 Abs. 3 Z 3 des Volksbegehrengesetzes 1973 Mag. Marcus Hohenecker legte eine abweichende persönliche Stellungnahme vor. Diese ist dem Ausschussbericht als Anlage 1 angeschlossen.

 

Die Veröffentlichung der Auszugsweisen Darstellungen der Sitzung des Ausschusses für innere Angelegenheiten vom 22. Jänner 2021 wurde einstimmig beschlossen; diese ist in Anlage 2 enthalten.

 

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Mag. Ernst Gödl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2021 01 22

                               Mag. Ernst Gödl                                                                  Karl Mahrer

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann