642 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über den Antrag 1268/A der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b B-VG wider den Bundesminister für Soziales,
Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober

 

Die Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Antrag am 4. Februar 2021 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Vor nunmehr knapp zehn Monaten rief die Bundesregierung den „Corona-Ausnahmezustand“ aus. Seit diesem ersten „Lockdown“ ab 16. März 2020 kam es zu einer noch nie dagewesenen Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte. Die Bundesregierung hat sich dafür in unzähligen, zum Großteil kurzfristig „durchgepeitschten“ Gesetzesanträgen eine Fülle an Verordnungsermächtigungen geschaffen. Dabei wurden konstruktive Beiträge von Parlamentariern zum Gesundheitsschutz und zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit und Verhältnismäßigkeit schlicht übergangen.

Auch Einwände des Verfassungsgerichtshofes, der bis dato eine Vielzahl an Maßnahmen rückwirkend für gesetzwidrig erkannt hat, wurden ignoriert. Die parlamentarische Kontrolle wurde durch die regelmäßigen Sammelgesetze mit unzusammenhängenden Materien, kurzfristiger oder völlig fehlender Begutachtungszeit sowie Änderungen in den letzten Minuten unverhältnismäßig erschwert.

Wenn aber Regierende mit dem Argument des Gesundheitsschutzes tagtäglich individuelle Rechte einschränken, braucht es eine laufende Überprüfung und eine gelebte Debatte über die Zweckmäßigkeit, zeitliche Angemessen- und Verhältnismäßigkeit jeder einzelnen Maßnahme. Statt sich dieser Debatte zu stellen, zog sich die Bundesregierung auf den Standpunkt der Alternativlosigkeit ihrer exzessiven Maßnahmen zurück und ließ jede evidenzbasierte Überprüfung außen vor. Das Behaupten einer angeblichen Alternativlosigkeit durch die Regierung und das Ablehnen begleitender Kontrollmaßnahmen wurden daher zu Recht nicht nur von der Opposition, sondern auch von einer Vielzahl an Experten öffentlich kritisiert.

Rechtsstaat bedeutet, dass der Mensch nur dem Recht, nicht aber der Willkür der Machthabenden unterworfen ist. Der demokratische Rechtsstaat beruht auf der persönlichen Freiheit der Bürger, dem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren und der Begrenzung des Handelns der Machthaber.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Rudolf Anschober, hat entgegen diesen Grundsätzen seine Amtstätigkeit nicht nur besonders sorglos, sondern auch schuldhaft und rechtswidrig ausgeführt, indem er insbesondere folgende freiheitsbeschränkende Maßnahmen gesetzwidrig anordnete:

-       Rechtswidrige Verordnungen: Bundesminister Anschober verordnete wiederholt Ausgangsbeschränkungen, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen des § 5 COVID-19-Maßnahmengesetz nicht vorlagen. Die Österreicherinnen und Österreicher wurden somit von Bundesminister Anschober rechtswidrig und ohne gesetzliche Grundlage in ihrer Freiheit eingeschränkt.

Rudolf Anschober hat sohin als Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch die in den Verordnungen des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Notsituation auf Grund von COVID-19 getroffen werden (2. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung – 2. COVID-19-NotMV, StF: BGBl. II Nr. 598/2020, geändert mit BGBl. II Nr. 2/2021 und BGBl. II Nr. 17/2021; 3. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung – 3. COVID-19-NotMV StF: BGBl. II Nr. 27/2021; 4. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung – 4. COVID-19-NotMV StF: BGBl. II Nr. 49/2021) normierte Anordnung, dass das Verlassen des privaten Wohnbereichs nur zu bestimmten Zwecken zulässig ist, den durch die einfachgesetzliche Ermächtigung des § 5 des Bundesgesetzes betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz), verlautbart durch BGBl. I Nr. 12/2020, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 104/2020, eingeräumten Rahmen in rechtswidriger Weise schuldhaft überschritten.“

 

Der Verfassungsausschuss hat den gegenständlichen Antrag (1268/A) in seiner Sitzung am 9. Februar 2021 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Dr. Susanne Fürst die Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer und Michael Schnedlitz.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag keine Mehrheit (für den Antrag: F,
dagegen: V, S, G, N).

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2021 02 09

                    Mag. Agnes Sirkka Prammer                                             Mag. Jörg Leichtfried

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann