Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Die Richtlinie 2013/55/EU zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems („IMI-Verordnung“) war bis 18. Jänner 2016 in innerstaatliches Recht umzusetzen.

Die Europäische Kommission hat im Zuge der Prüfung der von Österreich gesetzten Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie 2013/55/EU u.a. die Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2018/2161 und Nr. 2018/2282 eingeleitet. Zu den in den Mahnschreiben und den mit Gründen versehenen Stellungnahmen der Europäischen Kommission hat sich Österreich entsprechend geäußert, wobei in einigen Punkten den Argumenten der Europäischen Kommission gefolgt wurde und die entsprechenden innerstaatlichen Adaptierungen bzw. Ergänzungen in Aussicht gestellt wurden.

Zu den die Gesundheitsberufe betreffenden entsprechenden spezifischen Umsetzungsmaßnahmen wird auf die Ausführungen im Besonderen Teil der Erläuterungen verwiesen.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das vorliegende Bundesgesetz auf Artikel 10 Abs. 1 Z 12 B-VG („Gesundheitswesen“) und Artikel 10 Abs. 1 Z 8 B-VG („Einrichtung beruflicher Vertretungen, soweit sie sich auf das ganze Bundesgebiet erstrecken“).

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 Z 1 (§ 5a Abs. 1 Z 2 Ärztegesetz 1998):

Die Europäische Kommission gab mit 27. November 2019, nachdem sie der Republik Österreich mit Aufforderungsschreiben vom 20. Juli 2018 (SG(2018)D/15030; C(2018)4640), Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat, und in Anbetracht der Antwort der Regierung Österreichs vom 19. Oktober 2018 (INF(2018)116529) gemäß Artikel 258 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union folgende mit Gründen versehene Stellungnahme ab:

„Indem es in seiner nationalen Rechtsordnung keinen Mechanismus eingerichtet hat, der die Anerkennung eines medizinischen Sonderfachs in Österreich, das nicht Bestandteil der automatischen Anerkennung ist, ermöglicht, kommt Österreich seiner Verpflichtung aus Artikel 10 Buchstabe d der Richtlinie 2005/36/EG nicht nach.“

Mit der vorliegenden Änderung des ÄrzteG 1998 wird der Verweis angepasst und damit die Regelung richtlinienkonform gestaltet.

Zu Artikel 1 Z 2 (§ 37 Abs. 3 Ärztegesetz 1998):

Die Europäische Kommission gab mit 27. November 2019, nachdem sie der Republik Österreich mit Aufforderungsschreiben vom 20. Juli 2018 (SG(2018)D/15030; C(2018)4640), Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat, und in Anbetracht der Antwort der Regierung Österreichs vom 19. Oktober 2018 (INF(2018)116529) gemäß Artikel 258 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union folgende mit Gründen versehene Stellungnahme ab:

„Indem es für Ärzte und Apotheker die Vorlage beglaubigter Übersetzungen der Diplome und sämtlicher sonstigen Unterlagen vorschreibt, ist Österreich seinen Verpflichtungen aus Artikel 56 AEUV nicht nachgekommen.“

Mit der vorliegenden Änderung des ÄrzteG 1998 wird durch den Entfall der Vorgabe, dass fremdsprachige Urkunden erforderlichenfalls in beglaubigter Übersetzung vorzulegen sind, den Vorgaben der Richtlinie 2013/55/EU und der Verpflichtung aus Art. 56 AEUV nachgekommen.

Zu Artikel 2 (§ 15 Abs. 2 Musiktherapiegesetz):

Die Europäische Kommission gab mit 27. November 2019, nachdem sie der Republik Österreich mit Aufforderungsschreiben vom 20. Juli 2018 (SG(2018)D/15030; C(2018)4640), Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat, und in Anbetracht der Antwort der Regierung Österreichs vom 19. Oktober 2018 (INF(2018)116529) gemäß Artikel 258 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union folgende mit Gründen versehene Stellungnahme ab:

„Indem es durchgängig ein besonderes Formular vorschreibt, in dem genaue Angaben zu Zeit, Dauer, Art und Ort der Dienstleistungen zu machen sind, kommt Österreich seinen Verpflichtungen aus Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 2005/36/EG nicht nach.“

Mit der vorliegenden Änderung des MuthG wird durch den Entfall der Vorgabe in der bisherigen Z 1, dass ein Formblatt zu verwenden wäre, den Vorgaben der Richtlinie 2013/55/EU nachgekommen.

Zu Artikel 3 (§ 3g Abs. 5 Apothekengesetz):

Die Europäische Kommission gab mit 27. November 2019, nachdem sie der Republik Österreich mit Aufforderungsschreiben vom 20. Juli 2018 (SG(2018)D/15030; C(2018)4640), Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat, und in Anbetracht der Antwort der Regierung Österreichs vom 19. Oktober 2018 (INF(2018)116529) gemäß Artikel 258 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union folgende mit Gründen versehene Stellungnahme ab:

„Indem es für Ärzte und Apotheker die Vorlage beglaubigter Übersetzungen der Diplome und sämtlicher sonstigen Unterlagen vorschreibt, ist Österreich seinen Verpflichtungen aus Artikel 56 AEUV nicht nachgekommen.“

Mit der vorliegenden Änderung des Apothekengesetzes wird durch den Entfall der Vorgabe, dass die Urkunden im Original oder in beglaubigter Abschrift und fremdsprachige Urkunden erforderlichenfalls in beglaubigter Übersetzung vorzulegen sind, den Vorgaben der Richtlinie 2013/55/EU nachgekommen.

Im Hinblick auf den Nachweis über die Staatsangehörigkeit gemäß § 3g Abs. 3 Z 1 entfällt das Drei-Monats-Kriterium mangels Zweckmäßigkeit.

Zu Artikel 4 und 5 (§ 11a KTG und § 18a SanG):

Im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens Nr. 2018/2161 gegen Österreich hat die Europäische Kommission im Mahnschreiben vom 18. Juli 2018, C(2018)4640, unter anderem die Nichtumsetzung des partiellen Zugangs gemäß Art. 4f Richtlinie 2005/36/EG für die Berufe der Sanitäterin/des Sanitäters und der Kardiotechnikerin/des Kardiotechnikers moniert. Österreich hat in seiner Stellungnahme vom 18. Oktober 2018, BKA-VV.18/2161/0003-IV/9/2018, die Nichtumsetzung einer entsprechenden Regelung für diese beiden Berufe wie folgt begründet:

Zu den Berufen Kardiotechniker und Sanitäter wird auf den Richtlinientext des Art. 4f Abs. 1 verwiesen, der als Voraussetzungen für die Gewährung eines partiellen Zugangs ua. die objektive Trennbarkeit von unter den jeweiligen Beruf fallenden Tätigkeiten (lit. c) und so große Unterschiede, dass die Ausgleichmaßnahmen der Absolvierung des vollständigen Ausbildungsprogramms im Aufnahmestaat gleichkämen (lit. b), vorsieht.

In Österreich umfasst der Beruf des Kardiotechnikers die eigenverantwortliche Durchführung der extrakorporalen Zirkulation zur Herz-Kreislaufunterstützung sowie der Perfusion und damit zusammenhängende Tätigkeiten. Für diesen sehr spezifisch umschriebenen Tätigkeitsbereich des Kardiotechnikers kommt keine Trennbarkeit eines Teilbereichs vom Gesamttätigkeitsbereich in Betracht, weshalb die Voraussetzung des Art. 4f Abs. 1 lit. c per se nicht gegeben sein kann und daher der partielle Zugang wegen faktischer Unmöglichkeit nicht gesetzlich umzusetzen war.

Der Beruf des Sanitäters ist in Österreich stufenweise vom Rettungssanitäter über den Notfallsanitäter mit der Möglichkeit, weitere allgemeine und spezielle Notfallkompetenzen zu erwerben, geregelt. Für jede dieser Stufe ist eine Berufsanerkennung vorgesehen, sodass je nach Qualifikation im Herkunftsland eine Anerkennung in der entsprechenden Qualifikationsstufe erfolgt. Was die unterste Stufe – den Rettungssanitäter – betrifft, so umfasst dieser qualifizierte Erste Hilfe, Sanitätshilfe und Rettungstechnik, einschließlich spezifischer diagnostischer und therapeutischer Verrichtungen. Die theoretische und praktische Ausbildung zum Rettungssanitäter umfasst lediglich insgesamt 260 Stunden. Dies bedeutet, dass einerseits der Tätigkeitsbereich des Rettungssanitäters im Hinblick auf die Erfordernisse des Rettungsdienstes per se nicht teilbar ist (lit. c) und andererseits die geforderte Ausbildung keinen derart großen Umfang aufweist, dass die Absolvierung von Kompensationsmaßnahmen unverhältnismäßig wäre (lit. b). Was die höheren Stufen des Sanitäters betrifft, so sehen bereits die innerstaatlichen Grundlagen eine stufenweise Anerkennung vor, sodass für diese Berufe ein partieller Zugang im Sinne des Art. 4f nicht gesondert umzusetzen war.“

Die Europäische Kommission hat dazu in ihrer begründeten Stellungnahme vom 8. März 2019, C(20191232, eingewendet, dass die Argumente Österreichs für eine Nichtumsetzung des partiellen Zugangs für diese beiden Berufe nicht akzeptiert werden können, da es nicht mit dem Sinn und Zweck des Art. 4f der Richtlinie 2005/36/EG vereinbar sei, ganze Berufe aus der Anwendung des partiellen Zugangs auszunehmen. Da dieser rechtlichen Argumentation aus dem Richtlinientext nichts entgegengehalten werden konnte, hat Österreich schließlich in seiner Stellungnahme vom 31. Mai 2019, BKA-VV.18/2161/0003-IV/9/2019, dazu Folgendes festgehalten:

Um der formalen Umsetzungsverpflichtung nachzukommen, wird daher in Aussicht genommen, entsprechende Regelungen zur partiellen Anerkennung auch in das Kardiotechnikergesetz und in das Sanitätergesetz aufzunehmen, dies allerdings in dem Wissen, dass in der Praxis die Bedingungen des Art. 4f Abs. 1 der RL für die partielle Anerkennung nicht erfüllbar sind und es daher keine denkmöglichen Anwendungsfälle geben wird.“

Mit der vorliegenden Änderung des KTG und des SanG wird daher eine entsprechende gesetzliche Grundlage für die Beantragung eines partiellen Zugangs zum Beruf des kardiotechnischen Dienstes sowie zum Beruf bzw. zur Tätigkeit des/der Sanitäters/-in unter den in Art. 4f der Richtlinie 2005/36/EG festgelegten Voraussetzungen und Bedingungen geschaffen, wobei inhaltlich auf die oben genannten Schranken hingewiesen wird, die eine tatsächliche Gewährung eines partiellen Zugangs für diese zwei Berufe äußerst unwahrscheinlich machen.